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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Auslieferung eines vanuatuischen Staatsangehörigen nach Indien zum Zwecke der Strafverfolgung
[X.]
- 2 BvR 685/03 -
des vanuatuischen Staatsangehörigen [X.]
gegen a) | den Beschluss des [X.]s München vom 30. April 2003 - [X.]. 275/02 (92/02) -, |
b) | den Beschluss des [X.]s München vom 4. April 2003 - [X.]. 275/02 (92/02) -, |
c) | den Beschluss des [X.]s München vom 7. März 2003 - [X.]. 275/02 (92/02) - |
und | Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung |
hat das [X.] - Zweiter Senat - unter Mitwirkung der [X.]innen und [X.]
Vizepräsident [X.],
[X.],
Jentsch,
Broß,
Osterloh,
[X.],
Mellinghoff,
Lü[X.]e-Wolff
am 24. Juni 2003 beschlossen:
[X.] wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene [X.]beschwerde betrifft Beschlüsse des [X.]s München, mit denen das Gericht die Auslieferung des Beschwerdeführers nach [X.] zum Zwecke der Strafverfolgung für zulässig erklärt hat.
1. a) Der Beschwerdeführer ist vanuatuischer, vormals [X.] Staatsangehörigkeit. Er wurde am 15. Dezember 2002 auf dem Flughafen München festgenommen.
[X.] liegt der Haftbefehl des [X.] in [X.]/[X.] vom 3. Mai 2002 zu Grunde. Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, in den Jahren 1994 und 1995 insgesamt 108.400.000 [X.] Rupien (etwa € 2.143.000) in betrügerischer Weise von der [X.] erlangt zu haben. Auf der Grundlage einer internationalen Fahndungsausschreibung ordnete das [X.] München durch Haftbefehl vom 18. Dezember 2002 die vorläufige Auslieferungshaft an.
Der [X.] Staatsminister für auswärtige Angelegenheiten ersuchte mit Note vom 31. Januar 2003 unter Übergabe des [X.] und des Haftbefehls um die Auslieferung zur Strafverfolgung wegen krimineller Verschwörung und Betrugs.
b) Mit Beschluss vom 14. Februar 2003 ordnete das [X.] München die [X.] an und stellte die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung zurück, weil der Beschwerdeführer sich nicht mit einer vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt hatte, ihm die Auslieferungsunterlagen noch nicht eröffnet worden waren und er noch kein rechtliches Gehör erhalten hatte. Der Beschwerdeführer erhielt am 21. Februar 2003 Akteneinsicht. Am 24. Februar 2003 wurde ihm die Entscheidung des [X.]s München vom 14. Februar 2003 bekannt gegeben.
c) Mit Beschluss vom 7. März 2003 ordnete das [X.] erneut [X.] an und erklärte die Auslieferung für zulässig.
2. Der Beschwerdeführer erhob mit [X.]vom 13. März 2003 beim [X.] München eine "Gegenvorstellung". Darin beantragte er, die Auslieferung für unzulässig zu erklären und den [X.] außer Vollzug zu setzen.
Ihm sei nicht hinreichend rechtliches Gehör eingeräumt worden, weil das Gericht bereits 14 Tage nach der Gewährung von Einsicht in die umfangreichen Auslieferungsunterlagen endgültig über die Zulässigkeit der Auslieferung entschieden habe. Die Auslieferung sei in mehrfacher Hinsicht unzulässig, insbesondere verstoße sie gegen § 73 [X.], da ihm für die zur Last gelegten Vermögensdelikte mit lebenslänglicher Freiheitsstrafe nicht nur eine unerträglich schwere Strafe drohe, sondern darüber hinaus Folterungen und Misshandlungen im Ermittlungsverfahren und während einer möglichen Haftzeit.
3. Ebenfalls am 13. März 2003 beantragte der Beschwerdeführer beim [X.] den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die nach einer entsprechenden Bewilligung jederzeit drohende Auslieferung verhindert werden sollte.
Die [X.] des [X.] des [X.]s lehnte den Antrag mit Beschluss vom 7. April 2003 - 2 [X.]/03 - ab. Die [X.]beschwerde in der Hauptsache wäre zum [X.]punkt der Antragstellung unzulässig gewesen, weil dem Grundsatz der Subsidiarität nicht genügt worden sei.
Der Beschwerdeführer habe noch die Möglichkeit, mit Hilfe eines Antrags nach § 77 [X.] in Verbindung mit § 33a StPO nachträglich rechtliches Gehör zu den von ihm als übergangen angesehenen Gesichtspunkten zu erwirken. In dem Beschluss wurde der Beschwerdeführer auch auf die Möglichkeit hingewiesen, in entsprechender Anwendung von § 33 Abs. 4 [X.] beim [X.] München einen Aufschub der Auslieferung zu erwirken.
4. Das [X.] München entschied mit Beschluss vom 4. April 2003, der dem Beschwerdeführer am 8. April 2003 bekannt gegeben wurde, den Einwendungen nicht zu folgen, und ordnete [X.] an. Zur Begründung führte es u.a. aus, ein Verstoß gegen den [X.] in § 73 [X.] sei nicht gegeben. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten wiesen einen hohen Unrechtsgehalt auf, zu dem der im [X.]n Strafrecht vorgesehene Strafrahmen nicht so außer Verhältnis stehe, dass er als schlechthin unangemessen angesehen werden müsse.
