Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2011, Az. II ZR 301/09

II. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 8636

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/09 Verkündet am: 15. März 2011 [X.] Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 199 Abs. 1 Nr. 2 Die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis der anspruchsbegrün-denden Umstände kann der Gesellschaft nicht durch ihren Geschäftsführer vermittelt werden, wenn dieser selbst Schuldner ist. [X.], Urteil vom 15. März 2011 - [X.]/09 - [X.] - 2 - [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 15. März 2011 durch den Vorsitzenden [X.] und die Richterin [X.] sowie [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 17. Dezember 2008 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand:Der Beklagte war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der [X.]

mbH (im Folgenden [X.] ), die später in [X.]GmbH umfirmierte. In deren Bilanz zum 31. Dezember 2000 sind 1 - 3 - Ansprüche gegen den Beklagten aus allgemeinem Verrechnungsverkehr in [X.] von 55,66 Mio. DM ausgewiesen. Mit Wirkung zum 10. Juni 2002 legte der Beklagte die Geschäftsführung nieder und veräußerte seinen Geschäftsanteil. Ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.] wurde mangels Masse abgewiesen. 2 Die Klägerin führte in den Jahren 1994 und 1995 Bauleistungen im Auf-trag der [X.] an einem Hotel-Neubau in [X.]
aus. Wegen einer Restwerk-lohnforderung und eines Anspruchs auf Rückzahlung einer ausgekehrten [X.] erwirkte sie gegen die B. B.

GmbH am 19. Juli 2002 ein Urteil des [X.]s [X.]

über insgesamt 343.077,39 • nebst Zinsen. Aufgrund dieses Titels pfändete sie mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 17. März 2003 Ansprüche der B.

GmbH gegen den Beklagten. Mit der Klage verlangt die Klägerin vom Beklagten Zahlung von 332.110,17 • und 16.619,55 • aus gepfändetem und zur Einziehung überwie-senen Recht der B.

GmbH, hilfsweise aus einem Anspruch nach § 823 Abs. 2 [X.] in Verbindung mit § 1 des Gesetzes über die Sicherung von [X.]. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen den Beklagten aufgrund des [X.] zur Zahlung von 110.428,39 • nebst Zinsen und Kosten verurteilt. Gegen die Abweisung des [X.] richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Klägerin. Der Beklagte hat seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurück-genommen. 3 - 4 - Entscheidungsgründe: Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 4 [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe gegen den [X.] keinen durchsetzbaren Anspruch auf Zahlung aus gepfändetem und zur Einziehung überwiesenen Recht der B.

Gmb[X.] In der [X.] liege zwar ein konstitutives Schuldanerkenntnis hinsichtlich des darin aus-gewiesenen Anspruchs gegen den Beklagten, der auch vom Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfasst werde. Der Anspruch sei aber mit Ablauf des 31. Dezember 2004 und damit vor Erhebung der am 20. Juni 2005 eingereich-ten Klage verjährt. Die Kenntnis der Gesellschaft von den Anspruchsvorausset-zungen habe bereits am 1. Januar 2002, vermittelt durch den Beklagten als Ge-schäftsführer, vorgelegen. 5 I[X.] Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 6 1. Rechtsfehlerfrei und von den Parteien nicht angegriffen hat das [X.] allerdings in der Feststellung der Bilanz für das [X.], die eine Forderung gegen den Beklagten ausweist, ein konstitutives Schuldanerkenntnis gesehen. Der Feststellung einer Bilanz, die diese jedenfalls im Verhältnis zwi-schen Gesellschaft und Gesellschafter für verbindlich erklärt, kann für darin ausgewiesene Forderungen gegen den Gesellschafter die Wirkung eines zivil-rechtlich verbindlichen Schuldanerkenntnisses zukommen ([X.], Urteil vom 9. Februar 2009 - [X.], [X.] 179, 344 Rn. 50 - [X.]; Urteil vom 2. März 2009 - [X.], [X.], 1111 Rn. 15). Ob es sich um ein konsti-tutives oder deklaratorisches Schuldanerkenntnis handelt, beurteilt sich nach 7 - 5 - den Umständen im Einzelfall ([X.], Urteil vom 2. März 2009 - [X.], [X.], 1111 Rn. 15). 8 2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber Verjährung des Anspruchs mit dem 31. Dezember 2004 angenommen. Der B.

