Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.09.2023, Az. 3 StR 256/23

3. Strafsenat | REWIS RS 2023, 6365

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Wiedereinsetzung nach Versäumung der Revisionsfrist in Strafsachen: Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer unverschuldeten Fristversäumnis wegen technischer Fehler bei der Übermittlung der Revisionsschrift per beA


Tenor

Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 15. Februar 2023 und die Revision gegen das vorbenannte Urteil werden als unzulässig verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die von ihm dagegen eingelegte Revision ist unzulässig (§ 349 Abs. 1 StPO).

2

Das Urteil ist am Mittwoch, den 15. Februar 2023, in Anwesenheit des Angeklagten und seiner Verteidigerin verkündet worden. Die Frist zur Einlegung der Revision endete damit am 22. Februar 2023 um 24 Uhr (§ 341 Abs. 1, § 43 Abs. 1 StPO). Am Donnerstag, den 23. Februar 2023, hat der Angeklagte durch Schriftsatz seiner Verteidigerin Revision eingelegt. Zugleich hat die Rechtsanwältin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass eine Übermittlung über das elektronische Anwaltspostfach [X.]) „gestern wegen technischer Probleme nicht möglich“ gewesen sei. Sie hat die Aufnahme eines Bildschirms beigefügt, auf dem die Eingabemaske eines [X.]-Postfachs abgebildet ist. Dort finden sich folgende Angaben: Absender (es folgt der Name der Verteidigerin), Empfänger: [X.] Duisburg, Aktenzeichen Empfänger (es folgt das Aktenzeichen des [X.]s Duisburg in dieser Sache), Betreff: Revision. Außerdem ist der Hinweis „Fehler beim Aufbau der Verbindung“ zu sehen. Datum und Uhrzeit des Screenshots sind ebenso wenig zu erkennen wie ein etwa zu übermittelndes Schriftstück.

3

Dieses Vorbringen genügt nicht den rechtlichen Darlegungsanforderungen des § 45 StPO. Der [X.] hat hierzu ausgeführt:

„Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 S. 1 StPO). In dem Antrag ist ein Lebenssachverhalt darzulegen und glaubhaft zu machen, der das fehlende Verschulden des Angeklagten an der Säumnis belegt und Alternativen ausschließt, die der Wiedereinsetzung entgegenstehen. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 S. 1 StPO); innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen. Zudem ist innerhalb der Antragsfrist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 45 Abs. 2 S. 2 StPO).

Die Glaubhaftmachung der hier geltend gemachten vorübergehenden technischen Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument bedarf einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände, deren Richtigkeit der Rechtsanwalt unter Bezugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichern muss (vgl. [X.] - 4 StR 104/22, BeckRS 2022, 25316, [X.] - 5 StR 328/22, BeckRS 2022, 28366, [X.] - [X.] 264/22, NJW 2022, 3647; [X.]: Anforderungen bei Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs, NJW 2023, 1681 Rn. 23 mwN, beck-online).

Zwar genügt insoweit eine (laienverständliche) Darstellung des Defektes und der zu seiner Behebung getroffenen Maßnahmen, doch auch diesen Anforderungen genügt das aus einem Satz bestehende Antragsvorbringen nicht. Insbesondere wird aus dem beigefügten Screenshot, der weder Datum noch Uhrzeit enthält und nur einen einzigen [X.] eines nicht mitgeteilten Textes dokumentiert, nicht erkennbar, wie lange am 22.02.2023 das vorübergehende technische Zustellungshindernis bestand und wann der [X.] erfolgte. Insoweit wäre ein glaubhaft gemachter Vortrag veranlasst gewesen, wann und wie oft Rechtsanwältin [X.], die offensichtlich eine für einen solchen Fall gesetzlich vorgesehene Ersatzzustellung gem. § 32d Satz 3 StPO nicht vorgenommen oder auch nur in Erwägung gezogen hat (vgl. [X.] - II ZB 22/16, NJW-RR 2017, 1084, beck-online), versuchte, die schriftliche Revisionseinlegung am 22.02.2023 per [X.] zu übersenden. Ferner ist nichts dazu vorgetragen, ob und wie Rechtsanwältin [X.] versuchte, etwa über Kontakt mit dem [X.], Abhilfe zu schaffen und das technische Problem zu beheben ([X.] 2 StR 140/22, NStZ-RR 2023, 115, beck-online). An einem Werktag (der 22.02.2023 war ein Mittwoch) erscheint dies nicht offensichtlich unzumutbar.

Aufgrund der Unzulässigkeit des gestellten Wiedereinsetzungsantrags ist auch die verspätet eingelegte Revision des Angeklagten als unzulässig zu verwerfen.“

4

Dem tritt der Senat bei und bemerkt ergänzend, dass die Verteidigerin von der Gelegenheit zur Stellungnahme zur Antragsschrift des [X.]s keinen Gebrauch gemacht hat.

Schäfer     

  

Paul     

  

Berg

  

Erbguth     

  

Voigt     

  

Meta

3 StR 256/23

05.09.2023

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Duisburg, 15. Februar 2023, Az: 80 KLs 28/22

§ 32d S 3 StPO, § 43 Abs 1 StPO, § 44 S 1 StPO, § 45 Abs 1 S 1 StPO, § 341 Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.09.2023, Az. 3 StR 256/23 (REWIS RS 2023, 6365)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6365

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 164/23 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren: Wirksamkeit der Übermittlung einer einfach signierten Revisionsschrift über das besondere elektronische Anwaltspostfach eines Anwaltskollegen


5 StR 440/22 (Bundesgerichtshof)


5 StR 350/23 (Bundesgerichtshof)


2 StR 124/23 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung in die versäumte Revisionseinlegungsfrist: Fehlerhafte Übersendung der Revisionsschrift via beA und notwendiger Inhalt des …


XI ZB 1/23 (Bundesgerichtshof)

Elektronischer Rechtsverkehr: Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit der beA-Übermittlung eines Fristverlängerungsantrages für die Berufungsbegründungsfrist durch …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.