Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.10.2018, Az. 4 B 15/18

4. Senat | REWIS RS 2018, 2503

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Gegenstand

Vorhaben im unbeplanten Innenbereich bei Missachtung des Gebots der interkommunalen Abstimmung


Leitsatz

Es erscheint zweifelhaft, ob nach Inkrafttreten des § 34 Abs. 3 BauGB aus dem Gebot interkommunaler Abstimmung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB zu Gunsten einer Nachbargemeinde ein Abwehranspruch gegen ein Einzelvorhaben im unbeplanten Innenbereich folgen kann, wenn die Standortgemeinde dem Bauinteressenten unter Missachtung des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB einen Zulassungsanspruch verschafft (so erwogen in BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1993 - 4 C 15.92 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 156 S. 96). Solche Fälle kommen - wenn überhaupt - nur bei einem aktiven Einwirken der Gemeinde auf den Zulassungsanspruch in Betracht.

Gründe

I

1

Die beklagte [X.] erteilte der Klägerin einen planungsrechtlichen [X.]auvorbescheid für die Erweiterung eines Einkaufszentrums. Gestützt war der [X.]escheid auf § 34 [X.], weil die [X.]eklagte ihre eigenen, der Erweiterung entgegenstehenden [X.]ebauungspläne für unwirksam hielt. Auf Weisung der [X.] nahm sie den [X.]auvorbescheid zurück, weil der [X.]ebauungsplan wirksam sei und auch im Falle seiner Unwirksamkeit nicht nach § 34 [X.] habe entschieden werden dürfen.

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat den Rücknahmebescheid aufgehoben. Die Rücknahme sei rechtswidrig, weil der [X.]auvorbescheid rechtmäßig sei. Die dem Vorhaben entgegenstehenden [X.]ebauungspläne seien unwirksam, das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 und 3 [X.] zu beurteilen und nach dieser Norm planungsrechtlich zulässig ([X.], Urteil vom 7. November 2017 - 5 S 1003/16 - [X.] 2018, 636). Insbesondere habe es keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der [X.]eklagten oder der [X.]eigeladenen zu 1.

II

3

Die auf alle Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO gestützte [X.]eschwerde der beigeladenen Nachbargemeinde bleibt erfolglos.

4

I. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die ihr die [X.]eschwerde beimisst.

5

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der [X.]eschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des [X.]undesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91>).

6

1. Die [X.]eschwerdeführerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob eine [X.], die zugleich [X.]augenehmigungsbehörde ist, in zurechenbarer Weise die Weichen in Richtung der Zulassung eines Vorhabens nach § 34 [X.] stellt und dem [X.]auinteressenten damit unter Missachtung des § 2 Abs. 2 [X.] einen Zulassungsanspruch verschafft, wenn sie es in Kenntnis ihrer mit [X.]lick auf das Vorhaben bestehenden [X.]auleitplanungspflicht bewusst unterlässt, einen [X.]ebauungsplan zu erstellen oder einen als fehlerhaft erkannten [X.]ebauungsplan, der dem Vorhaben entgegenstehende Festsetzungen enthält, zu heilen, um dem [X.]auinteressenten zu einem Genehmigungsanspruch aus § 34 [X.] zu verhelfen.

7

Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sich ihre Antwort aus der Rechtsprechung des [X.] ergibt. Der Senat hat in seinem Urteil vom 11. Februar 1993 - 4 [X.] 15.92 - ([X.] 406.11 § 34 [X.] Nr. 156 S. 94, 96) betont, dass bei einem Vorhaben im unbeplanten Innenbereich, das sich in den Rahmen der vorhandenen Umgebungsbebauung einfügt, ein etwaiges Planungserfordernis nicht als Zulassungshindernis durchschlägt. Zugleich hat der Senat erwogen, das Gebot interkommunaler Abstimmung könne einen Abwehranspruch gegen ein Einzelvorhaben begründen, wenn die [X.] dem [X.]auinteressenten unter Missachtung des § 2 Abs. 2 [X.] - zwischenzeitlich § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] (vgl. Gesetz vom 24. Juni 2004, Art. 1 Nr. 4 [X.]uchstabe b, [X.]. [X.] 1359) - einen Zulassungsanspruch verschafft habe. Dies setze voraus, dass die [X.] durch einen nicht abgestimmten [X.]auleitplan oder im Falle des Fehlens eines solchen Plans auf andere Weise die Weichen in Richtung Zulassungsentscheidung stellt. Habe die [X.] auf die [X.] nicht eingewirkt, könne von einer Umgehung des § 2 Abs. 2 [X.] keine Rede sein. So liege es, wenn ein Genehmigungsanspruch aus § 34 Abs. 1 [X.] hergeleitet werde.

