Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.03.2015, Az. 9 AZR 702/13

9. Senat | REWIS RS 2015, 13946

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Wiedereinstellungszusage - Klageantrag - Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 2. Mai 2013 - 2 [X.]/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen [X.] bzw. Wiedereinstellungsanspruch der Klägerin.

2

Die Klägerin war seit Februar 1998 mit Unterbrechungen - zuletzt aufgrund „Erneuerung des Arbeitsvertrags vom 04.01.1999 u. 15.05.2002“ durch Vertrag vom 15. April 2011 - als Lagerarbeiterin gegen eine monatliche Bruttovergütung iHv. 1.600,00 Euro bei der [X.] beschäftigt. Diese kündigte mit Schreiben vom 31. August 2011 das Arbeitsverhältnis. Im [X.] heißt es ua.:

        

„…    

        

hiermit kündigen wir das mit Ihnen eingegangene Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31.01.2012.

        

Die Kündigung erfolgt saison-/witterungsbedingt.

        

Ihre Wiedereinstellung zu gleichen Konditionen erfolgt bis spätestens 01. Juni 2012.“

3

Der Klägerin war von einem Vertreter der [X.] bereits vor Ausspruch der Kündigung im August 2011 mündlich angeboten worden, dass eine Wiedereinstellung bis spätestens 1. Juni 2012 zu gleichen arbeitsrechtlichen Konditionen erfolgen könne. Die Klägerin hatte sich hiermit einverstanden erklärt. Sie erhob gegen die Kündigung vom 31. August 2011 keine Kündigungsschutzklage.

4

Mit Beschluss des [X.] - Insolvenzgericht - wurde über das Vermögen der [X.] (Schuldnerin) am 1. Februar 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet und der [X.] zum Insolvenzverwalter bestellt. Auf ein Schreiben der Klägerin vom 24. Februar 2012 teilte der [X.] dieser am 28. Februar 2012 schriftlich mit, dass „aufgrund der derzeitigen Unternehmenssituation keine Neu- bzw. Wiedereinstellungen erfolgen können“. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12. März 2012 forderte die Klägerin den [X.]n auf, ihr gegenüber bis zum 25. März 2012 schriftlich zu bestätigen, dass sie bis spätestens 1. Juni 2012 „zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses wieder eingestellt“ werde. Dem kam der [X.] nicht nach.

5

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der [X.] sei als Insolvenzverwalter an die von der Schuldnerin erteilte [X.] gebunden. § 103 [X.] finde schon deshalb keine Anwendung, weil es sich bei der einseitigen [X.] nicht um einen gegenseitigen Vertrag handele. Es sei nicht § 103 [X.], sondern § 108 Abs. 1 Satz 1 [X.] anzuwenden. Ein Arbeitsvertrag mit Arbeitsbeginn ab dem 1. Juni 2012 sei bereits im August 2011 zustande gekommen, spätestens jedoch durch ihr Schreiben vom 24. Februar 2012, mit dem sie das in dem [X.] enthaltene Angebot der Schuldnerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrags ab 1. Juni 2012 angenommen habe. Demnach habe sie - wegen des nach § 108 Abs. 1 Satz 1 [X.] fortbestehenden Arbeitsverhältnisses - einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung ab dem 1. Juni 2012. Der [X.] habe auch [X.]. Für die Tätigkeit, die von ihr durchgeführt worden sei, habe der [X.] Mitarbeiter eingestellt. Allein im Vertrauen auf die ihr bis zum 1. Juni 2012 garantierte Wiedereinstellung habe sie auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet. Ihr Antrag ziele auf Wiederaufnahme der tatsächlichen Beschäftigung. Andererseits enthalte der Weiterbeschäftigungsantrag inzident auch einen Wiedereinstellungsantrag. Der Antrag stütze sich auf die [X.], die eine Aufnahme der Beschäftigung „bis spätestens“ 1. Juni 2012 vorgesehen habe. Bei der [X.] handele es sich um eine atypische Willenserklärung, die einen Rechtsanspruch auf Wiedereinstellung einräume, und nicht um einen gegenseitigen Vertrag. Aus der [X.] ergebe sich, dass die Parteien auch die witterungsbedingten Umstände berücksichtigt hätten. Eine Arbeitsaufnahme sei daher auch vor dem 1. Juni 2012 als möglich vereinbart gewesen. Zugleich werde damit aber klar zum Ausdruck gebracht, dass ungeachtet der äußeren Umstände, die nach der [X.] nur bis zum 31. Mai 2012 eine Rolle spielen sollten, sie jedenfalls ab dem 1. Juni 2012 wieder eingestellt werden sollte. Entgegen der Ansicht des [X.]n handele es sich bei dem geltend gemachten Anspruch auch nicht um eine Forderung iSv. § 45 [X.], weil diese Vorschrift nur für Insolvenzforderungen gelte. Sie sei jedoch nicht [X.] iSv. § 38 [X.]. Ein Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung unterfalle als unvertretbare Handlung nicht dem Begriff der Insolvenzforderung.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

