Bundespatentgericht, Urteil vom 13.03.2012, Az. 4 Ni 7/11 (EP)

4. Senat | REWIS RS 2012, 8244

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Gegenstand

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 396 295

([X.])

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2012 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] [X.], die Richterin Friehe und [X.] und [X.] Dorfschmidt

für Recht erkannt:

[X.] Die Klage wird abgewiesen.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] erteilten [X.] Patents EP 1 396 295 (Streitpatent), das am 15. März 2003 unter Inanspruchnahme der Priorität der [X.] Patentanmeldung [X.] vom 5. September 2002 angemeldet wurde. Das Streitpatent wurde in der [X.] veröffentlicht und wird beim [X.] unter der Nr. 503 03 916 geführt. Es betrifft eine Biegemaschine mit Biegewerkzeugen an einander gegenüberliegenden Seiten eines Werkzeugträgers und umfasst 14 Patentansprüche, von denen die Patentansprüche 1, 2, 7, 9 und 10 angegriffen sind.

2

Patentanspruch 1 lautet:

Abbildung

Abbildung

3

Wegen der abhängigen Ansprüche 2, 7, 9 und 10 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.

4

Die Klägerin macht gegen das Streitpatent im angegriffenen Umfang den [X.] mangelnder Patentfähigkeit. geltend und beruft sich auf folgende Schriften:

5

D1 [X.] 33 02 888 A1

6

D2 EP 0 538 207 A2

7

D3 [X.] 6,192,728 B1

8

D4 [X.] 6,038,903 A

9

D5  [X.] 20120015 U1

die sämtlich im Prüfungsverfahren berücksichtigt wurden; weiter auf die Dokumente

[X.] EP 0 446 819 B1

[X.] [X.] 991 A1

sowie auf offenkundige Vorbenutzung der automatischen [X.] der Firma [X.] und die dazu gehörenden Unterlagen

O1 Katalog [X.] aus 10/86

O2 Darstellung der Fig. 3 des Katalogs O1 mit ergänzten Bezugszeichen

O3 technische Zeichnung des Antriebs

O4 Erklärung der Funktionsweise des Antriebs

O5 Übersetzung der O4

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 1 396 295 mit Wirkung für die [X.] im Umfang der erteilten Patentansprüche 1, 2, 7, 9, 10 für nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Senat hat den Parteien einen Hinweis gem. § 83 Abs. 1 [X.] vom 21. November 2011 zugeleitet. Auf [X.]. 146 ff. der Akten wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet, denn der Senat hat nicht feststellen können, dass dem Gegenstand des [X.] in seiner erteilten Fassung der geltend gemachte [X.] (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 54, 56 EPÜ) entgegensteht, insbesondere, dass er gegenüber dem Stand der Technik nicht neu ist oder nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

II.

1. Das Patent betrifft eine Biegemaschine. Nach der Beschreibungseinleitung sind im Stand der Technik Biegemaschinen bekannt, bei denen an einander gegenüberliegenden Seiten eines [X.] angeordnete Mehrniveau-Biegewerkzeuge vorgesehen sind, die jeweils mehrere in Richtung einer [X.] übereinander angeordnete [X.]n sowie mit den [X.]n zusammenwirkende [X.]n und Gleitschienen umfassen. Es handelt sich dabei um herkömmliche Drehbiegewerkzeuge, deren [X.]n und Gleitschienen mittels hydraulischer Antriebe zwischen Funktions- und [X.]en hin und her bewegbar sind. Hierbei werden die [X.]n und die Gleitschienen an der einen Seite des [X.] unabhängig von den [X.]n und Gleitschienen an der gegenüberliegenden Seite des [X.] angetrieben und bewegt. Zu diesem Zweck besitzen die [X.]n und Gleitschienen beidseits des [X.] jeweils eigene hydraulische Antriebseinrichtungen in Form von hydraulischen Kolben-Zylinder-Einheiten [0002].

