Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.09.2021, Az. IX ZR 118/20

9. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 2430

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Gegenstand

Schadensersatz: Geltendmachung des Anspruchs auf Naturalrestitution nach Ablauf der mit der Androhung der Ablehnung einer Herstellung gesetzten Frist


Leitsatz

Hat der Schadensersatzgläubiger dem Ersatzpflichtigen zur Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung gesetzt, dass er die Herstellung nach Ablauf der Frist ablehne, und ist die Frist fruchtlos abgelaufen, kann der Herstellungsanspruch in der Regel nicht mehr geltend gemacht werden.

Tenor

Auf die Revision des [X.] und der [X.] wird das Urteil des 15. Zivilsenats des [X.] vom 13. Mai 2020, berichtigt durch Beschluss vom 7. Juli 2020, im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Widerbeklagten als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, die Beklagten von der dinglichen Belastung aus der [X.] gemäß Grundbuch des Amtsgerichts …                                           freizustellen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens vor dem Revisionsgericht, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch um Schadensersatz wegen schuldhaft pflichtwidriger Führung eines Rechtsstreits über die Rückforderung eines Grundstücks.

2

Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er beriet und vertrat - als Sozius der mit dem [X.] zu 2 gegründeten Sozietät, der [X.] zu 3 - die beklagten Eheleute in einer Auseinandersetzung mit ihrem [X.] (nachfolgend auch: Vollstreckungsschuldner), dem die Beklagten ihren landwirtschaftlichen Betrieb übergeben hatten. Die Beklagten waren nach dem Hofübergabevertrag berechtigt, den Grundbesitz zurückzufordern, wenn ihr [X.] diesen ohne ihre Zustimmung belastet. Nachdem es zu solchen Belastungen gekommen war, erhob der Kläger im Namen der Beklagten eine auf Verurteilung des [X.]es zur Zustimmung zur Eintragung der Beklagten als Eigentümer gerichtete Klage. Das stattgebende Urteil des Amtsgerichts vom 20. Mai 2009 wurde durch Zurückweisung der Berufung mit Beschluss des [X.] vom 16. November 2009 rechtskräftig. Bereits am 28. Oktober 2009 hatte eine Rechtsanwaltssozietät, die den [X.] der Beklagten vertreten hatte (nachfolgend: Streitverkündete), wegen Vergütungsansprüchen eine [X.] mit einem Nominalbetrag von 73.347,22 € an einem der übergebenen Grundstücke (fortan: [X.]) erwirkt.

3

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger die Beklagten auf Zahlung ausstehenden Rechtsanwaltshonorars in Anspruch genommen. Die Beklagten haben seinen Honoraranspruch in Abrede gestellt und Gegenansprüche teils im Wege der Aufrechnung, teils der Widerklage geltend gemacht. Über die Widerklage ist noch nicht rechtskräftig entschieden, soweit die Beklagten den Kläger und die [X.] auf Schadensersatz wegen der Belastung des [X.]s mit der [X.] in Anspruch nehmen. Sie meinen, die Widerbeklagten hätten prozessbegleitend im Wege einer einstweiligen Verfügung die Eintragung einer Auflassungsvormerkung erwirken müssen, um damit die Belastung mit einer [X.] durch Gläubiger ihres [X.]es zu verhindern.

4

Nachdem die Beklagten vom Kläger und den [X.] zunächst Freistellung von der [X.] verlangt haben, haben sie nach [X.] Setzung einer Ausschlussfrist bis zum 4. Mai 2012 mit der Erklärung, die Freistellung danach abzulehnen und den zur Freistellung erforderlichen Geldbetrag zu fordern, im Wege der Widerklage schließlich Schadensersatz in Höhe von 83.124,16 € zuzüglich Zinsen geltend gemacht.

5

Das [X.] hat die Widerklage abgewiesen, die dagegen gerichtete Berufung war im ersten Berufungsrechtszug erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hatte gemeint, den Beklagten sei jedenfalls kein Schaden entstanden.

6

Gegen das Urteil haben die Beklagten am 22. September 2014 Nichtzulassungsbeschwerde zum [X.] eingelegt. Im November 2015 forderte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Streitverkündete unter Hinweis auf die [X.] des ersten Berufungsurteils auf, der Löschung der [X.] zuzustimmen. Die Streitverkündete kündigte an, dem unter der Voraussetzung der Rechtskraft des Urteils des [X.] nachzukommen und forderte die Beklagten zunächst zu einem Nachweis hierüber auf. In der Folge übersandte sie dem Beklagtenvertreter eine notarielle [X.] und erklärte hierzu, dies geschehe unter der Voraussetzung der Rechtskraft des ersten Berufungsurteils.