den [X.]n zu verurteilen, sie bis spätestens 1. Juni 2012 zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses als Mitarbeiterin tatsächlich weiterzubeschäftigen.

7

Zu seinem Klageabweisungsantrag hat der [X.] die Auffassung vertreten, der Klageantrag sei nicht vollstreckbar und damit unzulässig. Die mit dem Antrag begehrte Weiterbeschäftigung setze rechtlich zwingend voraus, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestehe. Die Klägerin habe nicht etwa auf die Begründung bzw. Wiederbegründung eines Arbeitsverhältnisses geklagt, sondern auf Weiterbeschäftigung. Darüber hinaus sei die Wiedereinstellungserklärung dahin gehend auszulegen, dass eine Wiedereinstellung nur im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten und des [X.] erfolgen sollte. Eine betriebliche Möglichkeit zur Wiedereinstellung der Klägerin existiere nicht. Jedenfalls habe er von seinem Wahlrecht Gebrauch machen und Nichterfüllung nach § 103 Abs. 2 [X.] wählen können. Die Schuldnerin habe der Klägerin kein Angebot auf Abschluss eines neuen oder fortgesetzten Arbeitsvertrags unterbreitet, sondern nur eine [X.] dahin gehend abgegeben, dass ein neues Arbeitsverhältnis begründet werden solle. Mit der Kündigung vom 31. August 2011 sei das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2012 bestandskräftig beendet worden. Der Schuldnerin sei es gerade darauf angekommen, mit der Klägerin nicht sofort wieder in ein Vertragsverhältnis einzutreten, sondern zunächst in einem „vertragsfreien Zustand“ zu stehen. Erst wenn die betrieblichen Begebenheiten dies ermöglicht hätten, hätte das neue Arbeitsverhältnis begründet werden sollen. § 108 Abs. 1 Satz 1 [X.] finde deshalb keine Anwendung. Selbst wenn § 103 Abs. 2 [X.] nicht eingreife, sei eine Leistungsklage auf Abgabe einer Willenserklärung nach Insolvenzeröffnung ausgeschlossen, weil der geltend gemachte Anspruch mit dem zu schätzenden Wert zur Insolvenztabelle anzumelden sei (§ 45 [X.]).

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat den Weiterbeschäftigungsantrag als Antrag auf Verurteilung des [X.]n zur Annahme des Angebots der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrags ausgelegt und auf die Berufung des [X.]n das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die Klägerin könne Ansprüche aus der vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgegebenen [X.] der Schuldnerin nicht im Wege der Leistungsklage, sondern nur als [X.] geltend machen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

A. Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie ist statthaft aufgrund der Zulassung in der angefochtenen Entscheidung des [X.]. Sie ist form- und fristgerecht von der Klägerin eingelegt worden. Die Revision ist auch ordnungsgemäß begründet worden. Die Klägerin erhebt Sachrügen iSv. § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO. Sie rügt, das [X.] habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kein Arbeitsverhältnis bestanden habe und die Wiedereinstellungszusage im [X.] kein annahmefähiges Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags darstelle. Da sie das Angebot der Wiedereinstellung im [X.] angenommen habe, sei bereits im August 2011 ein Arbeitsverhältnis ab dem 1. Juni 2012 geschlossen worden. Im Übrigen müssten Wiedereinstellungszusagen im Insolvenzverfahren bestehenden Arbeitsverhältnissen gleichgestellt werden.