Eine andere Biegemaschine [0003] weist einen [X.] zur gemeinschaftlichen Bearbeitung zweier Rohre auf. Zu diesem Zweck ist der [X.] mit zwei gleichzeitig nutzbaren Drehbiegewerkzeugen versehen. Die [X.]n der beiden Drehbiegewerkzeuge sind mittels einer einzigen Kolben-Zylinder-Einheit jeweils gemeinschaftlich in eine Funktions- oder in eine [X.] überführbar. Entsprechend werden die Gleitschienen der beiden vorbekannten Drehbiegewerkzeuge durch eine einzige Kolben-Zylinder-Einheit gemeinschaftlich in Werkstückquerrichtung zwischen einer werkstücknahen Funktions- und einer werkstückfernen [X.] hin und her bewegt. In Werkstücklängsrichtung werden die Gleitschienen der beiden Biegewerkzeuge beim Biegen der zu bearbeitenden Rohre von diesen mitgenommen. Ein Vorschubantrieb zur Bewegung der Gleitschienen bei der Rohrbearbeitung ist dementsprechend nicht vorgesehen. Nach dem Biegen der beiden zu bearbeitenden Rohre werden die Gleitschienen beider Biegewerkzeuge durch eine gemeinsame Kolben-Zylinder-Einheit zusammen in ihre Ausgangslage zurückgezogen.

Die Patentschrift bezeichnet es als Aufgabe der Erfindung, den gattungsgemäßen Stand der Technik unter Gewährleistung einer optimalen Funktionssicherheit konstruktiv zu vereinfachen [0004].

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent eine Biegemaschine mit den in Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen vor, die sich wie folgt gliedern lassen:

1. Biegemaschine zum Biegen von stangen- und/oder stabartigen Werkstücken, insbesondere von Rohren,

2. mit einer Biegeeinrichtung (5, 105), die Biegewerkzeuge (10, 11; 110, 111) umfasst;

3. von den Biegewerkzeugen ist wenigstens eines an einer Seite und wenigstens eines an der gegenüberliegenden Seite eines [X.] (12, 112) vorgesehen;

4. ein Biegewerkzeug (10, 11; 110, 111) an einer Seite des [X.] (12, 112) ist zum Erstellen einer Biegung nutzbar, während gleichzeitig ein Biegewerkzeug (10, 11; 110, 111) an der gegenüberliegenden Seite des [X.] (12, 112) nicht zum Erstellen einer Biegung nutzbar ist;

5. die Biegewerkzeuge (10, 11; 110, 111) weisen jeweils wenigstens eine [X.] (13, 16; 113, 164; 116, 165) sowie zumindest ein Druckstück in Form einer [X.] (14, 17; 114, 166; 117, 168) auf;

6. die [X.]n (13, 16; 113, 164; 116, 165) sind entlang einer in Werkstückquerrichtung verlaufenden [X.] (19, 119) angeordnet;

7. die [X.]n (14, 17; 114, 166; 117, 168) sind an einem um die [X.] (19, 119) schwenkbaren Schwenkarm (20, 120) vorgesehen;

8. die [X.]n (14, 17; 114, 166; 117, 168) sind zur Überführung in eine Funktions- oder in eine [X.] in Werkstückquerrichtung angetrieben hin und her bewegbar;

9. einer werkstücknahen [X.] wenigstens einer [X.] (14, 17; 114, 166; 117, 168) des genutzten [X.] (10, 11; 110, 111) an der einen Seite des [X.] (12, 112) ist eine [X.] wenigstens einer [X.] (14, 17; 114, 166; 117, 168) des ungenutzten [X.] (10, 11; 110, 111) an der gegenüberliegenden Seite des [X.] (12, 112) zuordenbar;

10. in der [X.] ist die betreffende [X.] (14, 17; 114, 166; 117, 168) gegenüber ihrer [X.] zurückgezogen;

11. das Werkstück ist an dem genutzten Biegewerkzeug (10, 11; 110, 111) zwischen der [X.] (13, 16; 113, 164; 116, 165) und wenigstens einer ihre [X.] einnehmenden und dabei das Werkstück gegen die [X.] (13, 16; 113, 164; 116, 165) beaufschlagenden [X.] (14, 17; 114, 166; 117, 168) einspannbar;

