Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2000, Az. 3 StR 106/99

3. Strafsenat | REWIS RS 2000, 3490

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[X.]/99vom14. Januar 2000in der Strafsachegegenwegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.], zu Ziff. 2 auf dessen Antrag, am14. Januar 2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig [X.] Auf die Revision des Angeklagten [X.]) der [X.] des [X.] vom27. November 1998 aufgehoben,b) das [X.]eil des [X.] vom 3. August 1998,soweit es ihn betrifft,aa) im Schuldspruch dahin berichtigt, daß der Angeklagtewegen bandenmäßigen [X.]ndeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen ver-urteilt ist,bb) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungenaufgehoben.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] Die weitergehende Revision wird verworfen.- 3 -Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen unerlaubten [X.] mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zueiner Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt.Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der erdas Verfahren beanstandet und die Sachrüge erhebt.1. Das Rechtsmittel führt zum Schuldspruch lediglich zu der aus der [X.]formel ersichtlichen Berichtigung. Das [X.] hat die Vorausset-zungen des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Mengegemäß § 30 a Abs. 1 BtMG auch für diesen Angeklagten festgestellt und [X.] des § 30 a Abs. 1 StGB seiner Strafzumessung zugrundegelegt.Es hat dies in der verkündeten [X.]eilsformel nicht zum Ausdruck gebracht, [X.] § 30 a BtMG zunächst rechtsirrig für eine Strafzumessungsregel gehalten;es hat deshalb später mit Beschluß vom 27. November 1998 den [X.] berichtigt. Dies war unzulässig (vgl. [X.]St 25, 333, 335 f.; Klein-knecht/[X.], StPO 44. Aufl. § 268 Rdn. 9 ff. m.w.Nachw.), der [X.] war deshalb aufzuheben.2. Der Senat hat den Schuldspruch jedoch selbst entsprechend § [X.]. 1 StPO berichtigt, weil die Überprüfung des [X.]eils insoweit keinenRechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.Insbesondere sind die Verfahrensrügen aus dem vom Generalbun-desanwalt in seiner Antragsschrift vom 16. August 1999 dargelegten [X.] unbegründet. Insoweit bemerkt der Senat lediglich [X.] hinsichtlich der Zulässigkeit der Rüge des § 338 Nr. 3 i.V.m.§ 24 StPO bestehen vor allem deshalb, weil die Revision die Vorgeschichte dermit dem Ablehnungsgesuch beanstandeten Äußerung des [X.] und den Gesamtzusammenhang, in dem diese gefallen ist, nur unzu-reichend mitteilt. Es fehlt schon an einer geschlossenen Schilderung des [X.] am 28. Juli 1998 durchgeführten [X.] und [X.] der Beweisaufnahme an diesem Tag bis zu dem Zeitpunkt, in dem diebeanstandete Äußerung gefallen ist. Zwar ist dem [X.] zu ent-nehmen, daß bis dahin der Zeuge [X.], ein Beamter der [X.], und der Zeuge [X.], ein Beamter der Kriminalpolizei [X.]. ,vernommen worden waren. Daß die Vernehmung des Zeugen [X.] länger- nämlich zwei Stunden - aufgrund der Fragen der Verteidigung andauerte [X.] für den Vorsitzenden vorhersehbar gewesen war, kann noch dermitgeteilten dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden entnommen werden, [X.] daß diese Befragung zum ersten Teil der beanstandeten Äußerung desVorsitzenden führte, der nämlich sein Erstaunen über die Dauer der Verneh-mung zu erkennen gab und in bezug auf den Zeugen [X.] darauf hinwies,er habe dem Zeugen keine Bedeutung beigemessen, sondern überlegt, ob erihn überhaupt laden solle. Ob und gegebenenfalls wie die Verteidiger hieraufgeantwortet oder eine sonstige Erklärung abgegeben haben, teilt die [X.] mit, wie die von der Revision behaupteten Widersprüche, in diesich der Zeuge [X.] bei seiner Vernehmung verwickelt haben soll. [X.], die sich aus der anschließenden - ersichtlich ebenfalls sichlänger hinziehenden - Vernehmung des Zeugen [X.]zu Angaben [X.] [X.] ergeben haben sollen, werden bis auf einen, den [X.] ersten Zusammentreffens des Zeugen [X.] mit dem Angeklagten be-treffend, nicht genannt oder dargelegt. Dessen hätte es bedurft, zumal der Vor-- 5 -sitzende nach dem Vortrag der Revision auf diese Widersprüche hingewiesenworden war und