B. Die Revision ist unbegründet. [X.] ist nach der gebotenen Auslegung (ausschließlich) auf tatsächliche Beschäftigung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses gerichtet und nicht auf die gerichtliche Ersetzung der Annahme des Angebots der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrags. In dieser Auslegung ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

I. Der Klageantrag kann nicht so ausgelegt werden, Klageziel sei die Abgabe einer Annahmeerklärung des Beklagten zu einem in der Klage liegenden Vertragsangebot der Klägerin (sog. Wiedereinstellungsantrag). Die Klägerin begehrt vielmehr die tatsächliche Beschäftigung im Rahmen eines (fort-)bestehenden Vertragsverhältnisses. Darauf deutet nicht nur der Wortlaut des [X.] hin, sondern auch der wiederholte Vortrag der Klägerin, schon vor Insolvenzeröffnung sei ein Arbeitsvertrag mit [X.] spätestens am 1. Juni 2012 geschlossen worden. Das hilfsweise Verständnis eines [X.] als Antrag auf Abgabe einer Willenserklärung ist nicht möglich. Hierfür hätte es eines separaten Hilfsantrags bedurft.

1. Das Revisionsgericht hat prozessuale Erklärungen selbstständig auszulegen ([X.] 11. Juni 2013 - 9 [X.] - Rn. 13). Klageanträge sind so auszulegen, dass im Zweifel gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage entspricht. Für das Verständnis eines Klageantrags ist deshalb nicht am buchstäblichen Wortlaut des Antrags zu haften. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage hervorgeht. Die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) sind für die Auslegung von [X.] heranzuziehen. Das gilt auch im Revisionsverfahren. Die Grenzen der Auslegung oder auch der Umdeutung eines Klageantrags sind jedoch erreicht, wenn ein Kläger unmissverständlich ein bestimmtes Prozessziel verfolgt, auch wenn dieses Vorgehen seinem wohlverstandenen Eigeninteresse widerspricht (zum Ganzen [X.] 13. Juni 2012 - 7 [X.] - Rn. 14 mwN). Dies dient nicht zuletzt der hinreichenden Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des [X.] als Erklärungsadressaten (vgl. [X.] 11. Juni 2013 - 9 [X.] - Rn. 13). Dieser muss sich zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verteidigung gegen die Klage darauf verlassen können, dass ausschließlich über den gestellten Antrag entschieden wird und nicht über den Antrag, der richtigerweise hätte gestellt werden müssen ([X.] 2013, 926, 928).

2. Danach kann der Klageantrag entgegen der Auffassung des [X.] nicht als Antrag auf Abgabe einer Willenserklärung verstanden werden (vgl. [X.] 2013, 926, 927 f.).

a) Der Wortlaut des Klageantrags ist klar. Die Klägerin begehrt danach nicht die Abgabe einer Willenserklärung als Rechtsgeschäft, sondern die faktische Beschäftigung. Dies wird durch die Verwendung des Worts „tatsächlich“ betont. Der Zusatz „bis spätestens 1. Juni 2012“ spricht nicht gegen einen Beschäftigungs- und für einen Wiedereinstellungsantrag. Angesichts der Klagebegründung und des unstreitigen Umstands, dass weder eine Beschäftigungspflicht noch eine Wiedereinstellungspflicht nach Ablauf der Kündigungsfrist und vor dem 1. Juni 2012 bestand, ist das Wort „bis“ als „ab“ zu verstehen. Zudem ist zwar ein Vertragsschluss mit Rückwirkung anders als eine rückwirkende tatsächliche Beschäftigung möglich (vgl. [X.] 15. Oktober 2013 - 9 [X.] - Rn. 25; 15. Dezember 2011 - 8 [X.] - Rn. 30). Jedoch datiert der klägerische Antrag vom 28. März 2012 und damit aus einer Zeit vor dem 1. Juni 2012, weshalb dem zeitlichen Zusatz einzig entnommen werden kann, dass sich die Klägerin bei Klageeinreichung bewusst war, dass sie vor dem 1. Juni 2012 eine Beschäftigung nicht verlangen konnte. Allein aus dem unveränderten Stellen des Antrags nach Verstreichen des 1. Juni 2012 kann nicht geschlossen werden, dass wegen Unmöglichkeit einer rückwirkenden tatsächlichen Beschäftigung mit der Klage gar keine Beschäftigung, sondern eine Wiedereinstellung begehrt werden sollte.

