Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.11.2019, Az. V ZR 9/19

5. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 1516

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Gegenstand

Verteilung von Heiz- und Warmwasserkosten in einer Wohneigentumsanlage unter Berücksichtigung von Rohrwärmeverlusten


Leitsatz

1. § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV ist auch im Wohnungseigentumsrecht auf überwiegend ungedämmte, aber nicht freiliegende Leitungen der Wärmeverteilung nicht analog anwendbar (Anschluss an BGH, Urteil vom 15. März 2017 - VIII ZR 5/16, ZMR 2017, 462).

2. In den Fällen der sog. Rohrwärmeabgabe kann eine Verteilung der Kosten des Wärmeverbrauchs auch dann nicht nach § 9a Abs. 1 und 2 HeizkostenV erfolgen, wenn von den elektronischen Heizkostenverteilern infolge der Rohrwärmeverluste weniger als 20% der abgegebenen Wärmemengen erfasst wird.

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil der 17. Zivilkammer des [X.] vom 7. Dezember 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und das Urteil des [X.] vom 3. Mai 2018 im Umfang der Aufhebung geändert.

Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 72 %, die Beklagten 28 %. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die [X.] besteht aus 154 Wohnungen in [X.]. Die Klägerin ist Eigentümerin von 20 Dachgeschosswohnungen. Nach § 11 Abs. 2 b) der Teilungserklärung werden die Heizkosten nach Verbrauch abgerechnet, was durch Beschluss der Wohnungseigentümer dahingehend konkretisiert worden ist, die Heizkosten im Verhältnis von 30 % Grundkosten und 70 % Verbrauchskosten aufzuteilen. Die Heizkörper in den Wohnungen sind mit elektronisch messenden Heizkostenverteilern ausgestattet. Die im [X.] der Häuser verlaufenden Leitungen sind freiliegend und überwiegend gedämmt. Die [X.] innerhalb der Wohnungen liegen unter [X.]. Sie sind schlecht oder gar nicht gedämmt.

2

Die Wohnungseigentümer haben, soweit von Interesse, in der Eigentümerversammlung vom 28. November 2015 die Hausgeldabrechnungen für das [X.] genehmigt. Die Aufteilung der hierin enthaltenen Heizkosten erfolgte zu 30 % als Grundkosten und zu 70 % nach Verbrauch. Die Klägerin hat beantragt, den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung insoweit für ungültig zu erklären, als die Hausgeldabrechnungen für sie für das [X.] genehmigt worden sind. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der übrigen Wohnungseigentümer ist erfolglos geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision wollen die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage erreichen. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht meint, die der [X.]lägerin erteilten Jahreseinzelabrechnungen für 2014 entsprächen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil die verbrauchsabhängige Umlage der Heizkosten zu einer Verteilung führe, die keinen nachvollziehbaren Bezug zu dem tatsächlichen Nutzerverhalten aufweise. Die Rohrleitungen in den Wohnungen gäben aufgrund der fehlenden Dämmung Wärme ab und trügen somit zur Beheizung der Räume bei. Das führe dazu, dass ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs von den Heizkostenverteilern nicht erfasst werde. Eine Verteilungsgerechtigkeit könne nur durch eine Bestimmung des Wärmeverbrauchs gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] herbeigeführt werden. Zwar sei die Vorschrift nicht unmittelbar anwendbar, weil die Verteilleitungen innerhalb der Wohnungen nicht frei, sondern unter [X.] lägen. Die Vorschrift sei aber entgegen der an[X.]lautenden Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 15. März 2017 - [X.], [X.], 462) analog anwendbar. Es sei technisch unerheblich, ob die Leitungen, die Wärme absonderten, frei lägen oder unter [X.] bzw. im Estrich verliefen. In beiden Fällen komme es zu einer Verzerrung der Erfassungswerte. So sei es auch hier. Die erfassten Verbrauchswärmeanteile hätten nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens in den Jahren 2010-2013 fast immer unter dem Grenzwert der Richtlinie [X.] von 34 % gelegen, und zwar überwiegend im Bereich unter 20 %, teilweise auch unter 12 bis 14 %. Seither habe sich an der Situation der Beheizung nichts geändert. Das den Wohnungseigentümern eingeräumte Ermessen sei hinsichtlich der grundsätzlichen Anwendung eines [X.]orrekturverfahrens deshalb auf Null reduziert.

II.