Dem Beschwerdeführer drohten auch keine Folter oder eine andere grausame und erniedrigende Behandlung. Ausweislich der Einschätzungen der Bundesregierung (Auswärtiges Amt, Lagebericht [X.] vom 8. Mai 2001 und Schreiben vom 25. März 2003 an den [X.]beim [X.] München) kämen zwar Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Organe vor, diese würden jedoch verstärkt rechtlich geahndet. Obwohl Folter durch Gesetz verboten sei, handele es sich um eine häufig von der Polizei angewandte Vernehmungsmethode. Sie werde jedoch durch den Staat nicht zielgerichteter gefördert, vielmehr bestrafe er Folterer und habe in letzter [X.] auch eine Kampagne zur Bewusstseinserhöhung unter den Sicherheitskräften in die Wege geleitet. Die Gefahr für den Beschwerdeführer sei auch deshalb gering, weil das Ermittlungsverfahren gegen ihn weitgehend abgeschlossen sei und er in [X.] über einen Rechtsbeistand verfüge.
5. a) Mit Schriftsatz vom 10. April 2003 beantragte der Beschwerdeführer beim [X.] München Akteneinsicht betreffend den in der Entscheidung vom 4. April 2003 zitierten [X.], die Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 77 [X.] in Verbindung mit § 33a StPO und den Aufschub der Auslieferung in entsprechender Anwendung von § 33 Abs. 4 [X.].
b) Nach der Akteneinsicht beantragte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 23. April 2003, die Auslieferung für unzulässig zu erklären. Dem Beschwerdeführer drohten in [X.] die Folter sowie eine grausame, unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung, weshalb die geplante Auslieferung gegen § 73 [X.] verstoße. Die Mindestvollstreckungsdauer für die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten betrage in [X.] 25 Jahre. Diese Strafe sei [X.] so hoch, wie die Höchststrafe für ein solches Delikt in [X.], die [X.] betrage. Ihm drohe somit eine unerträglich hohe Strafe.
c) Mit [X.] vom 23. April 2003 teilte das Auswärtige Amt der [X.]n Botschaft mit, dass die Bundesregierung die Auslieferung des Beschwerdeführers "nach Maßgabe der Grundsätze des deutsch-[X.]n [X.]es vom 27. Juni 2001" bewilligt habe.
d) Mit Beschluss vom 25. April 2003 gewährte das [X.] München einen Aufschub der Auslieferung bis zur Entscheidung über die Gegenvorstellung des Beschwerdeführers. Diese Entscheidung wurde der [X.]n Botschaft vom Auswärtigen Amt notifiziert.
e) Mit Beschluss vom 30. April 2003 erklärte das [X.] München die Auslieferung des Beschwerdeführers erneut für zulässig und hob die Entscheidung über den Aufschub der Auslieferung auf.
In seiner Begründung stellt das [X.] vor allem darauf ab, dass die Auslieferung nicht gegen Grundsätze der [X.] Rechtsordnung verstoße (§ 73 [X.]). Unter Bezugnahme auf seinen Beschluss vom 4. April 2003 und auf den Asyllagebericht der Bundesregierung führt es im Wesentlichen aus, dass in [X.] vor allem durch Polizeibehörden Folter zwar als [X.]und Erpressungsmittel angewendet werde, dieses Vorgehen jedoch vom [X.]n Staat nicht geduldet, sondern vielmehr bekämpft werde. So sei [X.] der [X.] der Vereinten Nationen beigetreten und habe innerstaatlich eine Kampagne zur Bewusstseinsänderung begonnen. Ferner habe [X.] mit [X.] im Jahre 2001 in Kenntnis der im Asyllagebericht angesprochenen Umstände einen [X.] geschlossen, was darauf hindeute, dass die im Asyllagebericht erwähnten Menschenrechtsverletzungen in [X.] nicht der Normalfall seien, sondern Ausnahmecharakter hätten.
Es bestünden keine begründeten Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer in [X.] menschenunwürdiger Behandlung ausgesetzt sein werde. Ein etwa noch verbleibendes Risiko habe sich nicht zu einer konkreten, unmittelbaren Gefahr verdichtet. Die Ermittlungen gegen den Beschwerdeführer seien abgeschlossen, das Verfahren gegen die Mitangeklagten sei durchgeführt worden, ohne dass von Folterungen – etwa der zahlreichen Mitangeklagten – in diesem Zusammenhang etwas bekannt geworden sei. Schließlich sei der Beschwerdeführer in [X.] anwaltlich vertreten. Dieselben Überlegungen gälten für die Haftbedingungen.
[X.] in [X.] sei zwar eine "in hohem Maße harte Strafe", könne jedoch nicht als "unerträglich schwere Strafe" im Sinne der Rechtsprechung des [X.]s gewertet werden. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeführer auch in [X.] für die angeklagten Delikte eine Gesamtfreiheitsstrafe von maximal 15 Jahren drohe.
Der Beschwerdeführer hat am 5. Mai 2003 [X.]beschwerde erhoben und zugleich einen – weiteren - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er rügt, dass ihn die angegriffenen Entscheidungen des [X.]s München in seinen Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzen und zudem gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstießen. Im Einzelnen trägt er vor:
1. Folterungen und Misshandlungen von straftatverdächtigen Personen seien in [X.] weit verbreitet, nach dem Jahresbericht von [X.]für [X.] für das [X.] und nach dessen Länderkurzbericht [X.] vom Februar 2003 seien sie sogar an der Tagesordnung. Auch nach dem Asyllagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8. Mai 2001 handele es sich dabei in [X.] um eine häufig von der Polizei angewandte Vernehmungsmethode.
Die Begründung des [X.]s München, dass Folter in [X.] Ausnahmecharakter habe und insoweit lediglich ein "Restrisiko" bestehe, könne nur als objektiv willkürlich angesehen werden. Die Feststellungen von [X.] und der Bundesregierung würden mit der hypothetischen Erwägung zurückgewiesen, dass [X.] andernfalls keinen [X.] mit [X.] geschlossen hätte. Da konkrete entgegenstehende Erkenntnisse vorlägen, dass dieser wünschenswerte Zustand nicht bestehe, könne nicht vom [X.] auf den Ist-Zustand geschlossen werden.