12. das Werkstück ist eingespannt unter Schwenken des Schwenkarms (20, 120) mit der oder den [X.]n (14, 17; 114, 166; 117, 168) um die [X.] (13, 16; 113, 164; 116, 165) biegbar;

- Oberbegriff -

13. wenigstens eine [X.] (14, 17; 114, 166; 117, 168) an der einen und wenigstens eine [X.] (14, 17; 114, 166; 117, 168) an der gegenüberliegenden Seite des [X.] (12, 112) sind zur Bewegung in Werkstückquerrichtung antriebsmäßig gekoppelt;

14. mit der in Werkstückquerrichtung ausgeführten Bewegung zur Überführung der [X.](n) (14, 17; 114, 166; 117, 168) an der einen Seite des [X.] (12, 112) in die [X.] ist (sind) die zugeordnete(n) [X.](n) (14, 17; 114, 166; 117, 168) an der gegenüberliegenden Seite des [X.] (12, 112) in Werkstückquerrichtung gegenläufig in die [X.] bewegbar.

- Kennzeichen -

3. Als für die Beurteilung der streitgegenständlichen Problemstellung berufener Fachmann ist vorliegend ein Diplom-Ingenieur mit Fachhochschulausbildung der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Konstruktion von [X.]n anzusehen.

4. Nach dessen maßgeblichen Verständnis und einer nach Art. 69 EPÜ am Gesamtzusammenhang orientierten Betrachtung (st. Rspr., vgl. [X.], 129 - [X.]; [X.], 845 - Drehzahlermittlung, m. w. N.) ist zu beurteilen, welche technische Lehre Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist und welchen technischen Sinngehalt den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit zukommt ([X.], 515, 517 - Schneidmesser I; [X.], 232, 233 - Brieflocher, jeweils m. w. N.). Die Patentschrift stellt deshalb im Hinblick auf die gebrauchten Begriffe auch ihr eigenes Lexikon dar ([X.], 909, 912 - Spannschraube; [X.] [X.]. 2000, 105, 106 - Extrusionskopf). Der Senat legt danach dem erteilten Patentanspruch 1 folgendes Verständnis zu Grunde:

Der Patentanspruch 1 des [X.] ist auf eine Biegemaschine zum Biegen von stangen- und/oder stabartigen Werkstücken gerichtet. Die Biegemaschine weist nach Merkmal 2 eine Biegeeinrichtung mit mehreren Biegewerkzeugen auf. Nach Merkmal 3 ist von diesen Biegewerkzeugen wenigstens eines auf einer Seite eines [X.] und wenigstens ein weiteres an der gegenüberliegenden Seite des [X.] vorgesehen.

Während die Merkmale 5, 6, 7, 8, 11 - 12 die typischen und notwendigen Merkmale einer Biegemaschine mit mehreren Biegewerkzeugen sowie deren Funktionsweise beschreiben, ist vor allem das Merkmal 4 von wesentlicher Bedeutung. Dieses Merkmal 4 besagt, dass das eine Biegewerkzeug an einer Seite des [X.] zum Erstellen einer Biegung nutzbar ist, während das an der gegenüberliegenden Seite des [X.] angeordnete Biegewerkzeug nicht gleichzeitig zum Erstellen einer Biegung nutzbar ist. Dem Fachmann erschließt sich dadurch, dass nur ein einziges dieser beiden Biegewerkzeuge genutzt werden kann, während das andere in dieser Zeit unbenutzbar ist, also nicht gleichzeitig genutzt werden kann. Dementsprechend stellt auch Merkmal 9 klar, dass das zweite (unbenutzbare) Biegewerkzeug einer [X.] „zuordenbar“ ist, während das erste Werkzeug genutzt wird, wobei Merkmal 10 diese [X.] derart präzisiert, dass die betreffende [X.] gegenüber ihrer [X.] zurückgezogen ist. Zwar könnte hier mit dem verwendeten Begriff „zuordenbar" möglicherweise offen bleiben, ob dies auch tatsächlich stattfindet, d. h. dass das zweite (unbenutzbare) Biegewerkzeug tatsächlich auch dieser [X.] zugeordnet ist. In Verbindung mit Merkmal 4 erschließt sich jedoch dem Fachmann, dass im vorliegenden Fall, das zweite Biegewerkzeug nicht gleichzeitig zum Erstellen einer Biegung nutzbar ist, also nicht genutzt werden kann und demzufolge notwendigerweise in einer [X.] stehen muss.

