Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.07.2012, Az. 27 W (pat) 535/11

27. Senat | REWIS RS 2012, 4664

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "NEUSTADT SummerSounds (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft – Zulassung der Rechtsbeschwerde


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 006 617.2

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 16. Juli 2012 durch [X.] [X.], [X.] und die Richterin Werner

beschlossen:

[X.] Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

I[X.] Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die am 3. Februar 2010 für die Waren und Dienstleistungen

2

"Tonträger; Shirts; Durchführung von [X.]"

3

angemeldete Wort-/Bildmarke

Abbildung

4

hat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des [X.] mit Beschluss vom 3. Mai 2011 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die sprachregelgerecht gebildete Wortfolge "[X.]" ergebe in der Gesamtheit eine aus sich heraus verständliche Sinneinheit und weise schlagwortartig darauf hin, dass die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit in [X.] stattfindenden sommerlichen Musikveranstaltungen angeboten und erbracht würden, dafür bestimmt seien oder sonst in einem engen Zusammenhang damit stünden. Insoweit bilde die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit eine für jedermann verständliche und [X.] gebildete Sinneinheit, die von den [X.] Verkehrskreisen als reine Sachangabe verstanden werde.

5

In Bezug auf die Dienstleistung "Durchführung von [X.]" beschreibe die Bezeichnung lediglich deren Art, Gegenstand und Erbringungsort, nämlich sommerliche, in [X.] stattfindende musikalische Live-Veranstaltungen bzw. weise das Zeichen lediglich darauf hin, dass die betreffenden Waren im Rahmen einer solchen Veranstaltung angeboten und erbracht würden, sich inhaltlich/thematisch damit befassten oder im unmittelbaren Zusammenhang damit stünden. So könnten z. B. die Waren "Tonträger" solche Sommerklänge zum Inhalt/Gegenstand haben; zudem könne es sich bspw. bei den beanspruchten Waren der Klasse 25 um typische Merchandisingartikel handeln, die für gewöhnlich bei solchen Veranstaltungen angeboten würden, so dass das Publikum die reine Sachangabe "[X.]" in Verbindung mit diesen Waren nur als Bezeichnung der Veranstaltung auffassen werde, in deren Rahmen diese angeboten/erworben wurden, nicht jedoch als Hinweis auf den Hersteller/Anbieter der Waren.

6

Die graphische Ausgestaltung des angemeldeten Zeichens sei nicht geeignet, die Unterscheidungskraft zu begründen. Bei dem vorliegend zu beurteilenden Gestaltungselement (zweizeilig, verschiedene Schriftarten und -größen) handle es sich lediglich um eine einfache, werbeübliche graphische Gestaltung des Schriftzuges.

7

Gegen diesen dem Anmelder am 6. Mai 2011 zugestellten Beschluss richtet sich seine Beschwerde vom 1. Juni 2011, mit der er beantragt,

8

den Beschluss der Markenstelle vom 3. Mai 2011 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen.

9

Er hält das angemeldete Zeichen für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Die angemeldete Wortkombination sei bereits wegen ihrer Interpretationsbedürftigkeit unterscheidungskräftig. Sie könne in der ungewöhnlichen Zusammenschreibung viele Assoziationen wecken, nämlich Literaturvorlesung, Musik, Natur, Tierlaute, Perkussion, Beachclub, Festivals, etc. Jedenfalls in der Gestaltung der Wort-/Bildmarke lägen eine Vielzahl von Gestaltungselementen vor, von denen jedes einzelne Unterscheidungskraft herstelle:

- Zusammenschreibung,

- Groß-Groß-Schreibung,

- Schriftgestaltung,

- Farbgestaltung,

- Wortzusatz - "[X.]",

- graphische Zusammenstellung der Worte.

[X.]

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das [X.] entscheidet über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich im schriftlichen Verfahren (§ 69 [X.]) und ohne zeitliche Bindung. Der Anmelder hat eine mündliche Verhandlung nicht beantragt. Nach Wertung des Senats ist diese auch nicht sachdienlich.

2. Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der angemeldeten Marke in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt. Die Markenstelle hat dies zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, angenommen.

a) Unterscheidungskraft im Sinn dieser Vorschrift ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; [X.] GRUR Int. 2005, 1012, [X.]. 27 ff. – [X.]; [X.], 850, 854 - [X.]). Die Schutzfähigkeit als Marke ist dabei stets anhand der angemeldeten Bezeichnung in ihrer Gesamtheit zu beurteilen.

Ist – wie hier – die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken. Bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke ist auf die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit abzustellen ([X.], 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Wortfolgen sind dann nicht unterscheidungskräftig, wenn es sich um beschreibende Angaben oder um Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art handelt (vgl. z. B. [X.] 2000, 161 - Radio von hier).

Bei Marken, die aus Wort- und Bildbestandteilen kombiniert sind, hat sich die Prüfung der Schutzfähigkeit darauf zu erstrecken, ob die Marke in ihrer Gesamtheit den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt ([X.] 2001, 397 - antiKALK).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke in ihrer  Gesamtheit für sämtliche beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft, da sie bezüglich dieser Waren und  Dienstleistungen einen ohne weiteres erkennbaren beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, der dazu führt, dass das angemeldete Zeichen nicht als  Marke verstanden wird. Die graphische Ausgestaltung überwindet dies nicht.