7

Auf die Revision der Beklagten hat der [X.] das erste Berufungsurteil insbesondere insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht den mit der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen der Eintragung der [X.] aberkannt hatte ([X.], Urteil vom 9. Februar 2018 - [X.], [X.], 1753).

8

Nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht hat dieses Beweis über den Fortbestand der mit der [X.] gesicherten Forderung erhoben. Dann hat es die Parteien auf eine mögliche Entscheidungsreife im Fall der Umstellung der Widerklage auf einen Freistellungsantrag hingewiesen. Daraufhin hat der Vertreter der Beklagten den Antrag geändert und die gesamtschuldnerische Verurteilung der Widerbeklagten zur Freistellung von der dinglichen Belastung der [X.] beantragt. Das Berufungsgericht hat die Widerbeklagten entsprechend verurteilt.

9

Mit ihrer Revision, die vom [X.] hinsichtlich des mit der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzanspruchs zugelassen worden ist, erstreben der Kläger und die [X.] zu 2 und 3 weiterhin die Zurückweisung der Berufung der Beklagten.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist im Umfang der beschränkten Zulassung begründet und führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, hat das Berufungsgericht ausgeführt: Die Umstellung des Antrags der Widerklage sei jedenfalls sachdienlich. Den Beklagten stehe der Anspruch auf Freistellung gegen die Widerbeklagten wegen des Schadens in Gestalt der [X.] auch nach erfolgloser Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung zu. Die Vorschrift des § 250 [X.] bezwecke lediglich, dem Geschädigten eine Möglichkeit zu geben, den Anspruch auf Naturalrestitution in einen Zahlungsanspruch zu überführen. Der Rückkehr zum ursprünglichen Herstellungsanspruch stehe § 250 Satz 2 [X.] vorliegend jedenfalls mangels schutzwürdiger Interessen der Widerbeklagten, nicht zur Freistellung verurteilt zu werden, nicht entgegen. Es liege auch kein mitwirkendes Verschulden der Beklagten im Hinblick darauf vor, dass dem Beklagtenvertreter nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das erste Berufungsurteil unter der Voraussetzung der Rechtskraft des Urteils eine [X.] der Streitverkündeten übermittelt worden sei. Aus der Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 Satz 1 [X.] lasse sich grundsätzlich keine Verpflichtung des Rechtsmittelführers ableiten, sein Rechtsmittel deshalb zurückzunehmen oder zu beschränken, weil eine andere Möglichkeit existiere, das mit diesem erstrebten Ziel zu erreichen. Eine solche Obliegenheit sei mit dem Recht der Partei auf Erhalt eines Urteils, das den begehrten Schadensersatz zuspreche, nicht zu vereinbaren.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Allerdings steht, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, aufgrund der Bindungswirkung des Revisionsurteils des [X.] vom 9. Februar 2018 fest, dass die Widerbeklagten ihre anwaltlichen Pflichten gegenüber den Beklagten verletzt haben, indem sie ihnen nicht geraten haben, ihren Rückauflassungsanspruch durch eine im Wege der einstweiligen Verfügung zu erwirkende Vormerkung zu sichern. [X.] steht nach dem Revisionsurteil weiterhin, dass der Annahme eines Schadens infolge der Belastung des Streitgrundstücks mit der Zwangshypothek weder das obsiegende Urteil im Rechtsstreit über die Berichtigung des Grundbuchs entgegensteht noch der Umstand, dass die Beklagten das Mandatsverhältnis zu den Widerbeklagten noch vor der Eintragung der Zwangshypothek für die Streitverkündete gekündigt und andere Rechtsanwälte mit ihrer Vertretung beauftragt haben.

