Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.03.2010, Az. 7 AZR 706/08

7. Senat | REWIS RS 2010, 8396

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Gegenstand

Unternehmensübergreifender Gesamtbetriebsrat - Unwirksamkeit eines Sozialplans


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. März 2008 - 6 [X.]/07 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 3. Dezember 2004 - 37 [X.] - wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten über einen Abfindungsanspruch aus einem Sozialplan.

2

[X.]ie [X.]lägerin war nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] seit dem 1. April 1992 bei der nunmehr auf die [X.]eklagte verschmolzenen [X.] und deren Rechtsvorgängerin zuletzt im [X.] der Abteilung [X.]elefonischer Schadensdienst beschäftigt. Im Zuge unternehmerischer Umstrukturierungen war ihr zunächst mit der [X.] geschlossenes Arbeitsverhältnis nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts „unter [X.]eitritt“ der [X.] „geführt worden“.

3

[X.]ie Unternehmen der [X.], zu denen auch die [X.] zählte, bildeten jedenfalls ab 1995 mit den Unternehmen der [X.] unter dem [X.]ach einer [X.]olding einen [X.]onzern. Nach den unangefochtenen Feststellungen des [X.] schlossen „die [X.] mit dem Gesamtbetriebsrat“ am 17. [X.]ai 1999 einen [X.] und einen Sozialplan. Am 12. [X.]ai 2000 schlossen nach den gleichfalls unangefochtenen Feststellungen des [X.] die „[X.] mit dem Gesamtbetriebsrat“ den [X.]. die Schließung des [X.] betreffenden [X.] „O“.

4

[X.]er Errichtung des den [X.], Sozialplan und [X.] abschließenden „Gesamtbetriebsrats“ liegt die „[X.]onzeption zur [X.]etriebsverfassung der [X.]“ vom 1. [X.]ezember 1997 ([X.]onzeption 1997) zugrunde. In dieser heißt es [X.].:

        

„[X.]ie Unternehmen der [X.], [X.] und [X.] bilden eine Versicherungsgruppe. [X.]ie folgende [X.]onzeption dient der Sicherung der Gleichbehandlung aller [X.]itarbeiterinnen und [X.]itarbeiter.

        

I.   

[X.]ie einzelnen [X.]etriebsstätten der [X.]-, [X.]- und [X.]-Unternehmen in [X.], [X.], [X.], [X.], O und [X.] sowie die Gebietsdirektionen, Filialdirektionen und [X.] bilden jeweils eine organisatorische Einheit. [X.]ie [X.]ehrzahl der [X.]itarbeiterinnen und [X.]itarbeiter ist für mehrere Unternehmen der [X.], [X.] und [X.] tätig.

                 

...

        

II.

1.   

...

        
                 

2.   

[X.]ie [X.]ehrzahl der [X.]itarbeiterinnen und [X.]itarbeiter der [X.]irektion [X.], des [X.] und der I[X.] N sind für mehrere [X.]-Unternehmen tätig. [X.]ie typischen mitbestimmungspflichtigen Entscheidungen des Arbeitgebers werden für alle [X.]itarbeiterinnen und [X.]itarbeiter der [X.]irektion [X.], des [X.] und der I[X.] N einheitlich getroffen, soweit sie nicht dem VI[X.]/A[X.] der Ressorts [X.]/[X.]- bzw. [X.] angehören.

        
                          

…       

        
                 

3. - 4. 

...

        
                 

5.   

Es bestehen danach Repräsentanzen für die einzelnen [X.]etriebe der [X.]-, [X.]- und [X.]-Unternehmen. [X.]ei engen Verflechtungen der [X.]etriebe (Arbeitsorganisation) und der Notwendigkeit zur Gleichbehandlung der [X.]itarbeiterinnen und [X.]itarbeiter gibt es jedoch Fragen, die über den betrieblichen [X.]ereich hinausgehen.

        
                          

Zur Zusammenarbeit in derartigen Fragen sieht das [X.]etriebsverfassungsgesetz die [X.]ildung eines Gesamtbetriebsrates vor.