weil im Anschluß daran die beanstandeten Äußerungen [X.] sein sollen, nämlich dahingehend, daß das alles nur Theater der [X.] sei, die den Angeklagten nicht aussagen ließe und statt dessen dieZeugen in Widersprüche verwickle, der Angeklagte doch aussagen möge, seinSchweigen sei anderen gegenüber unfair, er solle doch gefälligst von [X.] aussagen. Da Unmutsäußerungen eines abgelehnten Richters nicht isoliertbetrachtet werden dürfen, sondern in dem Gesamtzusammenhang [X.] müssen, in dem sie gefallen sind, läge es nahe, für die [X.] auf § 338 Nr. 3 StPO i.V.m. § 24 StPO gestützten Rüge im Sinne des§ 344 Abs. 2 Satz 1 StPO zu verlangen, daß von der Revision hierzu alle [X.] konkret dargelegt werden. Dies kann jedoch dahinstehen, da nachdem Sachverhalt, soweit er mitgeteilt wird und er sich aus der dienstlichen Äu-ßerung des abgelehnten Vorsitzenden ergibt, die Zurückweisung des [X.] als unbegründet im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.Wie der dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden zu entnehmen ist, [X.] überrascht über die lang andauernde Befragung des genannten Zeugen, derfür ihn in keinem erkennbar notwendigen Zusammenhang mit der Sachaufklä-rung stand. Wie er weiter dargelegt hat, verstand er die Fragen nicht, derenHintergrund ihm unbekannt war, so daß er es deshalb als unfair empfundenhat, die Zeugen für die übrigen Prozeßbeteiligten zu nicht verständlichen Din-gen zu befragen, ohne daß der Angeklagte, der sich im übrigen zu einem spä-teren Zeitpunkt ausführlich zur Sache eingelassen hat, selbst aussagte, so daßeventuelle Widersprüche nicht erkennbar waren und nicht geklärt werdenkonnten. Hiernach bezog sich die Äußerung des Vorsitzenden nicht auf [X.] des Angeklagten, keine Aussage oder erst später Angaben zu machen,sondern auf die Befragungspraxis der Verteidiger bei der Vernehmung von- 6 -Zeugen, die nach dem allen Prozeßbeteiligten bekannten Akteninhalt und dembis dahin vorliegenden Ergebnis der Beweisaufnahme nur von untergeordneterBedeutung erschienen. Durch diese [X.] wurde dem Straf-kammervorsitzenden, wie bereits der [X.] zutreffend darge-legt hat, eine sachgerechte Leitung der Verhandlung und eine Prüfung, ob evtl.einzelne Fragen im Sinne des § 241 Abs. 2 StPO ungeeignet waren oder [X.] gehörten, weitgehend unmöglich gemacht. Hierauf hinzuweisen [X.] deutlich zu machen, war ersichtlich der Zweck der - wie der Vorsitzendeangibt "nicht erregt, sondern im ruhigen Ton erfolgten" - Äußerung.Aus diesem Verhalten des Vorsitzenden können unter den [X.] keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Besorgnis der Befan-genheit abgeleitet werden (vgl. [X.], [X.]. vom 1. Juli 1970 - 1 StR 362/70S. 24 f.; [X.]R StPO § 24 II Vorsitzender 4). Aufgrund des für alle [X.] Zusammenhangs mit der für die übrigen Prozeßbeteiligten unver-ständlichen Art und Weise der Befragung von Zeugen durch die Verteidiger,konnte ein verständiger Angeklagter die Äußerung des Kammervorsitzendennicht in dem von der Revision behaupteten Sinne mißverstehen, nämlich daßdas Recht des Angeklagten, nicht zur Sache auszusagen bzw. den Zeitpunktder Einlassung selbst zu bestimmen, oder das Fragerecht der Verteidigungdurch den Vorsitzenden beeinträchtigt oder in Frage gestellt werden sollte.Daß der Vorsitzende den Angeklagten bedrängen wollte, Angaben zur Sachezu machen (vgl. dazu [X.] NJW 1959, 55; 1982, 1712; [X.] bei [X.]/[X.] NStZ 1985, 205) oder den Eindruck erwecken konnte, er [X.] einer sachgemäßen Aufklärung der Sache vor(vgl. [X.]R StPO § 24 II Vorsitzender 1), ist dem vorgetragenen Sachverhaltnicht zu [X.] 7 -3. Der Strafausspruch hält jedoch rechtlicher Überprüfung nicht stand,weil zu besorgen ist, daß das [X.] die Anwendbarkeit des § 31 Nr. 1BtMG an zu enge Voraussetzungen geknüpft hat.Nach den [X.]eilsfeststellungen, die insoweit zum Teil auf Wahrunter-stellungen beruhen, kannte der Angeklagte [X.] den Zeugen [X.]s. seit längerem, er wußte, daß dieser Vertrauensperson des Landeskri-minalamtes [X.]m. war. Deshalb wollte er über ihn Informationen an die Po-lizei weitergeben, weil er sich davon Vorteile für seine [X.] versprach. Da er zum Teil selbst in die über [X.]s. bekanntzugebenden Straftaten verwickelt war, wollte er sich zunächst nichtdirekt mit der Polizei in Verbindung setzen. [X.]s. gab dem Kriminal-beamten [X.] im Juni 1997 Informationen über einen aus [X.], im Raum [X.]