Die angemeldete Marke setzt sich hinsichtlich ihrer [X.] zusammen aus der Ortsangabe [X.] und den zum Grundwortschatz der [X.] gehörenden Wörtern summer [X.]) und sounds (= Klänge).

In Bezug auf die beanspruchte Dienstleistung "Durchführung von [X.]" wird das angesprochene breite inländische Publikum die Bezeichnung "[X.]" gerade in ihrer Gesamtheit, auf die bei Mehrwortmarken maßgeblich abzustellen ist, ohne Weiteres in dem von der Markenstelle aufgezeigten Sinn verstehen, nämlich als Hinweis auf deren Art, Gegenstand und Erbringungsort und zwar auf sommerliche, in [X.] stattfindende musikalische Live-Veranstaltungen.

In Bezug auf die beanspruchten Tonträger wird das Publikum in der Wortfolge lediglich einen beschreibenden Hinweis auf deren Thema und Inhalt erkennen, nämlich dass diese Aufnahmen einer sommerlichen Musikveranstaltung in [X.] enthielten.

Bei den beanspruchten Shirts handelt es sich um typische Merchandisingartikel, die im Rahmen einer solchen Veranstaltung angeboten werden. Der Senat orientiert sich insoweit an der Entscheidung des [X.] in dem Verfahren [X.] ([X.], 850, Rn. 32, 46), in der das Gericht die Unterscheidungskraft dieser Marke u. a. für die Waren "Bekleidung; Hemden, T-Shirts mit der Begründung verneint hat, das Publikum werde die Bezeichnung "[X.]" als beschreibende Angabe im Sinne eines Hinweises auf das Sportereignis als solches und nicht auf den Hersteller der so gekennzeichneten Waren verstehen. Nichts Anderes gilt für die hier zu beurteilende Marke, in der das Publikum nur einen Hinweis auf eine sommerliche Musikveranstaltung in [X.] und nicht auf den Hersteller der so gekennzeichneten Shirts sehen wird. An diesem Verständnis ändert sich auch nichts dadurch, das die hier zu beurteilende Veranstaltung nicht so bekannt ist wie die [X.].

Das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] kann auch nicht durch eine markenmäßige Art der Anbringung auf den Shirts überwunden werden. Nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.], 1100, Rn. 23 - [X.]!; [X.], 825 - [X.] - Dietrich - Bildnis) kommt dies nur in Betracht, wenn das Zeichen nicht unmittelbar beschreibend ist, was hier jedoch der Fall ist.

Für ein entsprechendes Verständnis des Publikums als Hinweis auf eine sommerliche Musikveranstaltung in [X.] sprechen insbesondere die dem Beanstandungsbescheid beigefügten Internetausdrucke, die eine Verwendung von vergleichbaren Begriffen wie Sommerklänge und [X.] durch Dritte im Zusammenhang mit Musikveranstaltungen belegen.

Auch die graphische Ausgestaltung vermag die Schutzfähigkeit der Wortelemente nicht zu begründen. Zwar kann ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis durch eine besondere bildliche oder graphische Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger [X.] erreicht werden. An diese Ausgestaltung sind aber umso größere Anforderungen zu stellen, je kennzeichnungsschwächer die fragliche Angabe ist ([X.], 1153 - antiKALK). Einfache graphische Gestaltungen oder Verzierungen des [X.], an die der Verkehr gewöhnt ist, vermögen in der Regel den beschreibenden Charakter einer Angabe nicht zu beseitigen ([X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rn. 151).

Im vorliegenden Fall beschränkt sich die Graphik auf eine werbeübliche Gestaltung. Die verwendete zweizeilige Schreibweise in einer allgemein gebräuchlichen Schriftart ist ein einfaches graphisches Gestaltungsmittel, an das die Verbraucher gewöhnt sind. Dies gilt auch für die Groß- und Zusammenschreibung der Wörter Summer und Sounds (vgl. [X.] GRUR 2003, 963, 965 – [X.]/[X.]us). Die Schreibweise ist nicht geeignet, den beschreibenden Charakter der Wortelemente zu überwinden und der Marke in ihrem Gesamteindruck die Eignung zur Unterscheidung der betrieblichen Herkunft der mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu verleihen.

3. Ob der Eintragung zusätzlich das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

4. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist veranlasst, weil die Frage von grundsätzlicher Bedeutung ist, ob und inwieweit die großzügige Beurteilung der Möglichkeiten zur unterscheidungskräftigen Benutzung ([X.] [X.], 1100 - [X.]!; [X.], 825 - [X.] - Dietrich - Bildnis) auch geboten ist, wenn nicht ein Bild allgemeiner Art oder ein Wort, sondern eine Wortfolge eingetragen werden soll, der das Publikum lediglich den Hinweis auf eine Veranstaltung entnehmen wird ([X.], 850 - [X.]).

Meta

27 W (pat) 535/11

16.07.2012

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.07.2012, Az. 27 W (pat) 535/11 (REWIS RS 2012, 4664)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4664

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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28 W (pat) 525/20

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