Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.10.2023, Az. 4 BN 5/23

4. Senat | REWIS RS 2023, 8237

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Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 14. Dezember 2022 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. [X.], Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - [X.]E 13, 90 <91> und vom 14. Oktober 2019 - 4 [X.] - [X.] 406.11 § 34 BauGB Nr. 225 Rn. 4).

4

a) Die Frage,

ob es nach § 7 Abs. 5 i. V. m. § 11 Abs. 3 Satz 1 und § 7 Abs. 2 [X.] geboten ist, den Satzungsbeschluss über einen Regionalplan zu wiederholen, wenn nach dem Satzungsbeschluss nicht die [X.] geändert werden, sondern allein die Planbegründung überarbeitet wird, und lediglich die überarbeitete Planbegründung im Hinblick darauf, dass sie auch die Abwägung berührt, vom zuständigen Gremium erneut beschlossen wird,

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Schon die unspezifische Formulierung "allein die Planbegründung überarbeitet wird", geht an dem angegriffenen Urteil vorbei. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des [X.] hatte die Genehmigungsbehörde dem Antragsgegner mit Schreiben vom 10. Oktober 2019 in Aussicht gestellt, die am 14. März 2019 als Satzung beschlossene Änderung des [X.] wegen verschiedener Mängel nicht zu genehmigen. Die Mängel beträfen die "Differenzierung zwischen harten und weichen Tabukriterien hinsichtlich der Siedlungsbereiche", die "Nichteinhaltung der weichen Tabuzone Mindestabstand zu Siedlungsflächen und Einzelhäusern" und die unzureichende Würdigung einer Stellungnahme der [X.] vom 23. August 2018 zur Lage der Vorranggebiete "A. 01" und "B." in einer [X.], in der die Errichtung von Windenergieanlagen ausgeschlossen sei. Der Antragsgegner stellte daraufhin weitere Ermittlungen dazu an, inwiefern die militärische Nutzung als [X.] einer Festlegung der beiden o. g. Vorranggebiete Windenergienutzung entgegensteht. Die Ergebnisse der hierzu am 7. Januar 2020 mit der [X.] geführten Besprechung wurden in einem Memorandum vom 9. Januar 2020 festgehalten. Zudem überarbeitete der Antragsgegner den [X.] sowie den Umweltbericht und erstellte auf der Grundlage des modifizierten [X.]es sowie des Memorandums eine insgesamt 15 Seiten umfassende ergänzende Abwägungsunterlage ([X.] und 20).

5

Hierin hat das Oberverwaltungsgericht den Eintritt in weitere, abwägungsrelevante Ermittlungen und eine nachträgliche Modifikation der den Satzungsbeschluss tragenden [X.] erblickt, die - anders als Korrekturen offensichtlicher Fehler oder "Klarstellungen" der Planbegründung - eines erneuten Satzungsbeschlusses sowie einer Genehmigung dieses Beschlusses bedurft hätten. Mit der gebotenen inhaltlichen und zeitlichen Einheit zwischen Satzungsbeschluss und der ihn tragenden Abwägung (§§ 7 Abs. 2 Satz 1, 11 Abs. 3 Satz 1 [X.]) sei eine nachträgliche teilweise Änderung der Abwägung unter Festhaltung an dem ursprünglichen Satzungsbeschluss nicht vereinbar (UA S. 20).

6

Dass in einem solchen Fall der nachträglichen Ermittlung, Ergänzung und Änderung von [X.] zur Behebung von Mängeln ein erneuter Satzungsbeschluss erforderlich ist, bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht darauf an, ob nach erneuter Abwägung an dem [X.] festgehalten und formal lediglich die Begründung geändert wird. Entscheidend ist, ob der Plangeber - wie hier - erneut in den [X.] eintritt und seinen Plan auf eine neue bzw. geänderte Abwägungsgrundlage stellt. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Abwägung, die [X.] der planerischen Entscheidung ist, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Beschlussfassung (§ 11 Abs. 3 Satz 1 [X.]; vgl. [X.], in: [X.], [X.], 1. Aufl. 2019, § 11 Rn. 84; [X.], in: [X.]/​Runkel/​Goppel, [X.], 2. Aufl. 2018, § 11 Rn. 68).

7

b) Die Revision ist nicht zur Klärung der Frage zuzulassen,

ob bei der Ausweisung eines Vorranggebiets für die Windenergienutzung im Rahmen der [X.] nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zur Vermeidung eines Abwägungsfehlers (§ 7 Abs. 2 [X.]) neben der Feststellung, dass keine harte Tabuzone vorliegt und die betreffende Fläche daher (soweit sie nicht als weiche Tabuzone eingestuft wird) zu den Potenzialflächen gehört, zusätzlich sicherzustellen ist, dass sich die Windenergienutzung auf der Fläche durchzusetzen vermag.

8

Es fehlt an der Entscheidungserheblichkeit. Die Frage betrifft die Ausführungen des [X.] zur fehlerhaften Bewertung der Eignung der [X.]" als Vorranggebiet Windenenergie. Das Oberverwaltungsgericht hat insoweit zwar einen Fehler im [X.] angenommen (vgl. [X.], 27 ff., 30). Entgegen der missverständlichen Formulierung unter III. ([X.]) ist die tenorierte Gesamtunwirksamkeit der 1. Änderung des [X.] 2008 tragend aber nur auf den formellen Fehler der fehlenden Genehmigung gestützt ([X.]). Für den Abwägungsmangel hat das Oberverwaltungsgericht dagegen offengelassen, ob er nur zu einer Teilunwirksamkeit geführt hätte.

9

2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Die [X.] betrifft die nicht entscheidungstragenden Ausführungen des [X.] zum Abwägungsmangel.

Ungeachtet dessen würde eine Zulassung der Revision selbst bei Annahme zweier selbstständig tragender Begründungen ausscheiden. In solchen Fällen muss hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund aufgezeigt werden und vorliegen (stRspr, vgl. zuletzt [X.], Beschluss vom 8. Mai 2023 - 4 [X.] - juris Rn. 3 m. w. N.). Das ist im Hinblick auf den von der Vorinstanz angenommenen formellen Mangel wie ausgeführt nicht der Fall.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 BN 5/23

17.10.2023

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend OVG Lüneburg, 14. Dezember 2022, Az: 12 KN 101/20, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.10.2023, Az. 4 BN 5/23 (REWIS RS 2023, 8237)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 8237

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