Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.02.2023, Az. VII B 204/21

7. Senat | REWIS RS 2023, 1153

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Gegenstand

Überführung sichergestellter Alkoholerzeugnisse in das Eigentum des Bundes


Leitsatz

1. NV: Bei der Sicherstellung verbrauchsteuerpflichtiger Waren (im Streitfall Alkoholerzeugnisse) nach § 34 Abs. 1 Nr. 4 AlkStG i.V.m. § 215 Abs. 1 Satz 2 AO analog und deren Überführung in das Eigentum des Bundes nach § 34 Abs. 2 AlkStG i.V.m. § 216 Abs. 1 Satz 1 AO analog handelt es sich um zwei selbständige Verwaltungsakte, die jeweils mit dem Einspruch angefochten werden können.

2. NV: Im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen die Überführung verbrauchsteuerpflichtiger Waren in das Eigentum des Bundes kann die Rechtswidrigkeit der zuvor erfolgten Sicherstellung nicht geltend gemacht werden.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 28.10.2021 - 14 K 2488/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betreibt eine Destillerie in [X.] Die [X.] Verwertungsgesellschaft hatte auf dem Gelände des [X.] eine Sammelstelle eingerichtet, an welcher der Kläger für verschiedene Brennereibetriebe Branntwein sammelte.

2

Am 19.01.2017 stellte das Zollfahndungsamt [X.] beim Kläger drei IBC Container mit insgesamt [X.] l Alkoholerzeugnis als Beweismittel in einem Ermittlungsverfahren sicher. Der ermittelnde Beamte hatte damals festgestellt, dass die vorgefundene Menge an Alkohol die vom Kläger abzuliefernde Menge überschritt.

3

Am 14.12.2017 verfügte die Staatsanwaltschaft [X.], dass der sichergestellte Alkohol nicht als Beweismittel benötigt und dem Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --[X.]--) zur Sicherstellung im Aufsichtsweg zur Verfügung gestellt werde.

4

Mit Bescheid vom 04.04.2018 überführte das [X.] die am selben Tag sichergestellten [X.] gemäß § 216 der Abgabenordnung ([X.]) in das Eigentum des [X.]. Eine Durchschrift des [X.] wurde dem Kläger ausgehändigt und der Bescheid dem Kläger am 13.04.2018 persönlich übergeben.

5

Am 03.05.2018 ging ein Schreiben des Bevollmächtigten des [X.] beim [X.] ein, mit dem dieser u.a. Einspruch gegen den Bescheid vom 04.04.2018 wegen der Überführung von sichergestelltem Alkohol in das Eigentum des [X.] einlegte. Nachdem das [X.] bemerkt hatte, dass es dem [X.] eine unvollständige Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt hatte, holte es die Rechtsbehelfsbelehrung mit Schreiben vom 14.05.2018 nach.

6

Mit Einspruchsentscheidung vom 06.08.2018 wies das [X.] den Einspruch des [X.] zurück, weil es der Auffassung war, dass der Bescheid über die Sicherstellung des [X.] bestandskräftig geworden sei.

7

Das Finanzgericht ([X.]) urteilte, Gegenstand der Klage sei allein die auf § 34 Abs. 2 des [X.] ([X.]) gestützte Anordnung vom 04.04.2018, die [X.] in das Eigentum des [X.] zu überführen. Die Klageschrift könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass neben der Überführungsanordnung auch die Sicherstellungsverfügung vom selben Tag angefochten worden sei. Die Überführungsanordnung stelle neben der Sicherstellung einen eigenständigen Verwaltungsakt dar und sei vorliegend rechtmäßig. Ob die Sicherstellung ebenfalls rechtmäßig sei, könne im Streitfall nicht überprüft werden, weil diese mangels eines eingelegten Rechtsbehelfs formell bestandskräftig geworden sei. Auch wenn im Einspruchsschreiben vom 03.05.2018 im Betreff neben der Überführungsanordnung auch das [X.] vom 04.04.2018 aufgeführt sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger beide Verwaltungsakte habe anfechten wollen. Der Fehler in der Rechtsbehelfsbelehrung sei nachträglich geheilt worden und die Einspruchsfrist davon ausgehend am 18.06.2018 abgelaufen, sodass die mit Schreiben vom 24.07.2018 vorgebrachten Einwendungen gegen die Sicherstellungsverfügung verspätet gewesen seien. Ein Härtefall liege nicht vor. Schließlich komme im Streitfall weder eine Aussetzung des Verfahrens noch eine Vertagung der Verhandlung in Betracht.

