Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.01.2023, Az. I ZR 111/22

1. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 1199

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Gegenstand

Verbandsklagebefugnis in Wettbewerbssachen im Übergangsfall: Anforderungen  an die Mitgliederstruktur - Mitgliederstruktur


Leitsatz

Mitgliederstruktur

Für die Klagebefugnis eines Verbands kommt es grundsätzlich nicht darauf an, über welche mitgliedschaftlichen Rechte dessen - mittelbare oder unmittelbare - Mitglieder verfügen. Wie bei mittelbaren Mitgliedern kommt es auch bei unmittelbaren Mitgliedern auf deren Stimmberechtigung nur an, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ihre Mitgliedschaft allein bezweckt, dem Verband die Klagebefugnis zu verschaffen (Fortführung von BGH, Urteil vom 16. November 2006 - I ZR 218/03, GRUR 2007, 610 [juris Rn. 21] = WRP 2007, 778 - Sammelmitgliedschaft V).

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 20. Zivilsenats des [X.] vom 23. Juni 2022 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der [X.] für Handelssachen des [X.] vom 4. November 2020 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittel.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, dessen Vereinszweck ausweislich der Satzung die umfassende Förderung insbesondere der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen [X.] Online-Unternehmer und Online-Freiberufler zum Inhalt hat. Ihm gehören nach eigenen Angaben circa 2.750 Mitglieder an, von denen aktuell 43 aktive Mitglieder sein sollen; im Übrigen handelt es sich um passive Mitglieder. Die aktive Mitgliedschaft ist mit einem höheren Mitgliedsbeitrag verbunden.

2

In der Satzung des [X.] heißt es auszugsweise:

§ 2 Vereinszweck

(2) Der Vereinszweck ist die umfassende Förderung insbesondere der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen [X.] Online-Unternehmer und Online-Freiberufler. …

(4) In streitigen Fällen werden die Satzungszwecke insbesondere verwirklicht durch den Versuch der Herbeiführung einer Einigung, beispielsweise durch Erstellung und Versendungen von Abmahnungen auf der Grundlage der Aktivlegitimation.Ungeachtet dessen kann der Verein - sofern der vorgenannte Versuch erfolglos geblieben ist - Zivilprozesse führen.

§ 3 Arten von Mitgliedschaften

(1) Der Verein nimmt aktive und passive Mitglieder … auf. …

(3) Aktive Mitglieder sind berechtigt, in sämtliche Vereinsorgane gewählt zu werden und haben in der Mitgliederversammlung das Stimmrecht.

(4) Passive Mitglieder haben kein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung, müssen im Verein nicht aktiv mitwirken, haben aber im Übrigen das Recht, die Leistungen des Vereins wie aktive Mitglieder zu beanspruchen. …

§ 9 Mitgliederversammlung

(1) In der Mitgliederversammlung … haben nur aktive Mitglieder ein Stimmrecht. …

(7) Der Vorstand hat … eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, falls …

b. eine Anzahl von einem Zehntel der Vereinsmitglieder dies unter Angabe von Gründen gegenüber dem Vorstand in Textform fordert. …

§ 10 Ausschüsse

(1) … Verlangt ein Zehntel der Mitglieder in Textform vom Vorstand einen Ausschuss zu einer bestimmten Thematik, so hat der Vorstand diesen einzurichten, …

3

Die Beklagte ist ein Unternehmen im Bereich des Tierfachhandels. Sie bietet unter anderem auf der Online-Handelsplattform "[X.]" unter dem Verkäufernamen "F.    [X.] Deutschland" Waren zum Kauf an. Im März 2019 bot sie dort Katzenfutter in Fertigpackungen an, ohne neben dem Gesamtpreis einen Grundpreis anzugeben.

4

Der Kläger hat die Beklagte auf Unterlassung unter Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung in Anspruch genommen.

5

Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des [X.]s abgeändert und die Klage abgewiesen ([X.], [X.], 549). Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

A. Das Berufungsgericht hat die Prozessführungsbefugnis des [X.] verneint und die Klage aus diesem Grund unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

7

Die Beklagte habe zwar gegen die [X.] verstoßen. Der Kläger erfülle aber bereits die Voraussetzungen der Prozessführungsbefugnis nicht, weil mit Blick auf seine Mitgliederstruktur nicht angenommen werden könne, dass er imstande sei, die [X.] tatsächlich wahrzunehmen.

8

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des [X.] hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden landgerichtlichen Urteils.

9

Die Klage ist zulässig. Das Berufungsgericht hat dem Kläger zu Unrecht die Prozessführungsbefugnis abgesprochen (dazu [X.]). Die Rechtsverfolgung durch den Kläger ist auch nicht rechtsmissbräuchlich (dazu [X.]I). Die Klage ist begründet; dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu (dazu [X.]II).