2. Hingegen können die Beklagten den auf Befreiung von der Haftung aus der Zwangshypothek gerichteten Herstellungsanspruch des § 249 Abs. 1 [X.] nicht mehr geltend machen. Sie sind zwar in prozessual wirksamer Weise von dem zuvor eingeklagten [X.] im Wege einer vom Berufungsgericht jedenfalls für sachdienlich erachteten Klageänderung (§ 533 ZPO), an die das Revisionsgericht gebunden ist (§ 268 ZPO), zum Freistellungsanspruch übergegangen. Der auf Befreiung von der Haftung aus der Zwangshypothek gerichtete Herstellungsanspruch des § 249 Abs. 1 [X.] steht den Beklagten indes nicht mehr zu. Dieser Anspruch ist nach § 250 Satz 2 [X.] in einen [X.] übergegangen, nachdem die Beklagten den Kläger und die [X.] unter Setzung einer Frist erfolglos zur Herstellung - hier Haftungsfreistellung - aufgefordert und erklärt haben, nach Fristablauf die Freistellung abzulehnen und den zur Freistellung erforderlichen Geldbetrag zu fordern. Nach fruchtlosem Ablauf der mit Ablehnungsandrohung gesetzten Frist kann der Gläubiger nur noch Ersatz in Geld verlangen; der Anspruch auf die Herstellung ist nach § 250 Satz 2 Halbsatz 2 [X.] ausgeschlossen. Dies entspricht dem allgemein geteilten Verständnis der Vorschrift ([X.], Urteil vom 17. Februar 2011 - [X.], [X.], 505 Rn. 22; [X.]/[X.], 8. Aufl., § 250 Rn. 11; [X.]/[X.], [X.], 2017, § 250 Rn. 9; BeckOK-[X.]/[X.], 2021, § 250 [X.]; [X.]/[X.], [X.], 80. Aufl., § 250 Rn. 3; NK-[X.]/[X.], 4. Aufl., § 250 [X.] Rn. 8; [X.] in Prütting/Wegen/Weinreich, [X.], 16. Aufl., § 250 Rn. 2; jurisPK-[X.]/[X.], 9. Aufl., § 250 Rn. 10).

a) In dem Zweck des § 250 [X.] findet das dementgegen vom Berufungsgericht befürwortete Recht des Gläubigers, von dem durch die Fristsetzung und Ablehnungsandrohung begründeten Zahlungsanspruch wieder zur Geltendmachung des auf Herstellung im Wege der Freistellung gerichteten Anspruchs zurückzugehen, keine Rechtfertigung. Die Vorschrift soll dem Gläubiger die Möglichkeit eröffnen, den Anspruch auf Naturalrestitution, sofern dieser nicht bereits nach § 249 Abs. 1 [X.] auf eine Geldzahlung gerichtet ist (vgl. [X.], Urteil vom 13. November 2012 - [X.], [X.], 24 Rn. 16) oder § 249 Abs. 2 Satz 1, § 251 [X.] dazu führen, in einen [X.] umzuwandeln ([X.], [X.], 16. Aufl., § 250, Rn. 1). Eine Befugnis, von dem nach § 250 [X.] begründeten Ersatzanspruch abzugehen, um erneut Herstellung nach § 249 Abs. 1 [X.] zu verlangen, erfordert der Gesetzeszweck nicht.

b) Eine solche Befugnis des Gläubigers bedeutete das Fehlen einer Bindung an den begründeten Ersatzanspruch und käme damit einem ius [X.] gleich (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2019, § 262 Rn. 8). Dies stünde im Widerspruch zu der für die Begründung des [X.]s nach § 250 [X.] erforderlichen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung. Letztere ist eine einseitige empfangsbedürftige, somit jedenfalls nach ihrem Zugang unwiderrufliche (vgl. § 130 Abs. 1 Satz 2 [X.]; BeckOGK-[X.]/Brand, 2021, § 250 Rn. 8; RGRK-[X.]/Alff, 12. Aufl., § 250 Rn. 2; [X.]/[X.], 8. Aufl., § 250 Rn. 9) Willenserklärung des Inhalts, dass die Herstellung nach Fristablauf endgültig ausgeschlossen sein solle und der Gläubiger auf einer Geldleistung bestehen werde. Hierüber darf die Ablehnungsandrohung keine Ungewissheit belassen. Für die Ablehnungsandrohung genügt es insbesondere nicht, dass der Gläubiger sich die Entscheidung über die spätere Annahme der Herstellung nur vorbehält ([X.]/[X.], [X.], 2017, § 250 Rn. 6; BeckOK-[X.]/[X.], 2021, § 250 Rn. 7). Erklärt der Gläubiger sich jedoch klar und eindeutig, wäre es widersprüchlich, könnte er dessen ungeachtet nach fruchtlosem Fristablauf nach seinem Belieben an der Naturalherstellung nach § 249 Abs. 1 [X.] festhalten. Das Schicksal des Inhalts der Schadensersatzpflicht könnte eine Fristsetzung mit unverbindlicher Ablehnungsandrohung nicht in dem von der Norm vorausgesetzten Sinne klären. Auf die Rechtsunsicherheit, die mit einer Befugnis des Gläubigers verbunden wäre, den Herstellungsanspruch aufgrund einseitiger Erklärung wieder aufleben zu lassen, weist die Revision zu Recht hin. Aufgeworfen wäre auch die Frage, ob der Gläubiger hernach nicht abermals zum Geldersatz übergehen könnte. Das in der Konsequenz liegende Hin- und [X.] zwischen Herstellungs- und [X.] wäre mit dem Interesse des Schuldners, im Vertrauen auf die Erklärung nach § 250 [X.] Dispositionen für eine Art der Schadensersatzleistung treffen zu können, unvereinbar.