8

Seine Nichtzulassungsbeschwerde begründet der Kläger mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Es sei zu klären, ob im Rechtsschutzverfahren gegen die Anordnung der Überführung einer Sache in das Eigentum des [X.] auch die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Sicherstellung geprüft werden könne. Diese Frage sei höchstrichterlich noch nicht geklärt.

9

Weiterhin sei die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O), weil das [X.] von den Rechtsprechungsgrundsätzen des [X.]verfassungsgerichts ([X.]) in seinem Urteil vom 17.12.2013 - 1 BvR 3139/08, 1 BvR 3386/08 ([X.]E 134, 242) abgewichen sei. Demnach hätten von einer Enteignung Betroffene einen Anspruch darauf, dass durch ein Gericht geprüft und entschieden werde, ob die gesetzlichen Voraussetzungen einer Enteignung in ihrem Fall vorlägen. Die Überprüfung müsse den Anforderungen an eine effektive gerichtliche Kontrolle i.S. von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) genügen. Der Rechtsschutz dürfe nicht durch die Ausgestaltung des zur Enteignung führenden Verwaltungsverfahrens unmöglich gemacht, unzumutbar erschwert oder faktisch entwertet werden. Davon abweichend sei das [X.] davon ausgegangen, dass auch bei Vorliegen einer rechtswidrigen Sicherstellung und Unterbleiben einer Prüfung der Sicherstellung durch das [X.] noch ein hinreichend effektiver Rechtsschutz gewährleistet sei.

Außerdem seien dem [X.] Verfahrensfehler unterlaufen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O), weil es den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und die Akten der Staatsanwaltschaft [X.] nicht beigezogen habe. Zudem sei der Anspruch des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 [X.]O) verletzt worden. Das [X.] hätte die mündliche Verhandlung vertagen müssen und habe seinen Klageantrag fehlerhaft ausgelegt.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist unbegründet, weil die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe (§ 115 Abs. 2 [X.]O) nicht vorliegen.

1. Die Frage, ob im Rechtsschutzverfahren gegen die Anordnung der Überführung einer Sache in das Eigentum des [X.] auch die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Sicherstellung geprüft werden kann, ist nicht klärungsbedürftig, sondern so zu beantworten, wie das [X.] es getan hat.

Bei der Sicherstellung verbrauchsteuerpflichtiger Waren nach § 34 Abs. 1 Nr. 4 [X.]. § 215 Abs. 1 Satz 2 [X.] analog und deren Überführung in das Eigentum des [X.] nach § 34 Abs. 2 [X.]. § 216 Abs. 1 Satz 1 [X.] analog handelt es sich um zwei selbständige Verwaltungsakte, die jeweils mit dem Einspruch (§ 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]) angefochten werden können.

Dies ergibt sich aus der separaten Regelung dieser beiden Maßnahmen und wird bestätigt durch die bisherige Senatsrechtsprechung, die diese beiden Verwaltungsakte getrennt behandelt (Senatsbeschluss vom 08.09.2011 - VII R 59/10, [X.], 571, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2012, 26), sowie durch die einhellige Meinung in der Literatur. Somit kann im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen die Überführung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren in das Eigentum des [X.] nicht geltend gemacht werden, dass die Sicherstellung nach § 215 [X.] rechtswidrig sei (vgl. [X.]/[X.] in [X.], [X.] § 216 Rz 29; [X.] in Tipke/[X.], § 216 [X.] Rz 5; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 216 [X.] Rz 27; [X.] in [X.]/[X.], [X.] Steuerrecht, Stand [133. Lfg. 08.2022] § 216 [X.] Rz 7; [X.]/Rüsken, [X.], 16. Aufl., § 216 Rz 2; Wöhner in [X.]/[X.], [X.]/[X.]O, § 216 [X.] Rz 19).

Mit dem bloßen Hinweis, die Rechtsfrage sei noch nicht höchstrichterlich geklärt, ohne nähere Darlegung des Interesses der Allgemeinheit an einer entsprechenden Klärung, kann der Kläger die Zulassung der Revision nicht erreichen. Denn allein der Vortrag, eine bestimmte Rechtsfrage sei vom [X.]finanzhof ([X.]) noch nicht entschieden worden, entspricht nicht den Begründungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O ([X.]-Beschluss vom 13.03.2019 - XI B 97/18, [X.]/NV 2019, 711, Rz 8).

2. Eine Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O liegt ebenfalls nicht vor.

a) Das [X.] ist nicht vom [X.]-Urteil in [X.] 134, 242, Rz 190 f. abgewichen, mit dem das [X.] zur Frage der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes entschieden hat, dass der von einer Enteignung Betroffene Anspruch auf eine effektive gerichtliche Kontrolle der enteignenden Maßnahme hat.

