Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.08.2022, Az. 3 StR 187/22

3. Strafsenat | REWIS RS 2022, 5141

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Gegenstand

Kriegsverbrechen gegen Personen, Mord und mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland: Konkurrenzverhältnis


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 26. November 2021 wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des Mordes in Tateinheit mit Kriegsverbrechen gegen Personen durch Tötung und durch Folter mit Todesfolge sowie mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland schuldig ist.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten "wegen Mordes in Tateinheit mit Kriegsverbrechen gegen Personen und mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland" zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Der Angeklagte erhebt mit seiner Revision die allgemeine Sachrüge. Das Rechtsmittel ist unbegründet und führt lediglich zu einer Klarstellung des Schuldspruchs.

2

1. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen wurde der Angeklagte im Juli 2014 als Angehöriger des "[X.]" ([X.]) mit drei weiteren Männern herbeigerufen, um einen vom [X.] gefangen Genommenen und im Gefängnis in M.    ([X.]) Inhaftierten zu bestrafen. Diesem wurde vorgeworfen, als Angehöriger der "[X.]" gegen den [X.] gekämpft und während der Befragung im Gefängnis eine Gotteslästerung geäußert zu haben. Der Angeklagte und die anderen drei schlugen über einen längeren [X.]raum auf den Gefesselten ein, der an seinen hinter dem Rücken zusammengebundenen Händen unter der Decke aufgehängt worden war. Für die gegen sämtliche Körperteile gerichteten Prügel nutzten sie ihre Fäuste sowie zumindest einen Knüppel und nahmen den für möglich gehaltenen Tod des Opfers billigend in Kauf. Nach einiger [X.] ließen sie von dem Malträtierten ab, der in dem [X.] spätestens zwei Tage danach an den beigebrachten Verletzungen starb.

3

2. Die Revision hat keinen Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Allerdings ist es - gemäß dem Antrag des [X.] - angezeigt, den Schuldspruch wie aus der [X.] ersichtlich neu zu fassen. Dies entspricht der sich aus den Urteilsgründen ergebenden zutreffenden rechtlichen Würdigung des [X.]s, der als Mittäter handelnde Angeklagte habe sich wegen Mordes (§ 211 StGB) in Tateinheit mit den - tateinheitlichen - Kriegsverbrechen gegen Personen durch Tötung (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) und durch Folter mit Todesfolge (§ 8 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1 [X.]) und mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§ 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB) strafbar gemacht.

4

a) Der Angeklagte hat die vorgenannten Delikte tateinheitlich im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verwirklicht.

5

aa) Die Erfüllung verschiedener Tatbestände des [X.] gegen Personen nach § 8 Abs. 1 [X.] durch dieselbe Handlung kann grundsätzlich als Tateinheit zu bewerten sein (s. im Ergebnis ebenso [X.], Beschluss vom 21. September 2020 - StB 28/20, juris Rn. 24; vgl. auch [X.], Beschluss vom 20. Februar 2019 - AK 4/19, [X.]R [X.] § 8 Abs. 1 Konkurrenzen 1 Rn. 25). Hierfür ist vor allem von Belang, dass die genannte Strafvorschrift eine Vielzahl verschiedener Tathandlungen und -erfolge pönalisiert, deren jeweils eigener Unwert sich insbesondere in den unterschiedlichen Strafandrohungen widerspiegelt. Das danach gegebene spezifische Unrecht einzelner Tatbestände würde nicht erfasst, wenn Kriegsverbrechen gegen Personen generell als einheitliches Delikt gewertet würden. Indes ist nicht ausgeschlossen, dass einer der Tatbestände hinter einen anderen etwa wegen des Grundsatzes der Spezialität zurücktritt; dies bleibt im Einzelfall zu prüfen (vgl. zum Kriegsverbrechen der entwürdigenden oder erniedrigenden Behandlung bei einem durch dieselbe Handlung verwirklichten Kriegsverbrechen der Folter [X.], Urteil vom 28. Januar 2021 - 3 StR 564/19, [X.]St 65, 286 Rn. 79 mwN; s. auch [X.], Völkerstrafrecht, 5. Aufl., Rn. 1549). Hieran gemessen stehen die Kriegsverbrechen gegen Personen durch Tötung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 [X.] und durch Folter mit Todesfolge nach § 8 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1 [X.] tateinheitlich nebeneinander, weil weder die Tötung eine Folterung noch die Folterung mit Todesfolge eine vorsätzliche Tötung voraussetzt.

6

bb) Für die nach dem allgemeinen Strafrecht verwirklichten Tatbestände des Mordes und der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland gelten die allgemeinen Konkurrenzregeln (s. [X.], Urteil vom 28. Januar 2021 - 3 StR 564/19, [X.]St 65, 286 Rn. 82 mwN). Das spezifische Tatunrecht dieser Delikte ist nicht bereits durch die Kriegsverbrechen gegen Personen abgedeckt; denn das Kriegsverbrechen durch Tötung erfordert keine Grausamkeit oder niedrigen Beweggründe, eine Folterung mit Todesfolge keinen Vorsatz in Bezug auf den Tod. Das [X.] wird von den ausgeurteilten Kriegsverbrechen ebenfalls nicht erfasst (vgl. auch [X.], Beschluss vom 18. Dezember 2018 - StB 52/18, [X.]St 64, 1 Rn. 18 mwN).

7

b) Vor dem dargelegten Hintergrund sind die verwirklichten Tatbestände des [X.] gegen Personen gemäß § 8 [X.] in der Urteilsformel trotz der einheitlichen gesetzlichen Überschrift aus [X.] näher zu bezeichnen (s. auch [X.], Urteil vom 28. Januar 2021 - 3 StR 564/19, juris, vor Rn. 1; abweichend aber [X.], Beschluss vom 10. August 2021 - 3 StR 394/20, juris); die Soll-Vorschrift des § 260 Abs. 4 Satz 2 StPO steht einer solchen präziseren Fassung nicht entgegen (vgl. [X.], Beschluss vom 19. März 2019 - 3 StR 2/19, [X.]R StGB § 244 Abs. 4 Urteilsformel 1 Rn. 6; [X.] in Festschrift [X.], 2022, S. 895, 901 f.).

Schäfer     

      

Berg     

      

Anstötz

      

Erbguth     

      

[X.]     

      

Meta

3 StR 187/22

10.08.2022

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend OLG Düsseldorf, 26. November 2021, Az: III-6 StS 5/18

§ 8 Abs 1 Nr 1 VStGB, § 8 Abs 1 Nr 3 VStGB, § 8 Abs 4 S 1 VStGB, § 52 Abs 1 StGB, § 129a Abs 1 Nr 1 StGB, § 129b Abs 1 S 1 StGB, § 129b Abs 1 S 2 StGB, § 211 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.08.2022, Az. 3 StR 187/22 (REWIS RS 2022, 5141)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5141

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Referenzen
Wird zitiert von

AK 56/23

Zitiert

3 StR 564/19

3 StR 2/19

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