Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.04.2014, Az. 2 AZR 647/13

2. Senat | REWIS RS 2014, 6336

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Kündigung zum "nächstzulässigen Termin" - Sonderkündigungsschutz einem schwerbehinderten Menschen Gleichgestellter


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 14. Januar 2013 - 7 Sa 1790/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ erklärten Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt einen Büromarkt. Der 1964 geborene Kläger war bei ihr seit dem 26. Juli 2000 als Servicetechniker beschäftigt. Außer ihm war eine weitere Mitarbeiterin tätig. Im Arbeitsvertrag vom 26. Juli 2000 war [X.]. bestimmt:

        

„§ 3   

Dauer des Vertrages

                 

…       

        
                 

(2) Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann von beiden Vertragspartnern 4 Wochen zum Q[X.]rtal gekündigt werden.

                 

…       

        

§ 4     

Schlußbestimmung

                 

…       

        
                 

(4) Dem Arbeitsvertrag werden die Bestimmungen des Gehalts- und Lohntarifvertrages und des Manteltarifvertrages des [X.] Einzelhandels zugrunde gelegt.“

3

Im Jahre 2007 traten bei der [X.] wirtschaftliche Probleme auf. In deren Verlauf schlug ihr Geschäftsführer der [X.] (im Folgenden: [X.]) den Kläger als Mitarbeiter vor. Diese arbeitete im Rahmen des technischen Kundenservice in der Weise mit der [X.] und anderen Unternehmen zusammen, dass sie die Kundenaufträge annahm, zentral koordinierte und zu ihrer Ausführung ihre eigenen Servicetechniker entsandte, während die Kunden die Rechnung mit einem Briefkopf des für sie zuständigen Service-Unternehmens - etwa der [X.] - erhielten. Unter dem 25. Juni 2007 schloss der Kläger einen Arbeitsvertrag mit der [X.]. Danach war er für diese ab dem 1. Juli 2007 als Positions-/Servicetechniker tätig. Die [X.] beschäftigte rund 30 Servicetechniker.

4

Die Beklagte händigte dem Kläger in der Folge ein Zeugnis, den [X.] und die Lohnsteuerkarte aus.

5

Der Kläger erhielt einzelne Arbeitsanweisungen weiterhin vom Geschäftsführer der [X.]. Diese beschäftigte seit Juni 2011 zwei weitere Mitarbeiter. Unter dem 29. Juni 2011 übersandte die Beklagte dem Kläger ein Kündigungsschreiben. Darin heißt es:

        

„... hiermit kündigen wir vorsorglich zum nächstmöglichen Zeitpunkt den Arbeitsvertrag ..., obwohl wir der Meinung sind, dass das Arbeitsverhältnis bereits in 2007 beendet wurde.“

6

Der Kläger hat sich gegen die Kündigung rechtzeitig mit der vorliegenden Klage gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil sie kein konkretes Beendigungsdatum enthalte. Außerdem habe es sich um ein einheitliches Arbeitsverhältnis mehrerer Arbeitgeber gehandelt. Zum Zeitpunkt der Kündigung habe er zwei Arbeitgeberinnen gehabt, welche je für sich das Weisungsrecht eines Arbeitgebers beansprucht hätten. Die Beklagte und die [X.] führten einen Gemeinschaftsbetrieb, so dass das [X.] Anwendung finde. Die Kündigung sei überdies deshalb unwirksam, weil es die Beklagte unterlassen habe, ihn zuvor anzuhören, und weil sie eine Maßregelung nach § 612a BGB darstelle. Sie sei ausgesprochen worden, nachdem er Vergütungsansprüche eingeklagt habe. Schließlich fehle es an der notwendigen Beteiligung des Integrationsamts. Der Kläger hat behauptet, er habe die Beklagte mit Telefax vom 18. Juli 2011 davon in Kenntnis gesetzt, dass er - im März 2011 - einen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch gestellt habe. Das [X.] habe mit Bescheid vom 7. September 2011 einen Grad der Behinderung von 30 festgestellt. Daraufhin habe er einen Antrag auf Gleichstellung gestellt. Dass er dies nicht schon vor Ausspruch der Kündigung habe tun können, habe nicht er zu vertreten. Durch Bescheid vom 24. September 2013 sei er mittlerweile mit Wirkung vom 12. September 2011 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden.