        
                          

Nach § 47 Abs. 4 [X.]etrVG kann die [X.]itgliederzahl durch eine [X.]etriebsvereinbarung geregelt werden. Eine entsprechende Vereinbarung ist beigefügt (Anlage 2).“

        

5

[X.]ie Anlage 2 zur [X.]onzeption 1997 lautet auszugsweise:

        

„Vereinbarung zur [X.]ildung eines Gesamtbetriebsrates gem. § 47 Abs. 5 [X.]etrVG

                          
        

zwischen

[X.] [X.]olding Aktiengesellschaft

                 

- nachstehend Unternehmen genannt -

        

und dem

Gesamtbetriebsrat [X.]

                 

Gesamtbetriebsrat [X.]

                 

Gesamtbetriebsrat [X.]

        

wird folgende Vereinbarung getroffen:

        

1.   

Zur [X.]ehandlung von Angelegenheiten im Sinne des § 50 [X.]etrVG, die alle oder mehrere [X.]etriebe der [X.]-, [X.]- sowie [X.]-Unternehmen betreffen, wird ein Gesamtbetriebsrat [X.] gebildet.

        

2.   

In den Gesamtbetriebsrat entsenden

                 

der [X.]etriebsrat [X.]irektion [X.]

2 [X.]itglieder

        
                 

der [X.]etriebsrat SZ [X.]

1 [X.]itglied

        
                 

der [X.]etriebsrat Industrie N

1 [X.]itglied

        
                 

der [X.]etriebsrat [X.]

7 [X.]itglieder

        
                 

…“   

6

Auf Seite 18 der [X.]onzeption 1997 heißt es in einer mit zwei Unterschriften versehenen „Erklärung der beteiligten [X.]“:

        

„Unter [X.]eachtung der engen Verflechtung der [X.]-Unternehmen und der bisher bestehenden betrieblichen Übung sehen wir die [X.]onzeption der [X.]-Unternehmen als angemessene Regelung für den Umfang der [X.]eteiligungsrechte und die Form der Zusammenarbeit an. [X.]ir werden die in den Verhandlungen erarbeitete [X.]onzeption gegenüber unseren [X.]itgliedern und den [X.]itarbeiterinnen und [X.]itarbeiter der [X.]-Unternehmen vertreten.“

7

Nachdem die Arbeitgeberseite auf einer Informationsveranstaltung am 26. und 27. Oktober 1999 den Arbeitnehmern des [X.] mitgeteilt hatte, dieses solle zum 31. [X.]ezember 2001 geschlossen und seine Aufgaben auf die Zentren [X.], [X.] und [X.] verlagert werden, bat die [X.]lägerin mit einem an die [X.] und die „[X.] Versicherung“ gerichteten Schreiben vom 21. Jan[X.]r 2000 um Aufhebung ihres Arbeitsvertrags zum 29. Febr[X.]r 2000. [X.]ie [X.] bestätigte mit Schreiben vom 24. Jan[X.]r 2000 den Eingang des „[X.]ündigungsschreibens“ und erklärte sich damit einverstanden, das Arbeitsverhältnis zum von der [X.]lägerin gewünschten Zeitpunkt zu beenden.

8

[X.]it ihrer am 19. [X.]ezember 2003 erhobenen und zuletzt nur noch gegen die [X.]eklagte gerichteten [X.]lage hat die [X.]lägerin die Zahlung einer der [X.]erechnung und [X.]öhe nach unstreitigen Abfindung von 21.686,21 Euro nebst Zinsen auf der Grundlage des Sozialplans vom 17. [X.]ai 1999 verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Sozialplan sei nicht etwa deshalb unwirksam, weil er von einem in der [X.]etriebsverfassung nicht vorgesehenen unternehmensübergreifend errichteten Gesamtbetriebsrat geschlossen worden sei. [X.]ie Errichtung dieses Gremiums auf der Grundlage der [X.]onzeption 1997 gehe darauf zurück, dass zwischen den beteiligten Unternehmen des [X.] -[X.]onzerns eine Vereinbarung zur gemeinsamen Führung aller Unternehmen in personellen und [X.] Angelegenheiten bestanden habe. [X.]iese Leitungsvereinbarung berücksichtige, dass sämtliche [X.]itarbeiter der „[X.]“ jedenfalls auch Arbeitnehmer der [X.]eklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seien und gegebenenfalls daneben in einem weiteren Arbeitsverhältnis mit einem verbundenen Unternehmen stünden. Jedenfalls sei eine mögliche Unwirksamkeit des aufgrund der [X.]onzeption 1997 geschaffenen Gremiums durch seine rechtsverbindliche [X.]illigung seitens der [X.] geheilt worden.

