Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.05.2015, Az. VIII ZR 193/14

8. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 11521

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Gegenstand

Heizkostenabrechnung bei Wohnraummiete: Vereinbarkeit der Regelung der Heizkostenverordnung zur Ermittlung des Wärmeverbrauchs in Rohrwärmefällen mit dem verfassungsrechtlichen Verbot der dynamischen Verweisung auf Regelwerke nicht demokratisch legitimierter Normgeber


Leitsatz

§ 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV, wonach der Wärmeverbrauch der Nutzer in Gebäuden, in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt sind und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird, nach anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden kann, verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Verbot der dynamischen Verweisung auf Regelwerke nicht demokratisch legitimierter Normgeber.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] - 1. Zivilkammer - vom 25. Juni 2014 in der Fassung des [X.] vom 8. August 2014 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Beklagte ist seit 1987 Mieter einer Wohnung der Klägerin. Das Gebäude ist mit einer Einrohrheizung ausgestattet, bei der die Versorgungsleitungen in den Wohnungen ungedämmt sind. Für die Abrechnung der Kosten von Heizung und Warmwasser vereinbarten die Parteien einen Umlegungsmaßstab von 50 % nach Fläche und 50 % nach Verbrauch.

2

Mit der Betriebskostenabrechnung vom 10. August 2010 für das Kalenderjahr 2009 verlangte die Klägerin eine Nachzahlung von 541,33 €, die sich aus einer Nachforderung von 582,49 € für die Kosten der Heizung und Warmwasserbereitung abzüglich eines Guthabens von 41,16 € bei den übrigen Betriebskosten ergab. Die Heizkosten hatte die Klägerin erstmals anhand der VDI-Richtlinie 2077, deren technische Anwendungsvoraussetzungen hier unstreitig gegeben sind, berechnet. Der Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 15. April 2011 gegen die Abrechnung anhand der VDI-Richtlinie 2077.

3

Die auf Zahlung von 541,33 € nebst Zinsen gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

5

Das [X.]erufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von [X.]edeutung, zur [X.]egründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die Klägerin habe gegen den [X.]eklagten einen Anspruch auf die geltend gemachte [X.]etriebskostennachforderung für das [X.].

7

Die [X.]etriebskostenabrechnung sei formell ordnungsgemäß. Sie gebe an, dass die Kosten der Heizwärme zu 50 % als Grundkosten und zu 50 % nach Verbrauch verteilt worden seien. Angegeben sei auch, dass die [X.]edingungen für eine Abrechnung der Rohrwärme nach der [X.]-Richtlinie 2077 vorlägen. Davon sei zwar der Verbrauchswärmeanteil konkret bezeichnet worden, nicht aber die Standardabweichung und der Anteil der Niedrigverbraucher. Der im Schrifttum vertretenen Auffassung, wonach außer dem Verbrauchswärmeanteil auch der Anteil der Niedrigverbraucher sowie die Standardabweichung der [X.] mitzuteilen seien ([X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., Rn. 3024b), sei jedoch nicht zu folgen. Nach der Rechtsprechung des [X.] sei zwar der Verteilerschlüssel anzugeben und zu erläutern, jedoch keine [X.]egründung zu geben, warum ein bestimmter Schlüssel bzw. eine bestimmte Abrechnungsart herangezogen worden sei.

