Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.03.2014, Az. IV ZR 422/12

4. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6740

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Gegenstand

Betriebshaftpflichtversicherung für einen Ofenbaumeister: Haftung des Versicherungsmaklers auf "Quasideckung" bei unterlassener Aufklärung über ausgeschlossene Risiken; Inhaltskontrolle für die Definition des "Versicherungsfalls" in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen; Anwendungsbereich des Ausschlusses von Haftpflichtansprüchen wegen Sachschäden durch Abwässer


Leitsatz

1. Hat ein Versicherungsmakler es pflichtwidrig unterlassen, ein bestimmtes Risiko abzudecken, so kann der Versicherungsnehmer von ihm verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten ("Quasideckung").

2. Nr 1.1 AHB 2008 ist nicht wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam; sie ist auch nicht unklar i.S. von § 305c Abs. 2 BGB.

3. Der Risikoausschluss in Nr. 7.14 (1) AHB 2008 ist unabhängig davon, auf wessen Handeln die Ableitung der Abwässer zurückgeht.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 23. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger, ein selbständiger [X.], nimmt den [X.]n, einen Versicherungsmakler, im Wege der Feststellungsklage auf Schadensersatz in Anspruch, weil dieser ihm eine Betriebshaftpflichtversicherung vermittelt hat, die Schäden aus Fliesenlegerarbeiten nicht erfasst, weshalb der Versicherer die Deckung für einen vom Kläger bei solchen Arbeiten angeblich verursachten Schaden ablehnt.

2

Der vom [X.]n vermittelten Versicherung liegt eine vom [X.]n ausgefüllte und vom Kläger unterschriebene "Deckungsnote" vom 2. September 2009 zugrunde, in der als ausgeübtes Handwerk "Ofensetzer" angegeben ist. Im [X.] an ein Telefonat zwischen den Parteien, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, fügte der [X.] vor der Weiterleitung an den Versicherer an dieser Stelle handschriftlich den Zusatz "incl. zugehöriger Fliesenarbeiten" ein.

3

Der vom Versicherer ausgestellte Versicherungsschein weist als Versicherungsbeginn den 3. September 2009 aus und gibt die versicherten Risiken mit "Kamin-, Ofen- und Herdsetzer, Feuerungs- und Luftheizungsbau" an.

4

Der Versicherungsfall ist in den der Versicherung zugrunde liegenden Bedingungen des Versicherers (im Folgenden: [X.]) in Ziffer 1.1 wie folgt beschrieben:

"Versicherungsschutz besteht im Rahmen des versicherten Risikos für den Fall, dass der Versicherungsnehmer wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadenereignisses (Versicherungsfall), das einen Personen-, Sach- oder sich daraus ergebenden Vermögensschaden zur Folge hatte, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem [X.] auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.

Schadenereignis ist das Ereignis, als dessen Folge die Schädigung des [X.] unmittelbar entstanden ist. Auf den Zeitpunkt der Schadenverursachung, die zum Schadenereignis geführt hat, kommt es nicht an."

5

Nach Ziffer 7.14 [X.] sind von der Versicherung ausgeschlossen:

"Haftpflichtansprüche aus Sachschäden, welche entstehen durch

(1) Abwässer, soweit es sich nicht um häusliche Abwässer [X.]

…"

6

Am 25. November 2009 meldete der Kläger dem Versicherer einen Schadenfall. Er gab an, dass es zu einem Schaden in einem näher bezeichneten Gebäude in B.  gekommen sei. In [X.] befänden sich diverse Maschinen einer Dialysepraxis, für die er eine Podestfläche und einen Pumpensumpf, in den ständig Wasser einlaufe, abgedichtet und eingefliest habe. Weil sich die von ihm eingebaute Abdichtung des [X.] gelöst habe, habe sich unterhalb des Einlaufrohres eine Leckage gebildet, aus der ständig Wasser ausgetreten sei, so dass [X.] unter dem Estrich ebenso wie diverse Wände und Fahrstuhlschächte infolge austretenden Wassers durchnässt worden seien. Der Wasseraustritt sei erstmalig am 7. November 2009 in den Fahrstuhlschächten bemerkt worden.