. [X.] weiter, der mit Aufenthalts-plaketten, Kokain oder mit Waffen handeln sollte; ferner erkannte er im Rah-men einer Lichtbildvorlage den [X.] - nach den Feststellungender Kopf der Bande, der auch der Angeklagte angehörte - wieder. [X.]s. hatte seine Informationen seinerseits ausschließlich über den Ange-klagten erhalten, der zudem - für die Polizei überraschend - zu einem für den18. September 1997 geplanten Termin zur förmlichen Vernehmung des [X.]s. zusammen mit diesem erschien und selbst diverse, auch konkreteInformationen zu bereits stattgefundenen oder geplanten Straftaten gab. [X.] nannte auch den Namen [X.], dessen Lichtbild er bei einemweiteren Treffen mit der Polizei am 19. Dezember 1997 erkannte und hinzu-fügte, daß dieser in [X.] wohne. [X.] wurde später, jedenfalls nochvor der [X.]eilsverkündung gegen den Angeklagten, in den [X.] 8 -Das [X.] hat bei seinen Erwägungen zur [X.] des § 31 Nr. 1 BtMG verneint, weil der Angeklagte sein Wis-sen zunächst ausschließlich an [X.]s. weitergegeben habe, um [X.] Beteiligung an eigenen Straftaten zu verschleiern und der Angeklagte sichdadurch, daß er [X.]s. als Informant benutzt habe, nicht zu seinenStraftaten bekannt habe. Seinen eigenen, späteren Angaben gegenüber [X.] hat das [X.] deshalb keine eigene Bedeutung beigemessen,weil sie sich nur in dem Rahmen bewegt hätten, in dem zuvor [X.]s. die ihm vom Angeklagten gegebenen Informationen an die Polizei weitergelei-tet habe. Bei der Strafzumessung im engeren Sinne hat das [X.] demAngeklagten hingegen strafmildernd zugute gehalten, "daß er, wenn auch nurüber den Zeugen [X.]s. , Angaben an die Polizei gegeben hat, [X.] zu weiterführenden Ermittlungen, insbesondere gegen den anderweitigverfolgten [X.] benutzen konnte" ([X.] f.). Diese Ausführungen [X.] sich mit der Ablehnung des § 31 Nr. 1 BtMG nicht vereinbaren.§ 31 Nr. 1 BtMG ist anwendbar, wenn der Angeklagte durch [X.] seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß die Tatüber seinen Tatbeitrag hinaus aufgeklärt werden kann. Ein volles Geständnisoder ein wesentlicher Beitrag zur Aufdeckung der eigenen Tatbeteiligung istnicht erforderlich. Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Gesetzes lassen es ge-nügen, daß der Täter durch [X.] seines Wissens zur Aufdeckung [X.] insgesamt wesentlich beiträgt (vgl. [X.]St 33, 80, 81; [X.]/WienroederBtMG (1996) § 31 Rdn. 5). Dabei genügt es auch, daß eine Mitteilung des [X.] mittelbar, etwa durch einen Boten oder durch einen Mittäter aufgrund einesabgesprochenen Geständnisses, an die Strafverfolgungsbehörden erfolgt([X.]R BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 17; [X.] (1999) § 31 Rdn. 17;a.[X.] wohl [X.] BtMG 3. Aufl. § 31 Rdn. 12). Dies hat das [X.] mögli-- 9 -cherweise verkannt. Die Annahme, daß die Voraussetzungen des § 31 Nr. 1BtMG unter diesen Aspekten erfüllt sind, liegt nahe, da der Angeklagte denZeugen [X.]s. , dessen Funktion als Vertrauensperson er kannte,gezielt benutzte, um sein Wissen über Straftaten, insbesondere auch über [X.] [X.] an die Polizei gelangen zu lassen. Ferner hat der Ange-klagte auch selbst bei zwei persönlichen Treffen mit in die Ermittlungen einge-bundenen Polizeibeamten zumindest dieselben oder bestätigende Informatio-nen gegeben. Wie den Strafzumessungsgründen des [X.]eils entnommen wer-den kann, konnte die Polizei die ihr über [X.]s. zugegangenen In-formationen des Angeklagten auch zu weiterführenden Ermittlungen nutzen.Daher bedarf es der erneuten Prüfung der Voraussetzungen des § 31Nr. 1 BtMG; das angefochtene [X.]eil war deshalb im Strafausspruch aufzuhe-ben und die Sache in diesem Umfang an eine andere Strafkammer des Land-gerichts zurückzuverweisen.[X.] von [X.]

Meta

3 StR 106/99

14.01.2000

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2000, Az. 3 StR 106/99 (REWIS RS 2000, 3490)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3490

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