Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2011, Az. IX ZB 168/09

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 8713

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[X.]BESCHLUSS [X.]/09 vom 10. März 2011 in dem [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja[X.] § 295 Abs. 1 Nr. 2; BGB § 1953 Abs. 1, § 2180 Abs. 3 Tritt der Erbfall in der Wohlverhaltensphase ein, entsteht die Obliegenheit des Schuldners, die Hälfte des Wertes des Vermächtnisses an den Treuhänder abzufüh-ren, erst mit der Annahme des Vermächtnisses (Ergänzung von [X.], 1517). [X.], Beschluss vom 10. März 2011 - [X.]/09 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Dr. Gehrlein, [X.] und [X.] und die Richterin [X.] am 10. März 2011 beschlossen: Auf die Rechtsmittel des Schuldners werden der Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 20. April 2009 und der Beschluss des [X.] vom 13. Januar 2009 aufgehoben. Der Antrag, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 5.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Das am 24. Mai 2002 auf seinen eigenen Antrag eröffnete Insolvenzver-fahren über das Vermögen des Schuldners wurde nach Ankündigung der Rest-schuldbefreiung am 19. August 2004 aufgehoben. Am 6. April 2005 verstarb die Mutter des Schuldners. Nach ihrem Testament wurde der Schuldner nicht Erbe; 1 - 3 - ihm wurde aber als Vermächtnis ein Teil eines Grundstücks zugewendet. [X.] erfuhr der Treuhänder erst im Januar 2008 durch das Schreiben eines Bru-ders des Schuldners. Auf die Aufforderung des Treuhänders hin erklärte der Schuldner, er habe weder den Pflichtteil noch das Vermächtnis geltend ge-macht; von dem Vermächtnis habe er erst durch den Treuhänder erfahren.
Auf Antrag der weiteren Beteiligten zu 1, bei Gericht eingegangen am 15. Juli 2008, hat das Insolvenzgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt. Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt der Schuldner die Aufhebung der [X.] der Restschuldbefreiung. 2 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 296 Abs. 3 Satz 1 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, § 575 ZPO). Sie hat in der Sache Erfolg. 3 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Der Schuldner habe gegen die Obliegenheit nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 [X.] verstoßen, weil er dem Treuhänder den Anfall des Vermächtnisses nach dem Tod seiner Mutter verheimlicht habe. Er habe selbst eingeräumt, bereits im Jahr 2005 vom Nachlassgericht darüber informiert worden zu sein, dass ihm nach dem Tod seiner Mutter ein [X.] gegen den testamentarisch eingesetzten Erben zustehe. Er habe es jedoch unterlassen, den Treuhänder über den jedenfalls bestehenden Pflichtteilsanspruch zu informieren. Auch nachdem er Kenntnis vom [X.] erlangt habe, habe er es unterlassen, sich zur Geltendmachung dieses [X.] - 4 - [X.] zu erklären. Insoweit liege auch ein Verstoß gegen die Obliegenheit des § 295 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vor, weil der Schuldner seine Gläubiger in der [X.] benachteiligt habe, dass er den werthaltigen [X.] nicht ausübe. 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Nach dem festgestellten Sachverhalt liegen die Voraussetzungen für eine Ver-sagung der Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 1 Satz 1 [X.] weder in [X.] mit § 295 Abs. 1 Nr. 2 [X.] noch mit § 295 Abs. 1 Nr. 3 [X.] vor. 5 a) Der Schuldner hat die Obliegenheit nach § 295 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nicht verletzt. Nach dieser Bestimmung hat der Schuldner während der Laufzeit der Abtretungserklärung Vermögen, das er von Todes wegen erwirbt, zur Hälfte des Wertes an den Treuhänder herauszugeben. Zu dem von Todes wegen erwor-benen Vermögen gehören neben einer Erbschaft auch ein Pflichtteilsanspruch und ein Anspruch aus einem Vermächtnis. Eine Erbschaft und ein Vermächtnis können jedoch ausgeschlagen werden, und von der Geltendmachung eines Pflichtteilsan[X.] kann abgesehen werden. Nach der neueren Rechtspre-chung des [X.]s, die dem Beschwerdegericht noch nicht bekannt sein konnte, stellt der Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteilsan[X.] ebenso wie die Ausschlagung einer Erbschaft oder der Verzicht auf ein Vermächtnis keine Obliegenheitsverletzung dar. Die Entscheidung über die Ausschlagung einer Erbschaft und über die Geltendmachung des Pflichtteils ist höchstpersön-licher Natur. Der persönliche Charakter dieser Entscheidungen ist auch in der Wohlverhaltensperiode zu beachten und darf nicht durch einen mittelbaren Zwang zur Annahme der Erbschaft