Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.04.2018, Az. III ZR 367/16

3. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 9954

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Gegenstand

Amtshaftung: Falschauskunft gegenüber dem Vertragspartner des von einer Amtspflicht primär Geschützten - Drittschutz


Leitsatz

Drittschutz

Eine dem Vertragspartner des von einer Amtspflicht primär Geschützten (hier dem von dem Eigentümer beauftragten Generalunternehmer eines Bauvorhabens) gegebene Auskunft ist jedenfalls dann im Interesse des Auskunftsempfängers erteilt, wenn sich - ähnlich der Situation der Drittschadensliquidation - das (wirtschaftliche) Risiko der Falschauskunft vollständig auf ihn verlagert hat, während dem vorrangig geschützten Betroffenen der entsprechende Schaden nicht entsteht.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] vom 2. Juni 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt den beklagten Bezirksschornsteinfeger aus eigenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz wegen einer unzutreffenden Auskunft in Anspruch und verlangt ferner die Feststellung einer Ersatzpflicht für künftige Schäden.

2

Die J.                  (im Folgenden: Bauherrin oder [X.]) beauftragte die Klägerin als Generalunternehmerin mit der Errichtung eines Neubaus für eine Pflegeeinrichtung auf ihrem Grundstück. Das Gebäude sollte mit einer Pellet-Heizungsanlage beheizt werden.

3

Auf Antrag der Klägerin erteilte die zuständige Baubehörde am 29. Oktober 2012 eine Baugenehmigung, die unter Nummer 7 folgende Auflage vorsah:

"Bis zur Schlussabnahme bzw. Ingebrauchnahme der baulichen Anlage ist der Bauaufsicht eine Bescheinigung des zuständigen Bezirksschornsteinfegermeisters über die sichere Benutzbarkeit der Feuerungsanlage vorzulegen.

Zuständig ist Herr Bezirksschornsteinfeger D.        [der Beklagte], (…)."

4

Am 7. November 2013 fand ein Ortstermin mit dem Beklagten statt, an dem neben den Mitarbeitern der Klägerin auch die mit der Errichtung des Schornsteins für die Feuerungsanlage beauftragten Subunternehmer teilnahmen. Bei diesem Termin vermaß der Beklagte die Entfernung zwischen dem geplanten Standort des Schornsteins mit einer Höhe von circa 1,5 m über dem Dachfirst des Gebäudes und der Wohnbebauung auf dem Nachbargrundstück und gab "grünes Licht" für die vorgesehene Ausführung. Die Kosten für den Ortstermin rechnete der Beklagte der Bauherrin gegenüber ab.

5

Nach der planungsgemäßen Errichtung des Schornsteins stellte sich jedoch aufgrund erneuter Prüfung durch den Beklagten heraus, dass der erforderliche Abstand zum Nachbargebäude doch nicht eingehalten worden war und der Schornstein um etwa vier Meter auf die andere Seite des Daches versetzt werden musste.

6

Die Klägerin nahm daraufhin entsprechende Umbauten vor. Hierdurch entstanden ihr im Einzelnen streitige Kosten, die sie mit 56.707,72 € beziffert und deren Übernahme die Bauherrin unter Hinweis auf den mit der Klägerin geschlossenen [X.] ablehnte. Stattdessen trat die Bauherrin etwaige Ansprüche gegen den Beklagten an die Klägerin ab. Ein Abbruch des ursprünglich errichteten Schornsteinkopfs steht noch aus.

7

Die Klägerin hat behauptet, sie habe den Beklagten im eigenen Interesse um den Ortstermin gebeten. Anders als durch die Neuerrichtung des Schornsteins seien die Voraussetzungen der Baugenehmigung nicht zu erfüllen gewesen.