8

Allerdings bestünden erhebliche [X.]edenken gegen die Rechtmäßigkeit des § 7 Abs. 1 Satz 3, 4 [X.]. Mit dieser Regelung habe der Verordnungsgeber in [X.] zwar zu einem gerechten Abrechnungsergebnis nach den Vorgaben des [X.] ([X.]) kommen wollen. Im Schrifttum werde jedoch von [X.] (Heizkostenverordnung, 3. Aufl., § 7 Rn. 46 ff.) zu Recht auf [X.]edenken aufmerksam gemacht. Da die [X.] 2077 erst nach der Novellierung der Heizkostenverordnung "in [X.] getreten" sei, könne ihr keine Rechtsnormqualität zugesprochen werden. Zwar sei in anderen [X.]ereichen - etwa dem Immissionsschutzrecht - anerkannt, dass der Normgeber technische Regelwerke in [X.]ezug nehmen könne. Allerdings sei in diesem [X.]ereich aufgrund der Angabe der Fundstelle im [X.] selbst - wie etwa in § 7 Abs. 5 [X.]ImSchG - sichergestellt, dass ein bereits bestehendes Regelwerk in [X.]ezug genommen werde. Dies sei bei § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] indessen nicht der Fall. Der Verordnungsgeber habe die [X.] 2077 daher nicht in ihren Einzelheiten in seinen rechtssetzenden Willen aufgenommen. Konsequenz dessen sei, dass das Gericht nicht an die Vorgaben der [X.] 2077 gebunden sei und § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] keine Anwendung finden könne.

9

Die [X.] 2077 könne in [X.] jedoch nach den allgemeinen Regeln des Mietrechts angewendet werden. Die [X.] 2077 erfülle die Anforderungen der §§ 556, 556a, 315 [X.]G[X.] und führe zu einer gerechten Verteilung der Heizkosten. Vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Zielsetzung des [X.] erscheine eine Energieeinsparung durch das in der [X.] 2077 niedergelegte [X.]ilanzverfahren gegenüber einer Verteilung nach Wohnfläche vorzugswürdig. Der Sachverständige habe nachvollziehbar ausgeführt, dass durch Anwendung der [X.] 2077 bei einer Gesamtbetrachtung eines Gebäudes ein Einspareffekt erzielt werden könne, weil die Mieter durch den Verbrauchsanteil weiterhin "belohnt" würden, wenn sie die Heizkörper nur eingeschränkt nutzten. Insoweit stelle die Verteilung nach [X.] 2077 einen angemessenen Ausgleich zwischen dem gesellschaftspolitischen Interesse des [X.] und der wünschenswerten Verteilungsgerechtigkeit her. Dies gelte auch für Fälle mit einer Erfassungsrate im einstelligen [X.]ereich.

Der Weiterbetrieb der Einrohrheizung verstoße nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Aus dem vom Vermieter gemäß § 556 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 [X.]G[X.] zu beachtenden Grundsatz der Wirtschaftlichkeit lasse sich keine Verpflichtung zur Modernisierung einer vorhandenen alten, die Wärmeversorgung der Wohnung jedoch sicherstellenden Heizungsanlage herleiten. Eine verlustreich arbeitende Heizung stelle keinen zu Minderung oder Schadensersatz berechtigenden Mangel der Mietsache dar.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf eine [X.]etriebskostennachzahlung für das [X.] zu.

1. Die [X.]etriebskostenabrechnung vom 10. August 2010 ist formell ordnungsgemäß.

a) Dies ist nach der Rechtsprechung des Senats anzunehmen, wenn eine [X.]etriebskostenabrechnung den allgemeinen Anforderungen des § 259 [X.]G[X.] entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Soweit - wie hier - keine besonderen Abreden getroffen sind, sind in die Abrechnung bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: die Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die [X.]erechnung des Anteils des Mieters sowie der Abzug der geleisteten Vorauszahlungen. Die Angaben in der [X.]etriebskostenabrechnung müssen es dem Mieter ermöglichen, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten gedanklich und rechnerisch nachzuprüfen (st. Rspr.; z.[X.]. Senatsurteile vom 12. November 2014 - [X.], [X.], 129 Rn. 11; vom 22. Oktober 2014 - [X.], NJW 2015, 51 Rn. 12 f.; vom 9. Oktober 2013 - [X.], [X.], 734 Rn. 13; vom 15. Februar 2012 - [X.], [X.], 1502 Rn. 23 f.; jeweils [X.]). Von diesen Maßstäben ist auch das [X.]erufungsgericht ausgegangen.