b) Zwar kann ein Klageantrag ausnahmsweise auch entgegen dem klaren Wortlaut und dem damit - vermeintlich - verfolgten [X.] auszulegen sein, wenn die sonstigen Umstände des Einzelfalls - insbesondere die Klagebegründung - eindeutig auf ein anderes [X.] schließen lassen. So hat etwa der [X.] des [X.] angenommen, dass aufgrund besonderer Umstände auch ein ausdrücklicher [X.] entgegen seinem Wortlaut ausnahmsweise als Antrag zur Verurteilung zur Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrags ausgelegt werden kann ([X.] 15. Dezember 2011 - 8 [X.] - Rn. 30). Derartige Umstände liegen jedoch nicht vor. Aus den Ausführungen der Klägerin folgt nicht mit dem erforderlichen Maß an Gewissheit, dass sie entgegen dem Wortlaut in Wahrheit einen Wiedereinstellungsantrag stellen wollte. Das [X.] hat dies rechtsfehlerhaft angenommen.

aa) Das Arbeitsgericht hat das Klagebegehren im Einklang mit dem Antragswortlaut verstanden. Es hat die Pflicht zur ([X.] ausgeurteilt und in den Entscheidungsgründen einen Anspruch aus „§§ 611, 613 BGB in Verbindung mit § 242 BGB, Art. 1, 2 GG“ bejaht, weil ein neuer oder fortgesetzter Arbeitsvertrag entweder bereits im August 2011 oder durch das Wiedereinstellungsverlangen im Schreiben vom 24. Februar 2012 zustande gekommen sei.

bb) In der Berufungserwiderung vom 17. Januar 2013 hat die Klägerin daraufhin ausgeführt, dass „exakt das tituliert“ worden sei, „was beantragt war: Eine ([X.].“ Erst nach Hinweis des [X.] in der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2013, dass der [X.] nicht mit einem Antrag auf „Weiterbeschäftigung“, sondern nur mit einem Antrag auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung verfolgt werden könne, hat die Klägerin zu Protokoll erklärt, der Antrag sei als Wiedereinstellungsantrag im Sinne der Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung zu verstehen. Noch vor der Urteilsverkündung durch das [X.] hat sie dann jedoch im Schriftsatz vom 11. April 2013 wiederum erklärt, ein Arbeitsvertrag sei schon im August 2011, jedenfalls aber durch das Wiedereinstellungsverlangen im Schreiben vom 24. Februar 2012 zustande gekommen; lediglich der „Dienstantritt“ sei hinausgeschoben worden.

cc) Auch in der Revisionsbegründung hat die Klägerin ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des [X.] schon im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ein (neues) Arbeitsverhältnis bestanden habe. Sie führt aus, „dass ein Arbeitsverhältnis bereits zustande gekommen … und daher auch ein Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung“ gegeben sei. Auf Seite 6 der Revisionsbegründung wiederholt sie nochmals ihre Rechtsauffassung, ein Arbeitsverhältnis sei bereits vor Insolvenzeröffnung begründet worden; lediglich hilfsweise führt sie im [X.] daran aus, dass, „sollte sich das [X.] der vorgetragenen Auffassung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht anschließen, … mit dem [X.] des Antrags … zu prüfen“ wäre.

