Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2015, Az. AnwZ 1/15

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2015, 12068

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.] 1/15
vom

27. April 2015

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Zulassung als Rechtsanwalt bei dem [X.]
hier: Befangenheit

-
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Der [X.], [X.], hat durch den Vorsitzenden [X.], [X.] und [X.], den Rechtsanwalt Prof. Dr. [X.] und die Rechtsanwältin Schäfer

am 27. April 2015

beschlossen:

Es besteht im Hinblick auf die Mitwirkung der Präsidentin des [X.]s L.

am Verfahren keine Besorgnis der Befangenheit.

Gründe:

I.

Der
Kläger gehört zu den 16 Bewerbern um die Zulassung zur [X.] bei dem [X.], die der Wahlausschuss für Rechts-anwälte bei dem [X.] nach der am 29.
Juli 2013 durchgeführten Wahl der damaligen Bundesministerin der Justiz gemäß §§
164, 169 [X.] benannt hat. In der vom Wahlausschuss aufgestellten Rangfolge der Bewerber nahm der Kläger den Platz 12 ein. Die Bundesministerin der Justiz ließ nach der Wahl zunächst acht Rechtsanwälte, die in der Rangfolge des Wahlaus-schusses die Plätze 1-8 belegt hatten,
bei dem [X.] zu und teilte dem
Kläger -
wie den übrigen sieben nicht berücksichtigten Rechtsanwälten -
mit gleichlautenden Schreiben vom 19.
September 2013 mit, dass deren Zulas-sungsanträgen nicht entsprochen
werde.
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Gegen die ablehnenden Bescheide haben die in der Rangfolge des Wahlausschusses auf die Plätze 9, 10 und 13 gesetzten Bewerber Klage gegen das [X.] erhoben. Die
übrigen nicht berücksichtigten Rechtsanwälte
haben die Ablehnung bestands-kräftig werden lassen. Während des Gerichtsverfahrens hat der
Beklagte im [X.] 2014 die drei o.a. Kläger unter Aufhebung der ihnen gegenüber ergan-genen Bescheide zur Rechtsanwaltschaft bei dem [X.] zugelas-sen. Der hiesige Kläger hat daraufhin gegenüber dem
[X.] beantragt, auch die
ihm gegenüber ergangene Entscheidung zurückzunehmen und ihn zuzulassen. Mit Bescheid vom 12. Januar 2015 hat der
Beklagte dies [X.]. Hiergegen wendet sich der Kläger, der im Wesentlichen unter Hinweis auf § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG die Vorgehensweise des
[X.]
als rechtswidrig rügt.

Mit dienstlicher Äußerung vom 27.
Januar
2015
hat die mit Wirkung zum 1.
Juli 2014 ernannte Präsidentin des [X.]s darauf hingewiesen, dass ihre Funktion als Vorsitzende des Wahlausschusses für Rechtsanwälte bei dem [X.] geeignet sein könnte, im vorliegenden Rechtsstreit ihre Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Die [X.]en er-hielten Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Kläger hat mitgeteilt, er habe "selbstverständlich"
keine Bedenken gegen die Mitwirkung der Präsidentin. [X.] Klage richte sich nicht gegen den Wahlausschuss, sondern gegen die inkon-sistente Vorgehensweise des
[X.] im Hinblick auf die Zulassung der vom Wahlausschuss auf die Plätze 9, 10 und insbesondere 13 gesetzten Bewerber und der ihm gegenüber erfolgten wiederholten Ablehnung, obwohl er vom Wahlausschuss auf Platz 12 gesetzt worden sei. Der
Beklagte hat keine Stel-lungnahme abgegeben.
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II.

Auf die dienstliche Äußerung der Präsidentin des [X.]s, mit der diese auf einen Umstand hingewiesen hat, der ihre Ablehnung [X.] könnte, hat der Senat entsprechend der nach §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.], §
54 Abs.
1 VwGO sinngemäß anzuwendenden Vorschrift des §
48 Alt.
1 ZPO in Verbindung mit §
45 Abs.
1, §
46 ZPO darüber zu entscheiden, ob ein Grund besteht, der die Besorgnis der Befangenheit begründet. Dies ist zu verneinen.

