Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.09.2022, Az. VIa ZR 649/21

6a. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 5310

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Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 11. November 2021 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zur Höhe des Anspruchs zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die beklagte [X.] wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Neuwagen auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Die Klägerin erwarb im August 2013 bei einer Fahrzeughändlerin ein Neufahrzeug des Typs [X.] 2,0 l TDI ([X.]) zu einem Kaufpreis in Höhe von 32.609,99 €. Das Fahrzeug ist mit einem von der [X.] hergestellten Dieselmotor der Baureihe [X.] ausgestattet. Die verwendete Motorsteuerungssoftware erkannte das Durchfahren des [X.] und bewirkte für diesen Fall einen geringeren [X.] als im Normalbetrieb, wodurch die Grenzwerte für Stickoxidemissionen der Abgasnorm [X.] auf dem Prüfstand eingehalten werden konnten.

3

Mit der im Jahr 2020 erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst die Verurteilung der [X.] zur Zahlung von 33.375 € (Kaufpreis zuzüglich Überführungskosten und Gebühren) abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 14.126,64 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, die Feststellung des Annahmeverzugs der [X.] sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten begehrt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Nach Abweisung der Klage durch das [X.] hat die Klägerin das Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 8.000 € veräußert und ihre Anträge im Berufungsverfahren mit der Maßgabe weiterverfolgt, dass sie den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung nicht mehr Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, sondern gegen die Herausgabe des Weiterverkaufserlöses beanspruche. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zur Zahlung von 10.152,89 € (Kaufpreis von 32.609,99 € abzüglich eines Nutzungsvorteils in Höhe von 14.457,10 € und abzüglich des Weiterverkaufserlöses in Höhe von 8.000 €) nebst Zinsen verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugunsten der [X.] zugelassenen Revision, die diese zuletzt auf die Höhe beschränkt hat, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision der Beklagten hat im Umfang des zuletzt geltend gemachten Revisionsangriffs Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

6

Nach der Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus §§ 826, 31 BGB gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB ergebe sich ein Restschadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB in Höhe von 10.152,89 €. § 852 Satz 1 BGB finde auf den Kauf eines Neuwagens von einem Vertragshändler Anwendung. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung habe nicht der zwischengeschaltete Händler, sondern die Beklagte den von der Klägerin gezahlten Kaufpreis unter Abzug einer etwaigen [X.] erlangt. Im Streitfall betrage der Restschadensersatz unter Berücksichtigung eines Nutzungsvorteils in Höhe von 14.457,10 € und des Verkaufserlöses von 8.000 € noch 10.152,89 €. Auf die Höhe des [X.], zu dem nicht konkret vorgetragen sei, komme es nicht an, weil er den Betrag von 10.152,89 € übersteige.

II.

7

Die rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe des Restschadensersatzanspruchs der Klägerin begegnen durchgreifenden Bedenken. Das Berufungsgericht hat - entgegen den Grundsätzen, die der [X.] nach Erlass des Berufungsurteils näher dargelegt hat ([X.], Urteil vom 21. Februar 2022 - [X.], [X.], 742 Rn. 16) - den von ihm nach § 287 BGB ermittelten Nutzungsvorteil in Höhe von 14.457,10 € und den Erlös aus dem Weiterverkauf des Fahrzeugs von dem von der Klägerin entrichteten Kaufpreis in Höhe von 32.609,99 € abgezogen und den so ermittelten, verjährten Schadensersatzanspruch der Klägerin aus §§ 826, 31 BGB im Sinne einer Vergleichsbetrachtung dem von der Beklagten erlangten [X.] gegenübergestellt. Den [X.] hat es dabei nicht konkret festgestellt, sondern lediglich ausgeführt, er liege jedenfalls über dem Anspruch aus §§ 826, 31 BGB, weil die [X.] den Nutzungsvorteil der Klägerin nicht übersteige. Indessen sind zur Ermittlung des Restschadensersatzanspruchs der Nutzungsvorteil und ein im Wege der Vorteilsausgleichung anzurechnender Verkaufserlös vom [X.] abzuziehen und folglich der [X.] als Ausgangspunkt der Berechnung konkret festzustellen (vgl. [X.], Urteil vom 1. August 2022 - [X.], juris Rn. 16).

III.

8

Das Berufungsurteil ist aufzuheben, soweit darin zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO). Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der [X.] kann nicht in der Sache selbst erkennen, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen zur Höhe des [X.] getroffen hat.

[X.]     

      

Götz     

      

Rensen

      

Liepin     

      

Vogt-Beheim     

      

Meta

VIa ZR 649/21

19.09.2022

Bundesgerichtshof 6a. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 11. November 2021, Az: 8 U 101/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.09.2022, Az. VIa ZR 649/21 (REWIS RS 2022, 5310)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5310

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