7

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der [X.] vom 29. Juni 2011 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Endzeugnis zu erteilen, das sich auf Leistung und Verhalten erstreckt;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits als Büromaschinenmechaniker weiter zu beschäftigen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unter allen aufgeführten Gesichtspunkten wirksam.

9

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Erteilung eines Endzeugnisses verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt dieser sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

[X.]ie Revision ist unbegründet. [X.]as [X.] hat die Kündigungsschutzklage zu Recht abgewiesen ([X.]). [X.]ie Entscheidung des Arbeitsgerichts über den - echten - Hilfsantrag auf Erteilung eines Endzeugnisses hat damit Bestand (I[X.]). [X.]er auf Weiterbeschäftigung während des laufenden Rechtsstreits gerichtete - unechte - Hilfsantrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angef[X.] (II[X.]).

[X.] [X.]ie Kündigungsschutzklage ist unbegründet. [X.]ie Kündigung der [X.] vom 29. Juni 2011 ist wirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Wirkung zum 30. November 2011 aufgelöst.

1. [X.]ie Kündigung enthält keine Bedingung, die ihrer Wirksamkeit im Wege stünde. Auch eine „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ erklärte Kündigung drückt den Willen des Arbeitgebers aus, das Arbeitsverhältnis zu beenden. [X.]er Zusatz „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ macht lediglich deutlich, dass der Arbeitgeber sich in erster Linie auf einen anderen Beendigungstatbestand beruft, auf dessen Rechtswirkungen er nicht verzichten will ([X.] 23. Mai 2013 - 2 [X.] - Rn. 44; 12. Oktober 1954 - 2 [X.]  - zu III der Gründe, [X.]E 1, 110 ). [X.]ie „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ erklärte Kündigung steht unter einer - zulässigen ( [X.] 21. November 2013 - 2 [X.] - Rn. 19; 23. Mai 2013 - 2 [X.] - aaO) - auflösenden Rechtsbedingung iSv. § 158 Abs. 2 BGB. Ihre Wirkung endigt, wenn feststeht, dass das Arbeitsverhältnis bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgelöst worden ist ( [X.] 21. November 2013 - 2 [X.] - Rn. 20; 23. Mai 2013 - 2 [X.] - aaO). [X.]iese Bedingung ist im Streitfall nicht eingetreten. [X.]as Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist nicht bereits durch einen anderen Beendigungstatbestand aufgelöst worden. [X.]er Abschluss des Arbeitsvertrags mit der [X.] hat nicht zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit der [X.] geführt. [X.]er Arbeitsvertrag mit der [X.] enthielt keine dem Formerfordernis des § 623 BGB genügende Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien (vgl. dazu [X.] 24. Oktober 2013 - 2 [X.] 1078/12 - Rn. 26).

2. [X.]ie Kündigung ist entgegen der Ansicht des [X.] nicht deshalb unwirksam, weil im [X.] ein konkretes Beendigungsdatum nicht ausdrücklich genannt ist. Einer solchen Angabe bedurfte es nicht.

a) Eine Kündigung muss als empfangsbedürftige Willenserklärung so bestimmt sein, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des Kündigenden erhält. [X.]er Kündigungsadressat muss erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendet sein soll. Aus der Erklärung oder den Umständen muss sich deshalb zumindest ergeben, ob eine fristgemäße oder eine fristlose Kündigung gewollt ist ([X.] 23. Mai 2013 - 2 [X.] - Rn. 46; 15. [X.]ezember 2005 - 2 [X.] 148/05 - Rn. 20, [X.]E 116, 336). Ob dies hinreichend deutlich wird, richtet sich nach den Verhältnissen bei Ausspruch der Kündigung ([X.] 23. Mai 2013 - 2 [X.] - aaO; 21. Oktober 1981 - 7 [X.] 407/79 - zu I der Gründe).

b) Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist nicht allein auf ihren Wortlaut abzustellen. Zu würdigen sind alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte ([X.] 20. Juni 2013 - 6 [X.] 805/11 - Rn. 14; vgl. auch 5. Februar 2009 - 6 [X.] 151/08  - Rn. 30 mwN, [X.]E 129, 265 ).