8

Das [X.] hat ein Teilurteil und Teil-Grundurteil erlassen, wonach es den Anspruch der Klägerin auf Ersatz des bereits entstandenen Schadens auf der Grundlage der von dem Beklagten erteilten Auskunft für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt und ferner die Schadensersatzverpflichtung des Beklagten für zukünftige Schäden im Zusammenhang mit dem Umbau des Schornsteins einschließlich der Entfernung des bisherigen Schornsteinkopfs festgestellt hat. Das Berufungsgericht hat unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das [X.] hat angenommen, der Klägerin stehe jedenfalls aus abgetretenem Recht der Bauherrin (§ 398 [X.]) ein Anspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 [X.] gegen den Beklagten zu, der durch die unzutreffende Auskunft bei dem Ortstermin eine ihm zum Schutz der Zedentin obliegende Amtspflicht verletzt habe.

Das Berufungsgericht hat ebenfalls allein einen Anspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht der Bauherrin in Betracht gezogen. Es sei zwar eine fahrlässige Amtspflichtverletzung des Beklagten anzunehmen. Aus Sicht der Zedentin bestehe jedoch eine anderweitige Ersatzmöglichkeit, weil sie die Klägerin aus dem Generalunternehmervertrag auf Errichtung eines mangelfreien Schornsteins habe in Anspruch nehmen können. Im Übrigen gehöre die Klägerin als Generalunternehmerin ebenso wenig wie die von ihr eingeschalteten Subunternehmer zu den im Rahmen der Amtspflicht geschützten [X.].

II.

Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand und den dazu getroffenen Feststellungen kommt ein auf eigenes Recht gestützter Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 [X.] in Betracht, worauf sie ihr Begehren auch vorrangig stützt.

1. Zutreffend allerdings hat das Berufungsgericht angenommen, dass der mit öffentlichen Aufgaben [X.], der als [X.] Gebührenbeamter in Abweichung von Art. 34 Satz 1 GG persönlich haftet (vgl. [X.]surteil vom 10. Juni 1974 - [X.], [X.], 372, 376 und Begründung des [X.], BR-Drs. 265/17 S. 37; siehe jetzt § 12a des [X.] (SchfHwG) vom 26. November 2008 - [X.] I [X.]42 in der Fassung des [X.] zur Änderung des [X.] vom 17. Juli 2017, [X.] [X.]), bei dem Ortstermin am 7. November 2013 fahrlässig gegen eine ihm obliegende Amtspflicht verstoßen hat, indem er den Abstand zwischen dem geplanten Standort des Schornsteins und dem Nachbargebäude falsch vermessen und aufgrund dessen für die beabsichtigte weitere Bauausführung "grünes Licht" gegeben und damit zu erkennen gegeben hat, dass die Bescheinigung entsprechend der Auflage Nummer 7 der Baugenehmigung bei der Abnahme erteilt werden würde.

a) Auch nach der Reform des Schornsteinfegerwesens durch das [X.], das das Schornsteinfegergesetz ([X.]) abgelöst hat, und dem Inkrafttreten der Vorschriften der §§ 8 bis 12, 14 bis 16, 18, 20, 21, 27 bis 47 und 49 bis 51 gemäß Art. 4 Abs. 3 des [X.] vom 26. November 2008 zum 1. Januar 2013 ([X.] I [X.]42, 2257) ist die Beleihung des Bezirksschornsteinfegermeisters (des "Bezirksbevollmächtigten") mit - anderenfalls durch eine Behörde vorzunehmenden - "klassischen" Kontrollaufgaben unberührt geblieben (vgl. Begründung des [X.] eines [X.], [X.]. 16/9237, [X.], linke [X.]., 8. [X.]iegelstrich). Der Bezirksschornsteinfeger ist trotz der vorgenommenen Einschränkung der hoheitlichen Aufgabenbereiche, namentlich des Entfallens der vormaligen Regelung des § 13 Abs. 1 Nr. 5 [X.] (Beratung in feuerungstechnischen Fragen), weiterhin mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben beliehen (vgl. Begründung des [X.] aaO S. 31 f zu den Änderungen von §§ 8, 9 SchfHwG; siehe jetzt auch § 8 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG in der Fassung des [X.] zur Änderung des [X.] vom 17. Juli 2017 aaO). Hierzu gehören neben der Ausstellung von Bescheinigungen zu Bauabnahmen nach Landesrecht und der [X.] ausdrücklich auch Tätigkeiten, die aus Gründen der Betriebs- und Brandsicherheit sowie des Umwelt- und Klimaschutzes dem Bezirksbevollmächtigten als Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben vorbehalten geblieben sind (vgl. [X.]. 16/9237, [X.], linke [X.]. [X.] und [X.], linke [X.]. Abs. 4; vgl. weiter [X.]/[X.], Stand: 15. Dezember 2017, § 839 [X.] Rn. 717; [X.]/[X.], [X.], 27. Aufl., Rn. 121). Dementsprechend sind die Vorschriften des § 14 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG (Durchführung der [X.] und Erlass des Feuerstättenbescheids) und § 16 Satz 1 SchfHwG (Ausstellung von Bescheinigungen über die Tauglichkeit und sichere Benutzbarkeit von Abgasanlagen und von Leitungen zur Abführung von [X.] nach Landesrecht; hier: § 40 [X.]) mit der bisherigen Regelung in § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 9 [X.] weitgehend wortgleich oder jedenfalls ihrem Inhalt nach gleich geblieben.