9

[X.]ie [X.]lägerin hat zuletzt beantragt,

        

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 21.686,21 Euro brutto nebst Zinsen i[X.]v. vier Prozent seit dem 1. April 2000 zu zahlen.

[X.]ie [X.]eklagte hat beantragt, die [X.]lage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die [X.]lageforderung könne nicht auf den Sozialplan vom 17. [X.]ai 1999 gestützt werden. [X.]ieser sei unwirksam, denn die Errichtung der ihn abschließenden unternehmensübergreifenden Arbeitnehmervertretung verstoße gegen zwingende betriebsverfassungsrechtliche Organisationsvorschriften.

[X.]as Arbeitsgericht hat die [X.]lage abgewiesen. [X.]as [X.] hat ihr zunächst auf die [X.]erufung der [X.]lägerin entsprochen. Auf die Revision der [X.]eklagten hat das [X.]undesarbeitsgericht die Entscheidung aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. [X.]as [X.] hat der [X.]erufung der [X.]lägerin daraufhin erneut entsprochen und der [X.]lage stattgegeben. [X.]it ihrer Revision begehrt die [X.]eklagte weiterhin die [X.]iederherstellung des erstinstanzlichen klageabweisenden Urteils. [X.]ie [X.]lägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

[X.]ie Revision der Beklagten ist begründet und führt unter Aufhebung der Entscheidung des [X.] zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. [X.]ie Klage ist unbegründet.

[X.] [X.]ie Klägerin kann die Klageforderung nicht auf den Sozialplan vom 17. Mai 1999 stützen. [X.]ieser Sozialplan ist unwirksam.

1. Nach den unangefochtenen Feststellungen des [X.] schlossen den Sozialplan vom 17. Mai 1999 „die [X.] mit dem Gesamtbetriebsrat“. [X.]er „Gesamtbetriebsrat“ ist unternehmensübergreifend errichtet worden. [X.]ies verstößt gegen zwingende Organisationsvorgaben des [X.]es.

a) Nach § 47 Abs. 1 [X.] wird der Gesamtbetriebsrat für ein Unternehmen gebildet. [X.]as [X.] kennt keinen eigenständigen Unternehmensbegriff, sondern setzt ihn voraus. Es knüpft dabei an die in anderen Gesetzen für das Unternehmen vorgeschriebenen Rechts- und Organisationsformen an. Nach den Vorschriften des Aktiengesetzes, des GmbH-Gesetzes, des Handelsgesetzbuches und des Bürgerlichen Gesetzbuches können die Kapitalgesellschaften, die Gesellschaften des Handels- und des bürgerlichen Rechts wie auch Vereine jeweils nur [X.]räger eines einheitlichen Unternehmens sein([X.] 13. Februar 2007 - 1 [X.]/06 - Rn. 17 mwN, [X.]E 121, 168). Für das [X.] folgt die das Unternehmen kennzeichnende Einheitlichkeit seines Rechtsträgers vor allem aus der im Gesetz angelegten Unterscheidung zwischen Konzern und Unternehmen. Ein Konzern ist unabhängig von seiner konkreten Ausgestaltung trotz einer einheitlichen Leitung kein einheitliches Unternehmen, sondern ein Zusammenschluss rechtlich selbständiger Unternehmen, die infolge des Zusammenschlusses ihre rechtliche Selbständigkeit als Unternehmen nicht verlieren. [X.]ie rechtliche Selbständigkeit von Kapitalgesellschaften und Gesamthandsgesellschaften des Handelsrechts geht auch nicht dadurch verloren, dass sie mit einem oder mehreren Unternehmen wirtschaftlich verflochten sind oder Personengleichheit der Geschäftsführung besteht. [X.]ementsprechend kann sich ein Unternehmen iSd. [X.] nicht über den Geschäfts- und [X.]ätigkeitsbereich seines Rechtsträgers hinaus erstrecken. Vielmehr markiert der Rechtsträger mit seinem Geschäfts- und [X.]ätigkeitsbereich die Grenzen des Unternehmens. [X.]er Begriff des Unternehmens setzt damit auch in § 47 [X.] die Einheitlichkeit und die rechtliche Identität des betreibenden Unternehmens voraus. Um einen Gesamtbetriebsrat zu bilden, müssen daher die mehreren Betriebe alle von demselben Unternehmen betrieben werden. Für Betriebe verschiedener Rechtsträger kann kein gemeinsamer Betriebsrat errichtet werden ([X.] 13. Februar 2007 - 1 [X.]/06 - Rn. 18 f. mwN, aaO).

