Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2016, Az. V ZB 26/15

V. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 3676

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[X.]:[X.]:BGH:2016:201016BVZB26.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 26/15
vom

20. Oktober 2016

in der Abschiebungshaftsache

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2
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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 20. Oktober 2016
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
[X.], die Richterinnen Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und [X.], [X.] Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des [X.] vom 22.
Januar 2015 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 5.000

Gründe:

I.

Mit Verfügung vom 11.
Februar 2010 wurde der Betroffene aus dem [X.] ausgewiesen; gegen ihn wurde ein Einreiseverbot verhängt. [X.] Verstoß gegen dieses Verbot reiste
er zu einem unbekannten Zeitpunkt oh-ne gültige Papiere wieder in das [X.] ein, wo er Ende Mai 2014 fest-genommen wurde. Auf Antrag der beteiligten Behörde ordnete das Amtsgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 6.
Juni 2014 gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung von dessen Abschiebung in den Heimatstaat [X.] bis zum 8.
August 2014 an. Da der Betroffene angegeben hatte, er habe in [X.] Asyl beantragt, mit diesem Antrag aber keinen Erfolg gehabt, ersuchte das zuständi-1
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ge [X.] [X.] um seine Wiederaufnahme, was [X.] aber am 16.
Juli
2014 mangels einer Eintragung des Betroffenen im [X.] ablehnte.

Am 29.
Juli 2014 hat der Betroffene beantragt, die Haft aufzuheben. Er ist am 4.
August 2014 wegen eines inzwischen gestellten neuerlichen [X.] aus der Haft entlassen worden. Seinen seitdem auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft gerichteten Antrag hat das [X.]. Die auf den Haftzeitraum vom 29.
Juli bis zum 4.
August 2014 beschränkte Beschwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betroffene seinen Feststellungsantrag weiter.

II.

Das Beschwerdegericht hält den Feststellungsantrag für unbegründet. Seit dem 29.
Juli 2014 habe die Dublin-III-Verordnung keine Anwendung mehr gefunden. Vielmehr habe die beteiligte Behörde die Abschiebung des [X.] nach [X.] betrieben.

III.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.

1. Entgegen der Annahme des Betroffenen lag der Haftanordnung ein zulässiger Haftantrag zugrunde.

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a) Das Vorliegen eines zulässigen [X.] ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforde-rungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des [X.] knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte an-sprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte [X.] nicht angeordnet werden (st. Rspr., Senat, Beschlüsse vom 10. Mai 2012
-
V [X.],
[X.] 2012, 328 Rn. 10, vom 31. Januar 2013 -
V [X.], [X.] 2013, 130 Rn.
15, vom 9. Oktober 2014 -
V [X.], [X.] 2015, 39 Rn. 6 und vom 22. Oktober 2015 -
V [X.] [X.] 2016, 108 Rn. 15). Zu den für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkten gehören die Angaben, bei welchen [X.] in welcher Reihenfolge wegen einer Rückführung angefragt werden soll (Senat, Beschluss vom 15. Januar 2015 -
V [X.], juris Rn. 6) und -
schon im Hinblick auf die unterschiedlichen Haftgründe -
in welchem Verfahren das jeweils geschehen soll (vgl. Senat, Beschluss vom 22.
Oktober 2015
-
V [X.], [X.] 2016, 108 Rn. 17 f.).

b) Diesen Anforderungen genügt der Haftantrag.