b) Der Beklagte ist bei dem Ortstermin innerhalb dieses Aufgabenbereichs und nicht privatrechtlich tätig geworden. Seine Hinzuziehung stand im Zusammenhang mit der Auflage Nummer 7 der Baugenehmigung und damit mit den hoheitlichen Aufgaben auf der Grundlage von § 16 Satz 1 SchfHwG.

Dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger obliegt gemäß § 16 Satz 1 SchfHwG die Ausstellung von Bescheinigungen über die Tauglichkeit und sichere Benutzbarkeit von Abgasanlagen in ihren [X.]eiligen Bezirken, soweit dies durch Landesrecht vorgesehen ist.

Gemäß § 40 Abs. 6 der [X.] ([X.]) dürfen Feuerungsanlagen [...] erst in Betrieb genommen werden, wenn der Bezirksschornsteinfegermeister [...] ihre sichere Benutzbarkeit sowie die Tauglichkeit und sichere Benutzbarkeit der zugehörigen Schornsteine [...] geprüft und bescheinigt hat. Bei der geplanten [X.] handelt es sich um eine solche Feuerungsanlage. Gemäß § 40 Abs. 3 Satz 2 [X.] ist für die Tauglichkeit und sichere Benutzbarkeit des der Feuerungsanlage zugehörigen Schornsteins auch dessen Beschaffenheit und Lage relevant (Kaellander, in: [X.], [X.], 9. Aufl., § 40 Rn. 46). Auch § 19 Abs. 1 und 2 der [X.] (1. BImSchV, Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen vom 26. Januar 2010, [X.] I S. 38) - Ableitbedingungen für Abgase - regelt unter anderem die Bauweise, insbesondere die Höhe von Schornsteinen, § 4 Abs. 2 1. BImSchV die Emissionsbegrenzungen.

Die vorbereitende Beratung nebst der dabei erteilten Auskunft über den vorschriftsgerechten Standort des Schornsteins stand mit der - erwarteten - nachfolgenden Bescheinigung zur Inbetriebnahme in einer unmittelbaren Wechselbeziehung (zu einer vergleichbaren Konstellation [X.], Urteil vom 31. August 2006 - 12 U 60/06, BeckRS 2006, 10634). Die Auskunft über die geeignete Ausführung und den zulässigen Standort des Schornsteins diente ersichtlich dazu, beim Bau die Anforderungen öffentlich-rechtlicher Regelungen einzuhalten, die erforderliche Bescheinigung zur Inbetriebnahme zu erhalten und künftige Beanstandungen bei der Sicherheitsprüfung zu vermeiden (ähnlich: [X.]surteil vom 10. Juni 1974 aaO S. 375).