8

Es erscheint zweifelhaft, ob auf diese Überlegungen bei Vorhaben im unbeplanten Innenbereich weiterhin zurückgegriffen werden kann. Der Gesetzgeber hat mit § 34 Abs. 3 [X.] (Gesetz vom 24. Juni 2004, Art. 1 Nr. 24 [X.]uchstabe b, [X.]. [X.] 1359) den Schutz zentraler Versorgungsbereiche auch in anderen als der Standortgemeinde als Voraussetzung der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich aufgenommen. Damit könnte der [X.]edarf für eine Missbrauchsabwehr entfallen sein (in diese Richtung [X.], DV[X.]l. 2006, 799 <802>; [X.]., in: [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. 2018, § 2 Rn. 53.2; [X.], [X.], 1225 <1229>; Kment, NVwZ 2007, 996 <1002>; Söfker, in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], Stand Mai 2018, § 34 Rn. 86m; [X.], in: [X.], [X.], 8. Aufl. 2015, § 2 Rn. 112; a.[X.], DV[X.]l. 2009, 693 <699>; [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. 2018, § 34 Rn. 3). Zudem lässt das Senatsurteil vom 11. Februar 1993 - 4 [X.] 15.92 - ([X.] 406.11 § 34 [X.] Nr. 156 [X.]) nicht erkennen, wie den Interessen des [X.]auantragstellers Rechnung zu tragen sein könnte, wenn der Genehmigungsbehörde eine [X.]escheidung nach § 34 [X.] untersagt sein sollte, die [X.] aber kein Verfahren einleitet, um einen [X.]ebauungsplan zu erlassen.

9

Jedenfalls ist die vom Senat erwogene Fallgruppe auf das aktive Einwirken der [X.] auf den Zulassungsanspruch des [X.]auinteressenten beschränkt. Die planerische Untätigkeit der [X.], wie sie die [X.]eschwerdeführerin der [X.]eklagten vorwirft, genügt nicht. Etwas Anderes folgt nicht daraus, dass die [X.] die Unwirksamkeit eines [X.]ebauungsplans erkennt oder doch zu erkennen glaubt. Allerdings kann eine [X.], aus der Erkenntnis, dass ein [X.]ebauungsplan rechtswidrig ist, verpflichtet sein, den [X.]ebauungsplan aufzuheben oder die Fehler zu heilen ([X.]VerwG, Urteil vom 21. November 1986 - 4 [X.] 22.83 - [X.]VerwGE 75, 142 <145 f.> und [X.], Urteil vom 25. Oktober 2012 - [X.], NVwZ 2013, 167 Rn. 20). Die [X.] ist damit - an[X.] als die [X.]eschwerde annimmt - bei Kenntnis der Unwirksamkeit eines [X.]ebauungsplans nicht darauf beschränkt, einen [X.]ebauungsplan aufzustellen oder den als fehlerhaft erkannten [X.]ebauungsplan zu heilen. Hebt die [X.] den unwirksamen [X.]ebauungsplan indes mit deklaratorischer Wirkung auf, steht sie nicht an[X.], als wenn sie den Plan nicht erlassen hätte. Dass allein das Unterlassen einer [X.]auleitplanung kein Abwehrrecht der Nachbargemeinde gegen ein nach § 34 [X.] zulässiges Vorhaben begründet, ist in dem Senatsurteil vom 11. Februar 1993 - 4 [X.] 15.92 - ([X.] 406.11 § 34 [X.] Nr. 156 [X.]) geklärt.