GmbH war die Kenntnis des Beklagten von dem Schuldversprechen nicht zuzurechnen. 9 a) Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 [X.] i.d.[X.] ist vom 1. Januar 2002 an zu berechnen, wenn der Anspruch zu diesem Zeitpunkt entstanden war (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) und die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.] - Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis der [X.] - vorlagen (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EG[X.]; vgl. [X.], Urteil vom 23. Januar 2007 - [X.], [X.] 171, 1 Rn. 21, 23; Urteil vom 19. Juli 2010 - [X.], [X.], 1637 Rn. 7 m.w.N.). Der [X.] war - wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat - spätestens mit der Feststellung der Bilanz im September 2001 fällig. b) Die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis der [X.] Umstände kann der Gesellschaft nicht durch ihren Geschäftsfüh-rer vermittelt werden, wenn dieser selbst Schuldner ist. Zwar kommt es bei ju-ristischen Personen des Privatrechts grundsätzlich auf die Kenntnis ihrer vertre-tungsberechtigten Organe von den Anspruchsvoraussetzungen an. Ist das Or-gan einer Gesellschaft selbst der Schuldner, kann es der Gesellschaft aber die erforderliche Kenntnis nicht verschaffen (vgl. zu § 852 [X.] aF [X.], Urteil vom 9. Februar 2009 - [X.], [X.] 179, 344 Rn. 34 - [X.] m.w.N.; Urteil vom 12. Juni 1989 - II ZR 334/87, [X.] 1989, 1390, 1397; [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2009, § 199 Rn. 61; MünchKomm[X.]/[X.] 10 - 6 - 5. Aufl. § 199 Rn. 32; [X.] [X.]/[X.]/[X.], Stand 1. August 2010, § 199 Rn. 38). Das gilt nicht nur bei unerlaubten Handlungen, wie sie den bis-herigen Entscheidungen des Senats zu § 852 [X.] aF zugrunde lagen. [X.] kann allgemein nicht erwartet werden, dass der Schuldner dafür sorgt, dass die Ansprüche gegen ihn selbst geltend gemacht werden und er etwa ei-nen Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG herbeiführt. Beim einzi-gen Geschäftsführer einer GmbH kommt hinzu, dass er als Vertreter der [X.] gegen sich selbst zur Hemmung der Verjährung keine Maßnahmen der Rechtsverfolgung ergreifen kann (§ 204 Abs. 1 [X.]). Soweit es wegen des Fehlens eines weiteren Geschäftsführers auf die Kenntnis der zur Anspruchs-verfolgung berufenen Gesellschafter ankommt, scheidet eine Zurechnung der Kenntnis des einzigen Gesellschafters aus den gleichen Gründen aus, wenn er zugleich Schuldner des Anspruchs ist. II[X.] Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). 11 1. Das Berufungsgericht hat im Tatbestand des Berufungsurteils [X.], dass der Beklagte "alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer" der [X.] gewesen sei. Das lässt offen, ob er nicht nur einziger Gesellschafter, [X.] auch einziger Geschäftsführer war. Da dieser Gesichtspunkt im Beru-fungsverfahren keine Bedeutung erlangt hat, weil das Berufungsgericht die [X.] bereits aufgrund der Zurechnung der Kenntnis des Beklagten für ver-jährt gehalten hat, ist dem Beklagten Gelegenheit zu geben, hierzu, gegebe-nenfalls auch zu einer Kenntnis eines weiteren Geschäftsführers von dem [X.], ergänzend vorzutragen. 12 2. Für das weitere Verfahren weist der Senat außerdem darauf hin, dass das Erlöschen der Forderung entgegen der Auffassung des darlegungs- und 13 - 7 - beweisbelasteten Beklagten nicht schon durch das Fehlen von Forderungen gegen den Gesellschafter in der folgenden Bilanz zum 31. Dezember 2001 be-legt wird. Die Ausbuchung kann auch auf anderen Gründen als dem Erlöschen der Forderung beruhen. [X.] [X.] Drescher
[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 15.12.2005 - 12 O 232/05 - [X.], Entscheidung vom 17.12.2008 - 8 U 40/06 -

Meta

II ZR 301/09

15.03.2011

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2011, Az. II ZR 301/09 (REWIS RS 2011, 8636)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8636

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