Die Auskunft und die nachfolgende Abnahme stellen einen einheitlichen Vorgang dar, der nicht künstlich in teils hoheitliche, teils [X.] aufgespalten werden kann (vgl. [X.]surteile vom 16. April 1964 - [X.], [X.], 176, 179; vom 9. Januar 2003 - [X.], [X.], 268, 276; vom 16. September 2004 - [X.], [X.], 216, 224 und vom 6. März 2014 - [X.]/12, [X.], 253, 260 Rn. 31; vgl. auch [X.]surteil vom 8. Dezember 1958 - [X.], [X.], 38, 40 f).

c) Auskünfte, die ein Amtsträger erteilt, müssen dem Stand seiner Erkenntnismöglichkeit entsprechend sachgerecht, das heißt vollständig, richtig und unmissverständlich sein, so dass der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann (st. [X.]srechtsprechung, z.B. Urteile vom 13. Juni 1991 - [X.], NJW 1991, 3027; vom 6. Februar 1997 - [X.], NVwZ 1997, 1243; vom 10. Juli 2003 - [X.], [X.], 354, 357 und vom 8. November 2012 - [X.], [X.], 276, 291 Rn. 25 [X.]. [X.]). Für die Frage, ob die Auskunft den zu stellenden Anforderungen genügt, kommt es entscheidend darauf an, wie sie vom Empfänger aufgefasst wird und werden kann und welche Vorstellungen zu erwecken sie geeignet ist ([X.]surteil vom 13. Juni 1991 aaO [X.]). Dabei hängt der Umfang der Auskunftspflicht auch vom Inhalt der Frage ab, die der Auskunftssuchende an die Behörde richtet ([X.] aaO und [X.]sbeschuss vom 25. Juni 1987 - [X.], [X.] Nr. 2267). Eine amtliche Auskunft ist selbst dann richtig, klar, unmissverständlich und vollständig zu erteilen, wenn keine Pflicht zu ihrer Erteilung besteht (z.B. [X.]surteil vom 24. Juni 1993 - [X.], NJW 1993, 3204, 3205) oder der Beamte fachlich dafür nicht ausgebildet oder befugt ist ([X.], [X.], 508).

Die von dem Beklagten aufgrund der vorgenommenen Vermessung erteilte Auskunft, es bestehe ein ausreichender Abstand zu der Wohnbebauung auf dem Nachbargrundstück, weswegen er für die geplante Ausführung "grünes Licht" gab, war, wie der Beklagte nicht in Abrede stellt, falsch und daher pflichtwidrig.

d) Die verletzte Amtspflicht bestand auch der Klägerin gegenüber, ohne dass es darauf ankommt, ob die Klägerin bei dem Ortstermin im eigenen oder im Namen der Bauherrin auftrat.

Die [X.] hat sowohl haftungsbegründende als auch begrenzende Funktionen: Begründend, soweit klargestellt wird, gegenüber welchem Geschädigten die Verantwortlichkeit des Staates eintritt, begrenzend, soweit anderen Personen, die nicht zum Kreis der [X.] zählen, ein Anspruch auch dann zu versagen bleibt, wenn sich das pflichtwidrige Handeln des Amtsträgers für sie nachteilig ausgewirkt hat (ständige [X.]srechtsprechung; etwa [X.]surteil vom 20. Oktober 2016 - [X.], [X.], 303 Rn. 21 m. zahlr. w.N.).

Ob der Geschädigte geschützter Dritter ist, bestimmt sich danach, ob die Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch gegebenenfalls neben der Erfüllung allgemeiner Interessen und öffentlicher Zwecke - auch den Sinn hat, gerade sein Interesse wahrzunehmen. Aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des [X.] muss sich ergeben, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des [X.] geschützt und gefördert werden sollen; darüber hinaus kommt es darauf an, ob in qualifizierter und zugleich individualisierbarer Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten [X.] Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten [X.] bestehen. Hierfür ist die unmittelbare Beteiligung am Amtsgeschäft ebenso wenig notwendige Voraussetzung wie ein Rechtsanspruch des Betroffenen auf die in Rede stehende Amtshandlung. Allerdings genügt es nicht allein, dass sich die Verletzung der Amtspflicht für den Geschädigten nachteilig ausgewirkt hat. Da eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen ist, nicht in allen ihren Belangen immer als Dritter anzusehen sein muss, ist [X.]eils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des [X.] geschützt sein soll (st. [X.]srechtsprechung; zu allem Vorstehenden z.B. [X.] aaO Rn. 21 ff m. zahlr. w.N.).