mit der Bewegung" verstärkt. Diese nach Überzeugung des Senats bereits aus dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 einzig gebotene Auslegung des Patentanspruchs 1 hinsichtlich seiner Merkmale 13 und 14 findet auch durchgängig ihren Niederschlag in den Beschreibungsunterlagen, und zwar nicht nur - wie die Klägerin vorträgt - in den Ausführungsbeispielen, beispielsweise in Spalte 4, Zeilen 37 bis 40, sondern darüber hinaus auch in der allgemeinen Beschreibung des streitpatentgemäßen Antriebskonzepts in Spalte 2, Zeilen 29 bis 40. Dort ist klar beschrieben, dass der Begriff „antriebsmäßig gekoppelt" im Sinne des [X.] nach Patentanspruch 1 als eine gemeinsame Bewegung der beiden [X.]n zu verstehen ist, und zwar unter Nutzung ein und derselben Antriebselemente, worunter nach fachgerechter Auslegung insbesondere auch ein einziger Antriebsmotor gehört.

Das Vorbringen der Klägerin, dass die Formulierung der Patentansprüche 7 bzw. 9, in denen - nach Auffassung der Klägerin - erstmalig ein gemeinschaftlicher Antriebsmotor bzw. eine gegenläufige Bewegung der Antriebselemente beschrieben sei, bereits belege, dass im Patentanspruch 1 keine antriebsmäßige Kopplung im Sinne eines gemeinschaftlichen [X.] bzw. eine gegenläufige Bewegung der Antriebselemente vorliegen könne, kann nicht überzeugen. Denn zum einen ist der Patentanspruch 1 diesbezüglich - wie vorstehend erläutert - für sich völlig eindeutig formuliert. Zum anderen enthält auch der Patentanspruch 7 mit der Einschränkung des [X.] auf einen Querantriebsmotor und in ähnlicher Weise auch der Patentanspruch 9 mit der Ausbildung von [X.] zweifelsfrei vorteilhafte Ausgestaltungen des Gegenstands des Patentanspruchs 1, die so nicht Bestandteil des Patentanspruchs 1 sind, auch wenn dieser wie vorbeschrieben ausgelegt wird. Ein Widerspruch besteht deshalb entgegen der klägerischen Ansicht gerade nicht.

5. Der Senat konnte nicht feststellen, dass die unstrittig gewerblich anwendbare streitpatentgemäße [X.] gemäß den angegriffenen Patentansprüchen 1, 2, 7, 9 und 10 des [X.] die Voraussetzungen des [X.]es fehlender Patentfähigkeit i. S. v. Art. 138 Absatz 1 a EPÜ erfüllt.

5.1. Die streitpatentgemäße [X.] nach dem Patentanspruch 1 des [X.] ist unter Berücksichtigung des im Verfahren befindlichen Stands der Technik neu.

Die Druckschrift nach der Anlage [X.] zeigt eine [X.] mit - soweit unstrittig - allen Merkmalen des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 des [X.]s. Insbesondere zeigt diese Druckschrift eine Biegemaschine zum Biegen von stangen- und/oder stabartigen Werkstücken, insbesondere von Rohren, mit einer Biegeeinrichtung, die Biegewerkzeuge (41, 42) umfasst. Von den Biegewerkzeugen ist wenigstens eines (41) an einer Seite und wenigstens eines (42) an der gegenüberliegenden Seite eines [X.] vorgesehen.

