Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.11.2002, Az. 1 StR 382/02

1. Strafsenat | REWIS RS 2002, 834

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[X.]in der Strafsachegegenwegenunerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 6. November 2002 beschlos-sen:Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 28. Mai 2002 wird verworfen.Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen.Gründe: [X.] Angeklagte wurde wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge und weiterer Verstöße gegen das [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechsMonaten verurteilt.Er hat einmal 5 g und einmal 170 g Heroin erworben, das er vorgefaßterAbsicht gemäß zum Teil in kleinen Portionen gewinnbringend weiterverkauftund zum Teil zum Eigenbedarf verwendet hat. Ein nicht unerheblicher Teil [X.] g Heroin konnte sichergestellt werden.Die Revision des Angeklagten bleibt erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).- 3 -Hinsichtlich des Schuldspruchs und des Strafausspruchs nimmt der [X.] auf die Ausführungen im Antrag des [X.] vom 19. Sep-tember 2002 Bezug, die auch durch die Erwiderung der Revision (§ 349 Abs. 3Satz 2 StPO) vom 18. Oktober 2002 nicht entkräftet werden. I[X.] Generalbundesanwalt hat beantragt, das Urteil aufzuheben, [X.] Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist.Der [X.] vermag diesem Antrag nicht zu entsprechen.1. Die Revision erwähnt § 64 StGB nicht. Ob dies in einer Gesamtschaumit ihrem übrigen Vorbringen ergibt, daß die Nichtanwendung von § 64 [X.] vom Rechtsmittelangriff ausgenommen ist (vgl. [X.]R StGB § 64 Ab-lehnung 10 m.w.N.; die im übrigen uneingeschränkte Anfechtung des Urteilsstünde dem nicht entgegen, vgl. [X.], Beschluß vom 27. März 2000 - 1 [X.]/00; Beschluß vom 6. Mai 1998 - 5 StR 53/98 m.w.N.), kann aber offen blei-ben. Unabhängig davon kann der [X.] den Urteilsgründen nämlich nicht ent-nehmen, daß eine neue Verhandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einerUnterbringungsanordnung führen wird (vgl. [X.]St 37, 5, 9):2. [X.], der im Jahre 2000 mit dem [X.] begann,hat keine "offenen Angaben" zum Umfang seines Drogenkonsums gemacht, ananderer Stelle bezeichnet die Kammer seine Angaben hierzu sogar als nichtnachvollziehbar. Er hat "mehrfach angegeben, daß er nicht sagen könne, wie-viel er genommen habe"; erst auf "mehrmaliges Nachfragen ... hat er schließ-- 4 -lich gemeint", er habe zwar nicht jeden Tag Heroin konsumiert, aber "an man-chen Tagen bis zu drei Gramm gespritzt". Dabei hat er "keine typischen Sucht-symptome geschildert".Zu den Wirkungen des [X.] hat [X.] festgestellt, daß er seine Arbeitsleistung - er war bei einer Stra-ßenbaufirma für einen Nettomonatslohn von 3.000 DM beschäftigt - "durchge-hend zur vollen Zufriedenheit seines Arbeitgebers erbracht hat". Ebenso ist er"seiner Rolle als Familienvater uneingeschränkt nachgekommen". [X.] er "sein Leben ohne jegliche Einschränkung im Alltag" geführt. Nach seinerFestnahme sind beim Angeklagten Entzugserscheinungen aufgetreten, wobeider Angeklagte hierzu zunächst nur angegeben hat, er sei "krank" gewesen.Erst auf "mehrfache Nachfrage" hat er die Symptomatik dahin konkretisiert, daßer "Knochenschmerzen und Schlafstörungen" gehabt habe, die aber [X.] ärztlicher Behandlung nach sechs Wochen verschwunden seien.Außerdem hat der Angeklagte infolge seines Drogenkonsums noch einen [X.]. Worauf sich diese Annahme stützt, ist unklar, aus den [X.] Angeklagten ergibt sich dies nicht, andere Erkenntnisquellen sind nichtmitgeteilt. Ebensowenig wird die Schwere dieser Erkrankung deutlich, jedochspricht der Hinweis, daß "sonst keine gesundheitlichen Beeinträchtigungenbestehen" nicht für eine sehr schwerwiegende Erkrankung.3. Voraussetzung für eine Unterbringung gemäß § 64 ist (unter ande-rem) ein Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Von ei-nem Hang ist auszugehen, wenn eine eingewurzelte, auf psychische [X.] zurückgehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung besteht,immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nichtden Grad physischer Abhängigkeit erreicht haben muß (vgl. nur [X.]St StGB §- 5 -64 Abs. 1 Hang 5; [X.] BtMG 5. Aufl. § 35 Rdn. 297; [X.] in [X.] 64 Rdn. 40 jew. m.w.N.). "Im Übermaß" bedeutet, daß der Täter berauschen-de Mittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, daß seine Gesundheit, Ar-beits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt wird ([X.]aaO; [X.] aaO Rdn. 44 m.w.[X.]. 12). Dementsprechend hat [X.] auch die unterbliebene Erörterung einer Unterbringung beieinem Täter gebilligt, bei dem zwar "eine Tendenz zum Betäubungsmittelmiß-brauch ... jedoch keine Depravation und erhebliche Persönlichkeitsstörung"vorlag ([X.]R StGB § 64 Nichtanordnung 1).Angesichts der genannten Feststellungen zu den Auswirkungen [X.] auf Sozialverhalten und Gesundheit des Angeklagten [X.] alledem die Annahme eines Hangs i.S.d. § 64 StGB beim Angeklagtennicht nahe.4. Allerdings ist die Strafkammer, im wesentlichen gestützt auf die ge-nannten Angaben des Angeklagten, letztlich davon ausgegangen, daß [X.] "auch der Finanzierung der eigenen Sucht dienen sollte" und hatdies dem Angeklagten strafmildernd angerechnet.Unter den hier gegebenen Umständen beruht diese Annahme (allenfalls)auf der Grundlage des Zweifelssatzes. Hierfür spricht schon die Bewertung derletztlich doch den Feststellungen zugrundegelegten Angaben als "nicht offen".Erhärtet wird diese Annahme dadurch, daß auch die Feststellungen der [X.] dazu, in welchem Umfang der Angeklagte das von ihm erworbene [X.] (nicht weiterverkauft sondern) selbst verbraucht hat, ausdrücklich auf derAnwendung des [X.] 6 -Eine Unterbringungsanordnung gemäß § 64 StGB kommt jedoch nur [X.], wenn das Vorliegen eins Hangs sicher ("positiv") festgestellt ist.Kommt das Gericht jedoch, wie erkennbar hier, lediglich zu dem Ergebnis, einHang sei als Grundlage der Tat nicht auszuschließen, so ist für eine Unterbrin-gung kein Raum ([X.], Beschluß vom 6. Juli 1983 - 2 StR 334/83; [X.]aaO).5. Der [X.] ist nicht gehindert, gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu entschei-den. Der [X.] hinsichtlich der Entscheidung über eine [X.] nach § 64 StGB wirkt zu Lasten und nicht zu Gunsten des [X.] im Sinne des § 349 Abs. 4 StPO ([X.]R StPO § 349 Abs. 2 [X.]; [X.] NStZ-RR 1998, 142; [X.], Beschluß vom 4. April 2000 - 5 [X.]/00).Nack Wahl Schluckebier Kolz Elf

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1 StR 382/02

06.11.2002

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.11.2002, Az. 1 StR 382/02 (REWIS RS 2002, 834)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 834

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