I. Die Klage ist zulässig. Die Klagebefugnis des [X.] folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in der bis zum 1. Dezember 2021 geltenden Fassung (aF).

1. Am 1. Dezember 2021 ist § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in der Fassung des [X.] ([X.] I 2020 S. 2568; UWG nF) in [X.] getreten (vgl. Art. 9 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 dieses Gesetzes), wonach Wirtschaftsverbände nunmehr der Eintragung in eine Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b UWG nF bedürfen, um Ansprüche aus § 8 Abs. 1 UWG geltend machen zu können. Die Übergangsregelung gemäß § 15a Abs. 1 UWG bestimmt jedoch, dass § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nF nicht auf Verfahren anzuwenden ist, die am 1. September 2021 bereits rechtshängig sind. Da der Streitfall an diesem Stichtag bereits rechtshängig war, findet § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF weiter Anwendung (vgl. [X.], Urteil vom 19. Mai 2022 - [X.], [X.], 1163 [juris Rn. 15] = WRP 2022, 977 - Grundpreisangabe im [X.]).

2. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF stehen die Ansprüche aus § 8 Abs. 1 UWG rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen zu, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt.

Die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF regelt nicht nur die sachlich-rechtliche Anspruchsberechtigung, sondern auch die prozessuale Klagebefugnis. Die Klagebefugnis des Wirtschaftsverbands ist als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen. Dabei ist der [X.] auch als Revisionsgericht nicht an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden. Das Revisionsgericht hat vielmehr selbständig festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Klagebefugnis erfüllt sind; es kann sich hierbei des [X.] bedienen. Die Tatsachen, aus denen sich die Klagebefugnis ergibt, müssen spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorgelegen haben und im Revisionsverfahren fortbestehen (vgl. [X.], Urteil vom 27. April 2017 - [X.], [X.]Z 215, 12 [juris Rn. 10] - [X.], mwN; [X.], [X.], 1163 [juris Rn. 17] - Grundpreisangabe im [X.]).

3. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläger sei ein eingetragener und damit rechtsfähiger Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben unstreitig die Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen gehöre. Im Hinblick auf die Mitgliederstruktur des [X.] könne indes nicht angenommen werden, dass er imstande sei, die [X.] tatsächlich wahrzunehmen.

Ein Verband müsse seiner Struktur nach eine Meinungsbildung seiner - seinem Zweck nach - schützenswerten Mitglieder zulassen, weil die Legitimation seiner Klagebefugnis und Anspruchsberechtigung auch aus seiner Funktion der kollektiven Wahrnehmung von [X.] folge. Es sei im Grundsatz zwar unbedenklich, dass ein Verein - wie auch der Kläger - sowohl über aktive als auch über passive Mitglieder verfüge. Gerade die Mitglieder, deren Interessen der Kläger nach seiner Satzung fördern wolle, nehme er aber grundsätzlich nur als passive Mitglieder auf; um eine mit einem weit höheren Mitgliedsbeitrag verbundene aktive Mitgliedschaft müsse sich ein Mitglied bewerben. Die passiven Mitglieder hätten kein Stimmrecht und könnten nicht in Vereinsorgane gewählt werden. Von den derzeit 43 aktiven Mitgliedern des [X.] seien 13 Rechtsanwälte. Nur zwei Verbände zählten zu den aktiven Mitgliedern, wobei es sich jeweils nicht einmal um "klassische" Online-Unternehmer oder Online-Freiberufler handele, deren Interessenwahrnehmung sich der Kläger zum Ziel gesetzt habe.

Dem Kläger gehe es auch nicht um die Meinungsbildung aus der Mitgliederversammlung heraus als Willensbildungsorgan eines Vereins. Die Mitglieder seien bloße Vertragspartner eines [X.], die Informations- und Beratungstätigkeiten zu Fragen des lauteren [X.] in Anspruch nehmen könnten. Dies rechtfertige nicht die Annahme einer Prozessführungsbefugnis des [X.].

Soweit der Kläger darauf abstelle, dass die passiven Mitglieder anderweitige Möglichkeiten hätten, das Vereinsgeschehen zu beeinflussen, und diese auch wahrnähmen, vermöge das keine relevante Teilhabe an der Gestaltung der Willensbildung des [X.] darzustellen.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

4. Zutreffend und von der Revision unbeanstandet ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass es sich bei dem Kläger um einen rechtsfähigen Verband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF handelt.

5. Zu den satzungsgemäßen Aufgaben des [X.] gehört unstreitig auch die Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF. Das mit der Klage verfolgte Ziel steht mit dieser satzungsmäßigen Aufgabe des [X.] in Einklang. Dazu gehört nach § 2 Abs. 2 der Satzung die umfassende Förderung insbesondere der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen [X.] Online-Unternehmer und Online-Freiberufler. Nach § 2 Abs. 4 der Satzung werden die [X.] in streitigen Fällen insbesondere durch Erstellung und Versendung von Abmahnungen und gegebenenfalls - wie hier - Klageerhebung verwirklicht.