Ein Biegewerkzeug (36, 41) an einer Seite des [X.] ist nach der Darstellung in Figur 3 der bekannten [X.] zum Erstellen einer Biegung nutzbar, während gleichzeitig ein Biegewerkzeug (37, 42) an der gegenüberliegenden Seite des [X.] nicht zum Erstellen einer Biegung nutzbar ist. Die Biegewerkzeuge weisen jeweils wenigstens eine [X.] ([X.] 36, 37) sowie zumindest ein Druckstück in Form einer [X.] (41, 42) auf. Die [X.]n (36, 37) sind entlang einer in Werkstückquerrichtung verlaufenden [X.] (Schwenkachse 38) angeordnet. Die [X.]n (41, 42) sind an einem um die [X.] (38) schwenkbaren Schwenkarm (7) vorgesehen und zur Überführung in eine Funktions- oder in eine [X.] in Werkstückquerrichtung angetrieben hin und her bewegbar. Einer werkstücknahen [X.] wenigstens einer [X.] (41) des genutzten [X.] (36, 41) an der einen Seite des [X.] ist eine [X.] wenigstens einer [X.] (42) des ungenutzten [X.] (37, 42) an der gegenüberliegenden Seite des [X.] zuordenbar.

Wie die Figuren 3 bis 8 der [X.] zeigen, ist in der [X.] die betreffende [X.] (42) gegenüber ihrer [X.] zurückgezogen. An dem genutzten Biegewerkzeug (36, 41) ist das Werkstück zwischen der [X.] (36) und wenigstens einer ihre [X.] einnehmenden und dabei das Werkstück gegen die [X.] (36) beaufschlagenden [X.] (41) einspannbar. Das Werkstück ist eingespannt unter Schwenken des Schwenkarms (7) mit der oder den [X.]n (41, 42) um die [X.] (36, 37) biegbar.

Dies wird von der [X.] auch ausdrücklich zugestanden.

die Antriebe für die [X.]n (41, 42), für die Gleitschienen (47, 48) sowie Motor (34) für die Drehung des [X.] (13) elektronisch miteinander verknüpft sind. Somit weist die bekannte Biegemaschine nach der [X.] mehrere Antriebe, insbesondere auch mehrere Antriebe für die [X.]n auf. Auch ist auf Seite 3, Zeilen 49 bis 50 der [X.] beschrieben, dass nur die (eine) [X.] (41) und die (eine) Gleitschiene (48) geöffnet und nach Drehung des [X.] gemäß den Ausführungen auf Seite 4, Zeile 5 nur die (eine) [X.] (42) zum Festklemmen geschlossen werde. Daher kann die bekannte [X.] nach der [X.] dem Fachmann eine antriebsmäßige Kopplung der [X.]n im Sinne des Merkmals 13 des [X.] nicht offenbaren.

Selbst der Hinweis der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf die Ausführungen auf Seite 4, Zeilen 8 bis 10 der [X.], wonach die Bewegungsabläufe des [X.] (25), der [X.]n (41, 42), der Gleitschienen (47, 48) und der Drehung des [X.] sich durch eine Computersteuerung gegenseitig überschneiden können, kann keine antriebsmäßige, sondern allenfalls eine steuerungstechnische Kopplung der beiden [X.]n offenbaren. Vielmehr müssen bei einer computergesteuerten Überschneidung von Bewegungen die jeweiligen Antriebe unabhängig voneinander sein, da sonst keine Überschneidung möglich ist.

Letztlich fehlt es dem [X.] der [X.] auch an jeglicher Offenbarung einer mit der einen [X.] gleichzeitig, aber gegenläufig stattfindenden Bewegung der zweiten [X.] entsprechend Merkmal 14 des [X.]. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 daher neu ist gegenüber dem bekannten Gegenstand nach der [X.].

Auch die bereits in der Beschreibungseinleitung des [X.] genannte Druckschrift [X.] weist allenfalls die Merkmale des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 auf, nicht jedoch die kennzeichnenden Merkmale 13 und 14, wie sie der Fachmann im Sinne des [X.] gemäß den Ausführungen in Abschnitt 4 auffasst. Denn auch bei der bekannten Biegemaschine nach der [X.] ist für die obere [X.] (19a) ein erster Antriebsmotor in Form eines ersten Hydraulikzylinderantrieb (20a) und für die untere [X.] (19b) ein zweiter Antriebsmotor in Form eines zweiten Hydraulikzylinderantrieb (20b) vorgesehen. Somit weist die bekannte Biegemaschine nach der [X.] zwei unabhängig voneinander ansteuerbare Antriebe für die beiden [X.]n auf. Eine antriebsmäßige Kopplung der [X.]n im Sinne des Merkmals 13 des [X.] ist somit nicht vorhanden.