aa) Die Amtspflicht zu richtiger Auskunft besteht gegenüber jedem [X.], in dessen Interesse oder auf dessen Antrag sie erteilt wird (st. Rspr., z.B. [X.]surteile vom 3. Mai 2001 - [X.], NVwZ 2002, 373, 374 und vom 10. April 2003 - [X.], [X.], 604, [X.]. [X.]).

bb) Die fragliche Auskunft ist vorliegend auch im Interesse der Klägerin erteilt worden, die daher als Dritte im vorstehend genannten Sinn anzusehen ist. Aus den Bestimmungen des Schornsteinfegerhandwerksgesetzes und den dort in Bezug genommenen weiteren Vorschriften folgt nichts anderes, ebenso wenig aus ihrer Stellung als Generalunternehmerin.

(1) Die Amtspflichten des Beklagten gemäß § 16 Satz 1 SchfHwG in Verbindung mit den [X.]eiligen landesrechtlichen Vorschriften bestehen allerdings vor allem im allgemeinen Interesse und darüber hinaus im Interesse von Eigentümern und Nachbarn. Insbesondere dient die Gewährleistung der Feuersicherheit dem Eigentümer, dessen Eigentum durch Versäumnisse und unsachgemäße Maßnahmen des Schornsteinfegers unmittelbar bedroht ist ([X.]surteil vom 10. Juni 1974 aaO [X.]; [X.], NJW 1972, 2088, 2089). Überdies sollen die - Abgasen ausgesetzten - Nachbarn vor unzumutbaren Belästigungen durch Immissionen (vgl. § 4 Abs. 2 1. BImSchV) geschützt werden.

(2) Ferner ist nach der Rechtsprechung des [X.]s "Dritter" regelmäßig nicht derjenige, der nur aufgrund besonderer rechtsgeschäftlicher Abmachungen mit dem unmittelbar Verletzten von Nachwirkungen der Amtshandlung betroffen wird ([X.]surteil vom 23. Oktober 1958 - [X.], [X.] 1959, 464, 467; vgl. auch [X.]surteil vom 10. März 1981 - [X.], [X.], 258, 269 f). Amtspflichten bestehen weiter nicht in Bezug auf Vertragspartner, denen gegenüber sich der Betroffene auf die Amtshandlung berufen hat (vgl. [X.]surteil vom 17. November 1958 - [X.], [X.] 1959, 457, 458).

(3) Eine dem Vertragspartner des nach diesen Grundsätzen primär Geschützten - wie hier der Klägerin als Generalunternehmerin - gegebene Auskunft ist jedoch jedenfalls dann im Interesse des [X.] erteilt, wenn sich - ähnlich der Situation der Drittschadensliquidation (vgl. dazu etwa [X.], Urteile vom 10. Juli 1963 - [X.], [X.]Z 40, 91, 100 ff, vom 29. Januar 1968 - [X.], [X.]Z 49, 356, 361, und vom 14. Januar 2016 - [X.], NJW 2016, 1089, 1090, Rn. 27) - das (wirtschaftliche) Risiko der [X.] vollständig auf ihn verlagert hat, während dem vorrangig geschützten Betroffenen - das heißt vorliegend der Bauherrin als Grundstückseigentümerin - ein Schaden nicht entsteht. Dies ist hier der Fall.

Die Bauherrin konnte die Klägerin aus dem mit ihr abgeschlossenen Werkvertrag wegen des nicht abnahmefähigen Standorts des Schornsteins gemäß §§ 633 ff [X.] in Anspruch nehmen und hat dies auch erfolgreich getan.

