Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.08.2010, Az. V ZB 164/09

V. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 3962

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[X.]BESCHLUSS [X.]/09 vom 18. August 2010 in der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 49 Abs. 2; ZPO § 99 Abs. 1 Eine Kostenentscheidung ist nicht deshalb isoliert anfechtbar, weil das Gericht davon abgesehen hat, die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 49 Abs. 2 [X.] ganz oder teilweise dem Verwalter aufzuerlegen; das gilt auch dann, wenn die Anwendung der Vorschrift geprüft und deren Voraussetzungen verneint worden sind. [X.], Beschluss vom 18. August 2010 - [X.]/09 - [X.] - 2 -
Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 18. August 2010 durch [X.] Dr. [X.], [X.] [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] Czub beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des [X.] vom 15. September 2009 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 2.000 •. Gründe: [X.] Die [X.]en sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kläger haben vier auf einer Eigentümerversammlung vom 30. August 2008 gefasste Beschlüsse angefochten. 1 Das Amtsgericht hat drei der Beschlüsse für ungültig erklärt und die [X.] im Übrigen abgewiesen. Ausgehend von einem Streitwert von insgesamt 4.000 • für die drei für ungültig erklärten Beschlüsse und weiteren 4.000 • für den vierten Beschluss hat das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte den Klägern und im Übrigen - unter Hinweis auf § 49 Abs. 2 [X.] - dem beigeladenen Verwalter auferlegt. 2 - 3 - 3 Die gegen die Kostenentscheidung gerichtete sofortige Beschwerde der Kläger, mit der sie erreichen wollen, dass der Verwalter in Anwendung von § 49 Abs. 2 [X.] die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, ist von dem [X.] als unzulässig verworfen worden. Mit der zugelassenen Rechtsbe-schwerde verfolgen die Kläger ihr Ziel weiter. I[X.] Das Beschwerdegericht hält die sofortige Beschwerde für unzulässig, weil die Kostenentscheidung eines Urteils grundsätzlich nicht isoliert angefoch-ten werden könne. Eine Ausnahme komme zwar in Betracht, wenn einem [X.] Kosten auferlegt würden. Bei den Klägern handele es sich jedoch um [X.]; als solche hätten sie gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung einlegen können. Die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde könne auch nicht damit begründet werden, dass den Klägern ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen den Verwalter aberkannt worden sei. Einen solchen Anspruch habe das Amtsgericht nur im Zusammenhang mit den für ungültig erklärten Beschlüssen geprüft. Die Kostentragungspflicht der Kläger sei dagegen mit der teilweisen Abweisung der Klage begründet und damit auf § 91 Abs. 1 ZPO gestützt worden. 4 II[X.] Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Beschwer-degericht nimmt im Ergebnis zu Recht an, dass die sofortige Beschwerde unzu-lässig ist, weil die Kostenentscheidung eines Urteils grundsätzlich, und so auch 5 - 4 - hier, nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit der Entscheidung in der Hauptsache angefochten werden kann (§ 99 Abs. 1 ZPO). 6 Allerdings käme ausnahmsweise eine isolierte Anfechtung der Kosten-entscheidung in Betracht, wenn diese eine eigenständige, von der Entschei-dung in der Hauptsache unabhängige Beschwer enthielte. In einem solchen Fall wären die Kläger, anders als das Beschwerdegericht meint, nicht gehalten ge-wesen, das gesamte Urteil mit der Berufung anzufechten; vielmehr hätte es ih-nen freigestanden, die Entscheidung in der Hauptsache hinzunehmen und sich mit der sofortigen Beschwerde allein gegen die Kostenentscheidung zu [X.]. Die angefochtene Kostenentscheidung begründet jedoch keine eigen-ständige Beschwer der Kläger. Dabei kann offen bleiben, ob sie hinsichtlich des abgewiesenen Teils der Klage darauf beruht, dass das Amtsgericht die [X.] des § 49 Abs. 2 [X.] geprüft und verneint hat, oder - wie das Be-schwerdegericht meint - darauf, dass die Anwendung der Vorschrift nicht in [X.] gezogen worden ist. Sieht das Gericht in einer Wohnungseigentumssa-che davon ab, die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 49 Abs. 2 [X.] ganz oder teilweise dem Verwalter aufzuerlegen, entsteht der [X.], die diese Kosten nach den prozessualen Vorschriften (§§ 91 ff. ZPO) zu tragen hat, nämlich we-der in dem einen noch in dem anderen Fall ein darüber hinaus reichender Nachteil. Insbesondere wird ihr ein etwaiger materiell-rechtlicher Kostenerstat-tungsanspruch gegen den Verwalter nicht aberkannt. 