b) [X.]er den Sozialplan vom 17. Mai 1999 schließende „Gesamtbetriebsrat“ wurde unternehmensübergreifend und damit unter Verstoß gegen § 47 [X.] errichtet.

aa) [X.]as [X.] hat in den Gründen seiner Entscheidung ausgeführt, der gebildete „Gesamtbetriebsrat“ sei für alle Unternehmen errichtet worden und dabei Bezug genommen auf die Auflistung der Unternehmen, die den [X.]“ vom 12. Mai 2000 abgeschlossen haben. Hierbei handelt es sich um eine für den Senat bindende Feststellung. Eine solche Feststellung kann auch in den Entscheidungsgründen enthalten sein([X.] 18. September 2003 - 2 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.] ZPO § 314 Nr. 4 = EzA ZPO 2002 § 314 Nr. 1). [X.]iese Feststellung entspricht der Konzeption 1997. Nach [X.] Satz 1 dieser Konzeption bilden die einzelnen Betriebsstätten „der [X.]-, [X.]- und W-Unternehmen“ in verschiedenen Städten sowie die Gebietsdirektionen, Filialdirektionen und Vertriebsdirektionen jeweils eine organisatorische Einheit. [X.]abei ist nach [X.] Satz 2 der Konzeption 1997 die Mehrzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „für mehrere Unternehmen tätig“. Aus I[X.] Nr. 2 der Konzeption 1997 ergibt sich, dass die typischen mitbestimmungspflichtigen Entscheidungen des Arbeitgebers ua. für das Service-Zentrum M, in dem die Klägerin tätig war, einheitlich getroffen werden und dort ein einheitlicher Betriebsrat gewählt wird. Nach der in I[X.] Nr. 5 der Konzeption 1997 in Bezug genommenen Anlage 2 Nr. 1 wird „zur Behandlung von Angelegenheiten iSd. § 50 [X.], die alle oder mehrere Betriebe der [X.]-, [X.]- sowie W-Unternehmen betreffen“, ein Gesamtbetriebsrat [X.] gebildet.

bb) [X.]ie Bildung eines unternehmensübergreifenden „[X.]“ verstößt auch dann gegen § 47 [X.], wenn die Unternehmen der Versicherungsgruppe ausschließlich oder teilweise Gemeinschaftsbetriebe iSv. § 1 Abs. 2 [X.] unterhalten. Auch für von verschiedenen [X.]rägerunternehmen unterhaltene Gemeinschaftsbetriebe kann kein unternehmensübergreifender Gesamtbetriebsrat errichtet werden; die [X.]rägerunternehmen werden durch die Bildung von [X.] nicht zu einem Unternehmen iSv. § 47 [X.]. Vielmehr entsenden die Betriebsräte der Gemeinschaftsbetriebe jeweils Mitglieder in sämtliche bei den [X.]rägerunternehmen zu errichtenden Gesamtbetriebsräte. [X.]ies folgt zwingend aus § 47 Abs. 9 [X.](vgl. [X.] 13. Februar 2007 - 1 [X.]/06 - Rn. 19 mwN, [X.]E 121, 168).