6. Der Kläger ist auch gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen.

Die hinreichende sachliche und finanzielle Ausstattung des [X.] hat das [X.], auf dessen tatsächliche Feststellungen das Berufungsgericht Bezug genommen hat, festgestellt. Danach hat der Kläger Rücklagen in Höhe von circa 114.000 € und erhebliche Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen. Er kann seine satzungsgemäßen Aufgaben auch personell erfüllen und verfügt zudem ausweislich des vorgelegten Mietvertrags über Büroräume.

7. Dem Kläger gehört auch eine erhebliche Zahl von Unternehmern an, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Insoweit wendet sich die Revision mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Mitgliederstruktur des [X.] stehe einer Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF entgegen.

a) Die Klagebefugnis eines Verbands nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF setzt voraus, dass dieser die Interessen einer erheblichen Zahl von Unternehmern wahrnimmt, die auf demselben Markt tätig sind wie der Wettbewerber, gegen den sich der Anspruch richtet. Sinn dieser Regelung ist es, die Berechtigung eines Wirtschaftsverbands zur Verfolgung von [X.]verstößen auf die kollektive Wahrnehmung von [X.] zu beschränken (vgl. [X.], Urteil vom 11. Mai 1995 - [X.], [X.], 604 [juris Rn. 8] = WRP 1995, 695 - Vergoldete Visitenkarten).

aa) Der Begriff der Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF ist weit auszulegen. Die beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen müssen sich ihrer Art nach so gleichen oder nahestehen, dass der Absatz des einen Unternehmers durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann. Es reicht aus, dass eine nicht gänzlich unbedeutende potentielle Beeinträchtigung mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann ([X.], Urteil vom 1. März 2007 - [X.], [X.], 809 [juris Rn. 14] = WRP 2007, 1088 - Krankenhauswerbung; Urteil vom 7. Mai 2015 - I ZR 158/14, [X.], 1240 [juris Rn. 14] = WRP 2015, 1464 - Zauber des Nordens, mwN).

bb) Erheblich im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF ist die Zahl der Mitglieder des Verbands auf dem einschlägigen Markt dann, wenn diese Mitglieder als Unternehmer, bezogen auf den maßgeblichen Markt, in der Weise repräsentativ sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbands ausgeschlossen werden kann. Dies kann auch schon bei einer geringen Zahl auf dem betreffenden Markt tätiger Mitglieder anzunehmen sein. Darauf, ob diese Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmern repräsentativ sind, kommt es nicht an ([X.], [X.], 809 [juris Rn. 15] - Krankenhauswerbung; [X.], 1240 [juris Rn. 14] - Zauber des Nordens, mwN). Der Kläger braucht deshalb auch nicht zu Bedeutung und Umsatz seiner (mittelbaren oder unmittelbaren) Mitglieder vorzutragen. Dem Zweck des Gesetzes, die Klagebefugnis der Verbände auf Fälle zu beschränken, die die Interessen einer erheblichen Zahl von verbandsangehörigen Wettbewerbern berühren, wird schon dann hinreichend Rechnung getragen, wenn im Wege des [X.] festgestellt werden kann, dass es dem Verband bei der betreffenden Rechtsverfolgung nach der Struktur seiner Mitglieder um die ernsthafte kollektive Wahrnehmung der [X.] geht (vgl. [X.], Urteil vom 23. Oktober 2008 - I ZR 197/06, [X.], 692 [juris Rn. 12] = WRP 2009, 811 - [X.]; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], UWG, 41. Aufl., § 8 Rn. 3.45).

Bei der Prüfung, ob einem Verband eine erhebliche Zahl von [X.]unternehmern angehört, können auch solche Unternehmer zu berücksichtigen sein, die Mitglied in einem Verband sind, der seinerseits Mitglied des klagenden Verbands ist ([X.]Z 215, 12 [juris Rn. 11] - [X.], mwN).

b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Das Berufungsgericht hat zur konkreten Anzahl von Unternehmern, die nach Angaben des [X.] Mitglied bei ihm und auf demselben Markt wie die Beklagte tätig sind, sowie zur Frage, ob diese Unternehmer Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die Beklagte vertreiben, keine Feststellungen getroffen, die Feststellungen des [X.]s aber gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Bezug genommen. In der Revisionsinstanz ist dazu weiterer Vortrag nicht gehalten worden.

aa) Das [X.] ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass unter Berücksichtigung der weiten Definition des Begriffs der Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art zum Bereich des "Tierfachhandels", zu dem die Beklagte gehört, als verwandte Waren auch "Tierbedarf" und "Tiernahrung" zählen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die im "Tierfachhandel" angebotenen Waren den Waren des "[X.]" und der "Tiernahrung" nicht in einer Weise gleichen, dass durch das wettbewerbswidrige Handeln eines Unternehmers eine nicht gänzlich unbedeutende potentielle Beeinträchtigung des anderen mit einer gewissen, wenn auch möglicherweise nur geringen Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann.

