Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.10.2012, Az. VI R 65/10

6. Senat | REWIS RS 2012, 2171

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Gegenstand

Verdoppelung des Höchstbetrags für Handwerkerleistungen durch das WachstumsStG und das FamLeistG - Zeitlicher Anwendungsbereich


Leitsatz

Die durch das WachstumsStG geregelte Verdoppelung des Höchstbetrags für Handwerkerleistungen ist erstmals bei Aufwendungen anzuwenden, die im Veranlagungszeitraum 2009 geleistet und deren zugrunde liegende Leistungen nach dem 31. Dezember 2008 erbracht worden sind .

Tatbestand

1

I. Streitig ist, in welcher Höhe für im Streitjahr 2008 durchgeführte Handwerkerleistungen eine Steuerermäßigung in Anspruch genommen werden kann.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Im Streitjahr entstanden ihnen für Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten Kosten in Höhe von 4.267 €. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) gewährte eine Steuerermäßigung in Höhe von 600 €. Mit ihrem Einspruch begehrten die Kläger erfolglos eine Steuerermäßigung in Höhe von 854 €. Zur Begründung führten sie aus, dass durch das Gesetz zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des Maßnahmenpakets "Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung" ([X.]) vom 21. Dezember 2008 ([X.], 2896, BStBl I 2009, 133) der Höchstbetrag für die Berücksichtigung von Aufwendungen für Handwerkerleistungen von 600 € auf 1.200 € verdoppelt worden sei. Diese Regelung sei noch im Streitjahr in [X.] getreten und daher im angefochtenen Einkommensteuerbescheid zu berücksichtigen.

3

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2010, 725 veröffentlichten Gründen ab.

4

Mit der hiergegen gerichteten Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

5

Die Kläger beantragen, die angefochtene Entscheidung des [X.] und die Einspruchsentscheidung des [X.] aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid so zu ändern, dass eine Steuerermäßigung in Höhe von 854 € berücksichtigt wird.

6

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung zurückzuweisen. Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die Steuerermäßigung auf 600 € beschränkt ist.

8

1. Nach § 35a Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20. Dezember 2007 ([X.], 3150, [X.], 218) ermäßigt sich für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in einem in der [X.] oder dem [X.] liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, mit Ausnahme der nach dem [X.] der [X.] geförderten Maßnahmen, die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 %, höchstens 600 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Die Voraussetzungen dieser Regelung sind, wie das [X.] ausgeführt hat, im Streitfall erfüllt. Die von den Klägern begehrte Steuerermäßigung beträgt danach 600 €.

9

2. Zwar ist der Höchstbetrag für Handwerkerleistungen im Streitjahr fast zeitgleich durch zwei [X.] verdoppelt worden. Die Neuregelung kommt jedoch im Streitfall (noch) nicht zur Anwendung. Insbesondere rechtfertigt Art. 4 Abs. 3 [X.] die Verdoppelung nicht.

a) Gemäß § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des [X.] beträgt der erwähnte Höchstbetrag 1.200 € (Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes). Eine entsprechende Regelung findet sich in § 35a Abs. 3 EStG i.d.[X.] (FamLeistG) vom 22. Dezember 2008 ([X.], 2955, BStBl I 2009, 136; Art. 1 Nr. 13 des Gesetzes). Der Höchstbetrag von 1.200 € ist jedoch erstmals bei Aufwendungen anzuwenden, die im Veranlagungszeitraum 2009 geleistet und deren zugrunde liegende Leistungen nach dem 31. Dezember 2008 erbracht worden sind. Das bestimmen übereinstimmend sowohl § 52 Abs. 50b Satz 4 EStG i.d.F. des [X.] (Art. 1 Nr. 4 Buchst. b des Gesetzes) als auch § 52 Abs. 50b Satz 5 i.d.[X.] (Art. 1 Nr. 18 Buchst. f des Gesetzes).

b) Zwar tritt nach Art. 4 Abs. 3 [X.] die Verdoppelung des [X.] bereits am Tage nach der Verkündung in [X.], also am 30. Dezember 2008. Daraus folgt jedoch nicht, dass der erhöhte Höchstbetrag auch schon auf vor dem 30. Dezember 2008 erbrachte Leistungen anzuwenden wäre. Dem steht vielmehr die erwähnte Anwendungsregelung des § 52 Abs. 50b Satz 4 EStG i.d.F. des [X.] entgegen. Diese zum 1. Januar 2009 in [X.] getretene Regelung (Art. 4 Abs. 1 [X.]) stellt insoweit zwar eine rückwirkende Rechtsänderung dar, weil hierdurch die --zunächst einschränkungslose-- Anwendung des erhöhten Förderbetrags am Tag nach der Verkündung des Gesetzes (30. Dezember 2008) zwei Tage später zusätzlich davon abhängig gemacht wird, dass die Leistungen im [X.] erbracht und bezahlt wurden. Diese Rückwirkung ist indessen von [X.] wegen unbedenklich, weil die Kläger in der [X.] vom 30. Dezember 2008 bis 31. Dezember 2008 erkennbar keine schützenswerten Dispositionen im Hinblick auf die durch die fragliche Norm erhöhte Subventionierung getroffen haben und sich auch kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand der Gesetzesänderung hatte bilden können.

Auf die Frage, ob es sich, wie die Vorinstanz meint, um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers bei der Neuregelung der Vorschrift handelt (s. auch Beschluss des [X.] Münster vom 14. Dezember 2009  10 V 4132/09 E, E[X.] 2010, 485; Urteil des [X.] Köln vom 11. Dezember 2009  5 K 2763/09, E[X.] 2010, 800; Urteil des [X.] Münster vom 15. Juli 2011  14 K 1226/10 E, E[X.] 2012, 126; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 35a EStG Rz J 08-2; Czisz/Krane, [X.], 1518; kritisch dazu Barein in [X.]/[X.]/[X.], [X.], Kommentar, § 35a Rz 2), kommt es danach nicht mehr an.

Meta

VI R 65/10

18.10.2012

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 26. Januar 2010, Az: 3 K 2002/09, Urteil

§ 35a Abs 2 S 2 EStG 2002 vom 20.12.2007, § 35a Abs 2 S 2 EStG 2002 vom 21.12.2008, § 35a Abs 3 EStG 2002 vom 22.12.2008, EStG VZ 2008, Art 1 Nr 3 StRegUmsG, Art 1 Nr 4 Buchst b StRegUmsG, Art 4 Abs 3 StRegUmsG, § 52 Abs 50b S 4 EStG 2002 vom 21.12.2008, § 52 Abs 50b S 5 EStG 2002 vom 22.12.2008, Art 1 Nr 18 Buchst f FamLeistG, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.10.2012, Az. VI R 65/10 (REWIS RS 2012, 2171)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2171

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