c) [X.] kann, ob der Schuldner sich in Ausnahmefällen nach Treu und Glauben (§ 242 [X.]) nicht auf den Untergang des Herstellungsanspruchs berufen darf, was etwa dann in Betracht gezogen wird, wenn der Anspruch auf Geldersatz nicht durchsetzbar ist, während derjenige auf Herstellung realisierbar ist (so [X.]/[X.], 8. Aufl., § 250 Rn. 11, aA [X.]/[X.], [X.], 2017, § 250 Rn. 9). Für eine solche Fallgestaltung ist nach den [X.]stellungen des Berufungsgerichts nichts ersichtlich. Im Streitfall kommt lediglich zum Tragen, dass nach der Umwandlung des auf Befreiung von fortbestehender Haftung aus der Zwangshypothek gerichteten Anspruchs in den [X.] nach § 250 [X.] begrenzt durch den Wert des belasteten Grundstücks derjenige Geldbetrag verlangt werden kann, in dessen Höhe [X.] noch valutiert (vgl. [X.], Urteil vom 29. April 1992 - [X.], [X.], 910, 912 mwN). Dass die [X.]stellung dieses Betrags eine Beweisaufnahme erforderlich macht, berührt die Durchsetzbarkeit des [X.] nicht.

III.

Das Berufungsurteil ist deshalb im Umfang der Anfechtung aufzuheben. Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Revisionsgericht nicht möglich. Nach Zurückverweisung ist den Beklagten Gelegenheit zur Umstellung ihres auf den rechtlich unzutreffenden Hinweis des Berufungsgerichts geänderten Antrags zu geben (vgl. [X.], [X.], 2771, 2773; [X.], ZPO, 23. Aufl., § 139 Rn. 119; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 4. Aufl., § 139 Rn. 25). Dass die Beklagten zwischenzeitlich wieder Naturalherstellung verlangt haben, steht der Geltendmachung des Zahlungsanspruchs nicht entgegen. Auf die gesetzliche Folge der erfolglosen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach § 250 [X.] konnte dies keinen Einfluss haben. Für die Umstellung des Antrags bedarf es daher nicht der erneuten Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung.

Für den Fall der Umstellung des Antrags weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Entgegen der Revision ist der Zahlungsanspruch nicht aufgrund einer unterlassenen Schadensabwendung durch die Beklagten (§ 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 [X.]) unbegründet. Dass die Beklagten ihre Nichtzulassungsbeschwerde gegen das erste Berufungsurteil nach der Übersendung der [X.] aufrechterhalten haben, begründet kein Mitverschulden.

a) Nach § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 [X.] ist ein Mitverschulden anzunehmen, wenn es der Geschädigte unterlassen hat, Maßnahmen zur Abwendung oder Minderung des Schadens zu ergreifen, die ein ordentlicher und verständiger Mensch ergreifen würde. Hierfür ist der Grundsatz von Treu und Glauben entscheidend. Dabei dürfen in anderen Vorschriften zum Ausdruck kommende Grundentscheidungen des Gesetzgebers nicht unterlaufen werden ([X.], Urteil vom 18. Februar 2020 - [X.]/19, NJW 2020, 1795 Rn. 16; BeckOGK-[X.]/[X.], 2021, § 254 Rn. 243; jeweils mwN).

b) Danach waren die Beklagten nicht auf eine Teilrücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich des mit der Widerklage geltend gemachten Anspruchs zu verweisen.