4

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

5

1. a) Rechtsfehlerhaft ist bereits die Annahme des Berufungsgerichts, dass sich die Anfechtungsklage der [X.]lägerin nur gegen die ihr erteilten Einzelabrechnungen richtet. Zwar ist nicht auszuschließen, dass lediglich eine Einzelabrechnung eines Wohnungseigentümers im [X.]sverfahren angegriffen wird, wenn etwa falsche Angaben über individuelle Hausgeldzahlungen gerade dieses Wohnungseigentümers darin enthalten sind. Regelmäßig wäre aber die [X.] einer bloßen Einzelabrechnung verfahrensrechtlich sinnlos, weil bei einer als unzutreffend gerügten [X.]ostenverteilung immer auch die Einzelabrechnungen des betreffenden Wirtschaftsjahres der anderen Wohnungseigentümer mitbetroffen sind. Bei einem Erfolg der [X.]lage wären zwangsläufig alle Einzelabrechnungen insoweit für ungültig zu erklären, weil sich ein Fehler bei einem Eigentümer auch auf die Abrechnungen der anderen auswirkte (vgl. Senat, Urteil vom 3. Juni 2016 - [X.], [X.], 77 Rn. 7 mwN). Auf die Gesamtjahresabrechnung wirkt sich die Zugrundelegung eines fehlerhaften Verteilungsschlüssels im Grundsatz dagegen nicht aus. Sie muss zwar unterschiedlich zu verteilende [X.]ostenpositionen zutreffend aufschlüsseln, damit sie für die Wohnungseigentümer nachvollziehbar ist. Bei den reinen Heizkosten gilt aber die Besonderheit, dass sich die Einzelabrechnungen ohnehin nicht ohne weiteres aus der Gesamtabrechnung ableiten lassen, da diese als Einnahmen- und Ausgabenabrechnung geführt wird (vgl. dazu Senat, Urteil vom 3. Juni 2016 - [X.], aaO Rn. 16 mwN).

6

b) Das allein führt aber nicht zur Unbegründetheit der Anfechtungsklage. Vielmehr bedarf der [X.]lageantrag der Auslegung. Die revisionsrechtlich in vollem Umfang nachprüfbare Auslegung des [X.]lageantrags darf - wie allgemein im Prozessrecht - nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften, sondern hat den wirklichen Willen der [X.] zu erforschen. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Nur wenn sich das Rechtsschutzziel des [X.]lägers auch durch die gebotene Auslegung nicht eindeutig ermitteln lässt, gehen die verbleibenden Unklarheiten zu seinen Lasten (näher Senat, Urteil vom 12. Dezember 2014 - [X.], [X.], 218 Rn. 8 f. mwN). Daran gemessen ergibt die Auslegung des Antrags, dass die Genehmigung der Jahresabrechnung bezogen auf die Positionen Heizkostenabrechnung in den Einzelabrechnungen angegriffen werden soll. Der [X.]lageschrift ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass die [X.]lägerin sich gegen die Verteilung der Heizkosten insgesamt wendet. Notwendigerweise sind daher alle Einzelabrechnungen 2014 als Verfahrensgegenstand anzusehen.

7

2. Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben, weil die [X.]lägerin mit der [X.]sklage gegen die Jahresabrechnungen 2014 nicht eine von der Teilungserklärung und der Beschlusslage der Wohnungseigentümer abweichende Verteilung der Heizkosten erreichen kann.

8

a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass allein eine den Anforderungen der Heizkostenverordnung genügende Abrechnung den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (vgl. Senat, Urteil vom 16. Juli 2010 - [X.], NJW 2010, 3298 Rn. 15; Urteil vom 17. Februar 2012 - [X.], [X.], 1434 Rn. 8 u. 9; Urteil vom 3. Juni 2016 - [X.], [X.], 77 Rn. 13). Dies gilt unabhängig davon, ob die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung oder Beschluss abweichende Bestimmungen getroffen haben, da sich die Verpflichtung, nach den Vorschriften der Heizkostenverordnung abzurechnen, unmittelbar aus § 3 Satz 1 [X.] ergibt, der die Anwendung der Vorschriften der Heizkostenverordnung im Verhältnis der Wohnungseigentümer vorschreibt (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2012 - [X.], [X.], 1434 Rn. 9; Urteil vom 22. Juni 2018 - [X.], NJW 2018, 3717 Rn. 17; vgl. für das Mietrecht [X.], Urteil vom 19. Juli 2006 - [X.], [X.], 652 Rn. 13).

