Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2004, Az. XII ZR 277/02

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2840

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]77/02 Verkündet am: 9. Juni 2004 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB §§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 Satz 1, 1581 Satz 2 a) Werden die ehelichen Lebensverhältnisse nicht nur durch Geldeinnahmen, son-dern auch durch Sachentnahmen oder andere vermögenswerte Vorteile (hier: Produkte aus dem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb) bestimmt, so rechtfertigt allein dieser Umstand keine konkrete Ermittlung des [X.]. Vielmehr sind diese anderen Vorteile - ggf. im Wege der Schätzung - zu bewerten und in die Einkommensberechnung einzustellen. Im absoluten Mangelfall kann auch auf Mindestbedarfsbeträge zurückgegriffen werden (im Anschluß an [X.]surteil vom 22. Januar 2003 - [X.]/00 - FamRZ 2003, 363, 365 f.). b) Zur Obliegenheit, den Vermögensstamm für den Trennungsunterhalt zu verwer-ten. [X.], Urteil vom 9. Juni 2004 - [X.]77/02 - [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 9. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die Richter [X.], Prof. Dr. [X.], Dr. Vézina und Dose für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats - zugleich Familiensenat - des [X.], [X.] in [X.], vom 8. Oktober 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlan-desgericht zurückverwiesen. Wert: 6.697 • Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin verlangt vom Beklagten für die [X.] von Januar 1999 bis 19. Juli 2002 Unterhalt wegen [X.]. Die 1979 geschlossene Ehe der Parteien, aus der drei Kinder (geb. 1980, 1981 und 1985) hervorgegangen sind, ist seit dem 19. Juli 2002 rechts-kräftig geschieden. Die Parteien lebten spätestens seit Ende 1998 getrennt. Der Beklagte ist Landwirt. Er betreibt auf seinem Hof, dessen Bilanzwert 1,6 Mio. DM beträgt und der eine landwirtschaftlich genutzte Fläche von rund - 3 - 30 ha sowie 15 ha Wald umfaßt, Ackerbau und Viehwirtschaft; er bewohnt den Hof zusammen mit den drei - nach der Trennung bei ihm verbliebenen - Kindern sowie mit seiner Mutter, der ein Leibgeding zusteht. Die Klägerin, die während der Ehe unentgeltlich auf dem Hof mitgearbei-tet hat, bezieht seit dem 1. Mai 2000 eine Erwerbsunfähigkeitsrente von monat-lich 1.200 DM. Der Beklagte zahlte an die Klägerin bis einschließlich März 2002 monatlich 500 DM Unterhalt. Die Klägerin hat in erster Instanz ab 1. Januar 1999 einen darüber hinausgehenden monatlichen Unterhalt von 1.000 [X.]. Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die [X.] von Januar 1999 bis einschließlich April 2000 Unterhalt in Höhe von (1.300 DM - 500 DM = 800 DM x 16 Monate = 12.800 DM =) 6.544,54 • nebst Zinsen zu zahlen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das [X.] zurückgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihrer weitergehenden Klage hat das [X.] den Beklagen verurteilt, an die Klägerin - über den ihr vom Amtsgericht zuerkannten Betrag hinaus - für die [X.] von Mai 2000 bis 19. Juli 2002 Unterhalt in Höhe von (600 DM x 26 Monate = 15.600 DM + [19/31 von 600 =] 367,74 DM = 15.968 [X.] gelei-steter [500 DM x 23 Monate =] 11.500 DM = 4.468 DM =) 2.284,45 • zu zahlen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klagabweisungsbe-gehren weiter.