oder zur Geltendmachung des Pflichtteils unterlaufen werden, der sich ergäbe, wenn man schon die Erbausschlagung selbst oder den Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteils als [X.] - 5 - heitsverletzung im Sinne von § 295 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ansähe ([X.], Beschluss vom 25. Juni 2009 - [X.] ZB 196/08, [X.], 1517 Rn. 13 bis 15). Die Untätig-keit des Schuldners hinsichtlich seines Pflichtteilsan[X.], die einem Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch gleich zu behandeln ist, weil sie noch vor der Ent-scheidung über die Restschuldbefreiung zur Verjährung des An[X.] führte, rechtfertigt deren Versagung deshalb nicht. Bezüglich des Vermächtnisses kann im Ergebnis nichts anderes gelten. Zwar ist der Anspruch des Schuldners aus dem Vermächtnis nicht verjährt, weil noch die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. nach Maßgabe der Überleitungsbestimmung in Art. 229 § 23 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EGBGB gilt. Nach den Feststellungen des [X.] hat der Schuldner das Vermächtnis aber bisher nicht angenommen. Erst mit der [X.] entsteht die Obliegenheit des Schuldners aus § 295 Abs. 1 Nr. 2 [X.], die Hälfte des Werts des Vermächtnisses an den Treuhänder abzuführen. Die dadurch für den Schuldner bestehende Möglich-keit, den [X.] zu umgehen, indem er das Vermächtnis erst nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode annimmt, muss in Kauf genommen werden. Macht der Schuldner den Pflichtteil erst nach diesem Zeitpunkt geltend, tritt diese Folge ebenfalls ein (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Juli 2009 - [X.] ZB 72/09, Z[X.] 2009, 1831 Rn. 10). Die bis zum 31. Dezember 2009 geltenden unterschiedlichen Verjährungsfristen (vgl. § 197 Abs. 1 Nr. 2 a.F.: 30 Jahre für den Anspruch aus dem Vermächtnis, § 2332 a.F.: drei Jahre für den [X.]) rechtfertigen entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdegegne-rin keine unterschiedliche Behandlung. 7 b) Die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen rechtfertigen auch nicht die Versagung der Restschuldbefreiung wegen eines Verstoßes gegen die 8 - 6 - Obliegenheit des Schuldners nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 [X.]. Diese Bestimmung verbietet dem Schuldner unter anderem, während der Laufzeit der [X.] von Nummer 2 erfasstes, also von Todes wegen erworbenes Vermö-gen zu verheimlichen. Der [X.] hat - ebenfalls nach der Entscheidung des [X.] - entschieden, dass der Begriff des Verheimlichens über denjenigen des schlichten Verschweigens hinausgeht. Er bezeichnet ein [X.], durch das von der Abtretung erfasste Bezüge oder von Todes wegen erworbenes Vermögen der Kenntnis des Treuhänders entzogen werden. Ein schlichtes Unterlassen stellt dann ein Verheimlichen dar, wenn eine Rechts-pflicht zum Handeln - zur [X.] also - be-steht ([X.], Beschluss vom 22. Oktober 2009 - [X.] ZB 249/08, [X.], 2324 Rn. 11). Die Pflicht, einen in der Wohlverhaltensperiode eingetretenen Erbfall unaufgefordert schon zu einem Zeitpunkt anzuzeigen, zu dem die Erbschaft oder ein Vermächtnis noch ausgeschlagen werden kann oder noch nicht fest-steht, ob ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht wird, sieht die Insolvenzord-nung nicht vor. Im Übrigen könnte die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 1 Satz 1 [X.] auch deshalb nicht auf die unterlassene Mitteilung eines Erbfalls in diesem Zeitraum gestützt werden, weil die Befriedigung der Gläubiger nicht beeinträchtigt ist, solange der Schuldner die Möglichkeit hat, durch Ausübung der ihm persönlich zustehenden Rechte den Vermögenser-werb rückgängig zu machen (§ 2180 Abs. 3, § 1953 Abs. 1 BGB) oder ihn - im Falle eines Pflichtteilsan[X.] - nicht geltend zu machen. 3. Die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen erfolgt nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte [X.]. Nach letzterem ist die Sache zur Endentscheidung reif. Das [X.] hat deshalb in der Sache selbst zu entscheiden, § 577 Abs. 5 9 - 7 - ZPO. Da der von der Beteiligten zu 1 geltend gemachte Grund eine Versagung der Restschuldbefreiung nicht rechtfertigt, ist ihr Antrag zurückzuweisen. [X.] Fischer

[X.] [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 13.01.2009 - 35 IN 173/02 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 5 T 85/09 -

Meta

IX ZB 168/09

10.03.2011

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2011, Az. IX ZB 168/09 (REWIS RS 2011, 8713)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8713

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