9

b) Das Berufungsgericht verkennt jedoch, dass die Heizkosten in den Jahresabrechnungen 2014 richtigerweise nach dem von den Wohnungseigentümern beschlossenen Verteilungsschlüssel umgelegt worden sind.

aa) Die Heizkostenverordnung gibt kein festes Abrechnungssystem vor, sondern nur einen Rahmen (vgl. §§ 4, 5, 7, 8 [X.]). Dieser Rahmen muss von den Wohnungseigentümern durch Vereinbarung oder Beschluss ausgefüllt werden, bevor eine Abrechnung nach der Heizkostenverordnung möglich ist. Die zu treffende Entscheidung über die Ausfüllung des von der Heizkostenverordnung vorgegebenen Rahmens betrifft die Frage, wie die Wohnungseigentümer die vorgeschriebene verbrauchsabhängige Abrechnung vornehmen, insbesondere welchen der möglichen [X.] sie wählen. Insoweit bedarf es für eine Abrechnung auf der Grundlage der Heizkostenverordnung einer Regelung durch die Wohnungseigentümer (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2012 - [X.], [X.], 1434 Rn. 8 u. 9).

bb) Die Wohnungseigentümer haben hier diesen Rahmen ausgefüllt und eine Verteilung der Heizkosten zu 70 % nach Verbrauch und zu 30 % nach Grundkosten beschlossen. Dieser Beschluss ist nicht nichtig, sondern entspricht § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.], wonach von den [X.]osten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage mindestens 50 vom Hundert, höchstens 70 vom Hundert, nach dem erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer zu verteilen sind. Auf der Grundlage des Beschlusses der Wohnungseigentümer sind deshalb die Heizkosten in den Jahresabrechnungen umzulegen. Eine Änderung des von der Wohnungseigentümergemeinschaft gewählten, der Heizkostenverordnung entsprechenden [X.]ostenverteilungsschlüssels kann nicht inzident mit dem Beschluss über die Jahresabrechnung erfolgen (vgl. Senat, Urteil vom 9. Juli 2010 - [X.], NJW 2010, 2654 Rn. 16; Urteil vom 11. November 2011 - [X.], [X.], 603 Rn. 12; Urteil vom 8. Juni 2018 - [X.], [X.], 657 Rn. 18). Eine solche Änderung des Verteilungsschlüssels im Rahmen der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung wäre auch nicht sinnvoll, weil der Beschluss keine Rechtswirkungen für künftige Abrechnungszeiträume entfalten könnte und sich die Frage nach der Verteilung der Heizkosten immer wieder neu stellen würde. Der Sonderrechtsnachfolger wäre ebenfalls an einen solchen Beschluss nicht gebunden (§ 10 Abs. 4 WEG).

c) An[X.] wäre es nur, wenn die Heizkostenverordnung zwingend eine von dem beschlossenen Verteilungsschlüssel abweichende Verteilung der [X.]osten vorschriebe. In diesem Fall gingen die Vorgaben der Verordnung vor (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 2 [X.]) mit der Folge, dass die Jahresabrechnung zumindest anfechtbar wäre (vgl. Senat, Urteil vom 22. Juni 2018 - [X.], NJW 2018, 3717 Rn. 12 ff.). So liegt es hier aber nicht.

aa) An[X.] als das Berufungsgericht meint, musste der Wärmeverbrauch der einzelnen Wohnungen nicht in Anwendung von § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] bestimmt werden. Die Vorschrift, nach der der erfasste Wärmeverbrauch der Nutzer in den Fällen der sog. Rohrwärmeabgabe nach den anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden kann, wenn es sich um Gebäude handelt, in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt sind und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird, ist weder direkt noch analog anwendbar. Nach der Rechtsprechung des [X.]. Zivilsenats kommt eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] auf überwiegend ungedämmte, aber - wie hier - nicht freiliegende Leitungen der Wärmeverteilung nicht in Betracht, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt (Urteil vom 15. März 2017 - [X.], [X.], 462 Rn. 20 ff.). Diese Rechtsprechung macht sich der Senat, ungeachtet der dagegen erhobenen [X.]ritik (vgl. [X.]/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl., § 556a Rn. 7; [X.], § 7 [X.] [X.]; [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., [X.] [X.] Rn. 174; [X.]reuzberg/[X.]/[X.], Handbuch der Heizkostenabrechnung, 9. Aufl., [X.] 1 S. 85; [X.], Grundeigentum 2017, 704; [X.]. [X.] 2017, 244; [X.]., [X.] 12/2017 [X.]. 1; Wall, [X.], 322; zustimmend Jennißen in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 16 Rn. 109d; Spielbauer/[X.], Mietrecht, 2. Aufl., § 556a BGB Rn. 117e; [X.], [X.], 625, 626; [X.]., [X.], 711, 712; [X.], [X.], 11; [X.], [X.], 720), zu eigen. Sie gilt in gleicher Weise für das Wohnungseigentumsrecht. § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] ist auch im Wohnungseigentumsrecht auf überwiegend ungedämmte, aber nicht freiliegende Leitungen der Wärmeverteilung nicht analog anwendbar.