- 4 - Entscheidungsgründe: Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 1. Nach Auffassung des [X.]s kann die Klägerin vom [X.] Trennungsunterhalt gemäß § 1361 Abs. 1 BGB beanspruchen. Das [X.] geht dabei - unter Bezugnahme auf ein vom Amtsgericht eingeholtes neuropsychiatrisches Sachverständigengutachten - davon aus, daß die Klägerin ihren Unterhaltsbedarf, soweit er nicht bereits durch ihre Erwerbs-unfähigkeitsrente gedeckt wird, nicht durch eigene Erwerbstätigkeit befriedigen kann. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision (§ 286 ZPO) dringen nicht durch. Der Sachverständige hat anhand eigener [X.] und der Auswertung früherer Fremdbefunde dargelegt, daß die Klägerin, die sich bereits seit 1992 in - zeitweilig auch stationärer - nervenärztlicher [X.] befindet, an einem Residualsyndrom bei chronisch verlaufender Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis leide und von einer insgesamt ungünsti-gen Prognose auszugehen sei. Die daraus gezogene Folgerung, daß die [X.] der Klägerin aufgrund dieser Gesundheitsstörung stark beein-trächtigt und die Klägerin deshalb nicht mehr in der Lage sei, "Arbeiten von wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt" zu verrichten, ist nachvollziehbar. Die tatrichterliche Würdigung, die auch den vom Gutachter wiedergegebenen physischen Zustand der Klägerin sowie deren erheblich be-einträchtigte Fähigkeit zur Erfassung komplexerer Sachverhalte einbezieht, ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. 2. Der Unterhaltsbedarf der Klägerin kann nach Auffassung des [X.] nicht aus dem verfügbaren ehelichen Einkommen errechnet wer-den. Das vom Beklagten erwirtschaftete verfügbare Einkommen, das sich auf - 5 - der Grundlage eines vom Amtsgericht eingeholten Gutachtens unter Berück-sichtigung des Leibgedings mit monatlich höchstens 1.220 DM beziffern lasse, reiche nämlich nicht aus, um den Beklagten unter Berücksichtigung seines not-wendigen Selbstbehalts zu Unterhaltsleistungen an die Klägerin zu verpflichten. Da nach der Rechtsprechung des [X.] für die Bemessung des [X.] auch keine Mindestbedarfssätze herangezogen werden dürf-ten, sei der Unterhaltsbedarf der Klägerin konkret zu ermitteln. Dies rechtfertige sich aus dem Umstand, daß im Bereich der Landwirtschaft - abweichend vom Regelfall, in dem der gesamte Lebensbedarf einer Familie aus dem Er-werbseinkommen gedeckt werde - auch nicht monetarisierte Eigenleistungen und Eigenprodukte für den Lebensbedarf verwendet würden. Die Notwendigkeit einer konkreten Ermittlung des [X.] sei bei sehr guten Einkom-mensverhältnissen anerkannt. Für Fälle, in denen - wie hier - die tatsächlichen Einkommensverhältnisse eine zu dürftige Lebensführung unter den das [X.] sichernden Selbstbehaltsgrenzen erlaubten, könne nichts [X.] gelten. Die Klägerin könne nach § 1361 Abs. 1 BGB Unterhalt nicht nur nach den Erwerbs-, sondern ausdrücklich auch nach den Vermögensverhältnis-sen verlangen; würde nur die Ertragslage des landwirtschaftlichen Anwesens des Beklagten berücksichtigt, blieben entgegen § 1361 Abs. 1 BGB die Vermö-gensverhältnisse des Beklagten bei der [X.] außer Betracht. Bei der somit gebotenen konkreten Ermittlung ergebe sich für die Klägerin ein Unterhaltsbedarf von 1.800 DM, der sich aus 900 DM Warmmiete, 350 DM Ta-schengeld und 550 DM Lebenshaltung (Lebensmittel, Fernsehen, Kleidung) zusammensetze und den die Klägerin seit dem 1. Mai 2000 mittels der ihr ab diesem [X.]punkt gewährten Rente (nur) in Höhe von 1.200 DM selbst decken könne. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Bemessung des [X.] obliegt zwar der tatrichterlichen Würdigung - 6 - im Einzelfall. Das Revisionsgericht hat jedoch zu prüfen, ob der Tatrichter bei seiner Beurteilung von zutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist. Das ist hier nicht der Fall: a) Der Unterhaltsbedarf bestimmt sich nach den ehelichen Lebensver-hältnissen (§ 1361 Abs. 1 BGB); diese bemessen sich ihrerseits grundsätzlich nach dem bereinigten Nettoeinkommen der Parteien. Soweit die Einkünfte der Parteien nicht nur durch Geldeinnahmen, sondern auch durch Sachentnahmen oder andere vermögenswerte Vorteile (z.B. Wohnwert) bestimmt werden, sind diese bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens [X.] erhöhend zu berücksichtigen. Geht man mit dem [X.] da-von aus, daß im Bereich der Landwirtschaft Eigenprodukte für den [X.] verwandt werden, und haben solche Produkte auch die ehelichen Einkom-mensverhältnisse der Parteien mit geprägt, so sind diese grundsätzlich mit ih-rem Geldwert zu veranschlagen und in die Einkommensberechnung einzustel-len. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, daß eine solche - ggf. im Wege der Schätzung (§ 287 ZPO) vorzunehmende - Bewertung hier nicht möglich oder nicht sachgerecht wäre. b) Entgegen der Auffassung des [X.]s ist die von ihm vor-genommene einkommensunabhängige Bedarfsermittlung nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil auch für den Fall der Ermittlung des [X.] bei sehr guten Einkommensverhältnissen eine konkrete [X.] aner-kannt ist. Zwar ist der Tatrichter nicht gehindert, den eheangemessenen Bedarf konkret zu ermitteln ([X.]surteil vom 1. April 1987 - [X.] - FamRZ 1987, 691, 693). Dies wird sich aber in der Regel nur bei Einkommen empfeh-len, deren Höhe die Annahme nahelegt, daß während der Ehe nicht das ge-samte Einkommen zur Bedarfsdeckung eingesetzt worden ist, sondern Teile des Einkommens auch zur Vermögensbildung verwandt worden sind. Eine [X.] 7 - che Bedarfsberechnung dient in diesen Fällen dazu, die nicht unterhaltsrelevan-ten, weil zur Vermögensbildung verwandten Einkommensteile von den unter-haltsrechtlich bedeutsamen Teilen zu sondern. Der vorliegende Fall ist indes anders gelagert, weil die Parteien nicht über Einkommen verfügen, das sie [X.] Vermögensbildung zuführen könnten. Die konkrete [X.] darf nicht dazu führen, einen Bedarf anzunehmen, der in den tatsächlichen Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen keinen Niederschlag gefunden hat. Das aber wäre der Fall, wenn der Unterhaltsbedarf - wie im angefochtenen Ur-teil geschehen - losgelöst von den nur eine dürftige Lebensführung erlaubenden Einkommensverhältnissen der Ehegatten ermittelt würde. [X.] der Ehegatten allein rechtfertigen eine solche einkommensunabhängige Bedarfs-ermittlung jedenfalls dann nicht, wenn diese [X.] - wie hier der Hof des Beklagten - die wirtschaftliche Grundlage für das Familieneinkommen ab-gaben und deshalb auch schon während der Ehe bei vernünftiger ökonomi-scher Betrachtung zur Deckung des Lebensbedarfs der Ehegatten nicht zur Verfügung standen. c) Entgegen der Auffassung des [X.]s ist es dem Tatrich-ter auch nicht generell verwehrt, im Rahmen der [X.] auf [X.] zurückzugreifen. Wie der [X.] - nach Erlaß des angefoch-tenen Urteils - entschieden hat, ist es sachgerecht, für die Bemessung des [X.] im absoluten Mangelfall für den unterhaltsberechtigten Ehegat-ten den seiner jeweiligen Lebenssituation entsprechenden Eigenbedarf ([X.]) als Einsatzbetrag in die Mangelverteilung einzustellen ([X.]s-urteil vom 22. Januar 2003 - [X.]