7 Die Vorschrift des § 49 Abs. 2 [X.] eröffnet dem Gericht aus prozess-ökonomischen Gründen die Möglichkeit, dem Verwalter Verfahrenskosten auf-zuerlegen, wenn die §§ 91 ff. ZPO hierfür keine Handhabe bieten, die Tätigkeit des Gerichts aber durch den Verwalter veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft. Sie erlaubt damit, den materiell-rechtlichen [X.] - 5 - anspruch des unterlegenen Wohnungseigentümers wegen der Verletzung von Pflichten bei der Verwaltung im Rahmen der Kostenentscheidung durchzuset-zen (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 41). Ob das Gericht hiervon Gebrauch macht, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen (vgl. [X.] in [X.], [X.], 10. Aufl., § 49 Rn. 19); eine Verpflichtung, dem Verwalter immer dann die Kos-ten aufzuerlegen, wenn die Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 [X.] erfüllt sind, besteht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht. Die Möglichkeit, einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegen den Verwalter in die prozessuale Kostenentscheidung einzubeziehen, führt nicht dazu, dass dieser Anspruch dem Wohnungseigentümer endgültig aberkannt wird, wenn das Gericht von der Anwendung des § 49 Abs. 2 [X.] absieht, weil es dessen Voraussetzungen nicht für gegeben erachtet. Die ge-genteilige Auffassung ([X.], [X.], 393, 395; [X.] in [X.], [X.], 10. Aufl., § 49 Rn. 29; Jennißen/Suilmann, [X.], 2. Aufl., § 49 Rn. 38; [X.]/[X.], [X.], § 49 Rn. 61; [X.] in [X.]/[X.], Praxis des Wohnungseigentums, 5. Aufl., Rn. 278; Niedenführ, [X.] 2009, 69, 73) ver-kennt, dass die Entscheidung, dem Verwalter gemäß § 49 Abs. 2 [X.] Kosten aufzuerlegen oder hiervon abzusehen, nicht der materiellen Rechtskraft fähig ist. 9 In materielle Rechtskraft erwachsen kann nur die Entscheidung des [X.] über einen prozessualen Anspruch (§ 322 Abs. 1 ZPO, vgl. [X.], Urteil vom 30. Oktober 2002 - [X.], NJW 2003, 585, 586). Dieser bestimmt sich nach der von dem Kläger erstrebten Rechtsfolge und aus dem Lebens-sachverhalt, aus dem er diese herleitet (vgl. [X.], Urteil vom 19. Dezember 1991 - [X.], [X.] 117, 1, 5 m.w.N.). Bei einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegen den [X.] ist die Übernahme bzw. die Erstattung von Verfahrenskosten durch den Verwalter die 10 - 6 - erstrebte Rechtsfolge; den maßgeblichen Lebenssachverhalt bildet die ihm vor-geworfene Pflichtverletzung. Der prozessuale Anspruch umfasst auch [X.] des groben Verschuldens. Denn die erstrebte Rechtsfolge tritt sowohl bei (leicht) fahrlässigem als auch bei vorsätz-lichem Handeln des Verwalters ein (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 276 Abs. 1 BGB); [X.] wird durch die allein aus Gründen der [X.] eingeführte Vorschrift des § 49 Abs. 2 [X.] nicht bewirkt (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 41; ebenso [X.] in [X.], [X.], 10. Aufl., § 49 Rn. 22; a.A. [X.], [X.], 393, 395; Jennißen/Suilmann, [X.], 2. Aufl., § 49 Rn. 31; [X.], Festschrift Bub, 2007, [X.], 67). Im Rahmen des § 49 Abs. 2 [X.] kann das Gericht jedoch nur über ei-nen Ausschnitt dieses prozessualen Anspruchs befinden, nämlich über eine auf grobem Verschulden beruhende Pflichtverletzung. Hält es die Voraussetzungen der Vorschrift für nicht gegeben, ist die damit verbundene Aussage, es fehle an einer solchen Pflichtverletzung des Verwalters, zwangsläufig auf einen Teilas-pekt des prozessualen Anspruchs beschränkt und damit nicht der Rechtskraft fähig. Das gilt auch dann, wenn das Gericht bereits eine (objektive) [X.] verneint. Denn die Rechtskraft umfasst nicht die [X.] (wie Pflichtverletzung oder grobes Verschul-den) auf den festgestellten Sachverhalt, sondern nur die Entscheidung über den prozessualen Anspruch (vgl. [X.], Urteil vom 26. April 1951 - [X.], [X.] § 322 ZPO Nr. 2; Urteil vom 30. Oktober 2002 - [X.], NJW 2003, 585, 586). 11 Es stellt keinen Widerspruch dar, dass die Entscheidung über die An-wendung oder Nichtanwendung von § 49 Abs. 2 [X.] einerseits nicht in mate-rielle Rechtskraft erwächst, eine [X.] andererseits Kosten, die dem Verwalter nach dieser Vorschrift auferlegt worden sind, [X.] auf der 12 - 7 - Grundlage ihres materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geltend ma-chen kann. Die [X.] ist hieran nämlich nicht wegen entgegenstehender Rechtskraft gehindert, sondern deshalb, weil entweder ihr Schaden infolge der Entscheidung nach § 49 Abs. 2 [X.] und der Übernahme der Kosten durch den Verwalter entfallen ist, oder weil es - im Hinblick auf die Möglichkeit der Kostenfestsetzung gegen den Verwalter und der Vollstreckung daraus - jeden-falls an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage fehlt. [X.] Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 13 [X.] [X.] Schmidt-Räntsch

Stresemann

Czub Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - 3 C 803/08 - [X.], Entscheidung vom 15.09.2009 - 6 T 710/09 -

Meta

V ZB 164/09

18.08.2010

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.08.2010, Az. V ZB 164/09 (REWIS RS 2010, 3962)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3962

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V ZB 164/09

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