bb) Zur erheblichen Zahl von Unternehmern, die dem Kläger angehört, hat das [X.] nach Beweisaufnahme festgestellt, dass von den vom Kläger benannten 25 Mitgliedern mehr als 20 Mitglieder in die Kategorie Tierbedarf oder Tiernahrung einzuordnen seien. Der [X.] ist mit dem [X.] der Auffassung, dass diese Anzahl ausreichend ist, um von einer ernsthaften kollektiven Wahrnehmung der Interessen durch den Kläger auszugehen.

c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht die Mitgliederstruktur des [X.], die eine deutlich überwiegende Anzahl von passiven Mitgliedern aufweist, seiner Klagebefugnis nicht entgegen.

aa) Für die Klagebefugnis eines Verbands kommt es grundsätzlich nicht darauf an, über welche mitgliedschaftlichen Rechte dessen - mittelbare oder unmittelbare - Mitglieder verfügen (vgl. [X.], Urteil vom 16. November 2006 - I ZR 218/03, [X.], 610 [juris Rn. 21] = WRP 2007, 778 - Sammelmitgliedschaft V; [X.] in [X.]/[X.], UWG, 5. Aufl., § 8 Rn. 402). So genügt es, dass ein Verband, der dem klagenden Verband Wettbewerber des Beklagten als (mittelbare) Mitglieder vermittelt, von diesen mit der Wahrnehmung ihrer gewerblichen Interessen - gegebenenfalls auch durch schlüssiges Verhalten - beauftragt worden ist und seinerseits den klagenden Verband durch seinen Beitritt mit der Wahrnehmung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder beauftragen durfte. Auf die Frage, ob die Organisation, die dem klagenden Verband Mitglieder vermittelt, bei diesem stimmberechtigt ist, kommt es nur an, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Mitgliedschaft der Organisation dazu dienen sollte, künstlich die Voraussetzungen für die Verbandsklagebefugnis zu schaffen (vgl. [X.], Urteil vom 18. Mai 2006 - [X.], [X.], 873 [juris Rn. 20] = [X.], 1118 - Brillenwerbung; [X.], [X.], 610 [juris Rn. 21] - Sammelmitgliedschaft V). Auch bei unmittelbaren Mitgliedern kommt es auf deren Stimmberechtigung nur an, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ihre Mitgliedschaft allein bezweckt, dem Verband die Klagebefugnis zu verschaffen.

bb) Für die Annahme, der Kläger wolle durch seine Mitgliederstruktur künstlich die Voraussetzungen für seine Verbandsklagebefugnis schaffen, es gehe ihm mithin nicht darum, gemeinsame Interessen am Schutz des lauteren [X.] zu bündeln, bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte.

(1) Der Umstand, dass nur 43 von derzeit etwa 2.750 Mitgliedern des [X.] aktive Mitglieder mit Stimmrecht sind, spricht nicht gegen seine Klagebefugnis. Nach den dargestellten Maßstäben kommt es grundsätzlich nicht darauf an, über welche mitgliedschaftlichen Rechte die Mitglieder verfügen. Zudem weist die Revision zutreffend darauf hin, dass den passiven Mitgliedern grundsätzlich die aktive Mitgliedschaft offensteht. Sie verfügen zudem auch als passive Mitglieder mit Ausnahme des Stimmrechts über sämtliche Mitgliedsrechte der aktiven Mitglieder und haben deshalb die Möglichkeit, im Rahmen von Ausschüssen und durch Anregungen gestaltend auf die Tätigkeit des [X.] Einfluss zu nehmen. Sie haben außerdem das Recht, an allen Versammlungen teilzunehmen und sich zu äußern sowie die Einberufung einer Mitgliederversammlung und die Einrichtung eines Ausschusses zu beantragen.

(2) Die Revision weist auch zutreffend darauf hin, dass der Satzungszweck des [X.], die wettbewerbsrechtlichen Interessen der Mitglieder zu schützen, maßgeblich durch die beratende und informierende Tätigkeit des [X.] sowie gerade auch durch die Verfolgung von [X.]verstößen verwirklicht wird. Diese Tätigkeiten kommen sowohl den aktiven als auch den passiven Mitgliedern zugute. Schon deshalb kann von einer bloß formalen Mitgliedschaft der passiven Mitglieder nicht gesprochen werden. Für die Wahrnehmung dieser in der Satzung festgeschriebenen kollektiven [X.], auf der die Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF beruht, spielt es auch keine Rolle, ob den einzelnen Mitgliedern, die sich bereits mit ihrer Mitgliedschaft für eine Unterstützung dieser [X.] des [X.] entschieden haben, ein Stimmrecht eingeräumt ist. Der Gefahr einer missbräuchlichen Verfolgung von Einzelinteressen (vgl. [X.], Urteil vom 27. Februar 1997 - [X.], [X.], 933 [juris Rn. 16]) wird dabei durch die Voraussetzung einer erheblichen Anzahl von relevanten Mitgliedern im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF hinreichend begegnet.

