Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.11.2017, Az. IX ZR 218/16

9. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 1807

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Gegenstand

Insolvenzanfechtung: Anspruch auf Rückgewähr einer stillen Einlage als eine einem Darlehen gleichgestellte Forderung


Leitsatz

Hat ein Gesellschafter zusätzlich zu seiner Beteiligung als Gesellschafter eine (typische) stille Beteiligung übernommen, stellt der Anspruch auf Rückgewähr der stillen Einlage eine einem Darlehen gleichgestellte Forderung dar.

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 3. August 2016 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 2.000.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Schuldnerin ist eine Beteiligungsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH. Alleingesellschafterin der Schuldnerin ist die [X.] Die Beklagte ist Alleingesellschafterin der [X.] Im November 2005 beteiligte sich die Beklagte auf unbestimmte Dauer als stille [X.]erin an der Schuldnerin. Die - zwischenzeitlich auf bis zu 13.000.000 € erhöhte - vereinbarte Einlage wurde im Mai 2011 auf 10.000.000 € zurückgesetzt. Tatsächlich betrug sie zu diesem Zeitpunkt 10.900.000 €.

2

Unter dem 12. Dezember 2011 wies die Schuldnerin die Zahlung von 2.000.000 € zugunsten der [X.] an. Der Buchungstext lautete "Rückführung stille Beteiligung […]". Die Belastung des Kontos der Schuldnerin und die Gutschrift auf dem Konto der [X.] erfolgten am 15. Dezember 2011. Auf einen am 14. Dezember 2012 eingegangenen Gläubigerantrag eröffnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 28. Mai 2013 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.

3

Der Kläger hat gestützt auf § 135 Abs. 1 [X.] Klage auf Rückzahlung von 2.000.000 € erhoben. Das [X.] hat der Klage stattgegeben, die Berufung der [X.] hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt die Beklagte die Zulassung der Revision.

II.

4

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

5

1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, gegenüber der [X.] seien die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] erfüllt, weist keinen Zulassungsgrund auf. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Rückzahlung einer Vermögenseinlage, mit der ein [X.]er sich zusätzlich zu seiner bestehenden Beteiligung am [X.] einer [X.] im Sinne des § 39 Abs. 4 Satz 1 [X.] als stiller [X.]er im Sinne des § 230 Abs. 1 HGB an dieser [X.] beteiligt hat, sich als Befriedigung eines Anspruchs auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] oder einer gleichgestellten Forderung darstellt, wirft keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen auf. Ob eine Rechtshandlung nach § 135 Abs. 1 [X.] anfechtbar ist, hängt zum einen davon ab, ob der [X.] [X.]er der Schuldnerin ist. Zum anderen muss es sich um eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] oder eine gleichgestellte Forderung handeln. Dies gilt auch für die Rückführung einer stillen Einlage.

6

Sofern der [X.] unmittelbar am [X.] der [X.] beteiligt ist, seine Beteiligung über das [X.] des § 39 Abs. 5 [X.] hinausgeht und kein Fall des § 39 Abs. 4 Satz 2 [X.] vorliegt, sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 135 Abs. 1 [X.] in personeller Hinsicht erfüllt. In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob die Rechte des [X.]s aus dem Darlehen oder der dem Darlehen gleichgestellten Forderung diesem für sich genommen eine Rechtsposition verschaffen, die der eines [X.]ers entspricht. Dabei ist eine mittelbare Beteiligung am [X.] der [X.] für eine [X.]erstellung ausreichend, wenn diese der unmittelbaren Beteiligung gleichsteht (vgl. [X.], Urteil vom 17. Februar 2011 - [X.], [X.]Z 188, 363 Rn. 10; vom 28. Juni 2012 - [X.], [X.]Z 193, 378 Rn. 11). So liegt der Streitfall, weil die Beklagte unstreitig mittelbar Alleingesellschafterin der Schuldnerin ist. Die Rückzahlung der von der [X.] zusätzlich übernommenen (typischen) stillen Beteiligung ist mithin als Befriedigung eines Anspruchs auf Rückgewähr einer einem Darlehen im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] gleichgestellten Forderung anfechtbar.

7

Es entspricht einhelliger Meinung, dass die von einem (mittelbaren) Alleingesellschafter zusätzlich übernommene stille Einlage als darlehensgleiche Leistung dieses [X.]ers anzusehen ist ([X.]/[X.], [X.], § 135 Rn. 7; MünchKomm-[X.]/Ehricke, 3. Aufl. § 39 Rn. 43; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO § 135 Rn. 18; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 236 Rn. 17a; FK-[X.]/[X.], 8. Aufl., § 39 Rn. 68; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 39 Rn. 38; § 136 Rn. 2; [X.]/Kirchhof, § 6 Rn. 34; [X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 21. Aufl., Anhang zu § 30 Rn. 36; Mock, [X.], 1645, 1648; [X.]/[X.], GmbHR 2009, 1121, 1123 f). Dies entsprach schon der Handhabung zu § 32a GmbHG aF. Der Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die [X.]en mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften bezog die stille Beteiligung eines [X.]ers ausdrücklich ein (BT-Drucks. 8/1347 S. 40 zu § 32a Abs. 7 [X.]). Diese Bestimmung ist vom Rechtsausschuss des [X.] ohne inhaltliche Änderung gestrichen und durch die Generalklausel des § 32a Abs. 3 GmbHG ersetzt worden. Sie sollte auch die stille Beteiligung eines [X.]ers erfassen (BT-Drucks. 8/3908 [X.]). Das [X.] des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen hat insoweit die Konzeption des § 32a Abs. 3 GmbHG übernommen (BT-Drucks. 16/6140 [X.]). Die von der Beschwerde genannten Stimmen im Schrifttum ([X.]/Karsten [X.], [X.], 19. Aufl., § 136 Rn. 25; HmbKomm-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 136 Rn. 18) vertreten für die von einem [X.]er zusätzlich übernommene stille Beteiligung keine andere Auffassung (siehe nur Karsten [X.] in [X.], 3. Aufl., § 236 Rn. 7, 25, 28; Anhang Insolvenzanfechtung nach § 136 [X.], § 136 [X.] Rn. 6, wo jede stille Beteiligung eines bereits unabhängig von dieser Beteiligung unter § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] fallenden [X.]ers als nach § 135 [X.] anfechtbares Darlehen angesehen wird).

8

2. Verfahrensgrundrechte der [X.] wurden nicht verletzt. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.

Kayser     

      

Lohmann     

      

Pape   

      

Schoppmeyer     

      

Meyberg     

      

Meta

IX ZR 218/16

23.11.2017

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 3. August 2016, Az: 9 U 107/15

§ 39 Abs 1 Nr 5 InsO, § 135 Abs 1 Nr 2 InsO, § 136 InsO, § 230 Abs 1 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.11.2017, Az. IX ZR 218/16 (REWIS RS 2017, 1807)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 113-114 WM2017,2399 REWIS RS 2017, 1807

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

IX ZR 218/16

Zitiert

IX ZR 131/10

IX ZR 191/11

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