Abweichendes ergibt sich nicht aus den von der [X.]eschwerde angeführten Entscheidungen des Senats. Das Senatsurteil vom 17. September 2003 - 4 [X.] 14.01 - ([X.]VerwGE 119, 25 <35 f.>) weist zwar auf § 2 Abs. 2 [X.] als Rechtsgrund einer objektiv-rechtlichen Planungspflicht hin, gibt deren Durchsetzung aber den [X.]sbehörden auf, während sich eine Nachbargemeinde gegen eine auf § 34 Abs. 1 [X.] gestützte [X.]augenehmigung für großflächigen Einzelhandel nicht zur Wehr setzen könne (ebenso Söfker, in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], Stand Mai 2018, § 2 Rn. 104). Das ein [X.] betreffende Senatsurteil vom 1. August 2002 - 4 [X.] 5.01 - ([X.]VerwGE 117, 25 <30>) führt auf kein anderes Ergebnis, weil zu den in § 35 Abs. 3 Satz 1 [X.] nicht ausdrücklich benannten öffentlichen [X.]elangen auch das Erfordernis einer förmlichen Planung gehört, während in § 34 Abs. 1 und 3 [X.] ein entsprechendes Tatbestandsmerkmal fehlt. Auch die Senatsbeschlüsse vom 22. Dezember 2009 - 4 [X.] - ([X.] 2010, 269) und vom 18. Dezember 2012 - 4 [X.] 3.12 - ([X.] 2013, 277 Rn. 12) haben keine Vorhaben im unbeplanten Innenbereich zum Gegenstand.

2. Die [X.]eschwerde möchte [X.] klären lassen,

ob ein [X.]auvorbescheid im Sinne von § 48 Abs. 1 VwVfG rechtswidrig ist, wenn dieser auf der [X.]asis von § 34 Abs. 1 und 3 [X.] erteilt wird, obwohl das zur Entscheidung gestellte [X.]auvorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten [X.]ebauungsplans liegt, der von der [X.], die auch [X.]augenehmigungsbehörde ist, nicht angewandt wird, obwohl seine Unwirksamkeit nicht gerichtlich festgestellt ist.

Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie in der Rechtsprechung geklärt ist. § 48 Abs. 1 VwVfG regelt die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte. Der Verwaltungsakt muss zum Zeitpunkt seines Erlasses objektiv rechtswidrig gewesen sein, falls sich aus dem Fachrecht kein anderer Zeitpunkt ergibt ([X.]VerwG, Urteile vom 9. Mai 2012 - 6 [X.] 3.11 - [X.]VerwGE 143, 87 Rn. 43, vom 28. April 2016 - 4 A 2.15 - [X.]VerwGE 155, 81 Rn. 27 und vom 21. Januar 2017 - 6 [X.] 3.16 - [X.]VerwGE 159, 148 Rn. 19). Hiervon ausgehend hat der Verwaltungsgerichtshof eine Rechtswidrigkeit des [X.]auvorbescheides verneint, weil im Zeitpunkt seines Erlasses keine wirksamen [X.]auleitpläne für das [X.] bestanden hätten und das Vorhaben nach § 34 [X.] planungsrechtlich zulässig gewesen sei ([X.] f.).

Die [X.]eschwerdeführerin zieht diese Überlegungen in Zweifel und möchte insoweit die Frage nach einer behördlichen [X.] beantworten lassen, mithin die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine [X.]ehörde - hier die [X.]eklagte als [X.]augenehmigungsbehörde -, die einen [X.]ebauungsplan für unwirksam hält, befugt ist, bei ihren Entscheidungen von einer Nichtigkeit auszugehen und unter Nichtbeachtung des [X.]ebauungsplans zu entscheiden (offen gelassen in [X.]VerwG, Urteile vom 21. November 1986 - 4 [X.] 22.83 - [X.]VerwGE 75, 142 <146> und vom 31. Januar 2001 - 6 [X.]N 2.00 - [X.]VerwGE 112, 374 <380 ff.>; eine solche Kompetenz ablehnend [X.], Urteil vom 25. Oktober 2012 - [X.] - NVwZ 2013, 167 Rn. 19; zum Streitstand vgl. [X.], in: [X.]erliner Kommentar zum [X.], Stand Juni 2018, § 10 Rn. 39 ff.; [X.]/[X.], Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 4 Rn. 67 ff.; [X.]racher, in: [X.]racher/Reidt/[X.], [X.]auplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 1170 jeweils m.w.[X.]). Auf diese Frage kommt es nicht an.