(3) Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Klagebefugnis für die Musterfeststellungsklage gemäß §§ 606 ff. ZPO gestellten Anforderungen sind auf die Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF nicht übertragbar.

Qualifizierte Einrichtungen nach § 606 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO sind die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] bezeichneten Stellen, die die Voraussetzungen des § 606 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ZPO erfüllen und damit unter anderem als Mitglieder mindestens zehn Verbände, die im gleichen Aufgabenbereich tätig sind, oder mindestens 350 natürliche Personen haben (Nr. 1). Nach der Rechtsprechung des [X.] sind dabei an den Begriff des Mitglieds im Sinne des § 606 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO wegen des vom Gesetzgeber mit den besonderen Tatbestandsmerkmalen der Klagebefugnis bei Musterfeststellungsverfahren verbundenen Zwecks höhere Anforderungen zu stellen als an den vereinsrechtlichen Begriff der Mitgliedschaft. Zu den Mitgliedern nach § 606 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO gehören deshalb nur solche Verbände und natürliche Personen, die [X.] der ihnen organschaftlich zustehenden Rechte in relevanter Weise auf das Verhalten und die Geschicke des Vereins Einfluss nehmen können. Die Möglichkeit, in dieser Weise Einfluss zu nehmen, setzt ein Stimmrecht auf den Versammlungen des Vereins voraus (vgl. [X.], Urteil vom 17. November 2020 - [X.], [X.]Z 227, 365 [juris Rn. 18 f.]; Beschluss vom 17. November 2020 - [X.], NJW 2021, 1018 [juris Rn. 18 f.]).

Diese Rechtsprechung ist auf die Klagebefugnis von Wirtschaftsverbänden gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF nicht übertragbar. Bei den Anforderungen gemäß § 606 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ZPO handelt es sich um "gesteigerte Anforderungen", die zusätzlich zu den Anforderungen des § 4 [X.] "auch noch" erfüllt sein müssen (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage, BT-Drucks. 19/2439, [X.] und 23). Vergleichbare gesteigerte Anforderungen enthält § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF nicht. Ob etwas anderes für § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nF in Verbindung mit § 8b UWG nF gilt und die Rechtsprechung des [X.]. Zivilsenats auf die Voraussetzungen für die Eintragung in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände gemäß § 8b Abs. 2 Nr. 1 UWG zu übertragen ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

II. Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen.

1. Nach § 8c Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG nF (inhaltsgleich mit § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG aF) ist die Geltendmachung der in § 8 Abs. 1 UWG bezeichneten Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände rechtsmissbräuchlich ist. Eine missbräuchliche Geltendmachung ist im Zweifel anzunehmen, wenn die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen. Von einem Rechtsmissbrauch in diesem Sinne ist auszugehen, wenn sich der Gläubiger bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs von sachfremden Gesichtspunkten leiten lässt. Diese müssen jedoch nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 21. Januar 2021 - [X.], [X.], 752 [juris Rn. 38] = WRP 2021, 746 - Berechtigte Gegenabmahnung, mwN).

2. Das Berufungsgericht hat bereits die Prozessführungsbefugnis des [X.] abgelehnt und deshalb zur Frage des Rechtsmissbrauchs keine Feststellungen getroffen. Das [X.], auf dessen tatsächliche Feststellungen das Berufungsgericht gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen hat, hat eine Missbräuchlichkeit der Geltendmachung des wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs verneint. Es hat angenommen, für eine systematische Verschonung der eigenen Mitglieder des [X.] bei der Verfolgung von [X.]verstößen, aus der sich ein Rechtsmissbrauch ergeben könnte, fehle Vortrag der Beklagten. Der Umstand, dass der Kläger eine Vielzahl von Abmahnungen versende, spreche nicht für ein missbräuchliches Vorgehen. Aus der Abmahnung und der beigefügten Unterlassungserklärung lasse sich auch kein vorwerfbares Gebührenerzielungsinteresse ableiten. Zudem lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein solches Interesse die überwiegende Triebfeder des Handelns des [X.] sei.