Es sei objektiv unmöglich, über die substantiierte Darstellung des hohen Risikos eines Inhaftierten, in [X.] gefoltert zu werden, hinaus, konkrete den Verfolgten betreffende Umstände anzuführen. Wenn das [X.] München von einer "konkreten, unmittelbar bevorstehenden Gefahr" spreche, dann lege es einen völlig überzogenen Maßstab an. Wegen der drohenden Gefahr der Folterung verletzten die angegriffenen Beschlüsse Art. 1 Abs. 1 GG und verstießen gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG.
2. Nach dem Jahresbericht 1998 von [X.] für [X.] seien viele Häftlinge unter Bedingungen festgehalten, die grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe gleichkämen. Viele Haftanstalten seien extrem überfüllt. Es mangele an ärztlicher Versorgung und sanitären Einrichtungen. Auch nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8. Mai 2001 seien die Haftbedingungen, insbesondere in den großen Gefängnissen "desolat". Die Gefangenen litten unter einer Überbelegung, die die eigentliche Kapazität um das Fünffache übersteige. Der Großteil der Gefangenen, der in Kategorie [X.] - bei drei Unterbringungsklassen - untergebracht sei, müsse sich mit unzumutbaren Verhältnissen bescheiden. Hier komme es vor, dass sich bis zu 50 Inhaftierte eine Großraumzelle teilen müssten, keine Betten zur Verfügung stünden und im Winter Decken fehlten. Da dem Beschwerdeführer im Falle einer Verurteilung eine langjährige Freiheitsstrafe unter diesen Bedingungen drohe, begründe eine Auslieferung an [X.] die Gefahr einer grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Bestrafung. Wenn den genannten Berichten vom [X.] allein entgegengehalten werde, es gebe keine Erkenntnisse, die eine konkrete Gefahr für den Beschwerdeführer als unmittelbar bevorstehend erscheinen ließen, so sei dies nicht nachvollziehbar. Den Berichten ließen sich keine Anhaltspunkte entnehmen, dass eine konkrete Gefahr, unter derartigen Haftbedingungen in [X.] inhaftiert zu werden, nur für bestimmte Personen oder nur unter bestimmten Umständen bestehe. Auch insoweit verletzten die Beschlüsse des [X.]s Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.
3. Für das Vermögensdelikt drohe ihm als Höchststrafe lebenslange Freiheitsstrafe, was in [X.] eine Mindestvollstreckungsdauer von 25 Jahren bedeute, die damit [X.] so hoch sei, wie die in [X.] für ein vergleichbares Delikt drohende Freiheitsstrafe. Dies stelle eine unerträglich schwere Strafe dar. Eine Auslieferung würde deshalb gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verstoßen.
[X.] ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] nicht erfüllt sind. Der [X.]beschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, weil die aufgeworfenen Fragen in der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung geklärt sind (vgl. [X.] 63, 332 <337 f.>; 75, 1 <18 ff.>). Die Annahme der [X.]beschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt; sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. [X.] 90, 22 <25 f.>).
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s haben [X.] Gerichte in Auslieferungsverfahren zu prüfen, ob die Auslieferung und die ihr zugrunde liegenden Akte mit dem nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik [X.] verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard und mit den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen ihrer öffentlichen Ordnung vereinbar sind (vgl. [X.] 63, 332 <337 f.>; 75, 1 <19>).
Die Grenzen, die einer Auslieferung hierdurch gezogen werden, hat das [X.] hinsichtlich der Ausgestaltung des Straf- und Vollstreckungsverfahrens, das den [X.] in dem ersuchenden Staat erwartet, konkretisiert. Danach zählt zu den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen der [X.]bereich des aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Gebots der Verhältnismäßigkeit. Den zuständigen Organen der Bundesrepublik [X.] ist es danach verwehrt, einen Verfolgten auszuliefern, wenn die Strafe, die ihm im ersuchenden Staat droht, unerträglich hart, mithin unter jedem denkbaren Gesichtspunkt unangemessen erschiene. Ebenso zählt es zu den unabdingbaren Grundsätzen der [X.] verfassungsrechtlichen Ordnung, dass eine angedrohte oder verhängte Strafe nicht grausam, unmenschlich oder erniedrigend sein darf. Die zuständigen Organe der Bundesrepublik [X.] sind deshalb gehindert, an der Auslieferung eines Verfolgten mitzuwirken, wenn dieser eine solche Strafe zu gewärtigen oder zu verbüßen hat.
Anderes gilt hingegen dann, wenn die zu vollstreckende Strafe lediglich als in hohem Maße hart anzusehen ist und bei einer strengen Beurteilung anhand [X.] [X.]rechts nicht mehr als angemessen erachtet werden könnte. Das Grundgesetz geht nämlich von der Eingliederung des von ihm verfassten Staates in die Völkerrechtsordnung der [X.]gemeinschaft aus (vgl. Präambel, Art. 1 Abs. 2, Art. 9 Abs. 2, Art. 23 bis 26 GG). Es gebietet damit zugleich, fremde Rechtsordnungen und –anschauungen grundsätzlich zu achten (vgl. [X.] 75, 1 <16 f.>), auch wenn sie im Einzelnen nicht mit den [X.] innerstaatlichen Auffassungen übereinstimmen. Soll der in gegenseitigem Interesse bestehende zwischenstaatliche Auslieferungsverkehr erhalten und auch die außenpolitische Handlungsfreiheit der Bundesregierung unangetastet bleiben, so dürfen die Gerichte als unüberwindbares Hindernis für eine Auslieferung nur die Verletzung der unabdingbaren Grundsätze der [X.] verfassungsrechtlichen Ordnung zu Grunde legen.