Der Werkunternehmer schuldet die Errichtung eines - abnahmefähigen - Bauwerks, das frei von [X.] ist (§ 631, §§ 633 ff [X.]), ohne dass es auf sein Verschulden ankommt. Soweit eine Beschaffenheit nicht vereinbart ist, muss das Werk die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder jedenfalls die für die gewöhnliche Verwendung geeignete Beschaffenheit aufweisen, die bei Werken gleicher Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werks erwarten darf. Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Bauleistung von der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit abweicht (z.B. [X.], Urteil vom 20. April 1989 - [X.], [X.], 462, 464). Der Auftragnehmer hat die anerkannten Regeln der Technik und die gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen zu beachten (z.B. [X.]/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 6. Teil Rn. 16). Darunter fallen alle Regelungen des privaten und öffentlichen Rechts, etwa die Bauordnungen der Länder und Brandschutzvorschriften (z.B. [X.]/Koeble, aaO).

Dazu gehört mithin auch die Errichtung eines den Anforderungen von § 16 SchfHwG, § 40 Abs. 6 [X.], § 4 Abs. 1, § 19 Abs. 1 und 2 1. BImSchV entsprechenden, das heißt den richtigen Abstand zum Nachbargebäude aufweisenden Schornsteins.

Die Klägerin trug aufgrund der gegenüber der Bauherrin übernommenen Verpflichtung, ein in allen Belangen mangelfreies Bauwerk zu erstellen, daher die im Außenverhältnis zur Bauaufsicht den Eigentümer treffende Gefahr, für einen den Anforderungen der [X.] entsprechenden Schornstein zu sorgen (das [X.]surteil vom 8. Mai 1980 - [X.], [X.], 2578, 2579 zur Rechtsstellung des Bauunternehmers in einem Amtshaftungsprozess betrifft daher eine andere Konstellation). Darüber hinaus obliegt dem Bauleiter - hier der Klägerin - gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Pflicht, darüber zu wachen, dass die Baumaßnahme entsprechend den öffentlich-rechtlichen Anforderungen durchgeführt wird, weswegen die Auskunft des Beklagten weiterhin dazu diente, der Klägerin diese Pflichterfüllung zu ermöglichen.

Der Ortstermin, dessen Zweck die Bestimmung des zutreffenden Abstands zum Nachbargebäude war, fand nach den konkreten Umständen des Falls daher vor allem im Interesse der Klägerin statt, was aus der Teilnahme ihrer Mitarbeiter und der mit dem Schornsteinbau befassten Subunternehmer folgte. Eine nur zufällige Benachteiligung der Klägerin (vgl. [X.]surteil vom 14. Juni 1962 - [X.], NJW 1962, 2100, 2102) kann vor diesem Hintergrund gerade nicht angenommen werden. Ihr Anliegen, eine regelgerechte Bauausführung zu gewährleisten, stand vielmehr in einem inneren sachlichen Bezug mit der erteilten Auskunft. Die Verletzung von dem Bauunternehmer gegenüber bestehenden Amtspflichten hat der [X.] auch im Baugenehmigungsverfahren für den Fall in Erwägung gezogen, in dem jener eine Besprechung mit einem Beamten des Tiefbauamts in eigenem Namen veranlasst und wahrgenommen hatte ([X.]surteil vom 8. Mai 1980 aaO).

Ungeachtet dessen, wer den Ortstermin veranlasst hatte, dienten die vom Beklagten durchgeführte Besichtigung und das von ihm daraufhin erteilte "grüne Licht" zu der beabsichtigen Bauausführung - das heißt zu dem Standort des Schornsteins - dazu, die Planung der Klägerin zu überprüfen. Dies gilt umso mehr, als der Auskunft eine Messung voran ging und sie daher den Eindruck besonderer Genauigkeit und Zuverlässigkeit erweckte. Daran ändert es nichts, dass der Beklagte möglicherweise annehmen durfte, die Klägerin trete (zugleich) für die Bauherrin, die gleichlaufende Interessen hatte, auf.

