Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2007, Az. 5 StR 99/07

5. Strafsenat | REWIS RS 2007, 4270

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

5 [X.][X.] vom 17. April 2007 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.

- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 17. April 2007 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 3. November 2006 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben a) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit der Ange-klagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist, und b) im Ausspruch über die wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verhängten 25 Einzelstrafen und über die Gesamtfreiheitsstrafe. 2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen. [X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen versuchter ge-fährlicher Körperverletzung in 25 Fällen und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sie-1 - 3 - ben Jahren und drei Monaten verurteilt und für die Erteilung einer Fahrer-laubnis eine Sperrfrist von zwei Jahren festgesetzt. Der Angeklagte hat die Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens oh-ne Fahrerlaubnis und die verhängte Maßregel von seinem Revisionsangriff ausgenommen. Damit sind die sechs festgesetzten [X.] von je sechs Monaten und die Maßregel nach § 69a StGB rechtskräftig. Das Rechtsmittel des Angeklagten führt mit der Sachrüge zu dem aus dem [X.] ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 2 1. Das [X.] hat sich ausschließlich aufgrund der Zeugenaus-sage des wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln vorbe-straften und anderweitig verurteilten

[X.] davon überzeugt, dass der Angeklagte dem [X.]
im April 2005 20 kg Haschisch für 23.000 Euro verkaufte. Das [X.] hat hierzu Folgendes festgestellt: 3 4 Im Rahmen seiner Tätigkeit als Türsteher von Diskotheken hatte [X.]

den Angeklagten, —Präsident der [X.] in [X.], schon 1999 kennengelernt. Er wusste, dass der Angeklagte in der [X.] eine führende Position innehatte. [X.] suchte im [X.] 2005 für ein mit D.

verabredetes Rauschgiftgeschäft über 20 kg Haschisch einen Lieferanten. Der Angeklagte zeigte sich bei einem zufälligen Treffen mit [X.]

zur Lieferung des Rauschgifts für 23.000 Euro bereit. Dieser Preis war D.

indes zu hoch. Daher wandte sich [X.] an den Neffen des
[X.], Do.

aus [X.], und wurde mit diesem handelseinig, wobei Do.

als Belohnung den Erlass einer Darlehensschuld von 3.000 Euro versprach. Do.

übergab dem [X.] den Kaufpreis; dieser verabredete mit dem Angeklagten die An-lieferung des Rauschgifts für die nächsten Tage. An einem nicht näher be-stimmten Tag im Zeitraum vom 23. April bis 2. Mai 2005 fuhr der Angeklagte mit einem Pkw auf den zur Wohnung des [X.] gehörenden Parkplatz. Auf - 4 - das Hupen des Angeklagten begab sich [X.] zu ihm und nahm gegen Zahlung des Gesamtpreises eine Teillieferung von 7 kg Haschisch in [X.], die später von Do. bei [X.]

abgeholt wurde. Der Ange-klagte überbrachte [X.] die restlichen 13 kg Haschisch am Abend des 3. Mai 2005 auf die gleiche Weise. [X.] wollte das Rauschgift noch am späten Abend mit seinem Pkw [X.] an Do.

ausliefern. [X.] wurde er um Mitternacht festgenommen, wobei er Widerstand leistete. 2. Das [X.] hat sich von der Glaubhaftigkeit der Aussage des [X.] aufgrund des von diesem im Kernbereich stets übereinstimmend ge-schilderten Geschehensablaufs und des Vorliegens weiterer Umstände über-zeugt. Für die Glaubhaftigkeit seiner Angaben spreche insbesondere, dass er eine Teillieferung von 7 kg Haschisch ohne dahingehend belastende Indi-zien eingeräumt habe und es nicht nachvollziehbar sei, dass [X.] gerade den Angeklagten als eine in [X.] führende und gefährliche Person zu Unrecht belastet haben könnte. Zudem sprächen Komplikationen im Handlungsverlauf für einen Erlebnisbezug der Aussage des [X.] . 5 Diese Erwägungen reichen indes nicht aus, um die in der hier gege-benen Situation der konkreten Belastung allein durch einen entdeckten [X.] gebotene sorgfältige Gesamtwürdigung aller Indizien zu belegen (vgl. [X.], 691). 6 a) Der Annahme des [X.], der Zeuge [X.] habe im [X.] stets übereinstimmend den Geschehensablauf geschildert, steht entge-gen, dass [X.] als geständiger Angeklagter in dem gegen ihn vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts [X.] geführten Verfahren den Tatab-lauf und seine zentrale Rolle im Tatgeschehen anders geschildert hat, was das Amtsgericht ersichtlich zur Grundlage der Verurteilung genommen hat. Danach hat der Angeklagte das Haschisch nicht dem [X.]über-bracht; dieser war vielmehr jeweils mit seinem Pkw zum Angeklagten gefah-ren und hat das Haschisch dort übernommen. Daneben hat sich [X.] als 7 - 5 - bloßer Kurierfahrer des

Do.