Es berührt die formelle Ordnungsgemäßheit der Abrechnung nicht, dass die Klägerin zwar auf die Anwendung der [X.]-Richtlinie 2077, welche mathematisch-technische Methoden zur [X.] und -verteilung beschreibt, hingewiesen hat, jedoch deren technische Anwendungsvoraussetzungen nicht (vollständig) mitgeteilt hat. [X.] hat das [X.]erufungsgericht angenommen, dass es der formellen Ordnungsgemäßheit nicht entgegensteht, wenn der Vermieter den Anteil der Niedrigverbraucher sowie die Standardabweichung nicht wiedergibt (anders [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., Rn. 3024b). Der Vermieter muss nicht bereits auf [X.] darlegen und erläutern, auf welche Weise er die als Verbrauchswerte der Wohnung anzusetzenden Werte im Einzelnen ermittelt hat. Es bedarf insoweit keiner weiteren Angaben, anhand derer der Mieter die materielle Richtigkeit der für seine Wohnung angesetzten Werte im Einzelnen nachvollziehen kann, denn damit würde die Abrechnung überfrachtet (Senatsurteile vom 12. November 2014 - [X.], aaO Rn. 18; vom 26. Oktober 2011 - [X.], [X.], 603 Rn. 13; vom 28. Mai 2008 - [X.], [X.], 2260 Rn. 14; vom 20. Juli 2005 - [X.], NJW 2005, 3135 unter [X.]; jeweils [X.]).

b) Ebenso wenig wie der Vermieter dem Mieter die Vorschriften der Heizkostenverordnung mitteilen oder erläutern muss (Senatsurteil vom 26. Oktober 2011 - [X.], aaO), muss der Vermieter ihm den Text der [X.]-Richtlinie 2077 aushändigen oder ihm deren Inhalt in anderer Weise zur Kenntnis bringen. Entgegen der Ansicht der Revision ist die [X.]-Richtlinie 2077 mit der Vergabe- und Vertragsordnung für [X.]auleistungen (VO[X.]) Teil [X.], die allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführungen von [X.]auleistungen enthält und gegenüber einem weder im [X.]augewerbe tätigen noch sonst im [X.]aubereich bewanderten Vertragspartner nicht durch bloßen Hinweis auf ihre Geltung in den Vertrag einbezogen werden kann ([X.]GH, Urteile vom 9. November 1989 - [X.], [X.]GHZ 109, 192, 196 f.; vom 9. Oktober 2008 - [X.], [X.], 354 Rn. 14; jeweils [X.]), schon deshalb nicht vergleichbar, weil die [X.]-Richtlinie 2077 - anders als die VO[X.]/[X.] - nicht kraft Parteivereinbarung Geltung erlangt. Ihre Maßstäbe finden vielmehr gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] als anerkannte Regeln der Technik Anwendung (siehe dazu sogleich).

2. Die Klägerin ist berechtigt, den Wärmeverbrauch nach Maßgabe der [X.]-Richtlinie 2077 zu bestimmen. Dies folgt entgegen der Ansicht des [X.]erufungsgerichts aus § 7 Abs. 1 Satz 3, 4 [X.].

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] kann der Wärmeverbrauch der Nutzer in Gebäuden, in denen - wie hier - die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt sind und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird, nach anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden. Nach § 7 Abs. 1 Satz 4 [X.] wird der so bestimmte Verbrauch der einzelnen Nutzer als erfasster Wärmeverbrauch nach Satz 1 der Vorschrift berücksichtigt.