3. Diese Beurteilung des [X.]s ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung zutreffend. Der [X.] kann auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen Feststellungen und des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsbegründung selbst feststellen, dass dem Kläger nicht der Vorwurf einer rechtsmissbräuchlichen Rechtsverfolgung zu machen ist.

a) Entgegen dem von der Revisionserwiderung in Bezug genommenen Vortrag der Beklagten in der Berufungsbegründung hat das [X.] Anhaltspunkte für ein vorwerfbares Gebührenerzielungsinteresse zutreffend verneint.

aa) Einer Berücksichtigung der als Anlagenkonvolut [X.] sowie als Anlage [X.]2 vorgelegten [X.], nach denen der Kläger im Jahr 2017 für 22% und im Jahr 2019 für 23% aller Abmahnungen in [X.] verantwortlich gewesen sein soll, steht unabhängig davon, dass allein daraus ein Rechtsmissbrauch schon nicht abgeleitet werden kann, entgegen, dass die Umfragen nicht repräsentativ sind, sondern lediglich ein Meinungsbild darstellen. Soweit in der Berufungsbegründung für eine im Vordergrund stehende Gewinnerzielungsabsicht auf (nicht rechtskräftige) Entscheidungen anderer Gerichte verwiesen wird, ersetzt dies keinen substantiierten Sachvortrag. Der Hinweis auf die Entscheidung des [X.] geht dabei schon deswegen fehl, weil die Frage des Rechtsmissbrauchs dort ausdrücklich offengelassen worden ist ([X.], [X.], 751 [juris Rn. 53]).

bb) Der Umstand, dass der Kläger eine Vielzahl von Abmahnungen ausspricht, deutet nicht auf ein im Vordergrund stehendes Gebührenerzielungsinteresse. Die Verfolgung von [X.]verstößen geschieht in Wahrnehmung des Satzungszwecks des [X.]. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass er damit in erster Linie nicht [X.]verstöße verfolgen, sondern Einnahmen für andere Zwecke generieren will. Gibt es eine Vielzahl von Verstößen, setzt eine effektive Durchsetzung der [X.] eine damit korrespondierende Vielzahl von Abmahnungen und - soweit keine Unterlassungserklärungen abgegeben werden - gerichtlicher Verfahren voraus. Nimmt ein Wirtschaftsverband seine Aufgabe ernst, zieht eine Vielzahl von [X.]verstößen zwangsläufig eine entsprechende Anzahl von Abmahnungen und gegebenenfalls gerichtlicher Verfahren nach sich (zur Abmahntätigkeit eines Verbraucherverbands vgl. [X.], Urteil vom 4. Juli 2019 - I ZR 149/18, [X.], 966 [juris Rn. 44] = WRP 2019, 1456 - Umwelthilfe).

Soweit in der Berufungsbegründung die Auffassung vertreten wird, das [X.] hätte weitere anhängige Verfahren sichten müssen, um ein systematisches Gebührenerzielungsinteresse des [X.] durch seine Abmahntätigkeit zu prüfen, verkennt sie, dass die Sachurteilsvoraussetzungen zwar von Amts wegen zu prüfen sind, der [X.] insoweit jedoch nicht aufgehoben ist. Auch im Bereich der Prozessvoraussetzungen haben grundsätzlich die [X.]en die Zulässigkeitsvoraussetzungen darzutun und die erforderlichen Nachweise zu beschaffen (vgl. [X.], Urteil vom 21. Februar 2000 - [X.], [X.], 1156 [juris Rn. 4]; Musielak in Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl., Einleitung Rn. 44).

b) Die - von den Vorinstanzen bestätigte - vorläufige Streitwertangabe in Höhe von 10.000 € stellt ebenfalls kein Indiz für eine rechtsmissbräuchliche Anspruchsverfolgung dar. Wird der Streitwert unangemessen hoch angesetzt, kann das zwar - wenn auch regelmäßig nicht alleine (vgl. [X.], Urteil vom 31. Mai 2012 - [X.], [X.], 176 Rn. 25 = [X.], 336 - Ferienluxuswohnung) - für einen Missbrauch sprechen ([X.], [X.], 966 [juris Rn. 47] - Umwelthilfe, mwN). Ein Wertansatz von 10.000 € für Unterlassungsklagen im Kontext von Verstößen gegen Vorschriften der [X.] kann aber angemessen sein (vgl. [X.], NJ 2021, 316 [juris Rn. 3] mwN; [X.], NJW-RR 2022, 1557 [juris Rn. 32]). Jedenfalls begründet die (vorläufige) Angabe eines Streitwerts von 10.000 € kein Indiz für einen Rechtsmissbrauch im Sinne von § 8c Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UWG (§ 8 Abs. 4 Satz 1 UWG aF).

c) Eine rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger [X.]verstöße eigener Mitglieder systematisch duldete.

aa) Einem nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugten Verband ist es grundsätzlich nicht verwehrt, nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzugehen. Die Entscheidung hierüber steht ebenso in seinem freien Ermessen, wie es dem einzelnen Gewerbetreibenden freisteht, ob und gegen welche Mitbewerber er Klage erheben will. Eine unzumutbare Benachteiligung des (allein) angegriffenen Verletzers gegenüber anderen - etwa deshalb, weil nunmehr er allein die angegriffenen Handlungen unterlassen müsse - ist darin schon deshalb nicht zu sehen, weil es dem Verletzer grundsätzlich offensteht, seinerseits gegen gleichartige Verletzungshandlungen seiner von dem Verband nicht angegriffenen Mitbewerber vorzugehen ([X.], Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 148/10, [X.], 411 [juris Rn. 19] = [X.], 453 - Glücksspielverband).