aa) Ohne die gegenüber der Streitverkündeten gemäß § 74 Abs. 3, § 68 ZPO in Betracht kommende [X.] des ersten Berufungsurteils hätte die erteilte [X.] schon nicht zur Befreiung von der [X.] geführt. Als solche stellte die [X.] (§ 19 GBO) nur die grundbuchrechtliche Voraussetzung einer Aufhebung der [X.] dar. Hatte die Streitverkündete [X.] vor der Rückübertragung des Grundstücks an die Beklagten wirksam erworben, erforderte deren Aufhebung nach materiellem Recht auch die Erklärung der Streitverkündeten, das Recht aufzugeben (§ 875 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Zwar ist diese Erklärung bei verständiger Würdigung regelmäßig in der [X.] zu sehen (vgl. [X.], Beschluss vom 20. März 2013 - [X.], [X.], 718 Rn. 16). Anders liegt es hingegen, wenn der Bewilligende von der Nichtexistenz des Rechts ausgeht ([X.]/[X.], [X.], 2018, § 875 Rn. 29).

Der Beklagtenvertreter hatte gegenüber der Streitverkündeten einen Anspruch auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung (§ 894 [X.]) geltend gemacht und musste davon ausgehen, dass die Streitverkündete die [X.], die sie ausdrücklich von der Rechtskraft des ersten Berufungsurteils abhängig machen wollte, in der Annahme erteilt hat, [X.] nicht wirksam erworben zu haben, weil der Vollstreckungsschuldner lediglich Buch- und Scheineigentümer des Grundstücks gewesen sei. Tatsächlich kommt dem von den Beklagten gegen ihren [X.] erwirkten Urteil über den Grundbuchberichtigungsanspruch keine [X.]stellungswirkung hinsichtlich der Eigentümerstellung der Beklagten zu ([X.], Urteil vom 9. Februar 2018 - [X.], [X.], 1753 Rn. 19 ff). Indes hielt die Streitverkündete bei Erteilung der [X.] das erste Berufungsurteil, das eine solche [X.]stellungswirkung bejahte, für maßgeblich. Eine auf die Aufgabe eines wirksam erworbenen Rechts gerichtete Erklärung hielt sie nicht für erforderlich. Mangels einer solchen Erklärung hätte demnach eine auf der Grundlage der Bewilligung herbeigeführte Löschung nicht zur Aufhebung der [X.], sondern zur Unrichtigkeit des Grundbuchs geführt.

bb) [X.] [X.] kann aber auch dann nicht angenommen werden, wenn die [X.] unterstellt wird und deshalb im Verhältnis zwischen den Beklagten und der Streitverkündeten die rechtliche Einschätzung im ersten Berufungsurteil maßgeblich gewesen wäre. Die Teilrücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde hätte für die Beklagten zum endgültigen [X.] hinsichtlich des mit der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzanspruchs und zu einer entsprechend nachteiligen Kostenentscheidung geführt. Einen etwaigen Ersatzanspruch gegen die Widerbeklagten unter dem Gesichtspunkt des Ersatzes von Aufwendungen für die Schadensminderung kann die Revision dagegen nicht anführen. Die Widerbeklagten haben ihre Schadensersatzverpflichtung in Abrede gestellt. Dass sie dessen ungeachtet im Fall der gegnerischen [X.] bereit gewesen wären, den [X.] auferlegte Prozesskosten zu ersetzen, musste fernliegend erscheinen. Nichts Anderes galt für die klageweise Durchsetzung eines solchen Anspruchs. Erst in der Revisionsinstanz sind die Widerkläger mit der für einen Regressanspruch entscheidenden rechtlichen Beurteilung, dass die Belastung mit der Zwangshypothek - entgegen der Rechtsauffassung im ersten Berufungsurteil - einen Schaden darstellt, durchgedrungen. Ohne diese Beurteilung hatte eine etwaige Pflicht zum Ersatz von [X.] keine Grundlage.

2. Stellen die Beklagten nach Zurückverweisung der Sache ihren Antrag um, wird das Berufungsgericht die notwendigen [X.]stellungen zur Bestimmung der Höhe des auf Zahlung gerichteten Schadensersatzanspruchs zu treffen haben.

[X.]     

      

Möhring     

      

Schultz

      

Selbmann     

      

Harms     

      

Meta

IX ZR 118/20

23.09.2021

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 13. Mai 2020, Az: 15 U 2960/12 Rae

§ 249 Abs 1 BGB, § 250 S 2 Halbs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.09.2021, Az. IX ZR 118/20 (REWIS RS 2021, 2430)

Papier­fundstellen: MDR 2022, 168-169 REWIS RS 2021, 2430 WM 2023, 479 REWIS RS 2021, 2430

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III ZR 144/10

XI ZR 334/11

VI ZR 115/19

XII ZB 81/11

V ZR 299/14

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