Dies steht entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht im Gegensatz zur Rechtsprechung des [X.]s zur Begrenzung des [X.] der geschützten [X.] im Baugenehmigungsverfahren (vgl. z.B. [X.]surteil vom 10. März 1994 - [X.], [X.], 258, 269). Die Gefahr, die Haftung des Amtsträgers könne zu weit ausgedehnt werden, wenn die Interessen anderer als des primär Ersatzberechtigten in den Schutzbereich der Amtspflicht einbezogen werden, besteht in der vorliegenden Fallgestaltung nicht. Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden ist identisch mit demjenigen, den die in erster Linie durch die verletzte Amtspflicht geschützte Bauherrin bei einer anderen Vertragsgestaltung mit der Klägerin erlitten hätte. Es handelt sich demgegenüber nicht um einen anderen oder zusätzlichen Schaden, wie etwa in dem Fall, dass dem mit der Baureifmachung eines Grundstücks beauftragten Architekten, der eine - amtspflichtwidrig negativ beschiedene - Bauvoranfrage in eigenem Namen stellt, ein im Erfolgsfall zu erwartendes weiteres Honorar entgeht (vgl. dazu [X.]surteil vom 10. März 1994). Ebenso wenig geht es um die Folgen einer erst nachträglichen vertraglichen Einbeziehung Dritter (vgl. [X.]surteil vom 17. November 1958 aaO) oder sonstige Nachwirkungen, wie das Eintreten einer für den Schadensfall aufkommenden Versicherung ([X.]surteil vom 23. Oktober 1958 aaO).

e) Allerdings wird das Berufungsgericht noch Feststellungen dazu zu treffen haben, ob und inwieweit sich die - in dieser Hinsicht darlegungs- und beweisbelastete - Klägerin auf die Auskunft des Beklagten verlassen durfte. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass sie sich das Wissen ihrer Subunternehmerin - der W.                           - zurechnen lassen muss, die ihrerseits für ihre Nachunternehmerin - das Fachunternehmen R.                     - einzustehen hat. Insoweit wird zu klären sein, womit die Subunternehmerinnen im Einzelnen beauftragt waren, inwieweit sie an der Planung beteiligt waren und ob sie über besondere, denen des Beklagten gleichkommende oder gar überlegene Fachkenntnisse zu der in Rede stehenden Frage verfügten oder hätten verfügen müssen. Dabei wird weiter zu berücksichtigen sein, dass Mitarbeiter dieser Subunternehmerinnen an dem Ortstermin teilgenommen haben und - im Ausgangspunkt - auf die Sachkunde des Beklagten, der später die notwendigen Bescheinigungen für die Abnahme des Schornsteins zu erstellen hatte, vertrauen durften. Es kann auf der Grundlage des derzeitigen Sach- und Streitstands nicht beurteilt werden, ob und inwieweit ihnen der Messfehler des Beklagten gleichwohl hätte auffallen müssen. Immerhin wurde es nach Bekanntwerden des falschen Messergebnisses erforderlich, den Schornstein um vier Meter auf die andere Seite des Daches zu versetzen. Jedenfalls dann, wenn ein für einen Fachmann augenfälliger Fehler vorgelegen hätte, hätte es möglicherweise zumindest den Mitarbeitern des [X.], eine eigene Messung vorzunehmen. Es wird jedoch auch zu beachten sein, dass die Auskunft des Beklagten die bis dahin bestehende vorläufige Bauplanung bestätigte und daher auf erste Sicht kein Anlass zu Zweifeln bestand.

f) Von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig hat sich das Berufungsgericht auch nicht mit der Frage befasst, ob die Klägerin den Amtshaftungsanspruch gegen den Beklagten gemäß § 839 Abs. 1 Satz 2 [X.] ausschließende anderweitige Ersatzmöglichkeiten in Form von Gewährleistungs- oder Schadensersatzforderungen gegen Dritte, insbesondere ihre Nachunternehmerinnen hat. Für deren Fehlen - als (negative) Voraussetzung des Amtshaftungsanspruchs - trägt der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast (st. Rspr. z.B. [X.]surteile vom 13. Dezember 1990 - [X.], [X.]Z 113, 164, 167 und vom 15. Mai 1997 - [X.], [X.]Z 135, 354, 365 f; [X.]/[X.], Stand 15. Dezember 2017, § 839 [X.], Rn. 645 [X.]). Das Berufungsgericht wird hierzu die notwendigen Feststellungen nachzuholen haben.