Streitgegenstand des Verfahrens ist nicht der [X.]auvorbescheid, sondern seine Rücknahme nach § 48 Abs. 1 VwVfG. Die Rücknahme hat die [X.]eklagte in erster Linie mit der Wirksamkeit des [X.]ebauungsplans begründet (vgl. [X.]) und insoweit eine Normverwerfungskompetenz nicht für sich in Anspruch genommen. Die Frage nach der Rechtmäßigkeit des [X.]auvorbescheides wird damit nur als tatbestandliche Voraussetzung des § 48 Abs. 1 VwVfG aufgeworfen. Der Verwaltungsgerichtshof war im Rahmen seiner Prüfung verpflichtet, den untergesetzlichen [X.]ebauungsplan zu überprüfen und - wie geschehen - bei Annahme seiner Unwirksamkeit außer Anwendung zu lassen. Denn es gehört zur richterlichen Prüfungskompetenz, auch die Gültigkeit einer Rechtsnorm, insbesondere ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu überprüfen, sofern es für den Ausgang des Rechtsstreits hierauf ankommt ([X.]VerwG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 11 [X.] 13.99 - [X.]VerwGE 111, 276 <278>; vgl. auch [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 12. Dezember 1984 - 1 [X.]vR 1249/83 u.a. - [X.]VerfGE 68, 319 <325 f.>). Mit dem von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantierten Gebot effektiven Rechtsschutzes wäre es dagegen nicht vereinbar, den Verwaltungsgerichten die [X.]efugnis zur inzidenten Normenkontrolle mit der [X.]egründung abzusprechen, in einem vorhergehenden Verwaltungsverfahren habe eine [X.]ehörde zu Unrecht eine behördliche Normverwerfungskompetenz für sich in Anspruch genommen (vgl. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 10. Dezember 2009 - 1 [X.]vR 3151/07 - [X.]VerfGK 16, 418 = juris Rn. 79). Die Klägerin kann damit eine gerichtliche Kontrolle in dem Umfang verlangen, wie sie bei einer - von der [X.]eigeladenen zu 1 geforderten - Ablehnung des Antrags auf [X.]auvorbescheid geboten gewesen wäre.

Grundsätzlicher Klärungsbedarf folgt ferner nicht aus dem [X.]eschluss des [X.] vom 14. Mai 2013 - 8 A 10043/13 - (NVwZ-RR 2013, 747 <748>). Denn in diesem Verfahren hatte sich die [X.]ehörde bei Erlass des angefochtenen Rücknahmebescheides, nicht aber bei Erlass des zurückgenommenen [X.]auvorbescheides auf die Unwirksamkeit eines [X.]ebauungsplans berufen.

II. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen Divergenz zuzulassen.

Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz zu einer Entscheidung des [X.] ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.] aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des [X.] tragenden Rechtssatz in Anwendung [X.]elben Rechtsvorschrift wi[X.]prochen hat ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

Nach dem Urteil des [X.] vom 21. Juni 2017 - 6 [X.] 3.16 - ([X.]VerwGE 159, 148 Rn. 19) setzt eine auf § 48 Abs. 1 VwVfG des jeweiligen [X.] gestützte Rücknahme voraus, dass der Verwaltungsakt zum Zeitpunkt seines Erlasses objektiv rechtswidrig gewesen ist, falls sich aus dem Fachrecht kein anderer Zeitpunkt ergibt. Die Rechtswidrigkeit kann darauf beruhen, dass die [X.]ehörde das geltende Recht falsch ausgelegt oder falsch auf den Sachverhalt angewendet hat oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Von diesem Rechtssatz sei, so die [X.]eschwerde, der Verwaltungsgerichtshof abgewichen, weil er nicht auf den [X.] abstelle, sondern darauf, ob ein Gericht die [X.]ehörde in einem - hypothetischen - gerichtlichen Verfahren zum Erlass des jeweiligen [X.]escheides verpflichtet hätte (UA S. 17).