Die aufgrund der Verordnung zur Änderung der Verordnung über Heizkostenabrechnung vom 2. Dezember 2008 ([X.]G[X.]l. I [X.]375) am 1. Januar 2009 in [X.] getretene Regelung beruht darauf, dass von ungedämmten Rohrleitungen abgegebene Wärmemengen durch das Verbrauchsverhalten der Nutzer nicht beeinflusst werden können und nicht oder nur unzureichend von Ablesegeräten erfasst werden. Ein Teil der Mieter, nämlich diejenigen, die ihren Wärmebedarf vor allem über Heizkörper abdecken oder - etwa aufgrund einer ungünstigen Lage ihrer Wohnung - abdecken müssen, muss daher nahezu den gesamten Wärmeverbrauch begleichen, weil die Heizkostenverteiler die Rohrwärme nicht erfassen (vgl. [X.], [X.]etriebskosten- und Heizkostenrecht, 7. Aufl., Rn. [X.] ff.). § 7 Abs. 1 Satz 3, 4 [X.] eröffnet für diese Fälle die Möglichkeit, unbillige Kostenverschiebungen nach anerkannten Regeln der Technik auszugleichen oder jedenfalls zu reduzieren ([X.]egründung der [X.]undesregierung zur Änderung der Heizkostenverordnung vom 8. August 2008, [X.]R-Drucks. 570/08, [X.]).

a) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] sind im Streitfall gegeben. Nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts sind die Versorgungsleitungen in den Wohnungen des Hauses der Klägerin ungedämmt. Ein "wesentlicher" Anteil des Wärmeverbrauchs wird durch die an den Heizkörpern angebrachten Messgeräte nicht erfasst. Der [X.]egriff des "wesentlichen Anteils" wird dahingehend konkretisiert, dass durch freiliegende und ungedämmte Leitungen zumindest 20 % des Wärmeverbrauchs nicht durch Ablesung [X.] erfasst werden kann ([X.]eschluss des [X.]undesrates vom 19. September 2008, [X.]R-Drucks. 570/08 [[X.]], Anlage [X.]). Unstreitig liegt der Anteil der erfassten Verbrauchswärme hier bei lediglich 6 %; das bedeutet, dass über elektronische Heizkostenverteiler nur 6 % der Verbrauchswärme erfasst werden.

b) Als Rechtsfolge ermöglicht es § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] dem Vermieter, den Wärmeverbrauch der Nutzer nach anerkannten Regeln der Technik zu bestimmen. Nach allgemeiner Ansicht enthält das [X.]eiblatt "Verfahren zur [X.]erücksichtigung der Rohrwärmeabgabe" der [X.]-Richtlinie 2077 anerkannte Regeln der Technik im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] ([X.], [X.], 671, 673; [X.], Urteil vom 20. Februar 2014 - 9 S 248/13, juris Rn. 21; [X.], aaO Rn. [X.]; [X.] in [X.]/[X.], aaO Rn. 3022b; [X.], Handbuch der Mietnebenkosten, 14. Aufl., Rn. 6111; [X.] in [X.]/[X.], Handbuch der Heizkostenabrechnung, 8. Aufl., [X.] f.; [X.] in [X.]/[X.], aaO [X.]54; [X.]t-Futterer/[X.], Mietrecht, 11. Aufl., § 7 [X.] Rn. 12; Wasser, [X.], 25 ff.). [X.]ereits die amtliche [X.]egründung weist auf das vorgenannte [X.]eiblatt zur Richtlinie [X.] 2077 hin; dieses stelle unterschiedliche Verfahren - unter anderem das hier gewählte [X.]ilanzverfahren - zur Verfügung, wobei die Auswahl des Verfahrens im Einzelfall unter [X.]erücksichtigung der im Gebäude vorhandenen [X.] zu erfolgen hat, um zusätzliche Kosten zu vermeiden ([X.]R-Drucks. 570/08, [X.]).