2. Nach diesem verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab ist der [X.]beschwerde ein [X.]verstoß durch die angefochtenen Entscheidungen nicht zu entnehmen.
a) Soweit der Beschwerdeführer unter Hinweis auf Berichte von [X.] und Auswärtigem [X.]geltend macht, ihm drohten als strafverdächtiger Person in [X.] Folter und Misshandlungen, so rügt er im [X.] die aus seiner Sicht falsche Einschätzung der tatsächlichen Verhältnisse seitens des Gerichts.
Die Auslegung des Gesetzes und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Fachgerichte (vgl. [X.] 18, 85 <93>; 30, 173 <196 f>; 57, 250 <272>; 74, 102 <127> stRspr). Auch in Auslieferungsverfahren prüft das [X.] insoweit nur, ob die Rechtsanwendung oder das dazu eingeschlagene Verfahren unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. Beschluss der 1. Kammer des [X.] des [X.]s vom 11. Dezember 2000 – 2 BvR 2184/00 -; vgl. auch [X.] 80, 48 <51>). Diese Grenzen sind in dem hier zu entscheidenden Fall nicht überschritten.
aa) (1) Das [X.] München stellt in seinem Beschluss vom 30. April 2003 bezüglich der behaupteten Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung bei einer Auslieferung ausdrücklich darauf ab, dass begründete Anhaltspunkte für die Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung vorliegen müssen. Dieser Prüfungsmaßstab entspricht sowohl der vom [X.] zitierten Rechtsprechung des [X.]s (vgl. Beschluss der 3. Kammer des [X.] des [X.]s vom 31. Mai 1994 - 2 BvR 1193/93 -, NJW 1994, S. 2883 = NStZ 1994, S. 492) als auch der des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. [X.], Urteil vom 7. Juli 1989, [X.]. 161, S. 35 Ziff. 91 = NJW 1990, S. 2183, 2185 - Soering; Reports of Judgments and Decisions 1996-V, 1853, Ziff. 73 f. – [X.]), der inhaltlich gleichbedeutend von "begründeten Tatsachen" (substantial grounds ) für ein "tatsächliches Risiko" (real risk ) von Folter spricht. Daher hat das [X.] entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers keinen überzogenen Maßstab angewendet. Insbesondere kann allein aus der Formulierung des Beschlusses vom 30. April 2003, wonach für eine "konkrete Gefahr [...] als unmittelbar bevorstehend" keine Erkenntnisse vorlägen, nicht geschlossen werden, dass das [X.] nunmehr einen anderen Maßstab anlegen wollte.
(2) Eine Gefahr in dem beschriebenen Sinne kann angenommen werden, wenn stichhaltige Gründe vorgetragen sind, nach denen gerade in dem konkreten Fall eine "beachtliche Wahrscheinlichkeit" (vgl. Beschluss der 3. Kammer des [X.] des [X.]s vom 22. Juni 1992 - 2 BvR 1901/91 -, abgedruckt in: [X.]/[X.]/[X.], Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Rechtsprechungssammlung, 2. Aufl. 1993, Nr. [X.]) besteht, in dem ersuchenden Staat das Opfer von Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung zu werden.
Auf konkrete Anhaltspunkte gerade im Fall des [X.] kommt es in der Regel nur dann nicht an, wenn in dem ersuchenden Staat eine ständige Praxis grober, offenkundiger oder massenhafter Verletzungen der Menschenrechte herrscht (vgl. dazu den Wortlaut von Art. 3 des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984 - [X.], [X.] <248>). Die Auslieferung in [X.], die eine ständige Praxis umfassender und systematischer Menschrechtsrechtsverletzungen aufweisen, wird regelmäßig die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der elementaren Grundsätze der [X.] verfassungsrechtlichen Ordnung begründen.
b) Es ist nicht ersichtlich, dass die Feststellungen in den angegriffenen Entscheidungen, mit denen eine entsprechende Gefahr von Folter für den Beschwerdeführer verneint wurde, willkürlich sind.
Für eine solche Annahme reicht der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Berichte von [X.]und des Auswärtigen Amtes, wonach Folterungen und Misshandlungen von strafverdächtigen Personen in [X.] weit verbreitet sowie Folter eine "häufig von der [X.]angewandte Vernehmungsmethode" und ein Erpressungsmittel seien, nicht aus.
(1) Das [X.] hat in seinem Beschluss vom 30. April 2003 nicht in Zweifel gezogen, dass in [X.] Folter zum Teil als Vernehmungsmethode oder als Erpressungsmittel angewendet wird. Für seine Einschätzung, dass dem Beschwerdeführer gleichwohl keine konkrete Gefahr von Folter drohe, hat es sich darauf gestützt, dass Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Organe zwar vorkämen, jedoch verstärkt rechtlich geahndet würden. Dies entspricht der Einschätzung des Auswärtigen Amtes in seinem Lagebericht "[X.]". Ferner hat das Gericht darauf hingewiesen, dass Folter in [X.] durch Gesetz verboten sei und nicht durch den Staat zielgerichtet gefördert werde, der [X.] Staat vielmehr Folterer bestrafe und in letzter [X.] auch eine Kampagne zur Bewusstseinserhöhung unter seinen Sicherheitskräften in die Wege geleitet habe. Auch dies findet seine Grundlage in dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes.