Hinsichtlich der restlichen im Verfahren befindlichen Druckschriften sowie hinsichtlich der behaupteten Vorbenutzung hat die Klägerin den [X.] der fehlenden Neuheit nicht vorgetragen. Er liegt auch nicht vor, wie der Senat überprüft hat.

5.2. Die Klägerin vermochte den Senat auch nicht davon zu überzeugen, dass die [X.] nach dem Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung des [X.] sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik ergab. Für die Frage der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ist entscheidend, um welche Leistung der Stand der Technik bereichert wird, was die Erfindung also gegenüber diesem tatsächlich leistet ([X.] GRUR 2009, 382 - Olanzapin; [X.] GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger), wobei verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein können (B[X.] [X.], 317 - Programmartmitteilung) und zu fragen ist, ob der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu ändern.

Den Ausgangspunkt des Standes der Technik, den der Fachmann bei seinem Bemühen um eine Problemlösung heranzog, mag die Druckschrift [X.] bilden, weil sie - soweit zwischen den Parteien unstrittig - die [X.] 1 bis 12 des Patentanspruchs 1 des [X.] aufweist, auch wenn bereits die Wahl des Ausgangspunkts regelmäßig einer besonderen Rechtfertigung bedarf und insbesondere - wie vorliegend - die Problemstellung, die das Bemühen des Fachmanns um eine bessere - oder auch andere - Lösung leitet, eine andere ist ([X.] GRUR 2009, 1039, [X.]. 20).

Wie vorstehend zur Beurteilung der Neuheit im Einzelnen begründet, weist die [X.] keinerlei [X.] hinsichtlich der Merkmale 13 und 14 des Patentanspruchs 1 des [X.] auf. Der Inhalt der [X.] konnte deshalb dem Fachmann bereits aus diesem Grund keine Anregung zur Schaffung einer streitpatentgemäßen Kopplung der Antriebe gemäß Patentanspruch 1 als Problemlösung geben. Es fehlt mithin bereits jegliche Veranlassung, den Weg der Erfindung zu beschreiten, und deshalb an einem Naheliegen der beanspruchten Lehre. Denn hierzu bedarf es in der Regel über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe ([X.] GRUR 2009, 746, [X.]. 20 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung;), insbesondere reicht es nicht aus, dass nur keine Hinderungsgründe zutage treten ([X.] [X.], 407, [X.]. 17 - einteilige Öse). Der Senat ist sich bewusst, dass insoweit nicht nur ausdrückliche Hinweise an den Fachmann beachtlich sind, sondern auch sonstige Umstände, wie die übliche Vorgehensweise bei der Entwicklung von Neuerungen oder technische Bedürfnisse, die sich aus der Konstruktion oder der Anwendung des in Rede stehenden Gegenstands ergeben oder auch nicht-technische Vorgaben im Einzelfall, welche die notwendigen Anregungen oder Anstöße geben können ([X.] [X.], 378, [X.]. 16 - Installiereinrichtung II).

Insoweit ist aber vorliegend zu berücksichtigen, dass bereits die Aufgabenstellung der [X.], der eine Optimierung zwischen größtmöglicher Schnelligkeit und minimalstem Investitionsaufwand zugrunde liegt, anders gelagert ist als die im Streitpatent genannte und objektive Problemstellung, bei der eine Verbesserung der Funktionssicherheit angestrebt wird. Insbesondere spricht aber das Vorsehen einer steuerungstechnischen Verknüpfung bei der bekannten [X.] nach der [X.] aus technischer Sicht bereits gegen eine antriebsmäßige Kopplung, weil eine sich überschneidende Bewegung bei einer antriebsmäßigen Kopplung in der Regel nicht ohne weiteres möglich ist. Auch die sonstigen Umstände lassen deshalb gerade nicht erkennen, was den Fachmann veranlasst haben sollte, die im Stand der Technik vorgefundene Lehre und technische Entwicklung in eine andere, erfindungsgemäße Richtung voranzutreiben.