cc) [X.]ie Unternehmen der [X.]-Versicherungsgruppe haben sich nicht etwa unter Wahrung ihrer rechtlichen Selbständigkeit zu einem einheitlichen Unternehmensträger in Form einer Unternehmensführungsgesellschaft nach bürgerlichem Recht verbunden. Für die Annahme, alleinige Arbeitgeberin, bei der ein Gesamtbetriebsrat wirksam errichtet werden konnte, sei die [X.] Versicherung AG, gibt es ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte. Nach der Konzeption 1997 ist die Mehrzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den einzelnen Betriebsstätten vielmehr „für mehrere Unternehmen der [X.], [X.] und W tätig“. In I[X.] Nr. 5 der Einleitung zur Konzeption 1997 ist ausgeführt, dass Repräsentanzen für die einzelnen Betriebe „der [X.]-, [X.]- und W-Unternehmen“ bestehen. Weiter wird in Nr. 1 der Anlage 2 zur Konzeption 1997 auf die alle oder mehrere Betriebe „der [X.]-, [X.]- sowie W-Unternehmen betreffenden“ Angelegenheiten im Sinne des § 50 [X.] Bezug genommen. [X.]ies spricht gegen die Annahme, die Betriebe seien sämtlich von der auf die Beklagte verschmolzenen [X.] AG geführt worden.

dd) [X.]ie Zulässigkeit der Errichtung des „[X.]“ ergibt sich nicht aus § 3 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 [X.]. [X.]er aufgrund der Konzeption 1997 gebildeten Gesamtarbeitnehmervertretung liegt keine tarifvertragliche Vereinbarung zugrunde. [X.]ie Anlage 2 der Konzeption 1997 ist vielmehr zwischen der [X.]-Holding AG und mehreren [X.] vereinbart worden. Bei der „Erklärung der beteiligten [X.]“ auf Seite 18 der Konzeption 1997 handelt es sich nicht um einen [X.]arifvertrag, sondern lediglich um die zustimmende Erklärung einer [X.]arifvertragspartei zu der betrieblichen Regelung.

2. [X.]er unter Verstoß gegen § 47 [X.] errichtete „Gesamtbetriebsrat“ ist rechtlich nicht existent. Sein Handeln ist unbeachtlich; der mit ihm geschlossene Sozialplan vom 17. Mai 1999 ist unwirksam.

a) Bereits funktionelle Zuständigkeitsüberschreitungen im Verhältnis zwischen Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat und Konzernbetriebsrat führen zur Unwirksamkeit der von dem unzuständigen Betriebsverfassungsorgan geschlossenen Vereinbarungen(vgl. [X.] 24. Mai 2006 - 7 [X.] - Rn. 11, [X.] [X.] 1972 § 29 Nr. 6 = EzA [X.] 2001 § 29 Nr. 1). [X.]ies gilt erst recht, wenn ein Gremium betriebsverfassungsrechtlich gar nicht vorgesehen und unter Verkennung zwingender betriebsverfassungsrechtlicher Organisationsvorschriften errichtet worden ist. Ein solches Gremium ist rechtlich nicht existent (vgl. auch für die unter Verkennung der Voraussetzungen des § 54 [X.] erfolgte Errichtung eines Konzernbetriebsrats: [X.] 23. August 2006 - 7 ABR 51/05 - [X.] [X.] 1972 § 54 Nr. 12 = EzA [X.] 2001 § 54 Nr. 2; 14. Februar 2007 - 7 [X.] - [X.]E 121, 212). Ihm stehen daher auch keine betriebsverfassungsrechtlichen Befugnisse zu. Von ihm abgeschlossene Betriebsvereinbarungen sind unwirksam.