/00 - FamRZ 2003, 363, 365 f.; anders noch [X.]surteile vom 16. April 1997 aaO und vom 15. November 1995 - [X.]31/94 - FamRZ 1996, 345, 346 f.). Im Ergebnis wird damit für die Mangelfallberechnung an die Überlegung angeknüpft, daß der Bedarf einer Familie bei bestehender Lebens- und Unterhaltsgemeinschaft aus den zur Ver-- 8 - fügung stehenden Mitteln bestritten worden ist und ein vorliegender Mangel deshalb von allen Familienmitgliedern getragen worden ist. Die Familie mußte mit den vorhandenen Mitteln auskommen und hat das - erforderlichenfalls unter Hinnahme von Einschränkungen - auch ermöglicht, so daß regelmäßig das [X.] gewahrt gewesen sein dürfte. In welcher Höhe der so angesetz-te Bedarf befriedigt werden kann, ist eine - von den vorhandenen Mitteln und den weiteren Unterhaltspflichten abhängige - andere Frage ([X.]surteil vom 22. Januar 2003 aaO). Unter Zugrundelegung dieser - geänderten - Rechtsprechung ist deshalb der Frage nachzugehen, ob hier die Voraussetzungen eines absoluten Mangel-falles vorlagen. Diese Möglichkeit erscheint naheliegend, da die drei Kinder der Parteien nach den vom [X.] in Bezug genommenen Feststellun-gen des Familiengerichts in dem geltend gemachten Unterhaltszeitraum beim Vater lebten und zum Teil minderjährig waren oder das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und sich noch in der allgemeinen Schulausbildung befan-den ([X.] geb. 14. Juli 1980, Schulausbildung; [X.] geb. 23. September 1981; [X.] geb. 24. Mai 1985, Realschule). Ergibt sich das Vorliegen eines Mangelfalles, ist für den Unterhaltsbedarf der Klägerin auf die [X.] zurückzugreifen; einer konkreten Bedarfsermittlung bedarf es dann schon aus diesem Grunde nicht. 3. Die angefochtene Entscheidung kann danach keinen Bestand haben. Der [X.] vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Die Sache ist vielmehr an das [X.] zurückzuverweisen, damit dieses die ge-botenen Feststellungen zur Bedarfsermittlung nachholt. 4. Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf folgendes hin: - 9 - a) Das [X.] hat den Beklagten für ausreichend leistungs-fähig erachtet, um den der Klägerin zuerkannten Unterhalt zu zahlen. Zwar reichten die Einkommensverhältnisse des Beklagten nicht aus, um seinen Selbstbehalt zu wahren. Den Beklagten treffe jedoch bereits während des [X.] die Obliegenheit, den Unterhalt aus der Substanz seines Vermö-gens zu leisten. Ein Zugriff auf den Stamm seines Vermögens sei angesichts der Mittellosigkeit der Klägerin und der wirtschaftlichen Lage des Beklagten, dessen Hof einen Bilanzwert von 1,6 Mio. DM ausweise, nicht unbillig, zumal den Beklagten angesichts der langjährigen Ehe, aus der drei Kinder hervorge-gangen seien, eine erhöhte Mitverantwortung treffe. Auch Gründe der Wirt-schaftlichkeit ließen eine solche Vermögensverwertung für den überschaubaren [X.]raum bis zur Rechtskraft der Scheidung nicht unzumutbar erscheinen. [X.] Erwägungen sind nicht frei von Bedenken. Für die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit ein auf Trennungsunter-halt in Anspruch genommener Ehegatte, der den Unterhalt aus seinen Einkünf-ten nicht oder nicht voll aufbringen kann, sich wegen verwertbaren Vermögens als leistungsfähig behandeln lassen muß, bietet, wie der [X.] dargelegt hat, § 1581 Satz 2 BGB einen Anhalt ([X.]surteil vom 15. Januar 1986 - [X.] - FamRZ 1986, 556, 557). Nach dieser Vorschrift, die den nachehelichen Unterhalt regelt, braucht der Verpflichtete den Stamm seines Vermögens nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichti-gung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Bei der [X.] nach § 1361 BGB sind allerdings die Besonderheiten zu berücksichtigen, die das Verhältnis der Ehegatten zueinander während des [X.] im Verhältnis zu demjeni-gen nach der Scheidung kennzeichnen. Einerseits tragen die Ehegatten [X.] der Ehe füreinander mehr Verantwortung als nach der Scheidung (Se-natsurteile aaO und vom 16. Januar 1985 - [X.] - FamRZ 1985, 360, - 10 - 361). Andererseits legt die besondere Verbundenheit, von der das Verhältnis der Ehegatten geprägt wird, auch dem Unterhaltsberechtigten während des [X.] ein höheres Maß an Rücksichtnahme auf die Interessen des [X.] auf als nach der Scheidung. Diese Pflicht kann einem der Vermö-gensverwertung entgegenstehenden Interesse des Verpflichteten überwiegen-des Gewicht verleihen und dazu führen, daß dem Verpflichteten die Verwertung seines Vermögens nicht zugemutet werden kann, während er es nach der Scheidung für den Unterhalt des anderen einsetzen müßte ([X.]surteile vom 15. Januar 1986 aaO; vgl. zum ganzen auch [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl., § 1 [X.]