7

Die fraglichen Arbeiten hatte der Kläger bereits im Juli 2009 ausgeführt.

8

Der Versicherer lehnte die Regulierung des Schadens mit der Begründung ab, dass Schäden im Zusammenhang mit der Durchführung von Fliesenarbeiten vom Versicherungsschutz nicht umfasst seien; die Abdichtung des [X.] und anschließende Verfliesung falle in das Risiko eines Fliesenlegerbetriebs.

9

Der Kläger macht geltend, der [X.] habe schuldhaft nicht dafür gesorgt, dass er Versicherungsschutz auch für reine - und nicht nur für als Nebenarbeiten ausgeführte - Fliesenlegerarbeiten genieße. Er behauptet, er habe den [X.]n ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er solche Arbeiten erbringe, die selbstverständlich auch versichert sein müssten; der [X.] habe ihm zugesagt, sich darum zu kümmern.

Das [X.] hat antragsgemäß festgestellt, dass der [X.] verpflichtet sei, den Kläger so zu stellen, als hätte er [X.] für Fliesenlegerarbeiten an dem im [X.] näher bezeichneten Bauvorhaben gehabt. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.], 125 veröffentlicht ist, hat die Berufung des [X.]n zurückgewiesen.

Dagegen wendet dieser sich mit der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat die Feststellungsklage für zulässig erachtet und in der Sache einen Schadensersatzanspruch des [X.] wegen unzulänglicher Beratung gemäß §§ 63, 61 Abs. 1 [X.] bejaht.

Eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten liege vor, weil er zur Vermittlung eines passenden Versicherungsschutzes verpflichtet gewesen sei und dafür auch das zu versichernde Risiko habe ermitteln müssen. Er hätte die Frage, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen und Umständen im Einzelnen der Kläger Betriebshaftpflichtschutz auch für Fliesenarbeiten wünschte, durch gezieltes Nachfragen klären müssen. Dieser Verpflichtung sei er nicht gerecht geworden.

Da auch ein anspruchsminderndes Mitverschulden des [X.] gemäß § 254 Abs. 1 BGB zu verneinen sei, habe der Beklagte ihn so zu stellen, als hätte der Versicherer die Deckung des unversichert gebliebenen Risikos übernommen.

Zu Unrecht berufe sich der Beklagte auf das Fehlen eines Schadens des [X.]. Insbesondere sei der Versicherungsfall während der Laufzeit des [X.] eingetreten. Zwar käme als Zeitpunkt des Versicherungsfalles sowohl die Durchführung der Arbeiten durch den Kläger als auch deren Fertigstellung als auch die Inbetriebnahme des [X.] als auch der Austritt des Wassers in Betracht. Eine präzise zeitliche Abgrenzung sei aber kaum möglich. Deshalb spreche einiges für eine Intransparenz der Vertragsklausel der Ziffer 1 [X.]S. des § 307 BGB mit der Folge, dass auf den dem Versicherungsnehmer günstigsten Zeitpunkt, hier also den des Wasseraustritts im November 2009 abzustellen sei. Der Versicherungsschutz wäre auch nicht etwa bei Einschluss des Risikos "Fliesenlegerarbeiten" aufgrund der Klausel Ziffer 7.14 (1) [X.] ausgeschlossen gewesen, weil dieser Ausschluss lediglich den Fall betreffe, dass der Versicherungsnehmer oder ein Dritter, für den er einzustehen habe, die Abwässer abgeleitet oder deren Ableitung veranlasst habe.

II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Keinen Bedenken begegnet es allerdings, dass das Berufungsgericht die Feststellungsklage für zulässig erachtet hat.

a) Für die Prüfung der Zulässigkeit eines Feststellungsantrages ist der tatsächliche Vortrag des [X.] zu unterstellen. Danach wäre der Beklagte gemäß § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, den Zustand herzustellen, der bestünde, wenn er dem Kläger auch [X.] für Fliesenarbeiten vermittelt hätte (sog. "Quasideckung"; vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. § 63 Rn. 16; MünchKomm-[X.]/[X.], § 63 Rn. 19; HK-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 6 Rn. 46; [X.] in [X.], [X.] 9. Aufl. § 63 Rn. 20).

