Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.10.2015, Az. 30 W (pat) 552/13

30. Senat | REWIS RS 2015, 3094

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "ADAPTOR1" – kein Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 008 576.8

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 10. Juni 2013 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

[X.]

3

ist am 26. Oktober 2012 für Waren der Klassen 9, 10 und 16 zur Eintragung als Marke in das vom [X.] geführte Register angemeldet worden. Nach einer im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Einschränkung des [X.] sind Gegenstand der Anmeldung noch folgende Waren:

4

„Klasse 9:

5

nämlich in Behandlungs- und Operationsräumen fest installierbare [X.]vorrichtung zum Anschließen von chirurgischen, ärztlichen, zahn- und tierärztlichen Instrumenten und Apparaten an eine computernetzwerkbasierte [X.];

6

Klasse 10:

7

nämlich in Behandlungs- und Operationsräumen fest installierbare [X.]vorrichtung zum Anschließen von chirurgischen, ärztlichen, zahn- und tierärztlichen Instrumenten und Apparaten an eine computernetzwerkbasierte [X.];

8

Klasse 16:

9

Druckereierzeugnisse; Lehr- und Unterrichtsmittel, ausgenommen Apparate; Prospekte; Kataloge; Fotografien.“

Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s hat die Anmeldung auf Grundlage des ursprünglichen [X.] mit Beschluss vom 10. Juni 2013 zurückgewiesen, da der Bezeichnung insoweit die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] erforderliche Unterscheidungskraft fehle.

Die angemeldete Wortmarke sei aus dem [X.] Begriff „[X.]“ (= [X.], [X.]teil, [X.], Verbindungsteil, Zusatzgerät, Adapter, Programmieradapter) und der werblichen Symbolziffer „1“ gebildet, wodurch ein [X.] „von bester, Top-Qualität“ beschrieben werde. Bezogen auf die beanspruchten Waren würden die angesprochenen Verkehrskreise in der angemeldeten Marke daher lediglich einen werblichen [X.] dahingehend erkennen, dass es sich um Waren handele, die als [X.]stelle, Verbindungsstücke etc. dienen oder dafür benötigt werden könnten, und die von bester, erstklassiger, Top-Qualität seien.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, dass der angemeldeten Marke jedenfalls in Bezug auf die nunmehr noch beanspruchten Waren keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 [X.] entgegenstünden. Der [X.] Begriff „[X.]“ sei im [X.] nicht existent. Außerdem verstehe der Verkehr die Ziffer „1“ innerhalb des Zeichens nicht als Hinweis auf „erstklassig“ oder „Top-Qualität“. Die Bezeichnung verfüge somit über ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]; ihr stehe auch kein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s vom 10. Juni 2013 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache ist sie nach der seitens der Anmelderin vorgenommen Einschränkung des [X.] begründet, da [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] in Bezug auf die nunmehr noch konkret beanspruchten Waren nicht festgestellt werden können.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. [X.] [X.] 2012, 610 (Nr. 42) - [X.]; [X.], 608, 611 (Nr. 66) - [X.]; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; [X.] 2013, 731 (Nr. 11) - [X.]; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) - [X.], jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa [X.] [X.] 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) - [X.]; [X.], 608, 611 (Nr. 66) - [X.]; [X.] 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2009, 949 (Nr. 10) – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) - [X.]; [X.] 2012, 270 (Nr. 8) - [X.] economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2004, 674, 678 (Nr. 86) - Postkantoor; [X.] 2014, 1204, 1205 (Nr. 12) - [X.]; [X.] 2012, 270, 271 (Nr. 11) - [X.] economy; [X.] 2009, 952, 953 (Nr. 10) - [X.]).

Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] 2014, 1204, 1205 (Nr. 12) - [X.]; [X.] 2012, 1143, 1144 (Nr. 9) - [X.]; [X.] 2009, 952, 953 (Nr. 10) - [X.]; [X.] 2006, 850, 854 (Nr. 19) – [X.] 2006).

[X.] jedenfalls in Bezug auf die nunmehr noch beanspruchten Waren nicht das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen.

Die Markenstelle ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der angemeldeten Marke um eine für den allgemeinen wie auch den vorliegend im Vordergrund stehenden Fachverkehr ohne weiteres erkennbare Kombination des Begriffs „[X.]“ mit der Zahl „1“ handelt.

Klassen 9 und 10 noch beanspruchte Spezialware „in Behandlungs- und Operationsräumen fest installierbare [X.]vorrichtung zum Anschließen von chirurgischen, ärztlichen, zahn- und tierärztlichen Instrumenten und Apparaten an eine computernetzwerkbasierte [X.]“ als „Adapter“ bezeichnet werden, da diese dazu dienen kann, den [X.] ärztlicher/chirurgischer Instrumente und/oder Apparate an einen Computer oder einen Rechner mit einem übergeordneten Kommunikationssystem in Form einer computernetzwerkbasierten [X.] zu ermöglichen. Auf die weiterhin beanspruchten Waren der Klasse 16 trifft dies hingegen nicht zu, da diese Waren nicht die Funktion eines „Adapters“ ausüben können.