c) Von einem eindeutig gewollten und nach dem Empfängerhorizont klar erkennbaren Wiedereinstellungsbegehren als [X.] trotz des entgegenstehenden Wortlauts des Antrags kann auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil das Beschäftigungsverlangen nach Prozessziel und Interessenlage nicht von vornherein aussichtslos war. Es ist möglich, bei der rechtlichen Bewertung einer Vereinbarung oder einer Zusage zu dem Schluss zu gelangen, dass es sich nicht um einen Vorvertrag bzw. eine Wiedereinstellungszusage handelt, aufgrund derer ein Arbeitnehmer lediglich den Abschluss eines Arbeitsvertrags mit dem Arbeitgeber verlangen kann, sondern vielmehr ein Optionsrecht in Form eines den Arbeitgeber langfristig bindenden Vertragsangebots vorliegt, das der Arbeitnehmer durch eine entsprechende Erklärung annehmen und dadurch den Abschluss eines Arbeitsvertrags unmittelbar herbeiführen kann. Dies hat der Siebte Senat des [X.] etwa im Fall der Vereinbarung eines „Wiedereintrittsrechts“ angenommen (vgl. [X.] 14. Januar 2004 - 7 [X.] - zu II 1 der Gründe). Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte ist es rechtlich ebenso denkbar anzunehmen, dass schon im Zeitpunkt der Vereinbarung über eine Rückkehrmöglichkeit ein Arbeitsverhältnis begründet werden sollte, jedoch mit hinausgeschobenem „Dienstantritt“. [X.] diese rechtliche Begründung hat die Klägerin wiederholt zur Stützung ihres Antrags angeführt.

d) Entgegen dem Ansinnen der Klägerin ist es nicht möglich, ein und denselben Antrag zunächst entsprechend dem Wortlaut als ([X.]santrag im laufenden Arbeitsverhältnis zu verstehen und „hilfsweise“ als Wiedereinstellungsantrag auszulegen. Ein nach § 888 Abs. 1 ZPO zu vollstreckender Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung unterscheidet sich wesentlich von einem nach § 894 ZPO zu vollstreckenden Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung (vgl. [X.] 19. September 2001 - 7 [X.] III der Gründe; [X.] 2013, 926, 928: „fundamental[e]“ Unterscheidung). Wollte die Klägerin die beiden Ansprüche auf Beschäftigung und auf Wiedereinstellung in einem Verfahren gerichtlich geltend machen, hätte es ihr frei gestanden, einen gesonderten Hilfsantrag zu stellen. Die „hilfsweise Auslegung“ eines [X.] gibt es nicht.

e) In der Protokollerklärung der Klägerin vom 21. Februar 2013 lag keine Klageänderung. Die entsprechende Auslegung der Erklärung durch das [X.] hat die Klägerin mit der Revision nicht angegriffen, sondern hat dieser in der Revisionsbegründung zugestimmt.

II. In dieser Auslegung ist der [X.] zulässig.

1. Der Klageantrag ist nicht wegen seiner Perplexität zu unbestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Eine prozessuale Erklärung muss eindeutig in dem einen oder dem anderen Sinne auszulegen sein und ausgelegt werden. Wenn mehrere Auslegungsmöglichkeiten vollständig gleichrangig nebeneinander stehen und der Widerspruch nicht aufklärbar ist, ist die prozessuale Erklärung wegen Perplexität unwirksam (vgl. [X.] 20. November 2008 - 5 [X.] - zu II 2 der Gründe; vgl. auch [X.] Arbeitsrecht 2. Aufl. Wiedereinstellung S. 263, 266). Eine solche Perplexität liegt nicht vor. Der Antrag ist entsprechend seinem klaren Wortlaut und der von der Klägerin nicht zuletzt in der Revisionsbegründung vorrangig angeführten Begründung als [X.] auszulegen.