Sonstige Ersatzmöglichkeiten sind auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands nicht ersichtlich. Nach dem unbestritten gebliebenen [X.] hatte die Klägerin auch die Planungsleistungen (einschließlich der Architekten- und Ingenieurleistungen) zu erbringen. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin diese Leistungen extern vergab, gibt es bislang nicht. Hinweise darauf, dass die Bauherrin selbst Architekten oder Ingenieure beauftragt hat, gegen die Rückgriffsansprüche der Klägerin gemäß § 426 Abs. 1 i.V.m. §§ 633 ff [X.] denkbar wären, gibt es derzeit ebenfalls nicht.

Ansprüche gegen eine andere Behörde - hier die Baubehörde, die die Planung genehmigt hatte - sind wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der öffentlichen Hand unbeachtlich (vgl. z.B. [X.]surteile vom 29. Januar 1968 - [X.], [X.]Z 49, 267, 275, und vom 4. Juli 1974 - [X.], [X.], 394, 397, vom 3. Juni 1993 - [X.], [X.]Z 123, 1, 7, und vom 15. Mai 1997 - [X.], [X.]Z 135, 354, 367; [X.], aaO, Rn. 623 ff [X.]. [X.]).

2. Einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 [X.] aus abgetretenem Recht der Bauherrin (§ 398 [X.]) hat das Berufungsgericht hingegen zu Recht verneint.

a) Zwar besteht die Amtspflicht zur richtigen Auskunft im Zusammenhang mit der Errichtung eines den öffentlich-rechtlichen Vorschriften im obigen Sinn entsprechenden Schornsteins - wie vorstehend ausgeführt - ohne weiteres im Interesse des Eigentümers. Der Zedentin konnte aber - wie ausgeführt und wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - die Klägerin erfolgreich aus Gewährleistungsrecht (§§ 633 ff [X.]) in Anspruch nehmen, so dass ihr kein Schaden entstanden ist.

b) Die Grundsätze der Drittschadensliquidation finden auf die vorliegende Fallgestaltung keine Anwendung, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob diese im Bereich der Amtshaftung überhaupt in Betracht zu ziehen sind (vgl. hierzu [X.]surteile vom 15. November 1984 - [X.], [X.]Z 93, 87, 95 f und vom 6. Juni 1991 - [X.], NJW 1991, 2696, 2697; [X.]sbeschlüsse vom 29. Februar 1996 - [X.], NJW-RR 1996, 724 und vom 26. Juni 2008 - [X.], NVwZ-RR 2008, 670, 671, Rn. 9).

Die Möglichkeit einer Schadensliquidation im Drittinteresse besteht, wenn der Anspruchsteller nur formell Berechtigter ist, während der Schaden dem Träger des geschützten Interesses erwächst (vgl. [X.], Urteil vom 22. November 1966 - [X.], NJW 1967, 930, 931 zu dem Fall des vertraglich geschützten Interesses), mithin der Ersatzberechtigte keinen Schaden und der Dritte zwar einen Schaden, aber keinen Anspruch hat ([X.], Urteile vom 10. Juli 1963 - [X.], [X.]Z 40, 91, 100 ff; vom 29. Januar 1968 - [X.], [X.]Z 49, 356, 361 und vom 14. Januar 2016 - [X.], NJW 2016, 1089, 1090, Rn. 27; [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., [X.]. v. § 249-253 Rn. 124). Letzteres ist nicht der Fall, da die Klägerin aus den unter Nummer 1 dargestellten Gründen entweder über einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten oder aber über Gewährleistungs- oder Schadensersatzansprüche gegen ihre Nachunternehmerinnen verfügt.

III.

Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Herrmann     

      

Tombrink     

      

Remmert

      

Arend     

      

Böttcher     

      

Meta

III ZR 367/16

26.04.2018

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Celle, 2. Juni 2016, Az: 16 U 1/16

§ 839 Abs 1 S 1 BGB, § 16 S 1 SchfHwG, Art 34 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.04.2018, Az. III ZR 367/16 (REWIS RS 2018, 9954)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 793-794 REWIS RS 2018, 9954

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