Mit seiner Auffassung, dass im Rahmen des Rechtsmittels gegen die Überführung von Branntwein in das Eigentum des [X.] die Rechtmäßigkeit der Sicherstellung nicht zu prüfen ist und dadurch der Rechtsschutz des Betroffenen nicht unzulässig beeinträchtigt ist (Seite 12 der Vorentscheidung), ist das [X.] nicht von der genannten Entscheidung des [X.] abgewichen. Das [X.] hat keinen abstrakten Rechtssatz dahingehend aufgestellt, dass gegen die Sicherstellung überhaupt kein oder jedenfalls kein effektiver Rechtsschutz gegeben ist. Vielmehr weist das [X.] auf den Seiten 8 und 13 ausdrücklich darauf hin, dass die Sicherstellung und die Überführung in das Eigentum des [X.] zwei selbständige Verwaltungsakte sind, die jeweils gesondert anzufechten sind, aber auch angefochten und dadurch einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden können. Es hat damit die grundsätzliche Anfechtbarkeit der Sicherstellungsanordnung ausdrücklich bejaht. Legt der Betroffene gegen einen Verwaltungsakt kein Rechtsmittel ein, ist dies ein Fall individuellen Rechtsmittelverzichts und führt nicht zu einer grundsätzlichen Beschränkung des Rechts auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes durch das [X.].

b) Eine eventuelle Divergenz der Vorentscheidung zu der Senatsentscheidung vom 24.01.1978 - VII R 118/74 ([X.]E 124, 153, [X.] 1978, 228) hat der Kläger nicht geltend gemacht.

In dieser Entscheidung führte der Senat --ausgehend von den damals geltenden gesetzlichen Vorgaben in § 51c Abs. 2 i.d.[X.]. 1 Nr. 3 und 4 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 05.04.1965 ([X.] 1965, 224)-- aus, dass vor dem Erlass der Verfügung über den Übergang der sichergestellten Gegenstände in das Eigentum des [X.] das [X.] nochmals zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen für die Sicherstellung gegeben sind. Ob sich aus dieser Entscheidung trotz der mittlerweile geltenden abweichenden Regelung in § 216 [X.] noch Auswirkungen auf den Streitfall ergeben könnten, kann jedoch dahinstehen.

3. Die vom Kläger behaupteten Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O) liegen nicht vor oder können nicht mehr geltend gemacht werden.

a) Das [X.] hat seine Aufklärungspflicht i.S. von § 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O nicht dadurch verletzt, dass es die bei der Staatsanwaltschaft … geführten Strafakten nicht beigezogen hat.

Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O hat das [X.] den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und gemäß § 81 Abs. 1 [X.]O die erforderlichen Beweise zu erheben. Allerdings ist der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift, auf deren Einhaltung die Beteiligten --ausdrücklich oder durch Unterlassung einer Rüge-- verzichten können (§ 155 [X.]O i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Das Unterlassen der rechtzeitigen Rüge hat den endgültigen [X.] zur Folge (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 19.03.2019 - VII R 27/17, [X.]E 263, 483, [X.] 2020, 31). Etwas anderes kann bei einem fachkundig vertretenen Verfahrensbeteiligten nur dann gelten, wenn er die Rüge für entbehrlich halten durfte ([X.]-Beschluss vom 27.11.2017 - IX B 144/16, [X.]/NV 2018, 218; Senatsbeschluss vom 14.04.2020 - VII B 53/19, [X.]/NV 2021, 177).

Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom [X.] hat der Kläger, der fachkundig vertreten war, die unterbliebene Beiziehung der Akten nicht gerügt und damit sein [X.] verloren. Eine dahingehende Rüge kann im Streitfall nicht als entbehrlich angesehen werden, weil das [X.] den Kläger gemäß § 79 [X.]O darauf hingewiesen hat, dass dem Gericht nur die [X.]-Akte sowie die vom [X.] vorgelegte Behördenakte vorliegen und eine Beiziehung der zum Verfahren … geführten Strafakten nicht für notwendig erachtet wird, weil nach Aktenlage davon auszugehen sei, dass sich die damaligen Ermittlungen nicht auf den streitgegenständlichen Alkohol bezogen hätten. Anhand dieses Hinweises konnte der Kläger erkennen, dass das [X.] keine weiteren Strafakten beigezogen hat und eine diesbezügliche Absicht nicht bestand. Im Übrigen hat der Kläger nicht vorgetragen, welche Bestandteile der Strafakten er für erheblich hält bzw. welche Erkenntnisse genau sich daraus für das vorliegende Verfahren ergeben sollen.

b) Eine Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt ebenfalls nicht vor bzw. kann vom Kläger jedenfalls nicht mehr geltend gemacht werden.