bb) Ebensowenig mussten die [X.]osten in Anwendung von § 9a Abs. 1 und 2 [X.] verteilt werden.

(1) Die Vorschrift ordnet an, wie die Heiz- und Warmwasserkosten zu verteilen sind, wenn der Verbrauch für einen Abrechnungszeitraum durch einen Geräteausfall oder aus anderen zwingenden Gründen nicht ordnungsgemäß erfasst werden kann. In diesem Fall ist der Verbrauch grundsätzlich auf der Grundlage des Verbrauchs der betroffenen Räume in vergleichbaren Zeiträumen oder des Verbrauchs vergleichbarer anderer Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum oder des Durchschnittsverbrauchs des Gebäudes oder der Nutzergruppe zu ermitteln (§ 9a Abs. 1 Satz 1 [X.]). Überschreitet die von der Verbrauchsermittlung betroffene Wohn- oder Nutzfläche oder der umbaute Raum 25 vom Hundert der für die [X.]ostenverteilung maßgeblichen gesamten Wohn- oder Nutzfläche oder des maßgeblichen gesamten umbauten Raumes, sind die [X.]osten des Wärmeverbrauchs ausschließlich nach der Wohn- und Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum zu verteilen (§ 9a Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 5 [X.]).

(2) Zwar wird teilweise angenommen, dass dann, wenn von den Heizkostenverteilern infolge von Rohrwärmeverlusten weniger als 20 % der abgegebenen Wärme erfasst werden, der Verbrauch gemäß § 9a Abs. 1 Satz 1 [X.] zu ermitteln sei (vgl. [X.], [X.], 235; LG [X.]arlsruhe, [X.], 149). Das trifft aber nicht zu. In den Fällen der sog. Rohrwärmeabgabe kann eine Verteilung der [X.]osten des Wärmeverbrauchs auch dann nicht nach § 9a Abs. 1 und 2 [X.] erfolgen, wenn von den elektronischen Heizkostenverteilern infolge der Rohrwärmeverluste weniger als 20 % der abgegebenen Wärmemengen erfasst wird (so auch [X.], [X.], 453; [X.], Urteil vom 19. Dezember 2013 - 36 S 12255/12 WEG, juris Rn. 8; Mü[X.]oBGB/[X.]/[X.], 7. Aufl., Betr[X.]V § 9a [X.] Rn. 2; [X.], [X.], 11, 13).

(a) Ein Geräteausfall im Sinne dieser Vorschrift liegt nicht vor. Die elektronischen Heizkostenverteiler sind ordnungsgemäß installiert und funktionieren gemäß ihrer Bestimmung. Sie erfassen, da die Nutzer der unteren Wohnungen die Ventile ihrer Heizkörper gar nicht oder nur spärlich öffnen müssen, sondern die Wohnung durch Rohrwärmeabgabe bereits ausreichend erwärmt ist, zwar einen geringen oder gar keinen Verbrauch. Das beruht aber nicht auf einem technischen Defekt der [X.] für einen Abrechnungszeitraum, sondern auf dem strukturellen Problem der fehlenden Isolierung der unter [X.] liegenden Rohrleitungen.