2. Der Antrag ist auch im Übrigen bestimmt genug iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Bei einem ([X.]santrag ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die Art der ausgeurteilten Beschäftigung des Arbeitnehmers aus dem Antrag ersichtlich ist. Einzelheiten hinsichtlich der Art der Beschäftigung oder sonstiger Arbeitsbedingungen muss der Antrag demgegenüber nicht enthalten. Dafür reicht es aus, wenn das Berufsbild, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, sich aus dem Antrag oder sich in vergleichbarer Weise ergibt, worin die Tätigkeit bestehen soll (vgl. [X.] 15. April 2009 - 3 [X.] - Rn. 19 ff., [X.]E 130, 195).

Die Klägerin begehrt die Weiterbeschäftigung als „Mitarbeiterin“ zu „den bisherigen Bedingungen“. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin als Lagerarbeiterin eingesetzt war. Hierauf richtet sich das Klagebegehren. Bei einem derartigen Verständnis ist die Klage hinreichend bestimmt (vgl. [X.] 15. April 2009 - 3 [X.] - Rn. 23, [X.]E 130, 195).

III. [X.] ist unbegründet. Die Klägerin hat in Ermangelung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung.

1. Wie das [X.] zutreffend erkannt hat, setzt ein erfolgreicher [X.] grundsätzlich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraus ([X.] 19. September 2001 - 7 [X.] III der Gründe; 15. August 2001 - 7 [X.] der Gründe).

2. Das zunächst bestehende Arbeitsverhältnis wurde durch die Kündigung vom 31. August 2011 zum 31. Januar 2012 schon mangels Klageerhebung gemäß §§ 4, 7 [X.] unstreitig beendet.

3. Die Annahme des [X.], dass in dem [X.] vom 31. August 2011 kein annahmefähiges Angebot auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags zu sehen sei, durch dessen Annahme die Klägerin unmittelbar die Begründung eines Arbeitsverhältnisses bewirken konnte, sondern vielmehr eine (übliche) Wiedereinstellungsvereinbarung vorliegt, die lediglich zu einer vertraglich begründeten Wiedereinstellungspflicht führt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Die in dem [X.] vom 31. August 2011 enthaltene Aussage der Schuldnerin zu einer künftigen Wiedereinstellung der Klägerin stellt eine nichttypische Erklärung dar (vgl. zu einem ähnlichen Fall [X.] 15. Juli 1982 - 2 [X.] 1054/79 - zu III 2 der Gründe). Die Auslegung atypischer Verträge und Willenserklärungen ist grundsätzlich den [X.] vorbehalten. Sie kann in der Revision nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt hat oder gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (st. Rspr., zB [X.] 24. September 2014 - 5 [X.] 611/12 - Rn. 27 mwN).

b) Gemessen hieran liegen Rechtsfehler nicht vor.

aa) Angesichts des Wortlauts der Erklärung („Ihre Wiedereinstellung zu gleichen Konditionen erfolgt bis spätestens 01. Juni 2012“) liegt es nahe, mit dem [X.] anzunehmen, dass hiermit kein langfristig bindendes Angebot auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses abgegeben und ein solches Arbeitsverhältnis auch nicht unmittelbar geschlossen werden sollte. Es wurde eine „Wiedereinstellung“ angeboten und nicht etwa ein „Wiedereintrittsrecht“ gewährt (vgl. dazu [X.] 14. Januar 2004 - 7 [X.] - zu II 1 der Gründe).

