Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.02.2015, Az. VIII ZR 26/14

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 16051

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 26/14
Verkündet am:

4. Februar 2015

Vorusso,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 309 Nr. 7 Buchst. a,
b
Eine umfassende Freizeichnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (hier: eines Gebrauchtwagenkaufvertrags), nach der die Haftung des Klauselverwen-ders auch für Körper-
und Gesundheitsschäden sowie für sonstige Schäden auch bei grobem Verschulden ausgeschlossen ist, hält einer Inhaltskontrolle am Maßstab des §
309 Nr.
7 Buchst. a und [X.] nicht stand (im [X.] an die Senatsurteile vom 22. November 2006 -
VIII
ZR 72/06, [X.], 67; vom 19.
September 2007 -
VIII
ZR 141/06, [X.], 1).

BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 -
VIII ZR 26/14 -
OLG [X.]

[X.]

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Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2015 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.]
Achilles, die Richterin [X.] sowie [X.] Bünger und Kosziol

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 7. Zivilsenats des
[X.] vom 18. Dezember 2013 aufgeho-ben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Mit Kaufvertrag vom 4. Oktober 2007 erwarb der Kläger von dem [X.] einen gebrauchten [X.] AMG zum Preis von Der Verkauf erfolgte über den Streithelfer, einen Gebrauchtwagenhändler, der das Fahrzeug im Auftrag des [X.]n veräußerte. Der Kaufvertrag enthält einen formularmäßigen Gewährleistungsausschluss, wonach das Fahrzeug

big besichtigt, unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung im Hinblick auf sichtbare und unsichtbare Mängel, ins-besondere bezüglich des [X.], früherer Unfälle und etwa

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veräußert wird. Auf der Rückseite des Kaufvertragsformulars ist unter der Über-schrift "Gewährleistung" zusätzlich bestimmt:
"Das Fahrzeug ist verkauft unter Ausschluss jeder Gewährleistung. [X.] auf Wandlung, Minderung oder Schadensersatz sind, soweit das gesetzlich zulässig ist, ausgeschlossen, und zwar sowohl wegen er-

Das Fahrzeug, welches einen Kilometerstand von 59.000 km aufwies, wurde dem Kläger am 12. Oktober 2007 übergeben. Am 13. Oktober 2007 be-merkte er ein "Klackern" des [X.].
Mit der Behauptung, das Fahrzeug habe bei Übergabe an ihn einen [X.]chaden aufgewiesen, verlangt der Kläger die Rückabwicklung des Kaufver-trages. Das [X.] hat die auf Rückzahlung des Kaufpreises und Ersatz von Aufwendungen nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs samt vom Kläger angeschaffter Sommerreifen sowie auf Feststellung des [X.] gerichtete Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Der [X.] sei wirksam, weil der Kläger nicht bewiesen
habe, dass der Streithelfer den Sachmangel arglistig verschwiegen habe. Das Ober-landesgericht hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Kla-gebegehren weiter.

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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und Ersatz vergeblicher Aufwendungen zu. Der [X.] habe die [X.] im Kaufvertrag wirksam ausgeschlossen. §
444 BGB stehe dem nicht ent-gegen, denn der Kläger habe nicht bewiesen, dass der Streithelfer, dessen Wissen der [X.] sich gemäß § 166 BGB zurechnen lassen müsse, den Sachmangel arglistig verschwiegen habe.
Zwar habe der Kläger den Sachmangel bewiesen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen weise das Fahrzeug bei einem Kilometerstand von 59.000 einen schwerwiegenden Mangel auf, der nur durch Einbau eines [X.] behoben werden könne. Der Motor habe keine ausreichende Kompression mehr. Das "Klappern" komme von nicht mehr festsitzenden Kol-ben. Ein Totalausfall des [X.] sei nur eine Frage der [X.].
Der Senat entnehme jedoch der Aussage des [X.] , den der Streithelfer vor dem Verkauf an den Kläger wegen eines "[X.]" des [X.] gebeten habe, das Fahrzeug zu untersuchen, dass dem Streithelfer kein konkreter Befund mitgeteilt worden sei, der ihn dazu hätte veranlassen müssen, weitere Untersuchungen in Auftrag zu geben. Den Aussagen der übrigen [X.] lasse sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Umstand, dass der [X.] das Fahrzeug in eine Werkstatt gebracht habe, begründe noch keine 6
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Bösgläubigkeit, weil die Werkstatt ihn nicht ausreichend über einen Verdacht auf einen [X.]chaden in Kenntnis gesetzt habe.
Da der Kläger eine Arglist des Streithelfers nicht bewiesen habe, könne dahinstehen, ob er das Vorliegen eines Mangels bei Übergabe bewiesen habe.

