Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2008, Az. II ZR 51/07

II. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4247

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[X.] ZR 51/07 vom 28. April 2008 in dem Rechtsstreit - 2 - [X.] [X.] hat am 28. April 2008 durch [X.], [X.], [X.] und Dr. Drescher gemäß § 544 Abs. 7 ZPO beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] wird das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 12. Februar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an den 23. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Gründe:Das Berufungsgericht hat in vielfältiger Weise Vortrag des [X.] über-gangen und dadurch den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. 1 [X.] 1. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des [X.] hat das Berufungsgericht - zunächst noch zutreffend - erkannt, dass das halb-jährige Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen ohne weiteres eine Zahlungsunfähigkeit indiziert (siehe zuletzt [X.], [X.]. v. 13. Juni 2006 - [X.] 238/05, [X.], 1457 ff. [X.]. 5 f. m.w.Nachw.). Es hat dann aber über-gangen, dass der Kläger mehrfach, nämlich erstinstanzlich auf [X.] und aus-drücklich erneut im Rahmen der Aufstellung der nicht beglichenen Forderungen 2 - 3 - auf [X.] vorgetragen hat, dass jedenfalls gegenüber der [X.]

bereits seit dem 1. Januar 2002 Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt worden sind, was zusätzlich durch den ebenfalls in Bezug genommenen Strafbefehl (Anlage K 4 Seite 6) belegt wird. Hätte das Berufungsgericht diesen Vortrag berücksichtigt, ist nicht ausgeschlossen, dass es die Zahlungsunfähigkeit der GmbH im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Kläger (Juli 2002) bereits aufgrund dieser Tatsache angenommen hätte. 2. Ebenfalls in entscheidungserheblicher Weise hat das Berufungsgericht den Vortrag des [X.] im Zusammenhang mit dem Pfändungs- und Überwei-sungsbeschluss in Höhe von 511.291,88 • übergangen. 3 Zwar unterstellt es im Rahmen der Prüfung der Überschuldung das [X.] dieser Forderung, so dass von einem vollständigen Nichtzurkenntnis-nehmen des Vortrags nicht gesprochen werden kann. Ein Verstoß gegen Art. 103 GG liegt aber auch dann vor, wenn das Berufungsgericht [X.] zwar nicht völlig außer [X.] lässt, ihn jedoch in einer Weise abtut, die deutlich macht, dass es [X.] dieses Vortrags zu einer zentralen [X.] nicht richtig erfasst und nicht ausreichend berücksichtigt hat ([X.], [X.], 1762, 1763 m.w.Nachw.). 4 So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hätte das Bestehen dieser Forderung - auch - bei der Prüfung der Zahlungseinstellung berücksichtigen müssen. Die Nichtzahlung gegenüber einem einzigen Gläubiger kann bereits ausreichen, wenn diese Forderung von insgesamt nicht unerheblicher Höhe ist ([X.]Z 149, 178, 184 f. m.w.Nachw.). Angesichts des vom [X.] behaupte-ten [X.] in Höhe von ca. 240.000,00 • ist bei Berücksichtigung ei-ner Forderung in Höhe von über 500.000,00 • nicht ausgeschlossen, dass das 5 - 4 - Berufungsgericht - auch - aufgrund dieser Tatsache die Zahlungseinstellung festgestellt hätte. 6 3. Zu Unrecht und unter Verstoß gegen Art. 103 GG hat das Berufungs-gericht ferner den Vortrag des [X.] zu den (Grunderwerbs-) Steuerrückständen, die ebenfalls ein Indiz für die Zahlungseinstellung sein konnten, nicht zur Kenntnis genommen, indem es diesen zu Unrecht als un-substantiiert abgetan hat. Dass diese Steuer im April 2002 rückständig war, ist hinreichend dadurch dargetan, dass dieser Vorwurf Gegenstand des Strafbe-fehls war, dessen Berechtigung der Beklagte insoweit nicht angegriffen hat. Gegen diesen substantiierten Vortrag konnte sich der Beklagte, anders als das Berufungsgericht meint, nicht, jedenfalls nicht in erheblicher Weise mit dem bloßen Hinweis verteidigen, der Kaufvertrag sei rückabgewickelt worden. 4. Im Zusammenhang mit dem Vortrag des [X.] zu Gehaltsrückstän-den der GmbH gegenüber ihren Mitarbeitern, die ebenfalls Indizwirkung für eine Zahlungseinstellung haben, hat das Berufungsgericht weiteren entscheidungs-erheblichen Vortrag unter Verstoß gegen Art. 103 GG übergangen. Der Kläger hat nämlich nicht lediglich Gehaltsrückstände gegenüber dem Arbeitnehmer [X.]vorgetragen, den das Berufungsgericht berücksichtigt hat, sondern so-wohl erst- als auch zweitinstanzlich ([X.], 106) darauf hingewiesen, dass in den Monaten Mai, Juni und Juli 2002 weiteren Arbeitnehmern die Gehälter nicht gezahlt worden sind. 7 I[X.] Im Zusammenhang mit der Behauptung des [X.], die GmbH sei im Zeitpunkt des Vertragsschlusses überschuldet im Sinne des § 19 Abs. 2 [X.] gewesen, hat das Berufungsgericht ebenfalls Vortrag des [X.] unter Verstoß gegen Art. 103 GG übergangen. Es hat insoweit lediglich den Vortrag zu der Forderung gegen die GmbH aus dem notariellen Kaufvertrag zur [X.] - 5 - nis genommen und gemeint, selbst unter deren Berücksichtigung sei die Bilanz 2001 nicht falsch. Den weiteren Vortrag des [X.], die Forderung gegen die Firma [X.]

in Höhe von 1,3 Mio. • sei nicht realisierbar gewesen mit der Folge, dass sie in der Bilanz nicht habe aktiviert werden dürfen, hat es hin-gegen übergangen. Die dadurch bedingte Verkürzung der Bilanzsumme zu-sammen mit der - vom Berufungsgericht gesehenen - Passivierungspflicht hin-sichtlich der Kaufpreisforderung hätte bereits Ende 2001 zu einer rechnerischen Überschuldung der GmbH geführt. Auch das Übergehen dieses Vortrags ist entscheidungserheblich. Die nach dem Vortrag des [X.] unrichtige Jahresbi-lanz ist ein Indiz dafür, dass in dem entsprechenden Zeitpunkt die Gesellschaft auch im insolvenzrechtlichen Sinn überschuldet war. Gegengründe für die [X.] anzunehmende Insolvenzreife sind bisher weder vorgetragen noch fest-gestellt worden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist angesichts der Kürze der Zeitspanne zwischen dem Bilanzstichtag (Ende 2001) und dem [X.] (Juli 2002) grundsätzlich davon auszugehen, (siehe nur [X.].Urt. v. 12. März 2007 - [X.], [X.], 1060 ff. [X.]. 15 m.w.Nachw.), dass die Gesellschaft auch bei Vertragsschluss noch insolvenzreif war, sofern dieser Zustand bereits Ende 2001 bestanden [X.] - 9 II[X.] Der [X.]at hat bei der Zurückverweisung von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht. [X.][X.][X.]

[X.]

Drescher Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.03.2006 - 30 O 429/05 - [X.], Entscheidung vom 12.02.2007 - 10 U 79/06 -

Meta

II ZR 51/07

28.04.2008

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2008, Az. II ZR 51/07 (REWIS RS 2008, 4247)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4247

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