bb) Gegen ein bindendes Vertragsangebot bzw. einen Arbeitsvertragsschluss spricht zudem - wie das [X.] zutreffend erkannt hat - dass der genaue Zeitpunkt des neu zu begründenden Arbeitsverhältnisses noch nicht feststand. Dabei kann dahinstehen, ob ein Arbeitsverhältnis begründet werden kann, ohne den [X.] konkret festzulegen oder es in diesem Fall an den [X.] fehlt (in diesem Sinne [X.] 25. Juni 2014 - 7 [X.] 847/12 - Rn. 22; 15. Oktober 2013 - 9 [X.] - Rn. 19, wonach der Zeitpunkt des Arbeitsbeginns zum notwendigen Mindestinhalt einer arbeitsvertraglichen Einigung gehört). Denn selbst wenn man die Vereinbarung des spätesten Zeitpunkts eines Arbeitsbeginns ausreichen lassen wollte, wäre eine solche Vereinbarung sehr ungewöhnlich. Auf der anderen Seite ist bei einer Wiedereinstellungsvereinbarung die Bestimmung eines Zeitpunkts, bis zu dem spätestens ein Angebot auf Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses abgegeben werden muss, keinesfalls ungewöhnlich, sondern geradezu typisch. Demnach ist die Annahme des [X.], dass lediglich eine „übliche“ Wiedereinstellungszusage vorliegt, nicht rechtsfehlerhaft.

cc) Dies gilt umso mehr, wenn man die eigene Behauptung der Klägerin in der Revisionsbegründung als wahr unterstellt, dass die Wiedereinstellungszusage „zeitgleich und schriftlich wie in den vergangenen Jahren mit der Kündigung erklärt“ worden sei. Auch im Vorjahr sahen die Klägerin sowie die Schuldnerin die ausdrückliche Wiederbegründung des Arbeitsverhältnisses als notwendig an, wie der als „Erneuerung des Arbeitsvertrags vom 04.01.1999 u. 15.05.2002“ bezeichnete Arbeitsvertrag vom 15. April 2011 zeigt. Daher liegt es nahe, dass nach dem Willen der Klägerin sowie der Schuldnerin auch im Frühjahr 2012 ein erneuter Vertragsschluss erforderlich sein sollte, um das Arbeitsverhältnis wieder zu begründen.

4. Nichts anderes gilt, wenn man nicht auf das [X.] vom 31. August 2011 abstellt, sondern auf einen - nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten - schon im August 2011 vor Ausspruch der Kündigung zwischen der Klägerin und [X.] als Vertreter der Schuldnerin geschlossenen Vertrag. Denn Anhaltspunkte dafür, dass dieser Vertrag einen anderen Inhalt hatte als ein späterer, durch das [X.] der Schuldnerin und die nachfolgende konkludente Annahme der Klägerin entstandener Vertrag, sind nicht erkennbar. Der Beklagte hat zum Inhalt des Gesprächs unwidersprochen ausgeführt, dass [X.] die Wiedereinstellung bis spätestens 1. Juni 2012 zu gleichen arbeitsrechtlichen Konditionen angeboten habe und die Klägerin damit einverstanden gewesen sei. Diesen Erklärungen kann kein weiterer Gehalt als dem unmittelbar nachfolgenden [X.] vom 31. August 2011 entnommen werden.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Faltyn     

        

    [X.]     

                 

Meta

9 AZR 702/13

17.03.2015

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Trier, 15. August 2012, Az: 4 Ca 464/12, Urteil

§ 253 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 103 Abs 2 InsO, § 108 Abs 1 S 1 InsO, § 133 BGB, § 157 BGB, § 888 Abs 1 ZPO, § 894 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.03.2015, Az. 9 AZR 702/13 (REWIS RS 2015, 13946)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13946

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

7 AZR 136/09 (Bundesarbeitsgericht)

Befristung - Vertretung - sonstiger Sachgrund - Wiedereinstellungszusage - Kausalzusammenhang - Qualifizierungstarifvertrag


9 AZR 572/12 (Bundesarbeitsgericht)

Klage auf Abgabe einer Willenserklärung - Auslegung einer Rückkehrzusage


7 AZR 541/13 (Bundesarbeitsgericht)

Befristungskontrollklage - verlängerte Anrufungsfrist


9 AZR 564/12 (Bundesarbeitsgericht)

Klage auf Abgabe einer Willenserklärung - Auslegung einer Rückkehrzusage - Bindung an Parteiantrag


9 AZR 573/12 (Bundesarbeitsgericht)

Auslegung einer Rückkehrzusage - Bindung an Parteiantrag


Referenzen
Wird zitiert von

11 Sa 603/18

13 Sa 96/21

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.