II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil keinen [X.] haben.
Die im Revisionsverfahren nur noch geltend gemachten Ansprüche des [X.] auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß § 346 Abs. 1 in Verbin-dung mit § 437 Nr. 2 Alt.
1, § 323 Abs. 1 BGB sowie Ersatz vergeblicher [X.] gemäß § 437 Nr. 3 Alt. 2, §
284 BGB scheitern nicht, wie das [X.] gemeint hat, an dem im Kaufvertrag vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger zwar nicht bewiesen, dass der Streithelfer des [X.]n den Sachmangel des Fahrzeugs arglistig verschwiegen hat (§ 444 Alt. 1 BGB). Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass der [X.] Ausschluss der Sachmängelhaftung der Inhaltskontrolle [X.] am Maßstab des § 309 Nr. 7 Buchst. a und [X.] nicht standhält und deshalb unwirksam ist.
1. Bei dem in den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsurteils in Bezug genommenen Ausschluss der Sachmängelhaftung handelt es sich, was die Revisionserwiderung nicht in Zweifel zieht, sowohl nach der [X.] als auch nach dessen Inhalt um [X.] (§ 305 Abs. 1 BGB). Diese sind vom [X.]n verwendet wor-11
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den. Zwar stammt das Vertragsformular nicht von diesem, sondern von dem in seinem Auftrag tätig gewordenen Streithelfer. Die vorformulierten [X.] sind jedoch gleichwohl vom [X.]n "gestellt" (§
305 Abs. 1 Satz 1 BGB), weil der Streithelfer kein Dritter, sondern Abschlussgehilfe des [X.]n war (§ 278 BGB; vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 2010 -
VIII
ZR 143/10, [X.], 96 Rn. 7).
a) Die vom [X.]n gestellten Vertragsbedingungen sind für eine [X.] vorformuliert (§
305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies gilt selbst dann, wenn er den Streithelfer nur für ein einzelnes Geschäft eingeschaltet ha-ben sollte. Denn Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen auch dann vor, wenn sie -
wie hier -
für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind, selbst wenn die Vertragspartei, die die Klauseln stellt, sie nur in einem einzigen [X.] verwenden will (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 -
VIII ZR 67/09, [X.], 259 Rn. 10 mwN).
b) Wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat, ist eine umfassende Freizeichnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der die Haftung des Klauselverwenders -
wie im vorliegenden Gebrauchtwagenkaufvertrag -
auch für Körper-
und
Gesundheitsschäden (§ 309 Nr. 7 Buchst. a BGB) sowie für sonstige Schäden auch bei grobem Verschulden (§ 309 Nr. 7 Buchst. [X.]) ausgeschlossen ist, wegen unangemessener Benachteiligung des Vertrags-partners des Verwenders unwirksam (Senatsurteile vom 22.
November 2006
-
VIII ZR 72/06, [X.], 67 Rn.
10;
vom 19.
September 2007 -
VIII
ZR 141/06, [X.], 1 Rn. 10 ff.; siehe auch Senatsurteile vom 29. Mai 2013
-
VIII ZR 174/12, NJW 2013, 2584 Rn. 15; vom 19.
Juni 2013 -
VIII
ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn.
30; jeweils mwN). Dies gilt gemäß §
307 Abs. 1, Abs. 2 Nr.
2 BGB selbst dann, wenn der Kläger das Fahrzeug nicht als Verbraucher, 15
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sondern als Unternehmer erworben haben sollte (vgl. Senatsurteil vom 19.
September 2007 -
VIII
ZR 141/06, aaO Rn.
13 ff.).
c) Der Zusatz "soweit das gesetzlich zulässig ist" beseitigt die [X.] der gegen die gesetzlichen Regelungen über Allgemeine [X.] verstoßenden Klauseln nicht (vgl. Senatsurteile
vom 26. November 1984
-
VIII
ZR 214/83, [X.], 29, 48; vom 26. Juni 1991
-
VIII [X.], NJW 1991, 2630 unter II 5;
jeweils mwN). Derartige salvatorische Klau-seln sind ihrerseits unwirksam, weil sie gegen das [X.] (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. November 2012 -
VIII ZR 137/12, juris Rn. 3 [Hinweisbeschluss]; vom 5.
März 2013 -
VIII ZR 137/12, NJW 2013, 1668 Rn. 3 [Zurückweisungsbeschluss]).
2. Das Berufungsurteil stellt sich auf der Grundlage der bisherigen [X.] des Berufungsgerichts auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, dass es an einem gemäß §
437 Nr. 2, § 323 Abs. 1 BGB
erforderlichen Nacher-füllungsverlangen des [X.] fehle und der [X.] die Nacherfüllung auch nicht ernsthaft und endgültig verweigert habe (§
437 Nr. 2, §
323 Abs. 2 Nr. 1 BGB), hat das Berufungsgericht -
vor dem Hintergrund seiner Rechtsauffassung folgerichtig
-
keine Feststellungen getroffen.

III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endent-scheidung reif, da es weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Daher ist die 17
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Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zu-rückzuverweisen
(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
[X.]
Dr. Achilles
[X.]

[X.]
Kosziol
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.05.2012 -
10 O 1829/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 18.12.2013 -
7 [X.] -

Meta

VIII ZR 26/14

04.02.2015

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.02.2015, Az. VIII ZR 26/14 (REWIS RS 2015, 16051)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16051

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