Die [X.] geht - wie in Abschnitt 5.1 begründet - nicht über das hinaus, was dem Fachmann aus der [X.] bekannt ist. Insbesondere offenbart auch diese Druckschrift, weder das Merkmal 13 noch das Merkmal 14 des Patentanspruchs 1 des [X.]. Aus diesem Grund konnte selbst eine Kombination der Druckschriften [X.] und [X.] den Fachmann nicht in naheliegender Weise zum [X.] nach Patentanspruch 1 führen.

Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung noch aufgegriffene [X.] zeigt gemäß Figur 5 in Verbindung mit entsprechenden Textstellen in der Beschreibung eine Rohrbiegevorrichtung zum Biegen von stangen- und/oder stabartigen Werkstücken (20), die zumindest zwei Biegewerkzeuge aufweist. Jedes Biegewerkzeug hat zumindest einen [X.]n (62 bzw. 63), der zur Überführung in eine Funktions- oder in eine [X.] in Werkstückquerrichtung angetrieben hin und her bewegbar ist. Hierfür weist die bekannte Rohrbiegevorrichtung nach der [X.], wie in Figur 5 deutlich zu erkennen ist, für jeden [X.]n (62 bzw. 63) jeweils eine eigene hydraulische Antriebseinrichtung in Form einer hydraulischen Kolben-Zylinder-Einheit (66) auf. Insofern zeigt auch diese Druckschrift weder das Merkmal 13 noch das Merkmal 14 des Patentanspruchs 1 des [X.]. Aus diesem Grund geht die Druckschrift [X.] nicht über das hinaus, was bereits durch die Druckschriften [X.] oder [X.] bekannt geworden ist, so dass die [X.] weder für sich noch in Kombination mit den Druckschriften [X.] bzw. [X.] den [X.] nahe legen kann.

Die bereits im Prüfungsverfahren berücksichtigte Druckschrift [X.] zeigt eine Rohrbiegevorrichtung zum Biegen von stangen- und/oder stabartigen Werkstücken mit einer Biegeeinrichtung, die zwei Biegewerkzeuge (3) auf beiden Seiten eines [X.] umfasst. Anders als beim Gegenstand des [X.] nach Merkmal 4 können mit dieser bekannten [X.] entsprechend der Darstellung in Figur 2 gleichzeitig zwei Rohre (a) bearbeitet werden, so dass die bekannte Biegemaschine zwei Biegewerkzeuge (4) aufweist, die beide gemeinsam entweder in die [X.] oder in die [X.] gebracht werden können. Eine gegenläufige Bewegung der beiden Biegewerkzeuge (3) entsprechend Merkmal 14 des Patentanspruchs 1 ist weder vorgesehen noch möglich. Auch weist diese bekannte Biegeeinrichtung nicht die Merkmale 9 sowie 14 auf, weil anders als beim [X.] beide Biegewerkzeuge gleichzeitig und gleichartig genutzt werden sollen. Schon aus diesem Grund konnte die Druckschrift [X.] für sich gesehen, selbst unter Hinzuziehung des fachmännischen Könnens, keine Hinweise geben, den bisher beschrittenen Weg zu verlassen und den abweichenden Lösungsweg der streitpatentgemäßen Rohrbiegevorrichtung einzuschlagen.

