Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.10.2020, Az. 6 StR 227/20

6. Strafsenat | REWIS RS 2020, 2100

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Kenntnis und Billigung des Wohnungsinhabers von Lagerung und Vertrieb von Betäubungsmitteln


Tenor

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 31. Januar 2020, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Angeklagte mit ihrer auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat entsprechend dem Antrag des [X.] Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

2

1. [X.] hat keinen Bestand. Die Feststellungen belegen nicht, dass die Angeklagte ihrem Lebensgefährten Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln geleistet hat.

3

a) Soweit das [X.] es als eine Beihilfehandlung gewertet hat, dass sie ihm ihre gemeinsam genutzte Wohnung einschließlich des Kellers sowie ein von ihnen beiden gepachtetes Gartengrundstück zur Verfügung gestellt und die vorübergehende Lagerung von Drogen in der Wohnung akzeptiert habe, hält dies rechtlicher Prüfung nicht stand. Ohne eine irgendwie geartete, die Handelstätigkeit objektiv fördernde Unterstützungshandlung erfüllt es nicht die Voraussetzungen einer strafbaren Beihilfe, dass der Wohnungsinhaber die Lagerung von Betäubungsmitteln und deren Verkauf aus der Wohnung heraus kennt und billigt (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschlüsse vom 16. Februar 2016 - 4 [X.], [X.], 215; vom 17. November 2011 - 2 StR 348/11, [X.], 58); eine solche Unterstützungshandlung der Angeklagten lässt sich jedoch den Urteilsgründen auch in ihrer Gesamtheit nicht entnehmen.

4

Eine ihren Lebensgefährten in [X.] bestärkende Äußerung oder sonstige Verhaltensweise der Angeklagten, die gegebenenfalls als psychische Unterstützung seiner Tat gewertet werden könnte, hat die [X.] ebenfalls nicht festgestellt.

5

Mangels Garantenstellung der Angeklagten als Wohnungsinhaberin scheidet auch eine Strafbarkeit wegen Beihilfe durch Unterlassen aus, denn ein Wohnungsinhaber hat grundsätzlich nicht rechtlich dafür einzustehen, dass in seinen Räumen durch andere Personen keine Straftaten begangen werden (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 19. Dezember 2013 - 4 StR 300/13, [X.], 164; Beschluss vom 30. September 2009 - 2 StR 329/09, [X.], 221).

6

b) Soweit das [X.] eine Beihilfehandlung der Angeklagten darin erblickt hat, dass sie zwischen ihrem Lebensgefährten und dessen Drogenlieferanten Nachrichten zur Durch- und Fortführung des Drogenhandels vermittelt habe, trägt dies den Schuldspruch ebenso nicht, weil sich diese Förderung nicht auf die angeklagte Tat bezieht.

7

Hierzu hat der [X.] in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„Feststellungen dazu, dass die Angeklagte die hier allein verfahrensgegenständliche Haupttat betreffend die in der Wohnung am 24. Mai 2019 sichergestellte [X.] durch eine Vermittlung von Nachrichten oder sonstiges Mitwirken an Vereinbarungen gefördert hat, sind auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen. Die allgemeinen, hinsichtlich einzelner Lieferungen nicht näher konkretisierten Ausführungen im Rahmen des Tatvorgeschehens, nach denen Informationen zwischen dem Mitangeklagten und dem Lieferanten lediglich ‚teilweise‘ unter Vermittlung der Angeklagten erfolgten, belegen keine durchgängige Einbindung der Angeklagten bei allen vom Mitangeklagten bezogenen [X.]n und lassen offen, ob die Angeklagte solche Tätigkeiten auch zur Förderung der hier verfahrensgegenständlichen Tat ausgeführt hat.“

8

Dem schließt sich der Senat an.

9

2. Die Sache bedarf aufgrund des aufgezeigten Rechtsfehlers neuer tatgerichtlicher Verhandlung und Entscheidung. Das neue Tatgericht wird im Fall einer erneuten Verurteilung der Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Rahmen der Strafzumessung die in der Antragsschrift des [X.] aufgezeigten Hinweise zu beachten haben.

Sander     

        

Schneider     

        

Feilcke

        

Tiemann     

        

von [X.]     

        

Meta

6 StR 227/20

21.10.2020

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dessau-Roßlau, 31. Januar 2020, Az: 651 Js 17750/18 3 KLs

§ 29 BtMG, § 29a BtMG, § 13 StGB, § 27 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.10.2020, Az. 6 StR 227/20 (REWIS RS 2020, 2100)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2100

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 598/18 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubter Handel und Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Beihilfe des Wohnungsinhabers


4 StR 300/13 (Bundesgerichtshof)

Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Zustimmung zur Lagerung der Betäubungsmittel in der eigenen Wohnung


5 StR 351/22 (Bundesgerichtshof)

Besitzwillen als Voraussetzung für den Besitz von Betäubungsmitteln; Beihilfe bei Kenntnis und Billigung der Lagerung …


4 StR 300/13 (Bundesgerichtshof)


2 StR 64/20 (Bundesgerichtshof)

Voraussetzungen einer Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.