Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.03.2004, Az. 4 StR 518/03

4. Strafsenat | REWIS RS 2004, 4328

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[X.] StR 518/03vom2. März 2004in der Strafsachegegenwegen Diebstahls u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 2. März 2004 gemäß § 349 Abs. 2und 4 StPO [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil [X.] vom 15. August 2003, soweit esihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehobena) soweit das [X.] davon abgesehen hat, [X.] des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt anzuordnen, sowieb) im [X.].2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine allgemeine Strafkammer des[X.]s zurückverwiesen.3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten des Diebstahls in 37 Fällen unddes versuchten Diebstahls in zwei Fällen für schuldig befunden und ihn unterEinbeziehung der Freiheitsstrafe aus einer früheren Verurteilung zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Ange-klagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die [X.] sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Be-- 3 -schlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist es unbegründet [X.] des § 349 Abs. 2 StPO.Die Überprüfung des Urteils aufgrund der [X.] hatzum Schuldspruch und zu den Strafaussprüchen in den Fällen [X.] bis 33 [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.Das Urteil kann jedoch keinen Bestand haben, soweit das [X.]davon abgesehen hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen. Die dem zugrundeliegenden Erwägun-gen des [X.]s halten rechtlicher Prüfung nicht stand.Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen kam der Ange-klagte erstmals im Alter von 12 oder 13 Jahren mit Drogen in Berührung.Nachdem er mit Haschisch begonnen hatte, konsumierte er spätestens ab1999 auch, und zwar zunächst gelegentlich, Kokain sowie Heroin. Soweit ihmdurch Straftaten Geld zur Verfügung stand, nutzte er dies aus, um in größeremUmfang Drogen, insbesondere Kokain, zu konsumieren. Zudem verleitete [X.] seine Ehefrau, die frühere Mitangeklagte in dieser Sache, zum [X.]von Heroin, bis sich schließlich bei ihr ein regelmäßiger [X.] entwickelte.Ein gegen Ende des Jahres 2000 von dem Angeklagten und seiner Ehefrauunternommener Versuch, bei seiner Schwägerin in [X.] ein "neues Le-ben" anzufangen, scheiterte bereits nach wenigen Tagen, weil der Angeklagtenicht drogenfrei leben wollte. Soweit der Angeklagte neben Kokain auch Heroinkonsumierte, geschah dies, weil der [X.] von Kokain für ihn zu teuer war.Im Zeitraum der hier abgeurteilten Diebstähle aus Kraftfahrzeugen von [X.] bis November 2001 "bestand seine tägliche Ration in 3 - 4 g Kokain- 4 -bzw.1 - 2 g , maximal 3 - 4 g Heroin". Bei seiner Inhaftierung am 19. [X.] hatte der Angeklagte, in [X.] versteckt, einen Vorrat an [X.] Heroin für seinen Eigenverbrauch sowie Haschisch zum Verkauf bei sich.Mit dem Geld, das der Angeklagte und seine Ehefrau durch den Absatz der beiden abgeurteilten Straftaten entwendeten Gegenstände erlangten, [X.] ihren Drogenkonsum und bestritten ihren Lebensunterhalt. Je mehr [X.] Angeklagten für Drogen zur Verfügung stand, desto mehr konsumierte [X.].Angesichts dieser Feststellungen zum [X.]verhalten des Angeklag-ten drängt sich auf, daß bei dem Angeklagten im Sinne von § 64 Abs. 1 [X.] besteht, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Voneinem Hang ist auszugehen, wenn eine eingewurzelte, auf psychische Disposi-tion zurückgehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung besteht,immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nichtdem [X.] physischer Abhängigkeit erreicht haben muß (st. Rspr.; vgl. nur[X.]R StGB § 64 Abs. 1 Hang 1, 5, 6 m.w.N.). Daß in diesem Sinne bei [X.] ein Hang besteht, hat auch die von dem [X.] gehörtepsychiatrische Sachverständige bestätigt. Zwar setzt die Anordnung der Unter-bringung nach § 64 StGB (u.a.) voraus, daß der Hang sicher ("positiv") [X.] ist, so daß für