Die technischen Kenngrößen der [X.]-Richtlinie 2077 - der dort bestimmte Verbrauchswärmeanteil, der Anteil der Niedrigverbraucher im Gebäude sowie die Standardabweichung der [X.] - liegen nach den tatbestandlichen Feststellungen des [X.]erufungsgerichts vor. Es kann daher dahinstehen, ob die Anwendbarkeit der [X.]-Richtlinie 2077 nur vom Verbrauchswärmeanteil oder zusätzlich von den beiden anderen Kriterien abhängt (vgl. [X.], aaO; [X.], Heizkostenabrechnung nach Verbrauch, 7. Aufl., Rn. 194b; jeweils [X.]).

c) Die Auffassung des [X.]erufungsgerichts, dass § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] mit dem verfassungsrechtlichen Verbot der dynamischen Verweisung auf Regelwerke nicht demokratisch legitimierter Normgeber nicht vereinbar sei, geht fehl.

aa) Gemäß § 5 Abs. 3 [X.] "kann" wegen technischer Anforderungen auf [X.]ekanntmachungen sachverständiger Stellen unter Angabe der Fundstelle verwiesen werden. Im Gesetzgebungsverfahren der 1980 in das Energieeinsparungsgesetz eingefügten Vorschrift wurde es als notwendig erachtet, auf technische Normen verweisen zu können ([X.]eschlussempfehlung und Ausschussbericht, [X.]T-Drucks. 8/3924, [X.]). Es handelt sich um eine gesetzliche Ermessensvorschrift, die die Möglichkeit des Verordnungsgebers, die [X.]estimmung des Wärmeverbrauchs - ohne Verweis auf eine bestimmte Fassung eines technischen Regelwerks - an anerkannte Regeln der Technik zu knüpfen, nicht ausschließt.

Der Verweis auf anerkannte Regeln der Technik begegnet unter dem Gesichtspunkt der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit (entgegen [X.], Heizkostenverordnung, 4. Aufl., § 7 Rn. 47 ff.; siehe auch [X.]t-Futterer/[X.], aaO, § 7 [X.] Rn. 13) keinen [X.]edenken. Das [X.]undesverfassungsgericht hat eine solche Regelungstechnik gebilligt und auf deren Vorzug hingewiesen, dass Schwierigkeiten der verbindlichen Konkretisierung und der Anpassung an die wissenschaftliche und technische Entwicklung auf [X.] des [X.] und - soweit es zu Rechtsstreitigkeiten kommt - auf [X.] verlagert werden ([X.]VerfGE 49, 89, 135 f.). Daraus folgt, dass es unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden ist, wenn anerkannte Regeln der Technik erst nach Inkrafttreten des § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] entstanden oder veröffentlicht worden sind.

Zwar müssen Verweisungsnormen hinreichend klar erkennen lassen, welche Regelungen im Einzelnen gelten sollen ([X.]VerfGE 47, 285, 311). Ebenso ist eine dynamische Verweisung auf eine [X.]ekanntmachung sachverständiger Stellen verfassungsrechtlich bedenklich, weil Gesetz- und Verordnungsgeber ihre [X.] nicht in beliebigem Umfang außerstaatlichen Stellen überlassen dürfen ([X.]VerfGE 64, 208, 214 ff. [X.]). Eine solche Fallgestaltung liegt hier ersichtlich nicht vor, denn durch den Maßstab anerkannter Regeln der Technik wird kein bestimmtes Regelwerk für verbindlich erklärt. Vielmehr wird in verfassungskonformer Weise eine Generalklausel verwendet, bei der die Gerichte die herrschende Auffassung unter den technischen Praktikern zu ermitteln haben (vgl. [X.]VerfGE 49, 89, 135 f.).