Auch eine Kombination der Druckschriften der [X.] oder der [X.] mit der [X.] kann den Fachmann unter Einbeziehung seines Fachwissens nicht in naheliegender Weise zur streitpatentgemäßen [X.] führen. Die bekannte Rohrbiegevorrichtung nach der Druckschrift [X.] zum Biegen von stangen- und/oder stabartigen Werkstücken mag zwar wie vorstehend beschrieben nur einen einzigen Antrieb in Form eines Zylinders (10) für die Bewegung der [X.]n entsprechend Merkmal 13 des Patentanspruchs 1 des [X.] aufweisen. Doch treibt dieser gemeinsame Antrieb die beiden Biegewerkzeuge (3) auch in gleicher Richtung an, um gleichzeitig zwei parallel angeordnete Rohre spannen und biegen zu können. Eine gegenläufige Bewegung der beiden Biegewerkzeuge entsprechend Merkmal 14 des Patentanspruchs 1 des [X.] ist weder vorgesehen noch möglich. Aus diesem Grund führt selbst eine Kombination der Druckschriften [X.] oder [X.] mit der Druckschrift [X.] den Fachmann nicht in naheliegender Weise zur streitpatentgemäßen [X.]. Vielmehr würde der Fachmann ausgehend von der [X.] oder [X.] allenfalls das Konzept der [X.] übernehmen, zwei Rohre in einem Arbeitsgang zu biegen. Dadurch wären jedoch zwangsläufig die Merkmale 4 und 9 des Patentanspruchs 1 des [X.] nicht mehr erfüllt, so dass die Druckschrift [X.] den Fachmann weg führt von der streitpatentgemäßen Lehre nach Patentanspruch 1.

Das von der Klägerin vorgenommene Herausgreifen einzelner Merkmale aus den Druckschriften [X.] und [X.] oder [X.] und ein entsprechendes Zusammenfügen zur Lehre des Patentanspruchs 1 unter Strapazierung des fachmännischen Wissens ist demgegenüber nach Überzeugung des Senats Resultat einer unzulässigen ex-post-Betrachtung in Kenntnis der Erfindung und berücksichtigt nicht, dass erfahrungsgemäß die technische Entwicklung nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr oder weniger zwangsläufig darstellen mag, auch wenn der Fachmann stets bestrebt ist, für einen bestimmten Zweck eine bessere - oder auch nur eine andere - Lösung zu finden, als sie der Stand der Technik zur Verfügung stellt ([X.] GRUR 2009, 1039, [X.]. 20 - Fischbissanzeiger). Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden [X.] nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es - abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall, in dem es für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist (vgl. [X.] GRUR 2009, 936 [X.]. 21 - Heizer; [X.], 814, [X.]. 26 - [X.]) - in der Regel vielmehr zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen ([X.] GRUR 2009, 746, [X.]. 20 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung; [X.], 407, [X.]. 17 - einteilige Öse). Diese sind vorliegend nicht ersichtlich.

Die behauptete offenkundige Vorbenutzung, die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffen worden ist, geht - wie im [X.] begründet - nicht über das hinaus, was aus der Druckschrift [X.] dem Fachmann bekannt geworden ist.

Auch die übrigen im Zuge des Verfahrens in Betracht gezogenen Druckschriften, die von der Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung nicht aufgegriffen worden sind, liegen weiter ab vom [X.] und stehen deshalb dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 ebenfalls nicht patenthindernd entgegen. Die beanspruchte Lehre war auch nicht durch einfache fachübliche Erwägungen ohne weiteres auffindbar, sondern bedurfte darüber hinaus gehender Gedanken und Überlegungen, die auf erfinderische Tätigkeit schließen lassen. Der erteilte Patentanspruch 1 hat daher Bestand.

5.3. Die Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 begründet ebenso die Rechtsbeständigkeit der von diesem abgeleiteten und ebenfalls angegriffenen [X.], 7, 9 und 10, die Ausgestaltungen der Erfindung nach Patentanspruch 1 enthalten, werden vom beständigen Hauptanspruch getragen, ohne dass es hierzu weiterer Feststellungen bedurfte ([X.] Urt. v. 24.01.2012 - [X.], [X.]. 47; nicht abgedruckt in [X.], 475 ff. - [X.]; [X.] 34, 215).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

Meta

4 Ni 7/11 (EP)

13.03.2012

Bundespatentgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 13.03.2012, Az. 4 Ni 7/11 (EP) (REWIS RS 2012, 8244)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8244

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X ZR 88/09

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