aa) Dass das [X.] keine Strafakten der Staatsanwaltschaft … beigezogen hat, begründete es damit, dass sich das Verfahren mit dem Aktenzeichen … nicht auf den streitgegenständlichen Alkohol beziehe und auch sonst keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass diese Strafakten für die Entscheidung des Streitfalls erheblich sein könnten. Das [X.] hielt diese Strafakten daher für untauglich und teilte dies dem Kläger in einem Hinweisschreiben nach § 79 [X.]O vom 06.08.2021 mit. In diesem Hinweisschreiben führte die Berichterstatterin weiter aus, dass zwar am 20.01.2017 ein weiteres Strafverfahren gegen den Kläger eingeleitet worden sei. Dieses sei allerdings wenige Tage später wieder eingestellt worden und ein Aktenzeichen dazu sei weder von der Klägerseite noch vom [X.] zu erhalten gewesen.

Aufgrund dieser gerichtlichen Hinweise und der am 07.11.2018 durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers erfolgten Akteneinsicht war dem Kläger somit bekannt, welche Akten dem [X.] vorlagen und welche Akten nicht beigezogen worden waren. Der Verzicht auf Beiziehung weiterer Akten kam daher --entgegen der Darstellung des [X.] für diesen nicht überraschend.

Im Übrigen handelt es sich beim Anspruch auf rechtliches Gehör ebenfalls um ein verzichtbares Verfahrensrecht (§ 155 [X.]O i.V.m. § 295 ZPO; [X.]-Beschlüsse vom 05.03.2014 - IX B 111/13, [X.]/NV 2014, 887, und vom 17.12.2009 - III R 19/07, [X.]/NV 2010, 950, m.w.N.). Das [X.] geht nicht nur durch ausdrücklichen Verzicht, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge in der mündlichen Verhandlung verloren (Senatsbeschluss vom 14.04.2015 - VII B 149/14, [X.]/NV 2015, 1073, Rz 8).

Infolge der rügelosen Verhandlung zur Sache hat der Kläger sein [X.] verloren. Denn ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom [X.] hat der fachkundig vertretene Kläger zur Sache verhandelt, ohne die von ihm gewünschte Beiziehung der bereits o.g. Strafakten zu beanstanden.

bb) Der Kläger kann eine Zulassung der Revision auch nicht mit dem Vorbringen erreichen, das [X.] habe zu Unrecht auf eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 [X.]O und Vertagung der mündlichen Verhandlung nach § 155 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 227 ZPO verzichtet, weil der anwaltlich vertretene Kläger auch insoweit [X.] und damit sein [X.] jedenfalls verloren hat.

cc) Das [X.] hat den Klageantrag nicht verfahrensfehlerhaft ausgelegt, indem es diesen so verstanden hat, dass Gegenstand der Klage ausschließlich die Überführung des Branntweins in das Eigentum des [X.] sein sollte.

Der Kläger hat selbst in der mündlichen Verhandlung (jedenfalls nur noch) die Aufhebung des Bescheids vom 04.04.2018 über die Überführung von sichergestellten Alkoholerzeugnissen in das Eigentum des [X.] in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.08.2018 beantragt. Auch die Einspruchsentscheidung bezog sich nur auf die Überführung in das Eigentum des [X.]. Weshalb das [X.] davon ausgehend auch über die Sicherstellung des Alkohols hätte entscheiden sollen, legt der Kläger nicht gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O dar.

Im Übrigen sind [X.] in entsprechender Anwendung des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs so auszulegen, dass der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften ist. Die Auslegung von Willenserklärungen gehört grundsätzlich zu der dem [X.] obliegenden Feststellung der Tatsachen. Als Beschwerdeinstanz kann der [X.] die Auslegung des [X.] nur daraufhin überprüfen, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln, die Denkgesetze und die Erfahrungssätze zutreffend angewendet worden sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Beschluss vom 31.07.2013 - V B 66/12, [X.]/NV 2013, 1933, Rz 14 f., m.w.N.).

Ausgehend von der Bezeichnung des angefochtenen Bescheids mit Aktenzeichen in der Klageschrift und der Tatsache, dass der Kläger fachkundig vertreten war, ist die Auslegung des [X.] möglich und verstößt nicht gegen Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze.

4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O abgesehen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VII B 204/21

22.02.2023

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG München, 28. Oktober 2021, Az: 14 K 2488/18, Urteil

§ 34 Abs 1 Nr 4 AlkStG, § 34 Abs 2 AlkStG, § 215 Abs 1 S 2 AO, § 216 Abs 1 S 1 AO, § 19 Abs 4 S 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.02.2023, Az. VII B 204/21 (REWIS RS 2023, 1153)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 1153

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