Eine Divergenz ist damit nicht dargelegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat für die Rechtswidrigkeit im Sinne des § 48 [X.] [X.]W die objektive Ergebnisrichtigkeit des aufzuhebenden Verwaltungsakts zum Zeitpunkt seines Erlasses ([X.]) für maßgeblich gehalten. Die als Vergleich mit der Situation bei "rechtmäßigem Alternativverhalten" eingeleitete Überlegung zielt nur auf eine weitere [X.]egründung, ohne einen abstrakten Rechtssatz aufzustellen.

III. Die [X.]eschwerde macht ohne Erfolg Verfahrensfehler nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend.

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, die Festsetzungen des [X.]ebauungsplans "[X.] 23/1, 1. Änderung" vom 18. März 1997 zum Maß der baulichen Nutzung seien wegen eines Verstoßes gegen § 17 Abs. 1 [X.]auNVO unwirksam. Die [X.]eklagte habe zu Unrecht angenommen, durch weitere Maßfaktoren die Einhaltung der höchstzulässigen Geschossflächenzahl von 2,4 zu gewährleisten (im [X.] an [X.]VerwG, Urteil vom 25. November 1999 - 4 [X.]N 17.98 - [X.] 406.12 § 17 [X.]auNVO Nr. 8 S. 3). Dieser Fehler führe als Festsetzungsfehler zur Unwirksamkeit der Festsetzung. Die Frage nach einem Abwägungsfehler in [X.]ezug auf eine Ausnahme nach § 17 Abs. 2 [X.]auNVO stelle sich nicht, weil die [X.] keine Ausnahme erwogen habe ([X.] ff.).

Die [X.]eschwerde wirft dem Verwaltungsgerichtshof einen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor, weil er weder beachtet habe, dass dem Stadtrat die Überschreitung der Höchstgrenzen nicht bewusst gewesen sei, noch die Ziele des [X.]ebauungsplans ausreichend in den [X.]lick genommen habe. Die Vorinstanz habe in [X.] an das Urteil des Senats vom 6. Mai 1993 - 4 [X.] 15.91 - ([X.] 406.11 § 1 [X.] Nr. 66 S. 66) einen Abwägungsfehler erkennen müssen, weil die [X.] die Möglichkeit einer Ausnahme nach § 17 Abs. 2 [X.]auNVO übersehen habe. Diese Kritik richtet sich gegen die materielle Rechtsauffassung der Vorinstanz und kann schon deswegen nicht zur Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen.

2. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs überschreitet das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung den von der näheren Umgebung gesetzten Rahmen, es füge sich aber dennoch ein, weil aus dieser Überschreitung keine städtebaulichen Spannungen folgten ([X.]). Dies hält die [X.]eschwerde im Hinblick auf den ausgelösten Verkehr für verfahrensfehlerhaft (unter [X.]erufung auf [X.]VerwG, Urteil vom 3. Februar 1984 - 4 [X.] 25.82 - [X.]VerwGE 68, 360 <369>). Auch dies führt nicht zur Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers. Wie die Ausführungen zur Erschließung zeigen ([X.] ff.), hat der Verwaltungsgerichtshof den [X.] auch im Hinblick auf den ausgelösten Verkehr zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Dass er nicht die von der [X.]eigeladenen zu 1 geforderten rechtlichen Folgerungen aus diesem [X.] gezogen hat, betrifft die materiell-rechtliche Würdigung, aber nicht das Verfahrensrecht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 B 15/18

24.10.2018

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 7. November 2017, Az: 5 S 1003/16, Urteil

§ 2 Abs 2 S 1 BauGB, § 34 Abs 1 BauGB, § 34 Abs 3 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.10.2018, Az. 4 B 15/18 (REWIS RS 2018, 2503)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 2503

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