Bereits diese Gesichtspunkte lassen die Einschätzung des [X.]s nachvollziehbar erscheinen, allein auf Grund des Umstandes, dass Folter in [X.] eine häufig von der Polizei angewandte Vernehmungsmethode oder ein Erpressungsmittel sei, drohe dem Beschwerdeführer keine konkrete Gefahr von Folter mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, insgesamt sei [X.] demnach kein Staat, in dem eine ständige Praxis umfassender oder systematischer Menschrechtsrechtsverletzungen herrsche.
(2) (a) Diese Einschätzung des [X.]s wird auch von seiner Erwägung getragen, dass der zwischen [X.] und [X.] am 27. Juni 2001 geschlossene [X.] zu berücksichtigen sei. Der Vertrag sei zwar noch nicht ratifiziert, der Umstand des Vertragsschlusses spreche jedoch dafür, dass die im Asyllagebericht des Auswärtigen Amtes erwähnten Methoden gerade nicht der Normalfall seien, sondern Ausnahmecharakter hätten, andernfalls es nicht zu einem solchen Abkommen gekommen wäre. Dem kann der Beschwerdeführer nicht mit Erfolg entgegenhalten, dies sei eine willkürliche "hypothetische" Erwägung, da man angesichts der entgegenstehenden Erkenntnisse nicht vom [X.] auf den Ist-Zustand schließen könne.
(b) Die Tatsache des Vertragsschlusses unterstützt ein Verständnis des in seinen Aussagen heterogenen und auf die Situation politisch Verfolgter konzentrierten Asyllageberichts, wonach eine systematische menschenrechtswidrige Praxis gerade auch im Strafvollzug nicht bestehe, weil ansonsten unter Federführung des Auswärtigen Amtes ein [X.] jedenfalls im [X.] gar nicht erst geschlossen worden wäre. Darüber hinaus mindert auch die Tatsache des Vertragsschlusses selbst eine etwaige Gefahr für den Beschwerdeführer, weil aus ihm heraus Rechtspflichten für die Republik [X.] in Bezug auf die Achtung des menschenrechtlichen Mindeststandards im konkreten Fall der Auslieferung erwachsen. Schon aus der Tatsache des Vertragsschlusses folgt ein völkerrechtliches Frustrationsverbot, wonach die Vertragsparteien verpflichtet sind, nach der Unterzeichnung und vor der Ratifikation des Abkommens alles zu unterlassen, was den Zielen des [X.]zuwiderläuft (siehe Art. 18 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969, [X.]926; Verdross/[X.], Universelles Völkerrecht, 3. Aufl. 1984, §§ 705, 719 m.w.N.). Die menschenunwürdige Behandlung von Personen, die von [X.] nach [X.] auf noch vertragsloser Grundlage ausgeliefert werden, würde dem Vertrag widersprechen, da eine solche Praxis die Schaffung einer stabilen bilateralen Beziehung in [X.] und Auslieferungssachen – die durch den Abschluss des [X.]angestrebt wird – verhindern würde. Art. 5 des [X.]s enthält einen [X.], der die Ablehnung eines Auslieferungsersuchens im Fall des § 73 [X.] gestatten würde (vgl. Denkschrift der Bundesregierung zu dem Vertrag, zu Artikel 5, [X.] 241/03, S. 17). Funktionell betrachtet treten damit die Rechtsbindungen des [X.]s an die Stelle der Zusicherung im [X.] Zustand. Eine solche Zusicherung der Einhaltung menschenrechtlicher Mindeststandards im Strafverfahren oder menschenwürdiger Haftbedingungen kann im Vertragszustand regelmäßig nicht verlangt werden, weil damit der anderen Seite ein Vertragsbruch unterstellt wird; dies gilt gerade im aktuellen [X.]punkt des [X.].
Hierbei handelt es sich um Erwägungen, die einen Rückschluss auf die tatsächliche Lage in [X.] für den Beschwerdeführer erlauben. In dem konkreten Fall hat die Bundesregierung die Auslieferung des Beschwerdeführers mit [X.] vom 23. April 2003 "nach Maßgabe der Grundsätze des deutsch-[X.]n [X.]es" bewilligt. Daraus folgt, dass das deutsch-[X.] Auslieferungsabkommen, obwohl nicht formell in [X.] getreten, auf Grund des völkerrechtlichen Frustrationsverbotes und der Ausgestaltung der Bewilligung materiell zur Grundlage der Auslieferung des Beschwerdeführers geworden ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass [X.] den [X.] bereits abgeschlossen und damit nochmals seinen Willen bekundet hat, die mit dem Abkommen begründeten völkerrechtlichen Verpflichtungen einzuhalten.
Hielte sich [X.] nicht an die materiellen Regelungen des Abkommens, läge darin ein Verstoß gegen seine völkerrechtlichen Verpflichtungen. Die Bewilligung steht demnach unter der Bedingung, dass [X.] den Beschwerdeführer nach der Übergabe entsprechend den völkerrechtlichen Mindeststandards behandelt.
Außerdem findet die Einschätzung des [X.]s auch in der im vorliegenden Verfahren der Staatsanwaltschaft bei dem [X.] München gegebenen Mitteilung des Auswärtigen Amtes vom 25. März 2003 eine Stütze. Danach habe bereits der bisherige vertragslose Auslieferungsverkehr mit [X.] auf der Grundlage stattgefunden, dass menschenrechtliche Mindeststandards im [X.]n Strafverfahren und Strafvollzug eingehalten würden; im Einzelfall sei jeweils auf den deutsch-[X.]n [X.] Bezug genommen worden, der am 27. Juni 2001 unterzeichnet worden sei und voraussichtlich im Laufe dieses Jahres in [X.] treten werde. Dies kann nichts anderes bedeuten als dass, auch wenn in [X.] generell Folter und Misshandlungen weit verbreitet sind, jedenfalls für von der Bundesrepublik [X.] unter Bezugnahme auf den deutsch-[X.]n [X.] ausgelieferte Personen nach Einschätzung der Bundesregierung die menschenrechtlichen Mindeststandards im [X.]n Strafverfahren und Strafvollzug eingehalten worden sind.