Allerdings kann es als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn ein Verband gegen außenstehende Dritte vorgeht, den unlauteren Wettbewerb durch gleichartige Verletzungshandlungen der eigenen Mitglieder jedoch planmäßig duldet. Zwar gibt es grundsätzlich keine Obliegenheit eines Verbands, gegen eigene Mitglieder vorzugehen, auf die sich außenstehende Dritte berufen könnten. Die [X.] findet ihre Rechtfertigung aber darin, dass die Bekämpfung unlauterer [X.]handlungen nicht nur im Interesse des unmittelbar Betroffenen, sondern auch im öffentlichen Interesse liegt ([X.], [X.], 411 [juris Rn. 22] - Glücksspielverband).

bb) Mit Recht hat das [X.] angenommen, dass es für eine solche systematische Duldung von [X.]verstößen durch Mitglieder des [X.] keine Anhaltspunkte gibt. Soweit die Beklagte in der von der Revisionserwiderung in Bezug genommenen Berufungsbegründung erneut lediglich auf Entscheidungen in anderen Verfahren verweist, ersetzt dies auch insoweit keinen substantiierten Sachvortrag. Sie verkennt zudem, dass es grundsätzlich Sache der beklagten [X.] ist, Tatsachen für das Vorliegen eines Missbrauchs darzulegen und dafür Beweis anzubieten (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 8c Rn. 42). Erst wenn die beklagte [X.] in ausreichendem Umfang Indizien vorträgt, die für eine missbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sprechen, obliegt es dem Kläger, diese Umstände zu widerlegen (vgl. [X.], Urteil vom 6. April 2000 - I ZR 294/97, [X.], 178 [juris Rn. 8] = [X.], 1397 - [X.] an Ärzte; Urteil vom 17. November 2005 - [X.], [X.], 243 [juris Rn. 21] = [X.], 354 - [X.], mwN). Mit dem bloßen Hinweis, sie habe bestritten, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit auch gegen eigene Mitglieder Ordnungsmittel-, Vertragsstrafe- oder Unterlassungsverfahren führe, ist die Beklagte ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen.

III. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 UWG in der bis zum 27. Mai 2022 geltenden Fassung (aF) sowie § 5a Abs. 1, § 5b Abs. 4 UWG in der ab dem 28. Mai 2022 geltenden Fassung (nF) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 [X.] in der bis zum 27. Mai 2022 geltenden Fassung (aF) sowie § 4 Abs. 1 [X.] in der seit dem 28. Mai 2022 geltenden Fassung (nF) zu. Die Beklagte hat sich unlauter verhalten, weil sie dem Verbraucher die wesentliche Information über den Grundpreis vorenthalten hat.

1. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch ist nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten sowohl nach dem zum Zeitpunkt seiner Vornahme geltenden Recht wettbewerbswidrig war als auch nach dem zur Zeit der Revisionsentscheidung geltenden Recht wettbewerbswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 10. November 2022 - I ZR 241/19, [X.], 1832 [juris Rn. 18] = WRP 2023, 57 - Herstellergarantie IV, mwN). Nach der beanstandeten Werbung im März 2019 sind die lauterkeitsrechtliche Bestimmung des § 5a UWG und die Vorschrift über die Verpflichtung zur Grundpreisangabe in der [X.] novelliert worden. Eine für den Streitfall maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht. Hinsichtlich der für den Streitfall wegen der Übergangsvorschrift des § 15a Abs. 1 UWG nicht relevanten Änderung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG kann auf die Ausführungen in Rn. 11 verwiesen werden.

a) Die Vorschrift des § 5a UWG ist durch das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im [X.]- und Gewerberecht vom 10. August 2021 ([X.] I S. 3504) mit Wirkung vom 28. Mai 2022 geändert worden. Die bisherige Bestimmung in § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG aF zum Vorenthalten einer wesentlichen Information gegenüber einem Verbraucher ist nunmehr insoweit inhaltsgleich in § 5a Abs. 1 UWG nF enthalten. Die bisherige Regelung in § 5a Abs. 4 UWG aF zur Wesentlichkeit einer dem Verbraucher nach unionsrechtlichen Vorschriften zu erteilenden Information findet sich nun ohne inhaltliche Änderung in § 5b Abs. 4 UWG nF (vgl. Begründung des [X.] eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im [X.]- und Gewerberecht, BT-Drucks. 19/27873, [X.] und 37; [X.], [X.], 1832 [juris Rn. 19] - Herstellergarantie IV).

b) Die Verpflichtung zur Grundpreisangabe gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 [X.] aF ist durch die Novellierung der [X.] ([X.]. 669/21) mit Wirkung vom 28. Mai 2022 in § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] nF neu geregelt worden. Eine für den Streitfall maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht.