Klassen 9 und 10 beanspruchten Waren benennt, kann gleichwohl der Kombination dieses Begriffs mit der Ordnungszahl „1“ in Bezug auf diese Waren nicht jegliche Unterscheidungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abgesprochen werden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn beide Bestandteile sich zu einem beschreibenden Begriff verbinden, welcher entweder unmittelbar Merkmale und Eigenschaften der beanspruchten Waren beschreibt oder eine hinreichend konkrete sachbezogene Aussage zu bestimmten Eigenschaften der so bezeichneten Waren unter Gesichtspunkten wie Bestimmungs- und Verwendungszweck enthält und daher in einem engen beschreibenden Bezug zu diesen Waren steht (vgl. Ströbele/Hacker, [X.], 11. Aufl., § 8 Rdnr. 101, 102). Einen im vorgenannten Sinn beschreibenden Begriffsinhalt der angemeldeten Bezeichnung für die in Frage stehenden Waren vermag der Senat jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen.

nachgestellte Zahl „1“ als Hinweis auf eine Spitzenstellung verwendet und auch dementsprechend verstanden wird, lässt sich nicht feststellen; entsprechende Belege dazu sind nicht zu ermitteln. Die unmittelbare Kombination der Zahl „1“ mit „[X.]“ ohne jeden erläuternden Zusatz wie z. B. „Nr.1“ o. ä. legt ein Verständnis in diesem Sinne auch nicht nahe.

[X.] wird in Bezug auf die beanspruchten Waren auch nicht i. S. von „ein (einziger) [X.]“ verstanden. Ein solches Verständnis ist nicht sprachregelkonform und liegt daher - anders als z. B. bei „1[X.]“ - fern. Es entspricht auch nicht werbesprachlichen Gepflogenheiten, auf eine vorhandene und/oder erforderliche Anzahl von Gegenständen, Geräten etc. in sprachregelwidriger Weise durch nachgestellte Ordnungszahlen in der aus dem angemeldeten Zeichen ersichtlichen Form hinzuweisen.

[X.] in Zusammenhang mit den zu den Klassen 9 und 10 noch beanspruchten Spezialwaren lediglich als sachbezogenen Hinweis auf eine entsprechende Vorrichtung, welche zur Unterscheidung von anderen [X.]vorrichtungen mit der Ordnungszahl „1“ versehen ist, versteht. Dem Senat liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass computergestützte [X.]en über mehrere [X.]vorrichtungen verfügen (bzw. daran angeschlossen sind) und es einer üblichen Praxis entspricht, diese zur Unterscheidung mit fortlaufenden Nummern zu versehen bzw. dass eine fest installierte [X.]vorrichtung ihrerseits über als „Adapter“ bezeichnete [X.]vorrichtungen verfügt, welche zur Unterscheidung von anderen innerhalb der Vorrichtung angeordneten [X.]vorrichtungen üblicherweise durchnummeriert werden.

[X.] anwendet, wenn diese ihm in einem Spezialmarkt begegnet wie es bei computernetzwerkbasierten [X.]en der Fall ist.

auf dem betreffenden [X.] entspricht oder strukturelle Gemeinsamkeiten mit vergleichbar gebildeten Bezeichnungen in dem betreffenden Fachgebiet aufweist (vgl. [X.] 2002, 884Nr. 17-19 - B–2 alloy). Entsprechende [X.] lassen sich aber in Bezug auf die zu den Klassen 9 und 10 beanspruchten Spezialwaren nicht feststellen, wie bereits dargelegt.

[X.] in Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Spezialwaren der Klassen 9 und 10 ausschließlich als Hinweis auf eine entsprechende Vorrichtung, ergänzt um eine Nummerierung zur Unterscheidung von anderen [X.]vorrichtungen bzw. anderen Adaptern zu verstehen.

Klasse 16 ergeben sich keine Anhaltspunkte, da diese Waren nicht die Funktion eines „Adapters“ ausüben können. Auch ein Verständnis von [X.] bei Druckereierzeugnissen als Themen- und Inhaltsangabe käme allenfalls in Bezug auf den Begriff „[X.]“, nicht jedoch auf die angemeldete Wort-/Zahlkombination [X.] in Betracht.

3. Aus den vorgenannten Gründen unterliegt die angemeldete Marke auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

4. Da der [X.] somit nach der erfolgten Einschränkung des [X.] die Eintragung wegen der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] nicht mehr versagt werden kann, war der Beschluss auf die Beschwerde der Anmelderin aufzuheben.

Meta

30 W (pat) 552/13

29.10.2015

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.10.2015, Az. 30 W (pat) 552/13 (REWIS RS 2015, 3094)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3094

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

30 W (pat) 533/14 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Medikationskarte" – keine Unterscheidungskraft


30 W (pat) 72/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "MAXvent" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


30 W (pat) 544/16 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "KAGURA (IR-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


30 W (pat) 524/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "MEDSIMULATION" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine Täuschungsgefahr


30 W (pat) 34/16 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Scala" – Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.