Es kann im Übrigen angenommen werden, dass die Bundesregierung über ihre diplomatischen Vertretungen das weitere Verfahren in [X.] von sich aus beobachtet.
(3) Der Beschwerdeführer hat auch keine Gründe vorgetragen, die gerade in seinem Fall eine menschenunwürdige Behandlung bei der Rückkehr nach [X.] beachtlich wahrscheinlich machen. Das [X.] weist nachvollziehbar darauf hin, es sei nicht bekannt, dass die Mitangeklagten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit gefoltert worden seien. Der Beschwerdeführer, der von einem [X.]n Rechtsbeistand vertreten wird, hat nichts vorgetragen, was diese Feststellung in Frage stellen könnte.
c) Im Hinblick auf menschenunwürdige Haftbedingungen gelten weitgehend die Ausführungen zur Gefahr der menschenrechtswidrigen Behandlung durch Folter (vgl. [X.] und b). Der Beschwerdeführer rügt auch insoweit im [X.] die aus seiner Sicht unzureichende Auseinandersetzung des Gerichts mit den tatsächlichen Verhältnissen im [X.]n Strafvollzug.
aa) Diese Rüge wird vom [X.] am Maßstab des Willkürverbots des Art. 3 Abs. 1 GG nur daraufhin überprüft, ob die Rechtsanwendung und das dazu eingeschlagene Verfahren unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, die Entscheidung beruhe auf sachfremden und daher willkürlichen Erwägungen (vgl. oben [X.] 2. a).
[X.]) Dies vermag die Beschwerdebegründung nicht darzutun. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Berichte von [X.] und den Asyllagebericht des Auswärtigen Amtes reicht hierfür nicht aus.
Das [X.] hat in der Begründung seines Beschlusses vom 30. April 2003 zu diesem Vorbringen zwar nur knapp im [X.] an seine Ausführungen zu der geltend gemachten [X.] erklärt, gleiches gelte für die vorgetragenen Haftbedingungen; Erkenntnisse für eine konkrete Gefahr für den Beschwerdeführer lägen nicht vor.
Damit hat das Gericht aber – jedenfalls auch - Bezug genommen auf seine tragende Erwägung zur [X.], bei der der Abschluss des deutsch-[X.]n [X.]s zu berücksichtigen sei. Aus den oben genannten Gründen kann für die Haftbedingungen im Strafverfahren und im Strafvollzug nichts anderes gelten als für die vom Beschwerdeführer angeführte [X.]: Unabhängig von den Haftbedingungen für einen Großteil der Inhaftierten sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass speziell bei den von der Bundesrepublik [X.] nach [X.] ausgelieferten Personen dort die menschenrechtlichen Mindeststandards nicht eingehalten würden.
cc) Dass im Fall des Beschwerdeführers Besonderheiten vorliegen, die eine andere – wenn auch ansonsten weit verbreitete - Behandlung in der Haft besorgen lassen, hat er nicht dargelegt.
d) Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, dass das [X.] München den bei einer Auslieferung zu beachtenden [X.]bereich der Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips berührt hat, indem es die Auslieferung des Beschwerdeführers nach [X.] ungeachtet der ihm dort maximal drohenden lebenslangen Freiheitsstrafe für zulässig erklärt hat.
aa) Der Beschwerdeführer wird beschuldigt, in erheblichem Umfang Vermögensdelikte im Wege einer kriminellen Verschwörung begangen zu haben. Durch die Straftaten ist ein Schaden von rund € 2.140.000,-- eingetreten, sodass sie einen insgesamt hohen Unrechtsgehalt aufweisen. Es ist daher nicht unerträglich hart im Sinne der Rechtsprechung des [X.]s (vgl. oben unter [X.] 1. und [X.] 75, 1 <16 ff.>, Beschluss der [X.] des [X.] des [X.]s vom 4. März 1994 - 2 BvR 2037/93 -, NJW 1994, S. 2884), wenn der [X.] [X.] Gesetzgeber den Strafrahmen für diese Straftaten bis zur lebenslänglichen Freiheitsstrafe festgesetzt hat.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass [X.] generell und speziell im Bereich der Vermögensdelikte unterschiedliche Auffassungen über die Strafwürdigkeit von kriminellem Verhalten haben können. Das [X.] kann deshalb nur prüfen, ob eine im ersuchenden Staat drohende Strafe "schlechthin unangemessen" ist, selbst wenn im Einzelfall die konkret angedrohte Strafe für den Beschwerdeführer eine Härte bedeutet.
[X.]) Das [X.] hat in seinem Beschluss vom 30. April 2003 schließlich darauf hingewiesen, dass auch nach der [X.] Rechtslage für die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten, in der konkreten Begehungsform der Mittäterschaft, ein Strafhöchstmaß von 15 Jahren Gesamtfreiheitsstrafe in Betracht käme.
3. Mit der Nichtannahme der [X.]beschwerde erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Diese Entscheidung ist mit sechs gegen zwei Stimmen ergangen.
[X.] | [X.] | Jentsch |
Broß | Osterloh | Di Fabio |
Mellinghoff | Lü[X.]e-Wolff |
Abweichende Meinung
des [X.]s [X.] und der [X.]in Lü[X.]e-Wolff
zum Beschluss des [X.] vom 24. Juni 2003
- 2 BvR 685/03 -
Wir können die Entscheidung der Senatsmehrheit nicht mittragen. Nach unserer Überzeugung verletzen die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG, weil das [X.] in Bezug auf die Frage, ob der Beschwerdeführer im Falle seiner Auslieferung nach [X.] menschenwürdewidrigen Haftbedingungen ausgesetzt sein wird, seiner verfassungsrechtlichen Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nicht nachgekommen ist.
