Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.02.2015, Az. 5 StR 12/15

5. Strafsenat | REWIS RS 2015, 15102

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Sexuelle Nötigung eines Kindes: Erforderliche Feststellung zum Vorliegen eines entgegenstehenden Willens und zur Widerstandslosigkeit; Tateinheit zur Besitzverschaffung kinderpornographischer Schriften


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] (Oder) vom 12. September 2014 nach § 349 Abs. 4 StPO im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und mit Besitz einer kinderpornographischen Schrift sowie wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften in 20 Fällen verurteilt ist; die Verurteilung im Fall II.19 der Urteilsgründe entfällt.

2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen "schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexueller Nötigung, sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und Sichverschaffen einer kinderpornographischen Schrift, Besitzverschaffen von kinderpornographischen Schriften in zehn Fällen, [X.] von kinderpornographischen Schriften in zehn Fällen sowie Besitz von kinderpornographischen Schriften in einem weiteren Fall" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen.

2

1. Nach den Feststellungen des [X.]s nutzte der Angeklagte im Fall 2 des Urteils eine bei seinem knapp vierjährigen [X.] beim Abtrocknen nach dem [X.] eintretende spontane Erektion, um sein eigenes erigiertes Glied an das Geschlechtsteil seines [X.]es zu halten und von dieser Handlung ein Foto anzufertigen. Dabei ging es ihm darum, das Foto über das [X.] an andere Personen mit pädophilen Neigungen weiterzugeben. Am Abend desselben Tages übermittelte er das Bild per E-Mail an einen [X.] (Fall 19).

3

2. [X.] ist - entsprechend dem Antrag des [X.] - abzuändern, da die Feststellungen die Annahme einer tateinheitlich verwirklichten sexuellen Nötigung (§ 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB) nicht tragen. Es reicht nicht aus, dass der Angeklagte die Abwesenheit schutzbereiter Dritter, namentlich der Mutter oder der großen Schwester seines [X.]es, zur Verwirklichung der Tat nutzte (vgl. [X.]). Vielmehr ist es darüber hinaus erforderlich, dass die sexuellen Handlungen gegen den Willen des Opfers geschehen und das Opfer dem Tatgeschehen deshalb keinen Widerstand entgegensetzt, weil es dies aufgrund seiner schutzlosen Lage für aussichtslos hält (vgl. [X.], Beschluss vom 29. Oktober 2002 - 3 [X.], [X.], 393). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das [X.] nicht festgestellt. Es steht nicht zu erwarten, dass sie noch getroffen werden können.

4

Darüber hinaus steht die Verurteilung im Fall 19 wegen Besitzverschaffens einer kinderpornographischen Schrift zum Verbrechenstatbestand des § 176a Abs. 3 StGB (Fall 2) in Tateinheit (vgl. [X.]/[X.], 2. Aufl., § 176a Rn. 44; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 176a Rn. 16). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend der gesetzlichen Überschrift (§ 260 Abs. 4 Satz 2 StPO) wie aus der [X.] ersichtlich ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der umfassend geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Mit der Schuldspruchberichtigung entfällt die im Fall II.19 verhängte [X.] von drei Monaten.

5

3. [X.] einer [X.] von zwei Jahren und zwei Monaten im Fall 2, bei der es sich um die [X.] handelt, kann ungeachtet des Entfallens der tateinheitlichen Verurteilung wegen sexueller Nötigung bestehen bleiben. Angesichts der nur geringen Erhöhung der dem Strafrahmen des § 176a Abs. 3 StGB entnommenen Mindeststrafe schließt der Senat aus, dass die [X.] bei zutreffender rechtlicher Würdigung eine noch geringere Freiheitsstrafe verhängt hätte.

6

Auch die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt vom Entfallen der Einzelstrafe im Fall 19 unberührt. Der Senat kann angesichts der Höhe der [X.] und der daneben verbleibenden 20 Einzelstrafen (zehn Einzelgeldstrafen von jeweils 30 Tagessätzen; neun [X.]n von jeweils drei Monaten und eine [X.] von zwei Monaten) ausschließen, dass die [X.] bei zutreffender Bewertung des [X.], die den Unrechts- und Schuldgehalt des Tuns des Angeklagten unberührt lässt (vgl. [X.], Beschluss vom 30. Juli 2013 - 4 StR 29/13, [X.], 641), auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

7

4. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).

Sander                        [X.]

                  [X.]

Meta

5 StR 12/15

24.02.2015

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Frankfurt (Oder), 12. September 2014, Az: 23 KLs 28/13

§ 52 StGB, § 176a Abs 3 StGB, § 177 Abs 1 Nr 3 StGB, § 184b Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.02.2015, Az. 5 StR 12/15 (REWIS RS 2015, 15102)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15102

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 12/15 (Bundesgerichtshof)


2 StR 47/20 (Bundesgerichtshof)

Besitzverschaffung an kinderpornographischen Schriften: Beteiligter an dem in einer kinderpornographischen Schrift dargestellten sexuellen Missbrauch als …


1 StR 8/13 (Bundesgerichtshof)

Besitzverschaffen von kinderpornographischen Schriften: E-Mail mit der verbalen Schilderung eines sexuellen Missbrauchs als kinderpornographische Schrift


1 StR 8/13 (Bundesgerichtshof)


5 StR 287/22 (Bundesgerichtshof)

Verbreitung kinderpornografischer Schriften im Internet: Abgrenzung zur Drittbesitzverschaffung


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.