bb) Zu Recht und von der Revision unbeanstandet hat sich das [X.]erufungsgericht nicht der weiteren Auffassung von [X.] (Heizkostenverordnung, aaO, § 7 Rn. 52; siehe auch [X.]t-Futterer/[X.], aaO, § 7 [X.] Rn. 13) angeschlossen, wonach § 7 Abs. 1 Satz 4 [X.] mit § 3a Satz 1 Nr. 2 [X.] nicht vereinbar sei. Danach wird die [X.]undesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des [X.]undesrates vorzuschreiben, dass die [X.]etriebskosten so auf die [X.]enutzer von heizungstechnischen gemeinschaftlichen Anlagen zu verteilen sind, dass dem "Energieverbrauch" der [X.]enutzer Rechnung getragen wird. Soweit § 7 Abs. 1 Satz 4 [X.] bestimmt, dass der nach Satz 3 bestimmte Verbrauch als "erfasster Wärmeverbrauch" nach Satz 1 zu berücksichtigen ist, handelt es sich ebenfalls um "Energieverbrauch" im Sinne von § 3a Satz 1 Nr. 2 [X.]. Zwar kann die Rohrwärmeabgabe durch das Verbrauchsverhalten der Nutzer nicht beeinflusst werden (vgl. [X.]R-Drucks. 570/08, [X.]). Dennoch wird auch durch Rohrwärmeabgabe Energie verbraucht. Eine [X.]eschränkung des § 3a Satz 1 Nr. 2 [X.] auf willentlich steuerbaren Verbrauch ist weder dem Wortlaut der Vorschrift noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen (zutreffend: LG [X.]erlin, [X.], 227, 228). Der Gesetzgeber hat im Gegenteil berücksichtigt, dass bei den Gegebenheiten des Heizungsbetriebs ein Teil der anfallenden Kosten unabhängig von der individuellen Nutzung entsteht (so der Gesetzentwurf der [X.]undesregierung zum Entwurf des [X.] zur Änderung des [X.] vom 12. November 1979, [X.]T-Drucks. 8/3348, S. 5).

3. Entgegen der Ansicht der Revision entfällt der mit der [X.]etriebskostenabrechnung für das Kalenderjahr 2009 geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht deshalb, weil die Klägerin die [X.]estimmung des Rohrwärmeverbrauchs anhand der [X.]-Richtlinie 2077 nicht vor [X.]eginn des [X.] angekündigt hat.

Gemäß § 6 Abs. 4 Satz 3 [X.] ist eine Änderung der in Satz 1 genannten [X.] nur mit Wirkung zum [X.]eginn eines [X.] zulässig. Eine Änderung der [X.] hat das [X.]erufungsgericht nicht festgestellt. Die [X.]estimmung des Wärmeverbrauchs nach anerkannten Regeln der Technik gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3, 4 [X.] durch den Vermieter unterliegt entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht ([X.]t-Futterer/[X.], aaO, § 6 [X.] Rn. 51; [X.]/[X.], Mietrecht, 2013, § 7 [X.] Rn. 38) nicht der Ankündigungspflicht, denn sie betrifft nicht die Verteilung der Heizkosten anhand eines bestimmten [X.], sondern die davon zu unterscheidende Ermittlung des Verbrauchs (vgl. [X.], aaO Rn. 6113).

Durch die Pflicht zur verbrauchsabhängigen Abrechnung soll zwar das Nutzerverhalten bei der Raumheizung sowie beim [X.] mit dem Ziel der Energieeinsparung beeinflusst werden (Senatsurteil vom 19. Juli 2006 - [X.], [X.], 652 Rn. 14, unter Hinweis auf die Entwurfsbegründung, [X.]R-Drucks. 632/80, [X.], 15 f.). Dies bietet jedoch keine hinreichende Grundlage für die Annahme, dass eine Wärmeerfassung nach der [X.]-Richtlinie 2077 vor dem Abrechnungszeitraum anzukündigen wäre, weil der betreffende Mieter andernfalls sein Verbrauchsverhalten nicht ändern könne. Denn § 6 Abs. 4 Satz 1, 2 [X.] sieht das Ankündigungserfordernis zwar etwa für eine Änderung des Verteilerschlüssels im Sinne von § 7 Absatz 1 Satz 1 [X.] vor (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 2004 - [X.], [X.], 254 unter [X.]), nicht aber für die Verbrauchserfassung nach anerkannten Regeln der Technik bei Gebäuden mit erhöhter Rohrwärmeabgabe gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3, 4 [X.]. Mit der Verordnung zur Änderung der Verordnung über Heizkostenabrechnung vom 2. Dezember 2008 ([X.]G[X.]l. I [X.]375) hat der Verordnungsgeber § 6 Abs. 4 [X.] ausdrücklich dahingehend eingeschränkt.