Jedoch kann der Versicherungsnehmer einer Haftpflichtversicherung im Allgemeinen nicht die Befriedigung des [X.] verlangen. Vielmehr steht es dem Haftpflichtversicherer frei, ob er die gegen seinen Versicherungsnehmer geltend gemachten Ansprüche erfüllen oder den Versuch einer Abwehr der Ansprüche unternehmen will. Der Versicherungsnehmer kann daher nicht auf Leistung, sondern nur auf Feststellung des Versicherungsschutzes klagen ([X.]surteile vom 21. September 1983 - [X.], NJW 1984, 370; vom 4. Dezember 1980 - [X.], [X.], 76, 78). Entsprechend muss es auch dem Beklagten im Falle seiner Haftung freistehen, die von der Geschädigten gegen den Kläger geltend gemachten Ansprüche entweder zu erfüllen oder den Versuch ihrer Abwehr zu unternehmen, indem er die Kosten der Rechtsverteidigung des [X.] gegenüber der Geschädigten übernimmt.

Deshalb kann der Kläger auch ihm gegenüber nur eine Klage auf Feststellung erheben; das erforderliche konkrete Rechtsverhältnis ist damit gegeben, ohne dass es hierfür darauf ankommt, ob die erhobenen Ansprüche der Geschädigten begründet sind.

b) Diesem [X.] entsprechen der Antrag des [X.] und der Tenor des landgerichtlichen Urteils. Zwar sind darin die von der Geschädigten angemeldeten Ansprüche nicht konkret bezeichnet; der Inhalt der getroffenen Feststellung ist aber durch die Bezugnahme auf die Arbeiten, für die der Kläger Deckungsschutz begehrt, hinreichend klar, zumal der [X.] im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen ist ([X.], Urteil vom 2. Oktober 2009 - [X.], [X.]Z 182, 307 Rn. 22).

Ein Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 308 Abs. 1 ZPO liegt entgegen der Auffassung der Revision nicht vor. Das Wahlrecht des Beklagten ergibt sich zweifelsfrei aus dem Tenor des landgerichtlichen Urteils. Feststellungen zur Haftung des [X.] gegenüber der Geschädigten haben die Vorinstanzen nicht getroffen.

2. Ebenso rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten angenommen.

a) Die Pflichten des vom Versicherungsnehmer beauftragten Versicherungsmaklers gehen weit. Er wird als sein Interessen- oder sogar [X.] angesehen. Wegen seiner umfassenden Pflichten kann der Versicherungsmakler für den Bereich des Versicherungsverhältnisses des von ihm betreuten Versicherungsnehmers als dessen treuhänderischer Sachwalter bezeichnet und insoweit mit sonstigen Beratern verglichen werden ([X.]surteil vom 22. Mai 1985 - [X.], [X.]Z 94, 356, 359; [X.], Urteile vom 16. Juli 2009 - [X.], [X.], 1495 Rn. 8; vom 14. Juni 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 1503 Rn. 10; vom 20. Januar 2005 - [X.], [X.]Z 162, 67, 78). Als Vertrauter und Berater des Versicherungsnehmers hat er dessen Interessen wahrzunehmen und individuellen, für das betreffende Objekt passenden Versicherungsschutz zu besorgen; er muss von sich aus das Risiko untersuchen und das Objekt prüfen ([X.]surteil vom 22. Mai 1985 aaO; [X.], Urteil vom 14. Juni 2007 aaO).

b) Gegen diese Pflichten hat der Beklagte bereits deshalb verstoßen, weil er im Rahmen der ihm obliegenden Aufgabe, den Versicherungsbedarf zu ermitteln, nicht nachgefragt hat, welche konkreten Tätigkeiten der Kläger im Rahmen seines Betriebs tatsächlich ausübt.