1. Nach §
42 Abs.
2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist dann der Fall, wenn aus der Sicht einer [X.] bei vernünftiger Würdigung aller Umstände [X.] gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (st.
Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 15.
März 2012
-
V
ZB 102/11, [X.], 1890 Rn.
10;
Senat, Beschluss vom 10.
Juni 2013
-
[X.]
([X.]) 24/12, NJW-RR 2013, 1211 Rn.
6; jeweils m.w.[X.]). Nicht [X.] ist dagegen, dass tatsächlich eine Befangenheit vorliegt. Vielmehr genügt es,
dass die aufgezeigten Umstände geeignet sind, der [X.] Anlass zu be-gründeten Zweifeln zu geben; denn die Vorschriften über die Befangenheit von Richtern bezwecken, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität zu vermeiden (vgl. nur [X.], [X.] vom 15.
März 2012, aaO; BVerfGE
108, 122, 126).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt kein Ablehnungsgrund vor.

Die Präsidentin des [X.]s ist kraft Gesetzes Vorsitzende des Anwaltssenats beim [X.] (§
106 Abs.
2 [X.]) und führt 4
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nach der geltenden Geschäftsverteilung in dem vorliegenden Verfahren den Vorsitz. Zugleich ist sie Vorsitzende des Wahlausschusses für Rechtsanwälte bei dem [X.] (§
165 Abs.
2 [X.]). In dieser Eigenschaft ist sie vom Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits jedoch nicht in einer Weise be-troffen, die die Besorgnis der Befangenheit begründet.

Die Präsidentin war an der den Bescheiden des
[X.] vom 19.
Sep-tember 2013 vorausgegangenen Entscheidung des Wahlausschusses vom 29.
Juli 2013 nicht beteiligt. Zwar kann sich -
wie der Senat in seinem [X.] vom 20. August 2014 ([X.] 3/13; NJW-RR 2014, 1469 Rn. 7 ff.), der die verbundenen Klageverfahren der in der Rangfolge des Wahlausschusses auf die Plätze 9 und 13 gesetzten Bewerber
betraf, ausgeführt
hat -
ungeachtet dessen eine potentielle Betroffenheit der Präsidentin vom Ausgang des [X.] ergeben. Die Möglichkeit eines Interessenskonflikts nach Maßgabe der konkreten Umstände des Einzelfalls hat der Senat insoweit insbesondere für den Fall als gegeben angesehen, dass die dortigen Kläger zwar eine Aufhe-bung der angefochtenen Entscheidung, nicht aber einen Ausspruch zur Ver-pflichtung des [X.] zu ihrer Zulassung als Revisionsanwälte (§
170 Abs.
1 [X.]) erreichen würden. Denn der
Beklagte könnte in diesem Falle vor einer neuen Zulassungsentscheidung eine Wiederholung des Wahlverfahrens -
unter Beteiligung der Präsidentin des [X.]s
-
für erforderlich halten. Dies käme insbesondere in Betracht, sofern die Kläger mit den gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Wahlausschusses vorgebrachten [X.] -
insoweit waren unter anderem auch Verfahrensfehler des Wahlvor-gangs beim [X.] gerügt worden -
durchdringen sollten.

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6
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Hiervon unterscheidet sich der vorliegende Fall. Es ist insbesondere nichts dafür ersichtlich, dass im Zusammenhang mit der Frage, ob die Ent-scheidung des [X.], den bestandskräftigen Ablehnungsbescheid nicht zugunsten des [X.] im Verfahren nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zurückzu-nehmen, rechtmäßig war, eine erneute Befassung des Wahlausschusses mit dem
Zulassungsbegehren des
[X.]
veranlasst sein könnte.

Becker

[X.]
Remmert

[X.]
Schäfer
9

Meta

AnwZ 1/15

27.04.2015

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2015, Az. AnwZ 1/15 (REWIS RS 2015, 12068)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12068

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