b) Hiernach ist die Annahme des [X.], aufgrund der vom Willen der Betriebspartner getragenen und gewerkschaftlich gebilligten Errichtung des unternehmensübergreifenden „[X.]“ seien die von diesem abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen wirksam, rechtsfehlerhaft. [X.]ie Errichtung des Gremiums nach der Anlage 2 zur Konzeption 1997 verstößt evident gegen die gesetzlichen Organisationsvorschriften des [X.]. Es ist ein Vertretungsorgan gebildet worden, das vom [X.] nicht vorgesehen ist und keinen gesetzlichen Aufgabenbereich hat. Eine solche Arbeitnehmervertretung ist rechtlich nicht existent und kann keine wirksamen Vereinbarungen abschließen. [X.]ie Billigung der Errichtung des „[X.]“ durch eine gewerkschaftliche Erklärung vermag hieran nichts zu ändern. [X.]ie [X.]arifvertragsparteien können nur nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheiten gestalten(§ 3 Abs. 1 [X.]).

c) Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten die durch die Anlage 2 zur Konzeption 1997 geschaffene [X.] ersichtlich längere [X.] mitgetragen hat. Kommt es für die Begründetheit eines auf einen Sozialplan gestützten Anspruchs eines Arbeitnehmers auf die Wirksamkeit des Sozialplans an, ist der Arbeitgeber nicht gehindert, sich auf die Unwirksamkeit des Sozialplans zu berufen, auch wenn er diesen abgeschlossen und das rechtlich nicht existente betriebsverfassungsrechtliche Organ des Betriebspartners akzeptiert hat.

I[X.] [X.]ie klagestattgebende Entscheidung des [X.] erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig(§ 561 ZPO). [X.]ie Rechtsvorgängerin der Beklagten hat den Arbeitnehmern keine Gesamtzusage über die Zahlung einer Abfindung unter Zugrundelegung der Voraussetzungen des Sozialplans vom 17. Mai 1999 erteilt.

1. [X.]ie Umdeutung einer unwirksamen Betriebsvereinbarung in eine Gesamtzusage kommt allenfalls ausnahmsweise dann in Betracht, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, seinen Arbeitnehmern die in dieser vorgesehenen Leistungen zu gewähren(vgl. [X.] 30. Mai 2006 - 1 [X.] - Rn. 34, [X.]E 118, 211). [X.]abei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der Arbeitgeber von einer Betriebsvereinbarung durch Kündigung jederzeit lösen kann, während eine Änderung der Arbeitsverträge, zu deren Inhalt eine Gesamtzusage wird, nur einvernehmlich oder durch gerichtlich überprüfbare Änderungskündigung möglich ist. Ein hypothetischer Wille des Arbeitgebers, sich unabhängig von der Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung auf [X.]auer zu binden, ist daher nur in Ausnahmefällen anzunehmen ([X.] 30. Mai 2006 - 1 [X.] - aaO).

2. Hiernach hat sich die Beklagte nicht im Wege einer Gesamtzusage verpflichtet, die Abfindungen nach Maßgabe des unwirksamen Sozialplans vom 17. Mai 1999 zu zahlen. Besondere Umstände, die die Annahme rechtfertigen, die Beklagte habe sich unabhängig vom Sozialplan auf jeden Fall verpflichten wollen, ihren Arbeitnehmern die in diesem vorgesehenen Leistungen zu gewähren, liegen nicht vor. Rechtsfolge der Unwirksamkeit des Sozialplans ist vielmehr, dass für die durchgeführte Betriebsänderung ein wirksamer Sozialplan - trotz der ggf. bestehenden Verpflichtung nach § 112 [X.] - bislang nicht zustande gekommen ist.

II[X.] [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Gräfl    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Bea    

        

    Willms    

                 

Meta

7 AZR 706/08

17.03.2010

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 3. Dezember 2004, Az: 37 Ca 23675/03, Urteil

§ 47 Abs 1 BetrVG, § 47 Abs 9 BetrVG, § 611 Abs 1 BGB, § 112 Abs 1 S 2 BetrVG, § 112 Abs 1 S 3 BetrVG, § 3 Abs 1 Nr 2 BetrVG, § 3 Abs 1 Nr 3 BetrVG, § 54 Abs 1 S 1 BetrVG, § 1 Abs 1 S 1 AktG, § 18 Abs 1 S 1 AktG, § 15 AktG, § 1 Abs 2 BetrVG, § 242 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.03.2010, Az. 7 AZR 706/08 (REWIS RS 2010, 8396)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8396

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