Der Pflichtenverstoß ist auch auf der Basis des vom Beklagten behaupteten Inhalts des streitigen Telefongesprächs anzunehmen, weshalb es einer Beweisaufnahme hierüber nicht bedurfte. Selbst wenn der Kläger in dem Telefonat nur den Hinweis gab, dass in der [X.] nur von "[X.]" die Rede sei, er als [X.] "aber auch mal Fliesen kleben müsse", wäre schon dies ein ausreichender Anlass für weitere Nachfragen des Beklagten gewesen. Allein die Hinzufügung des Zusatzes "incl. zugehöriger Fliesenarbeiten" auf der [X.] genügte nicht. Sie ergab auch keinen Sinn, weil etwaige Fliesenarbeiten, die ausnahmsweise im Zusammenhang mit dem [X.]handwerk vorzunehmen waren, nach Teil I Nr. 1 der für das Versicherungsverhältnis weiter vereinbarten "Besondere(n) Bedingungen und Risikobeschreibungen zur Haftpflichtversicherung für Betriebe des Baunebengewerbes" des Versicherers aufgrund des dort enthaltenen Verweises auf § 5 Handwerksordnung ohnehin mitversichert waren. Vielmehr hätte der Beklagte dem Kläger auf diesen Hinweis hin erklären müssen, dass es entscheidend darauf ankommt, ob er gelegentlich auch selbständige Fliesenarbeiten erbringt, was dann eines gesonderten Versicherungsschutzes bedurft hätte.

Das schließt zugleich ein Mitverschulden des [X.] aus.

3. Das Berufungsgericht hat zu Recht keine Feststellungen dazu getroffen, ob sich der Kläger tatsächlich gegenüber seiner Auftraggeberin haftpflichtig gemacht hat. Dies ist nicht entscheidungserheblich, weil der Versicherungsschutz auch der Abwehr unbegründeter Ansprüche dient.

4. Dagegen sind die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht einen durch Pflichtverletzung des Beklagten eingetretenen Schaden des [X.] bejaht hat, von Rechtsfehlern beeinflusst.

a) Nur im Ergebnis zutreffend ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass das nach Ziffer 1.1 [X.] für einen Versicherungsfall maßgebliche Schadenereignis in den versicherten Zeitraum fällt.

aa) Die Auslegung und die Wirksamkeit dieser mit Ziffer 1 [X.] 2008 - Musterbedingungen des [X.] - übereinstimmenden Klausel sind allerdings umstritten. Außer dem Berufungsgericht hält auch ein Teil des Schrifttums die Klausel wegen Intransparenz nach § 307 BGB für unwirksam (Lücke in [X.]/[X.], [X.], 28. Aufl. § 100 Rn. 31; HK-[X.]/[X.], 2. Aufl. [X.] Ziff. 1 Rn. 13; letzterer mit der Einschränkung, dass die Klausel entweder intransparent [X.] von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB oder mehrdeutig und damit unklar [X.] von § 305c Abs. 2 BGB sei); ein anderer Teil der Literatur hält die Regelung für nicht mehrdeutig und wirksam (MünchKomm-[X.]/[X.], § 100 Rn. 117 ff.; [X.]/[X.] 2. Aufl. § 24 Rn. 22; Langheid in [X.]/Langheid, [X.] 4. Aufl. § 100 Rn. 61 f.). Der [X.] hat die Frage, was nach den [X.] im Allgemeinen unter dem Schadenereignis zu verstehen ist, in einem Urteil vom 27. November 2002 ausdrücklich offen gelassen ([X.], [X.], 187 unter [X.]). Sie muss auch hier nicht entschieden werden.

bb) Entgegen der erstgenannten Auffassung ist die Definition des Versicherungsfalles in den [X.] weder wegen Intransparenz unwirksam noch unklar; sie führt im Streitfall dazu, dass das maßgebliche Schadenereignis im Wasseraustritt zu sehen ist.