eine Unterbringung hiernach kein Raum ist, wenn ein Hangals Grundlage der Taten nicht auszuschließen ist ([X.], Beschlüsse vom6. November 2002 - 1 [X.] - und vom 26. Februar 2003 - 1 StR 7/03).Soweit das [X.] seinen Zweifel am Vorliegen eines Hanges des Ange-klagten zum übermäßigen Drogenkonsum auch damit begründet, auffälligstesMerkmal dieses Hangs sei ein Entzugssyndrom, zu irgendwelchen [X.] -scheinungen in der Haft sei es aber nicht gekommen, hat das [X.] zumeinen verkannt, daß eine durch Entzugserscheinungen indizierte körperlicheAbhängigkeit ebensowenig wie eine zumindest verminderte [X.] § 21 StGB (vgl. [X.]R StGB § 64 Abs. 1 Hang 2; [X.] NStZ-RR [X.]) Voraussetzung für die Bejahung eines Hanges im Sinne des § 64 StGB ist.Zum anderen ist die Annahme, Entzugserscheinungen seien bei dem Ange-klagten auch während der Haft nicht aufgetreten, nicht ohne weiteres vereinbarmit der Feststellung, der Angeklagte habe in der Haft - wenn auch nur minimal -an Schweißausbrüchen und leichten Gelenkschmerzen gelitten und habe Er-fahrungen mit Entzugserscheinungen auch auf einer Reise nach [X.]einige Wochen vor seiner Inhaftierung gemacht.Zudem hat das [X.] auch zu Unrecht den für die Anordnungnach § 64 StGB weiter vorausgesetzten symptomatischen Zusammenhang zwi-schen dem Hang im Sinne dieser Vorschrift und den hier abgeurteilten Strafta-ten verneint. Soweit das [X.] - insoweit in Übereinstimmung mit [X.] der gehörten Sachverständigen - meint, "die Straftaten des Ange-klagten (seien) nicht Folge seiner Drogensucht, sondern die Drogensucht (sei)Folge seiner Straftaten, (...) der Angeklagte begehe Straftaten unabhängig [X.], der Drogengebrauch sei lediglich Teil seines [X.] es von einem zu engen, und deshalb rechtsfehlerhaften Verständnis desBegriffs des symptomatischen Zusammenhangs aus. Denn ein solcher Zu-sammenhang ist nach ständiger Rechtsprechung auch dann zu bejahen, wennder Hang zum übermäßigen Genuß von [X.] neben anderen Um-ständen mit dazu beigetragen hat, daß der Angeklagte erhebliche rechtswidri-ge Taten begangen hat und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch [X.] zu besorgen ist. Dieser Zusammenhang kann daher grundsätzlich nicht- 6 -allein deshalb verneint werden, weil außer dem [X.] nochweitere Persönlichkeitsmängel - beim Angeklagten dessen dissoziale Persön-lichkeitsstruktur - eine Disposition für die Begehung von Straftaten begründen([X.]R StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 1, 2; [X.], Beschluß vom16. Juli 2002 - 4 [X.]). Im übrigen drängt sich ein solcher Zusammen-hang auf, wenn - wie hier - die Tatbegehung der Finanzierung des [X.] dient.Über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt ist deshalb umfassend neu zu befinden. Der aufgezeigte [X.] führt unter den hier gegebenen Umständen auch zur Aufhebung des [X.]. Denn der Senat kann nicht mit Sicherheit ausschlie-ßen, daß die Gesamtstrafe niedriger ausgefallen wäre, wenn zugleich auch [X.] des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet [X.] wäre (vgl. [X.]St 28, 327, 330; [X.]R StGB § 64 Ablehnung 6, 7; [X.],Beschluß vom 5. Oktober 2000 - 4 StR 377/00). Bei dieser Sachlage kann da-hinstehen, ob der [X.] auch deshalb aufzuheben wäre,weil ausweislich der schriftlichen Urteilsbegründung die Festsetzung von Ein-zelstrafen für die Fälle [X.] bis 6 der Urteilsgründe unterblieben ist (vgl.[X.]R StPO § 354 Abs. 1 Strafausspruch 10 und § 358 Abs. 2 Satz 1 Einzel-strafe, fehlende 1, 2). Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, dies nach-zuholen.- 7 -Da das Verfahren sich nur noch gegen den erwachsenen Angeklagtenrichtet, verweist der Senat die Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an [X.] des [X.]s zurück ([X.]St 35, 267 f.).Tepperwien Maatz Kuckein

Meta

4 StR 518/03

02.03.2004

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.03.2004, Az. 4 StR 518/03 (REWIS RS 2004, 4328)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4328

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