(b) Die geringe Erfassungsrate der abgegebenen Wärme stellt auch keinen anderen zwingenden Grund im Sinne des § 9a Abs. 1 Satz 1 [X.] dar. Ein „anderer zwingender Grund“ für eine nicht ordnungsgemäße Erfassung des Verbrauchs liegt vor, wenn Umstände gegeben sind, die dem Geräteausfall gleichzusetzen sind, weil sie eine rückwirkende [X.]orrektur der [X.] ausschließen (vgl. [X.], Urteil vom 16. November 2005 - [X.] ZR 373/04, [X.], 102 Rn. 13, 15). Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn der am Heizkörper abgelesene Messwert aus zwingenden physikalischen Gründen nicht dem tatsächlichen Verbrauchswert entsprechen kann und damit fehlerhaft ist (vgl. Senat, Urteil vom 22. Juni 2018 - [X.], NJW 2018, 3717 Rn. 10; [X.], Hinweisbeschluss vom 5. März 2013 - [X.] ZR 310/12, NJW-RR 2013, 909 Rn. 2). So ist es im Fall der Rohrwärmeabgabe nicht. Die Messinstrumente funktionieren fehlerfrei.

3. Der Wohnungseigentümer, der durch den von den Wohnungseigentümern gewählten [X.]ostenverteilungsschlüssel aufgrund der nicht erfassten Rohrwärme benachteiligt wird, ist nicht schutzlos gestellt. Er kann die anderen Wohnungseigentümer mit der Verteilung der Heizkosten befassen und einen Beschluss nach § 16 Abs. 3 WEG über eine andere Ausfüllung des von der Heizkostenverordnung vorgegebenen Rahmens, insbesondere über die Wahl eines möglichen Verteilungsmaßstabs, herbeiführen; unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG kann er darauf einen Anspruch haben. In Betracht kommt etwa die Anwendung eines Umlagemaßstabs von 50 % Verbrauchskosten zu 50 % Grundkosten (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Der Wohnungseigentümer kann ggf. auch das Ergreifen technischer Maßnahmen verlangen, wie das Absenken der Vorlauftemperatur (vgl. Wall, [X.], 221, 222; [X.]., [X.], 109, 121) oder die Anbringung von für die Erfassung der Rohrwärme geeigneteren Messgeräten (z.B. Verdunstungsgeräte, § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.]; vgl. Mü[X.]oBGB/[X.]t-[X.], 7. Aufl., Betr[X.]V § 5 [X.] Rn. 3; [X.], [X.], 325, 327; [X.]., [X.], 625, 627; [X.], [X.] 2017, 244, 245; Wall, [X.], 109, 120).

III.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).

Ohne Erfolg wendet die [X.]lägerin ein, in den Jahresabrechnungen 2014 fehlten die Angaben zum Bestand und zur Entwicklung der Bankkonten. Richtig ist, dass eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 3 WEG) auch den Stand und die Entwicklung der Gemeinschaftskonten ausweisen muss (vgl. Senat, Beschluss vom 25. September 2003 - [X.], NJW 2003, 3554, 3555 mwN). Ob das bloße Fehlen der Angabe der [X.]ontostände am Anfang und Ende des Abrechnungszeitraums nur einen Anspruch auf Ergänzung begründet oder den Beschluss über die Jahresabrechnung anfechtbar macht (so [X.], [X.] 2012, 140; [X.], [X.] 2016, 332; [X.], [X.], 20; [X.]/[X.], WEG, 14. Aufl., § 28 Rn. 129; Jennißen in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 28 Rn. 125 mwN; [X.] in [X.]/[X.]t-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 28 Rn. 114; a.[X.], NJW-RR 1992, 1169; [X.], 692; [X.], [X.] 2008, 2), kann dahinstehen. Die Anfechtbarkeit der Jahresabrechnungen 2014 wegen des Fehlens der Darstellung der Entwicklung der Bankkonten scheidet deshalb aus, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Verwalter noch vor der Eigentümerversammlung Rechnungsprüfungsberichte versandt hat, die die erforderlichen [X.]ontodaten enthielten. Dadurch wurden die Wohnungseigentümer rechtzeitig in die Lage versetzt, die rechnerische Schlüssigkeit der Jahresabrechnung zu überprüfen.

IV.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher zu ändern und die Anfechtungsklage abzuweisen.

Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 91a, § 269 Abs. 3 ZPO.

[X.]     

      

[X.]t-Räntsch     

      

Brückner

      

Göbel     

      

Haberkamp     

      

Meta

V ZR 9/19

15.11.2019

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Dortmund, 7. Dezember 2018, Az: 17 S 107/18

§ 16 Abs 3 WoEigG, § 7 Abs 1 S 3 HeizkostenV, § 9a Abs 1 HeizkostenV, § 9a Abs 2 HeizkostenV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.11.2019, Az. V ZR 9/19 (REWIS RS 2019, 1516)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 554-555 REWIS RS 2019, 1516

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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