(1) Zunächst scheidet eine Inhaltskontrolle der Bestimmung aus. Der Gesetzgeber hat im [X.] bewusst nicht geregelt, welcher Vorgang in der Haftpflichtversicherung den Versicherungsfall darstellt, sondern dies der Klärung durch das Vertragsrecht überlassen (Lücke in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. § 100 Rn. 25). Die Definition des Versicherungsfalles, die in unterschiedlichen Bedingungen in ganz unterschiedlicher Weise erfolgt, ohne deshalb mit § 100 [X.] unvereinbar zu sein, gehört damit zum [X.] der Leistungsbeschreibung, weshalb sie sich einer inhaltlichen AGB-Kontrolle entzieht (Lücke aaO Rn. 26). Eine Inhaltskontrolle (auf Unangemessenheit) findet hinsichtlich der Leistungsbeschreibung, die den unmittelbaren Gegenstand der geschuldeten Hauptleistung festlegt und ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen [X.] ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann, nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht statt. Diese Vorschrift hindert eine richterliche Inhaltskontrolle nur dann nicht, wenn die betreffende Klausel nach ihrem Wortlaut und erkennbaren Zweck das vom Versicherer gegebene [X.] lediglich einschränkt, verändert, ausgestaltet oder sonst modifiziert (vgl. nur [X.]surteile vom 26. September 2007 - [X.], [X.], 1690 Rn. 13 und vom 13. Juli 1994 - [X.], [X.]Z 127, 35, 41). So liegt es hier nicht.

(2) Aber auch eine Transparenzkontrolle scheidet aus. Zwar erstreckt sich diese gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB grundsätzlich auch auf das [X.]. Jedoch ist Ziffer 1.1 [X.] von vornherein von einer Unwirksamkeitsfolge ausgeschlossen, weil es ansonsten - mangels gesetzlicher Definition des Versicherungsfalls in der Haftpflichtversicherung - keine Regelung zum Versicherungsschutz als solchem und zur Einordnung des Versicherungsfalls gäbe. Wo eine gesetzliche Auffangregelung fehlt, hat die Unwirksamkeit von essentialia negotii die Unwirksamkeit des gesamten Vertrages zur Folge. Der Versicherungsnehmer verlöre dann jeglichen Versicherungsschutz. Eine reine Transparenzkontrolle des Vertragskerns, die in Unwirksamkeit des gesamten Vertrages resultiert, ist deshalb im Hinblick auf die Garantie der Vertragsfreiheit unzulässig (MünchKomm-[X.]/[X.], § 307 BGB Rn. 38).

(3) Gleichwohl hat das Berufungsgericht das Schadenereignis für den Streitfall im Ergebnis zutreffend bestimmt. Einer Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB bedarf es hierfür nicht.

(a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die [X.] eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an ([X.]surteil vom 23. Juni 1993 - [X.], [X.]Z 123, 83, 85 und ständig). Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist vom [X.] auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind ([X.]surteil vom 25. Juli 2012 - [X.], [X.], 1149 Rn. 21 m.w.N.; st. Rspr.).

(b) Die diesen Vorgaben folgende Auslegung der Ziffer 1.1 [X.] ergibt, dass im Streitfall erst der Austritt des Wassers als das maßgebliche Schadenereignis anzusehen ist (a.[X.], [X.] 2013, 5, 7).

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird Satz 3 der Ziffer 1 [X.] zunächst entnehmen, dass es nicht auf den Zeitpunkt der Schadenverursachung ankommt, da diese erst noch zum Schadenereignis führen muss. Der Zeitpunkt der Ausführung der Fliesen- und Abdichtungsarbeiten scheidet damit aus. Umgekehrt wird er aufgrund der Regelung der Ziffer 1.1 Satz 2 [X.] erkennen, dass das Schadenereignis zeitlich noch vor dem Zeitpunkt der Schädigung des Dritten liegen muss, da die Schädigung als Folge des [X.] bezeichnet ist. Dabei muss der zeitliche Abstand allerdings nicht groß sein, da die Schädigung des Dritten "unmittelbar" aus dem Schadenereignis entstanden sein soll. Danach kommt auch die Abnahme der fehlerhaften Arbeit als maßgebliches Ereignis nicht in Betracht; sie führt die Schädigung nicht unmittelbar herbei. Als mögliche Anknüpfungspunkte verbleiben damit nur die Inbetriebnahme des [X.] und der tatsächlich stattfindende Wasseraustritt.