. 410 ff.). Bei Heranziehung dieser Grundsätze ist schon nicht ersichtlich, welche Gründe es im vorliegenden Fall rechtfertigen könnten, dem Beklagten für die [X.] des [X.] eine Obliegenheit zur Verwertung von [X.] aufzuerlegen, wenn ihm eine solche Vermögensverwertung für die [X.] nach Rechtskraft der Scheidung, folgt man dem [X.], offenbar nicht mehr angesonnen werden soll. Der Umstand, daß sich die Dauer des Getrennt-lebens im Nachhinein als ein überschaubarer [X.]raum darstellt, vermag für sich genommen eine solche Differenzierung jedenfalls nicht zu begründen. [X.] wird sich die gebotene Prüfung, ob die Verwertung von Vermögensteilen unbillig erscheint, zumindest in einem Fall wie dem vorliegenden nicht auf einen Wertvergleich der beiderseitigen Vermögen beschränken können. Vielmehr wird die Besonderheit zu berücksichtigen sein, daß der Hof als der maßgebende Vermögensbestandteil - wie schon in der Ehe - auch künftig die wirtschaftliche Grundlage der Einkünfte des Beklagten darstellt, die er als Lebens- und Er-werbsgrundlage für sich, für die gemeinsamen und jedenfalls zum Teil noch unterhaltsberechtigten Kinder der Parteien und für seine leibgedingberechtigte Mutter erhalten muß. Die langjährige Ehedauer ändert an dieser Notwendigkeit nichts, zumal die drei aus der Ehe hervorgegangenen Kinder, auf die das [X.] 11 - [X.] besonders abhebt, sämtlich auf dem Hof des Beklagten leben. Schließlich betont das [X.] selbst zu Recht, daß dem Einsatz des Vermögens aus Gründen der Wirtschaftlichkeit Grenzen gesetzt sind. Diese Grenzen würden, wie das [X.] nicht verkennt, überschritten, wenn dem Beklagten, dem die Aufnahme anderer Erwerbsmöglichkeiten nicht möglich oder jedenfalls nicht zumutbar ist, die wirtschaftlichen Grundlagen s[X.] Erwerbstätigkeit entzogen würden. Dafür, daß diese Gefahr nicht bestünde, wenn der Beklagte, wie das [X.] zur Erwägung stellt, seinen Waldbestand durch Holzverkauf versilberte oder Kapitalrücklagen auflöste, fehl-ten die tatsächlichen Grundlagen. Das [X.] hat nämlich nicht festgestellt, ob, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Gewinnaus-sichten dem Beklagten ein Abholzen seines Forstbestandes derzeit zumutbar ist. Es hat auch keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob dem Beklagten noch Kapitalrücklagen zur Verfügung stehen, die für den Unterhalt der Klägerin verwendet werden könnten. Die im Sachverständigengutachten für die Jahre 1995 bis 1997 ausgewiesenen Zinserträge des Beklagten, die das [X.] hierzu anführt, besagen nichts darüber, ob die diesen Erträgnissen zugrundeliegenden Mittel noch vorhanden und ohne Schaden für den Hof [X.] sind. b) Nach Auffassung des [X.]s hat die Klägerin ihren Un-terhaltsanspruch nicht verwirkt. Zwar habe die Klägerin die von ihr seit Mai 2000 bezogene Rente erst in der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 2002 offengelegt. Dieses Verhalten könne zwar grundsätzlich als versuchter Prozeßbetrug den Unterhaltsanspruch der Klägerin nach § 1361 Abs. 3, § 1579 Nr. 2 BGB beschränken. Der - für die Voraussetzungen dieser Vorschrift darle-gungspflichtige - Beklagte habe jedoch nicht vorgetragen, daß die Klägerin die - 12 - Rentenbescheide vorsätzlich nicht vorgelegt habe, um den Beklagten zu schä-digen. Die Zurückverweisung gibt dem Beklagten Gelegenheit, seinen Vortrag hierzu zu ergänzen. Hahne [X.] [X.] [X.]Dose

Meta

XII ZR 277/02

09.06.2004

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2004, Az. XII ZR 277/02 (REWIS RS 2004, 2840)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2840

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