Dies wird auch dem Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1 Satz 3, 4 [X.] gerecht. Wie das [X.]erufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dient die Regelung dazu, unbillige Kostenverschiebungen unter den Nutzern auszugleichen bzw. zu reduzieren (vgl. [X.]R-Drucks. 570/08, [X.]). Das Vertrauen eines Mieters auf den Fortbestand unbilliger Kostenverschiebungen, die einzelne Mitmieter übervorteilen, andere hingegen ohne sachlichen Grund benachteiligen, ist jedoch nicht schützenswert.

4. [X.] hat das [X.]erufungsgericht einen Verstoß gegen den nach § 556 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 [X.]G[X.] vom Vermieter zu beachtenden Grundsatz der Wirtschaftlichkeit verneint. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, dass der [X.]eklagte sich in den Tatsacheninstanzen darauf berufen habe, zur Vermeidung einer Schlafzimmertemperatur von bis zu 26° nachts die Fenster weit öffnen zu müssen. Dies war vor Erfassung des Wärmeverbrauchs nach anerkannten Regeln der Technik nicht anders; jedoch mussten die Kosten dieses Energieverbrauchs letztlich von anderen Mietern getragen werden. Die Erfassung des Wärmeverbrauchs nach allgemeinen Regeln der Technik bietet insoweit eine höhere Verteilungsgerechtigkeit.

Zwar vermag dies nichts an unvermeidbaren Rohrleitungsverlusten zu ändern, die in einem Gebäude entstehen, welches mit einer Einrohrheizung errichtet wurde. Eine Verpflichtung des Vermieters zur Modernisierung einer vorhandenen alten, die Wärmeversorgung der Wohnung jedoch sicherstellenden Heizungsanlage lässt sich aus dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit aber nicht herleiten (Senatsurteile vom 31. Oktober 2007 - [X.], [X.], 142 Rn. 18; vom 12. Mai 2010 - [X.], NJW 2010, 2571 Rn. 8; siehe auch [X.]GH, Urteil vom 18. Dezember 2013 - [X.], NJW 2014, 685 Rn. 28). Die verbleibenden Möglichkeiten, Energieverluste in nennenswertem Umfang zu verhindern, hat die Klägerin nach den nicht angegriffenen Feststellungen des sachverständig beratenen [X.]erufungsgerichts im Übrigen ausgeschöpft.

5. Das vom [X.]eklagten geltend gemachte Kürzungsrecht des § 12 [X.] steht ihm nicht zu. § 12 Abs. 1 Satz 1 [X.] verleiht dem Nutzer - hier dem Mieter - das Recht zur Kürzung nur dann, wenn der Vermieter entgegen einer ihm durch die Heizkostenverordnung auferlegten Verpflichtung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet hat. Eine solche Fallgestaltung ist hier nicht gegeben. Dagegen wendet sich die Revision nicht.

Dr. Milger     

        

     Dr. Hessel     

        

Dr. Achilles

        

Ri[X.]GH [X.] ist wegen
Urlaubs an der Unterschrift
verhindert.

        

Kosziol     

        
        

Dr. Milger, 5. Mai 2015

                          

Meta

VIII ZR 193/14

06.05.2015

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Neubrandenburg, 25. Juni 2014, Az: 1 S 74/12, Urteil

§ 7 Abs 1 S 3 HeizkostenV, § 315 BGB, § 556 BGB, § 556a BGB, § 5 Abs 3 EnEG, Art 20 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.05.2015, Az. VIII ZR 193/14 (REWIS RS 2015, 11521)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11521

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