Die letzte Tatsache, die den Schaden an den Sachen des Auftraggebers ausgelöst hat, ist jedoch erst der Austritt des Wassers selbst. Erst für diesen Umstand wird der Kläger hier von seinem Auftraggeber haftbar gemacht. Schadenereignis kann aber nur ein solches Ereignis sein, das zur Auslösung des gegen den Versicherungsnehmer gerichteten Haftpflichtanspruchs geeignet ist ([X.]surteil vom 11. Dezember 2002 - [X.], [X.]Z 153, 182, 184 f.). Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird die Klausel daher aufgrund des in ihr verwendeten Begriffs der Unmittelbarkeit so verstehen, dass ihm gerade für den Eintritt dieser Tatsache Haftpflichtversicherungsschutz gewährt werden soll.

Damit liegt das Schadenereignis innerhalb der versicherten Zeit. Zwar ist es unklar, wann genau die Undichtigkeit nach der Inbetriebnahme der Anlage eintrat und der Wasseraustritt begonnen hat, bevor das Wasser schließlich in die Räume der Geschädigten lief und dort am 7. November 2009 entdeckt wurde. Es ist aber klar, dass aus dem Leck des [X.] bis zur Entdeckung der Feuchtigkeitsschäden ständig Wasser ausgelaufen ist, so dass der Versicherungsfall jedenfalls auch in der versicherten Zeit angedauert hat.

b) Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts vermögen aber aus einem anderen Grunde die Annahme, dass der Kläger im Falle zutreffender Risikoermittlung und Beratung durch den Beklagten Versicherungsschutz für dieses Schadenereignis genossen hätte, auch im Ergebnis nicht zu tragen. Insoweit bedarf es noch weiterer Feststellungen.

aa) Das Berufungsgericht hat ein Eingreifen der Ausschlussklausel in Ziffer 7.14 (1) [X.] zu Unrecht abgelehnt.

(1) Diese Bestimmung kann aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht einschränkend dahin ausgelegt werden, dass sie nur dann Anwendung findet, wenn der Versicherungsnehmer selbst die Abwässer abgeleitet oder wenigstens ihre Ableitung veranlasst hat. Einen Anhaltspunkt für eine derartige Einschränkung bietet der Wortlaut der Regelung nicht. Aber auch aus ihrem Zweck kann sie nicht entnommen werden. Der Grund für den Ausschluss liegt in der besonderen Abwassergefahr aufgrund der unübersehbaren Veränderungen der Beschaffenheit, denen Gebrauchswasser nach seiner Nutzung unterliegen kann. Es vermag Krankheitskeime, Fäulnisstoffe oder chemische Zusätze in sich aufzunehmen, die ihm aggressive, gefährliche Eigenschaften verleihen, mit denen in der Natur vorkommendes Wasser regelmäßig nicht behaftet ist. Für diese typischen, unüberschaubaren Gefahren der Abwässer, die Anlass zu ihrer tunlichst gesicherten Ableitung geben, will auch der Haftpflichtversicherer nicht einstehen ([X.]surteil vom 13. Dezember 1972 - [X.], [X.], 170). Der Ausschlussgrund ist damit objektiver Natur und unabhängig davon, auf wessen Handeln die Ableitung dieser Abwässer zurückgeht (ebenso entgegen der Meinung des Berufungsgerichts die von ihm angeführte Kommentarliteratur: [X.] in [X.]/[X.], [X.] 8. Aufl. [X.]. [X.] letzter Satz; Späte, Haftpflichtversicherung § 4 Rn. 88).

(2) Es handelt sich hier auch nicht um häusliche Abwässer, die vom Anwendungsbereich der Klausel ausgenommen sind. Da auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer die potentiell erhöhte Gefährlichkeit von Abwasser als Grund für den Ausschluss erkennen wird, wird er den Begriff der häuslichen Abwässer als Abgrenzung zu gewerblichen oder betrieblichen Abwässern verstehen, denen eine derartige Gefährlichkeit regelmäßig in nochmals erhöhtem Maße anhaftet. Abwässer aus medizinischen Geräten, wie sie hier in den Pumpensumpf fließen, sind danach nicht als häusliche Abwässer im Sinne der Klausel anzusehen.

bb) Aus der Anwendbarkeit von Ziffer 7.14 (1) [X.] auf den vom Kläger gemeldeten Schadenfall folgt jedoch noch nicht, dass der Kläger auch im Falle der gebotenen Nachfrage nach den im Rahmen seines Betriebes ausgeführten Arbeiten und einer zutreffenden Beratung auf Grundlage der dann erteilten Antwort keinen Versicherungsschutz für diesen Schaden gehabt hätte. Hierzu bedarf es vielmehr weiterer Feststellungen.