Mit der Senatsmehrheit gehen wir davon aus, dass [X.] Gerichte im Auslieferungsverfahren zu prüfen haben, ob die Auslieferung und die ihr zugrunde liegenden Akte mit dem nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik [X.] verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard und mit sonstigen unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen ihrer öffentlichen Ordnung vereinbar sind (vgl. [X.] 63, 332 <337>; 75, 1 <19 f.>; Beschluss der [X.] des [X.] des [X.]s vom 9. November 2000 - 2 BvR 1560/00 -, NJW 2001, S. 3111 <3112>). Hieraus ergeben sich für das Auslieferungsverfahren auch Anforderungen an die gerichtliche Ermittlung des Sachverhalts. Die Reichweite der gerichtlichen Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung hängt dabei im Einzelnen davon ab, inwieweit die Umstände des jeweiligen Falles zu - weiterer - Aufklärung Anlass geben (vgl. [X.] 59, 280 <282>; 63, 332 <337>). Die Ermittlung des Sachverhalts genügt jedenfalls dann den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht, wenn sie nach Art und Umfang ungeeignet ist, den effektiven gerichtlichen Schutz der Rechte des Betroffenen sicherzustellen, und damit die materiellen Rechte des Betroffenen durch die Gestaltung des Verfahrens unterläuft. So liegt es hier.
Der angegriffene Beschluss vom 7. März 2003, mit dem das [X.] erstmals die Auslieferung des Beschwerdeführers für zulässig erklärte, geht auf die Frage möglicher Auslieferungshindernisse aus § 73 [X.] nur implizit mit einem einzigen begründungslosen Satz ein ("Rechtliche Hindernisse, die der Auslieferung entgegen stehen könnten, insbesondere Verfolgungsverjährung, liegen nicht vor"). In seiner Gegenvorstellung vom 13. März 2003 machte der Beschwerdeführer unter Berufung auf entsprechende Angaben von [X.] neben anderem ausdrücklich geltend, dass eine Inhaftierung in [X.] wegen extremer Überfüllung der Anstalten, mangelnder ärztlicher Versorgung und unzumutbarer sanitärer Einrichtungen einer "grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe" (vgl. Art. 3 [X.]) gleichkomme. Diese Gegenvorstellung wies das Gericht mit dem angegriffenen Beschluss vom 4. April 2003 zurück, ohne auf die Frage der Haftbedingungen mit einem Wort einzugehen.
Für andere Aspekte der Beschlussbegründung bezog das Gericht sich in diesem Beschluss unter anderem auf den Bericht des Auswärtigen Amtes über die [X.] und abschiebungsrelevante Lage in [X.] vom 8. Mai 2001 und auf ein Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 25. März 2003. Nachdem der Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt hatte, diese Dokumente immerhin nachträglich (vgl. [X.] 70, 180 <189>) im Wege der Akteneinsicht zur Kenntnis zu nehmen, machte er in seinem auf Unzulässigerklärung der Auslieferung gerichteten Antrag vom 23. April 2003 erneut unter anderem wegen menschenrechtswidriger Haftbedingungen in [X.] Einwände geltend, die er nunmehr auch auf den Lagebericht stützte.
Ungeachtet dieses Antragsvorbringens ging das [X.] der Frage, ob dem Beschwerdeführer im Falle seiner Auslieferung eine Haftunterbringung unter derartigen Bedingungen droht, auch im angegriffenen Beschluss vom 30. April 2003 nicht weiter nach. Für eine den Beschwerdeführer betreffende Gefahr der Folter oder sonstigen menschenrechtswidrigen Behandlung sieht der Beschluss aus einer Anzahl von Erwägungen, die in der Begründung der Senatsentscheidung im Einzelnen wiedergegeben sind, keine "begründeten Anhaltspunkte". Auf die Frage der Haftbedingungen geht er nur mit der Feststellung ein,
"Gleiches" gelte für die "erneut vorgetragenen Haftbedingungen"; auch hierzu lägen keine Erkenntnisse vor, die eine konkrete Gefahr für den Antragsteller als unmittelbar bevorstehend erscheinen ließen.
Angesichts der im Lagebericht des Auswärtigen Amtes enthaltenen Feststellungen zu den Haftbedingungen ist diese Sachverhaltswürdigung nicht nachvollziehbar und mit der verfassungsrechtlichen Sachaufklärungspflicht des Gerichts nicht vereinbar. Im Lagebericht heißt es wörtlich: "Die Haftbedingungen , insbesondere in den großen [X.]n Gefängnissen ([X.], [X.]; [X.], [X.]) sind desolat . Die Gefangenen leiden unter einer Überbelegung, die die eigentliche Kapazität um das fünffache übersteigt. Es wird in drei Klassen der Unterbringung unterschieden, wobei insbesondere die A-Kategorie gewisse Privilegien (Einzelzelle, Transistorradio, Verpflegung durch Angehörige) bietet. Der Großteil der Gefangenen (Kategorie [X.]) muss sich allerdings mit unzumutbaren Verhältnissen bescheiden. Hier kommt es vor, dass sich bis zu 50 Inhaftierte eine Großraumzelle teilen müssen, keine Betten zur Verfügung stehen und im Winter Decken fehlen" (Unterstreichungen i.O.). Aufgrund dieser Feststellungen bestand Anlass, aufzuklären, ob dem Beschwerdeführer im Falle seiner Auslieferung nach [X.] eine Unterbringung in Haftverhältnissen droht, wie sie hier für Gefangene der Kategorie [X.] dargestellt werden.