aa) Die beteiligte Behörde hat Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen in seinen Heimatstaat [X.] beantragt. In dem Haftantrag hat sie die dazu erforderlichen Schritte mit konkretem Bezug auf diesen Zielstaat und dem dafür zur veranschlagenden Zeitaufwand im Einzelnen dargelegt. Ihre An-gaben genügen den Anforderungen des § 417 Abs. 2 Satz 2 FamFG.
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bb) Daran ändert es nichts, dass die beteiligte Behörde in dem [X.] auch mitgeteilt hat, das [X.] prüfe der-zeit den aufenthaltsrechtlichen Status des Betroffenen in [X.]; es sei noch nicht geklärt, ob eine Überstellung dorthin in Betracht komme. Sie hat damit entgegen der Ansicht des Betroffenen keineswegs offengelassen, ob sie eine Abschiebung nach [X.] betreiben wollte, zu deren Sicherung Haft nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 5 [X.] wegen unerlaubter Einreise und Fluchtge-fahr angeordnet werden konnte, oder ein Rücküberstellungsverfahren nach der Dublin-III-Verordnung, zu dessen Sicherung Haft aus den genannten [X.] seinerzeit nicht angeordnet werden durfte, weil [X.] Art. 2 Buch-stabe n der Dublin-III-Verordnung noch nicht umgesetzt hatte (vgl. Senat,
Beschluss vom 26. Juni 2014 -
V [X.], NVwZ 2014, 1397 Rn. 23, 31 und vom 22. Oktober 2014 -
V [X.], [X.] 2015, 59 Rn. 11). Die beteiligte Behörde hat vielmehr erläutert, dass sie in Abstimmung mit dem [X.] das Ergebnis von dessen Prüfung nicht abwarten, sondern schon vorher die Abschiebung betreiben wolle. Als Grund dafür hat sie angeführt, der Betroffene habe angegeben, sein Asylantrag sei in [X.] abgelehnt worden; er habe den Wunsch geäußert, nach [X.] abgeschoben zu werden. Damit lagen alle für die richterliche Prüfung des Antrags wesentlichen Angaben vor. Ob die Behörde wie beschrieben vorgehen durfte, ist keine Frage der Zulässigkeit des [X.]s, sondern eine Frage seiner Begründetheit (vgl. Senat, Beschlüsse vom 12. Dezember 2013 -
V [X.], juris Rn. 9 und vom 15.
Oktober 2015
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V [X.], juris Rn. 7).

2. Die Haft durfte auf den Haftgrund der Fluchtgefahr nach §
62 Abs.
3 Satz
1 Nr.
5 [X.] in der seinerzeit geltenden Fassung gestützt werden. Entgegen der Ansicht des Betroffenen war die Anwendung dieses Haftgrunds 9
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nicht durch das (zurückgewiesene) [X.] gesperrt, das das [X.] an [X.] gestellt hat.

a) Der Betroffene leitet diese Sperrwirkung aus Art. 24 Abs. 4 Unter-abs.
2 der Dublin-III-Verordnung ab. Nach Unterabsatz 1 der genannten [X.] kann ein Mitgliedstaat gegen einen Drittstaatsangehörigen, dessen [X.] in einem Mitgliedstaat rechtskräftig abgelehnt worden ist und der sich ohne Aufenthaltstitel in seinem Hoheitsgebiet aufhält, entweder ein Wiederauf-nahmeverfahren nach der Dublin-III-Verordnung oder ein Rückkehrverfahren nach der Rückkehrrichtlinie 2008/115/[X.] durchführen. Beschließt er, ein Wie-deraufnahmeverfahren durchzuführen, findet nach Unterabsatz 2 die [X.] keine Anwendung. Daraus folgert der Betroffene, dass ein Rückkehr-verfahren ausgeschlossen ist, wenn der Mitgliedstaat den anderen Mitgliedstaat um Rücknahme ersucht. Ob dem zu folgen wäre, erscheint zweifelhaft, kann aber offenbleiben.

b) Die beteiligte Behörde hat sich nicht für
ein Wiederaufnahme-, son-dern für ein Rückkehrverfahren entschieden. Dieses Rückkehrverfahren ist durch das Aufnahmeersuchen des [X.]s an [X.] nicht abgebrochen worden. Die Voraussetzungen für ein förmliches Wiederaufnahmeverfahren nach der Dublin-III-Verordnung lagen mangels einer Eintragung des [X.] im [X.] nicht vor. Ohne eine solche Eintragung lässt sich we-der die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten noch feststellen, ob überhaupt ein Fall des Art. 24 Abs. 4 der Dublin-III-Verordnung vorliegt. Das Ersuchen des [X.] stellt sich bei dieser Sachlage lediglich als informelles Angebot der Wiederaufnahme des Betroffenen an [X.], aber nicht als Einleitung eines förmlichen [X.] dar.

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3. Im Übrigen wird von einer Begründung gemäß §
74 Abs.
7 FamFG abgesehen.

[X.] Schmidt-Räntsch Brückner

Göbel Haberkamp

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.08.2014 -
934 [X.] B -

LG [X.], Entscheidung vom 22.01.2015 -
2-29 T 247/14 -

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Meta

V ZB 26/15

20.10.2016

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2016, Az. V ZB 26/15 (REWIS RS 2016, 3676)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3676

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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