geriert, der ihm für den Fall einer erfolgreichen Abwicklung einen Schulderlass in Höhe von 3.000 Euro zuge-sagt hätte. [X.] sei klar gewesen, dass es sich um Betäubungsmittel ge-handelt habe und er damit keinen Umgang hätte haben dürfen. Aufgrund dieser Erörterungslücke bleiben die Erwägungen unvollstän-dig, mit denen das [X.] weitere Qualitätsmängel der Aussage des [X.](differierender Zeitpunkt der ersten Haschischlieferung in vier polizeilichen Vernehmungen und in der Hauptverhandlung [X.] ersichtlich nach einem dem Angeklagten für den zunächst genannten Liefertag geglückten Alibi, unzutreffende Angaben zum Typ des vom Angeklagten gefahrenen Pkw, ungenaue Angaben bezüglich der Festlegung des Preises für das Ha-schisch und widersprüchliche Darlegungen der [X.] und Do. zum Vorteil des [X.] ) relativiert hat (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Februar 2007 [X.] 5 StR 494/06). Das [X.] hätte sämtliche [X.] der Aussage des Zeugen [X.]

in einer Gesamtschau daraufhin würdigen müssen, ob sie in ihrer Häufung zu durchgreifenden Zweifeln an der Richtigkeit des [X.] Anlass geben konnten (vgl. [X.]R StPO § 261 Zeuge 3; Indizien 1, 7; [X.], Beschluss vom 1. Februar 2007 [X.] 5 StR 494/06). 8 b) Soweit das [X.] der den Angeklagten belastenden Aussage des [X.] eine größere Zuverlässigkeit wegen der Selbstbelastung hinsichtlich der ersten [X.] zunächst unbekannt gewesenen [X.] Teillieferung und der dargestellten Komplikationen im Handlungsablauf zugebilligt hat, lässt solches besorgen, dass einem bloßen schlüssig geschilderten Tatgeschehen eines Mittäters [X.] was stets die Aktionen eines anderen Mittäters umfasst, aber nicht dessen wahre Identität umfassen muss [X.] eine zu große Bedeu-tung für die Glaubhaftigkeit der Angaben zur Identifizierung des genannten Mittäters beigemessen worden sein kann (vgl. [X.] StV 2006, 683; [X.], Beschluss vom 1. Februar 2007 [X.] 5 StR 494/06). Allein aus dem Umstand 9 - 6 - der Selbstbelastung ist kein Indiz von überragender Bedeutung für die Belas-tung der Person des Angeklagten zu gewinnen. c) Auch die Erwägung des [X.], eine Falschbelastung des Angeklagten sei wegen dessen Rachekompetenz nicht nachvollziehbar, be-gegnet Bedenken. Einen bereits stadtbekannten Rauschgifthändler [X.] wie den Angeklagten [X.] wird jemand, der etwa, ohne den wahren Tatbeteiligten zu verraten, einen Vorteil durch weitere Aufklärung erreichen will, mit größerer Plausibilität belasten können als einen den Ermittlungsbehörden noch gänz-lich unbekannten Täter (vgl. [X.] StV 2006, 515). Zudem lässt das [X.] in diesem Zusammenhang unerörtert, dass vorliegend [X.] vom [X.] ohne jede Erläuterung festgestellt [X.] der Angeklagte von der Polizei [X.] am 4. Mai 2005 verdächtigt wurde, der Zeuge [X.]

sich indes erst am 30. Mai den Ermittlungsbehörden anvertraut hat. 10 11 d) Das dem Angeklagten [X.] bedarf [X.] neuer tatrichterlicher Aufklärung und Bewertung. 3. Soweit die Revision den Schuldspruch wegen versuchter gefährli-cher Körperverletzung in 25 Fällen angreift, offenbart sie keinen Rechtsfeh-ler. Das [X.] hat sich nach ausreichender Würdigung der [X.] vor dem Hintergrund des nach Überzeugung des Angeklagten von ihm ausgehenden Aids-Ansteckungsrisikos von 1:1.000 in allen 25 Fällen des von ihm praktizierten ungeschützten oralen und vaginalen Geschlechtsver-kehrs rechtsfehlerfrei von einem bedingten Körperverletzungsvorsatz über-zeugt (vgl. [X.] NJW 1992, 2644, 2645 f., insoweit in [X.]St 38, 300 nicht abgedruckt). Indes können die dem gemäß §§ 23, 49 Abs. 1 StGB gemilder-ten Regelstrafrahmen des § 224 StGB entnommenen [X.] von jeweils einem Jahr und sechs Monaten schon deshalb nicht aufrecht [X.] bleiben, weil der [X.] nicht ausschließen kann, dass sie von der Hö-he der Einsatzstrafe beeinflusst worden sind. 12 - 7 - Das neue Tatgericht wird insoweit bei der Strafrahmenfindung und Einzelstrafbemessung zu berücksichtigen haben, dass das vom Angeklagten objektiv ausgehende Ansteckungsrisiko (1:1 Mio.) durch die erfolgreiche Me-dikation des Angeklagten nachhaltig geringer als vom Angeklagten ange-nommen und darüber hinaus in 24 Fällen durch den vom Angeklagten [X.] interruptus noch weiter verringert war (vgl. [X.]St 36, 1, 8). 13 [X.] [X.] [X.]

Meta

5 StR 99/07

17.04.2007

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2007, Az. 5 StR 99/07 (REWIS RS 2007, 4270)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4270

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 Ss 416/08 (Oberlandesgericht Hamm)


2 StR 164/14 (Bundesgerichtshof)


4 StR 347/15 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubte Einfuhr und unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Abgrenzung von Mittäterschaft und …


5 StR 94/07 (Bundesgerichtshof)


4 StR 421/06 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.