[X.] durch Auslieferung derartigen Haftbedingungen auszusetzen, widerspräche fundamentalen Grundsätzen der [X.] Rechtsordnung, nämlich dem Grundrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Darüber hinaus dürfte eine langjährige Inhaftierung unter Bedingungen, wie sie hier beschrieben werden, auch eine unmenschliche, grausame oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Art. 3 [X.]) darstellen (vgl. zur Anwendbarkeit auf Haftbedingungen [X.], Urteil v. 7.7.1989 <Soering>, NJW 1990, S. 2183 <2187>) und als solche zugleich gegen den innerstaatlich gemäß Art. 25 GG verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard verstoßen (vgl. [X.], a.a.[X.]; zum [X.]harakter des Verbots grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung als ius cogens vgl. [X.]/[X.], Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 3. Aufl. 1998, Rn. 33 zu § 73 [X.]; [X.], Grundzüge der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, 2001, Rn. 343; Graßhof/[X.], [X.], [X.] <448>). Es wird nicht hinreichend deutlich, ob die Feststellung des Lageberichts, der "Großteil" der Gefangenen, nämlich diejenigen in der Kategorie [X.], sei "unzumutbaren" Haftbedingungen ausgesetzt, sich auf den Großteil aller Gefangenen oder auf den Großteil derer in den großen [X.]n Gefängnissen bezieht. Auch die Bedingungen, von denen abhängt, ob ein Gefangener in die Kategorie [X.] gerät, werden im Lagebericht nicht angegeben. Gerade angesichts dieser Unklarheiten durfte das Gericht nicht ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts davon ausgehen, dass für eine dem Beschwerdeführer drohende Gefahr menschenwürdewidriger Behandlung keine begründeten Anhaltspunkte vorlägen. An der danach erforderlichen weiteren Sachaufklärung war das Gericht weder aus völkerrechtlichen Gründen gehindert noch durfte es sich von ihr durch diplomatische Rücksichten abhalten lassen.
Entgegen der Auffassung der Senatsmehrheit hat das [X.] seiner Pflicht zur Sachverhaltsprüfung und -ermittlung auch nicht durch den Verweis genügt, dass die gegen eine [X.] angeführten Gründe in gleicher Weise auch für die Haftbedingungen gälten. Zur Frage der Haftbedingungen haben diese Gründe größtenteils keinerlei Bezug. Das von der Senatsmehrheit als tragfähig hervorgehobene Argument, dass die Tatsache der Unterzeichnung eines deutsch-[X.]n [X.]es für Verhältnisse spreche, die einer Auslieferung im Regelfall nicht entgegenstehen, lässt sich zwar auch auf die Haftverhältnisse beziehen, konnte aber den Verzicht auf Klärung der durch den Asyllagebericht aufgeworfenen Bedenken nicht rechtfertigen.
Dem Abschluss und auch bereits der Unterzeichnung eines [X.]es mag eine für die Beurteilung konkreter Auslieferungsfälle relevante Indizwirkung zukommen können. Inhalt und Reichweite dieser Indizwirkung dürfen aber nicht unter Absehung von anderweitigen Informationen bestimmt werden. Im vorliegenden Fall hat das Auswärtige Amt zwar mit seinem Schreiben vom 25. März 2003 erklärt, bereits der bisherige, [X.]Auslieferungsverkehr mit [X.] habe "auf der Grundlage" stattgefunden, "dass menschenrechtliche Mindeststandards im [X.]n Strafverfahren und im [X.]n Strafvollzug eingehalten werden". Im Bericht des Auswärtigen Amtes über die [X.] und abschiebungsrelevante Lage in [X.] wird allerdings unter dem Datum vom 8. Mai 2001 unter anderem festgestellt, Folter sei in [X.], obgleich gesetzlich verboten, "eine häufig von der Polizei angewandte Vernehmungsmethode". Angesichts dieser sieben Wochen vor der Unterzeichnung des [X.]es getroffenen Feststellung, die das [X.] noch in seiner Entscheidung vom 4. April 2003 richtig wiedergegeben hat, ist - auch wenn das [X.] eine gerade für den Beschwerdeführer bestehende [X.] in vertretbarer Weise verneint hat - schon schwer nachvollziehbar, wie das Gericht in seinem Beschluss vom 30. April 2003 davon ausgehen konnte, die Vertragsunterzeichnung begründe eine Indizwirkung dahingehend, dass regelmäßig von ordnungsgemäßen, einer Auslieferung nicht entgegenstehenden Verhältnissen in [X.] auszugehen sei. Jedenfalls kann die Indizwirkung, von der das Fachgericht ausgegangen ist, aber von [X.] wegen keine unwiderlegbare sein. Der Rechtsstaat kennt keine von Rechts wegen jeder Widerlegung entzogenen Annahmen über die Wirklichkeit. Bezüglich der Haftbedingungen war im vorliegenden Fall die vom [X.] angenommene Indizwirkung durch die oben wiedergegebenen Feststellungen im Lagebericht des Auswärtigen Amtes erschüttert. Die verfassungsrechtlich gebotene Konsequenz daraus hat das [X.] nicht gezogen.
[X.] | Lü[X.]e-Wolff |
Meta
24.06.2003
Sachgebiet: BvR
Zitiervorschlag: Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 24.06.2003, Az. 2 BvR 685/03 (REWIS RS 2003, 2616)
Papierfundstellen: REWIS RS 2003, 2616 BVerfGE 108, 129-145 REWIS RS 2003, 2616 BVerfGE 108, 145-149 REWIS RS 2003, 2616
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