2. Die materiell-rechtliche Anspruchsberechtigung des [X.] ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF (vgl. oben Rn. 19-38). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht auch schon im Zeitpunkt der beanstandeten [X.]handlung vorlagen.

3. Gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG aF handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2). Nach § 5a Abs. 1 UWG nF handelt unlauter, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2). Gemäß § 5a Abs. 4 UWG aF und § 5b Abs. 4 UWG nF gelten als wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG aF beziehungsweise des § 5a Abs. 1 UWG nF auch Informationen, die dem Verbraucher aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.

Die Vorschrift des § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG aF (§ 5a Abs. 1 UWG nF) dient der Umsetzung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt. Die Regelung in § 5a Abs. 4 UWG aF (§ 5b Abs. 4 UWG nF) hat ihre unionsrechtliche Grundlage in Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/[X.] (vgl. [X.], [X.], 1832 [juris Rn. 22] - Herstellergarantie IV).

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF hat derjenige, der Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, neben dem Gesamtpreis (§ 1 Abs. 1 Satz 1 [X.]) auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben. Nach § 9 Abs. 4 Nr. 1 [X.] aF ist § 2 Abs. 1 [X.] aF nicht anzuwenden auf Waren, die über ein Nenngewicht oder Nennvolumen von weniger als 10 Gramm oder Milliliter verfügen.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] nF hat derjenige, der als Unternehmer Verbrauchern Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet oder als Anbieter dieser Waren gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, neben dem Gesamtpreis auch den Grundpreis unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar anzugeben. Nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 [X.] nF ist Absatz 1 nicht anzuwenden auf Waren, die über ein Nenngewicht oder Nennvolumen von weniger als 10 Gramm oder 10 Milliliter verfügen.

Die Pflicht zur Grundpreisangabe beruht auf der [X.][X.] über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse und stellt eine wesentliche Informationspflicht gemäß Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/[X.] dar (vgl. [X.], Urteil vom 28. März 2019 - [X.], [X.], 641 [juris Rn. 13 und 32] = WRP 2019, 724 - Kaffeekapseln).

4. Die Beklagte hat als Unternehmerin in der beanstandeten Werbung Waren in Fertigpackungen nach Gewicht (von 10 Gramm oder mehr) angeboten. Dies löst die Pflicht zur Angabe des Grundpreises nach § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF (§ 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] nF) aus.

5. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte neben dem Gesamtpreis (überhaupt) keine Grundpreisangabe gemacht hat und damit gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF (§ 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] nF) verstoßen hat. Im Streitfall stellt sich damit nicht die zwischenzeitlich geklärte Frage, ob der Grundpreis "in unmittelbarer Nähe" des Gesamtpreises angegeben ist (vgl. [X.], [X.], 1163 [juris Rn. 34 bis 48] - Grundpreisangabe im [X.]).

6. Es ist davon auszugehen, dass der Verbraucher diese wesentliche Information über den Grundpreis nach den Umständen benötigte, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet war, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein Unternehmer, der geltend macht, dass der Verbraucher - abweichend vom Regelfall - eine ihm vorenthaltene wesentliche Information für eine Kaufentscheidung nicht benötigt und dass das Vorenthalten dieser Information den Verbraucher nicht zu einer anderen Kaufentscheidung veranlassen kann, trifft eine sekundäre Darlegungslast ([X.], [X.], 1163 [juris Rn. 59] - Grundpreisangabe im [X.], mwN). Die Beklagte hat keinen in diese Richtung gehenden Sachvortrag gehalten.

C. Auf die Revision des [X.] ist das angefochtene Urteil daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, weil weitere Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu erwarten sind und die Sache nach den getroffenen Feststellungen zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Danach ist die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des [X.]s zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Koch     

      

Löffler     

      

Schwonke

      

Schmaltz     

      

Odörfer     

      

Meta

I ZR 111/22

26.01.2023

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Düsseldorf, 23. Juni 2022, Az: I-20 U 325/20, Urteil

§ 8 Abs 3 Nr 2 UWG vom 26.11.2020, § 15a Abs 1 UWG, Art 9 Abs 2 S 2 Nr 1 FWettbewStG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.01.2023, Az. I ZR 111/22 (REWIS RS 2023, 1199)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 1199


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 111/22

Bundesgerichtshof, I ZR 111/22, 26.01.2023.


Az. 20 U 325/20

Oberlandesgericht Düsseldorf, 20 U 325/20, 23.06.2022.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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20 U 325/20 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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