(1) In den vereinbarten "Besondere(n) Bedingungen und Risikobeschreibungen zur Haftpflichtversicherung für Betriebe des Baunebengewerbes" heißt es unter II.3.3. unter anderem wie folgt:

"… Mitversichert sind - in teilweiser Abweichung von … Ziff. 7.14 (1), (3) und (4) [X.] - Haftpflichtansprüche aus Sachschaden, der entsteht durch

3.3.1 Abwässer (…), mit Ausnahme von Schäden aus Abwasseranlagen des Versicherungsnehmers, aus Planung, Herstellung, Lieferung, Montage und Wartung von Abwasseranlagen oder Teilen, die ersichtlich für Abwasseranlagen bestimmt sind …"

Damit ist hier ein Wiedereinschluss von [X.] aus durch Abwässer entstandenem Sachschaden vorgesehen, der seinerseits nur wegen der darin weiter enthaltenen Rückausnahme nicht zum Zuge kommt. Die Herstellung der Abdichtung eines [X.], in den Abwässer aus einer Dialysepraxis fließen, wird von dieser Rückausnahme erfasst.

(2) Aufgrund der bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist es offen, ob die Pflichtverletzung des Beklagten dazu geführt hat, dass er davon abgesehen hat, dem Kläger einen Versicherungsschutz zu empfehlen, der einen Einschluss von Schäden durch Abwässer ohne diese Rückausnahme vorsah.

Wie oben unter 2. a) ausgeführt, gehört es zu den Aufgaben des Versicherungsmaklers, aufgrund einer sachgerechten Risikoprüfung für einen den Bedürfnissen des Versicherungsnehmers entsprechenden Versicherungsschutz zu sorgen. In diesem Rahmen hat er auch die Bedingungen der von ihm empfohlenen Versicherung in den Blick zu nehmen, insbesondere soweit diese von anderen marktüblichen Bedingungen abweichen. Insoweit dürfte aber der weitgehend uneingeschränkte Wiedereinschluss von Schäden durch Abwässer im Baunebengewerbe üblich sein (so auch Lücke, [X.], 5, 7). Denn nach dem "[X.]: Industrie, Handel und Gewerbe" des [X.] (abgedruckt z.B. in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. S. 1608 ff.) sind gemäß Ziff. 1.2 lit. b) Haftpflichtansprüche aus Sachschaden durch Abwässer für das Baunebengewerbe - darunter fallen nach Ziffer 1.2.5 [X.] ebenso wie Fliesenleger - in Abweichung von Ziffer 7.14 (1) [X.] ohne die hier vereinbarte Rückausnahme eingeschlossen.

Es kommt deshalb darauf an, ob der Beklagte bei gehöriger Nachfrage zu den vom Kläger konkret ausgeübten Tätigkeiten hätte erkennen können, dass der eingeschränkte Wiedereinschluss nicht genügte, weil der Kläger auch Arbeiten an einer Anlage vorgenommen hatte, in die Abwässer abgeleitet wurden. Zu dieser Frage hat das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen getroffen. Das wird es - gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag - nachzuholen haben.

[X.]                       [X.]                                  Dr. Karczewski

              Lehmann                                    Dr. Brockmöller

Meta

IV ZR 422/12

26.03.2014

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 23. Oktober 2012, Az: 11 U 90/10, Urteil

§ 63 VVG, Nr 1.1 AHB 2008, Nr 7.14 AHB 2008, § 249 Abs 1 BGB, § 307 Abs 1 S 2 BGB, § 305c Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.03.2014, Az. IV ZR 422/12 (REWIS RS 2014, 6740)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6740

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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