c) [X.]as Erfordernis der Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung verlangt vom Kündigenden nicht, den [X.] als konkretes kalendarisches [X.]atum ausdrücklich anzugeben. Es reicht aus, wenn der gewollte [X.] für den Kündigungsempfänger zweifelsfrei bestimmbar ist ([X.] 23. Mai 2013 - 2 [X.] - Rn. 47; vgl. auch APS/Preis 4. Aufl. Grundlagen [X.] Rn. 20; APS/[X.] 4. Aufl. § 622 BGB Rn. 66c; [X.]/[X.]/[X.] Aufl. [X.]. Rn. 18; [X.]/[X.] 6. Aufl. § 620 Rn. 78; [X.]/[X.] (2012) Vorb. zu §§ 620 ff. Rn. 125; [X.] NZA 2011, 601; [X.] RdA 2012, 172, 176; [X.] [X.] 2011, 347; [X.] RdA 2004, 321, 326).

aa) Auch eine Kündigung „zum nächstzulässigen Termin“ ist hinreichend bestimmt, wenn dem Erklärungsempfänger die [X.]auer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist ([X.] 20. Juni 2013 - 6 [X.] 805/11 - Rn. 15; vgl. auch [X.] [X.]. RdA 2012, 172, 176 ; [X.] RdA 2004, 321, 326 ). Sie ist typischerweise dahin zu verstehen, dass der Kündigende die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt erreichen will, der sich bei Anwendung der einschlägigen gesetzlichen, tarifvertraglichen und/oder vertraglichen Regelungen als rechtlich frühestmöglicher [X.] ergibt ([X.] 23. Mai 2013 - 2 [X.] - Rn. 49; 9. September 2010 - 2 [X.] 714/08 - Rn. 12, [X.]E 135, 278). [X.]er vom Erklärenden gewollte [X.] ist damit objektiv eindeutig bestimmbar. [X.]ies ist jedenfalls dann ausreichend, wenn die rechtlich zutreffende Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und nicht umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordert ([X.] 23. Mai 2013 - 2 [X.] - aaO). Ob es anderenfalls an der hinreichenden Bestimmtheit der Kündigung fehlte, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

bb) Eine Kündigung ist nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll ([X.] 20. Juni 2013 - 6 [X.] 805/11 - Rn. 15; vgl. auch 21. Oktober 1981 - 7 [X.] 407/79  - zu I der Gründe).

d) Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Kündigungserklärung der [X.] vom 29. Juni 2011 als ordentliche Kündigung zum 30. November 2011.

aa) [X.]as [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, die Beklagte habe mit dem Schreiben vom 29. Juni 2011 eine ordentliche Kündigung erklärt. [X.]ie Formulierung, es werde „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ gekündigt, lässt - ohne dass es Anhaltspunkte dafür gäbe, der Arbeitgeber wolle sich auf einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB berufen - nicht erkennen, die Kündigung solle als außerordentliche (fristlos) erklärt werden. [X.]ie Wendung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ spricht dafür, dass die Kündigung zu einem erst in der Zukunft liegenden, sich aus der zutreffenden Kündigungsfrist ergebenden Termin wirken solle. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund müsste für den Erklärungsempfänger zweifelsfrei die Absicht des Erklärenden erkennen lassen, von der sich aus § 626 Abs. 1 BGB ergebenden besonderen Kündigungsbefugnis Gebrauch zu machen ([X.] 13. Januar 1982 - 7 [X.] 757/79 - zu II 1 der Gründe, [X.]E 37, 267). Sie kann sich aus einer entsprechenden Bezeichnung - etwa als fristlose Kündigung - oder aus sonstigen Umständen der Erklärung, insbesondere einer beigefügten Begründung ergeben ([X.] 13. Januar 1982 - 7 [X.] 757/79 - aaO). An beidem fehlt es hier.

bb) Auch der angestrebte [X.] war für den Kläger zweifelsfrei bestimmbar. Er errechnete sich aus der maßgeblichen, vom Arbeitsvertrag in Bezug genommenen tariflichen Frist von fünf Monaten zum Monatsende.

(1) Gemäß § 4 Abs. 4 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 26. Juli 2000 waren die Bestimmungen ua. des Manteltarifvertrags des [X.] ([X.]) in Bezug genommen. Nach § 16 Nr. 5 Abs. 2 [X.] - sowohl in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung vom 24. September 1996 als auch in der bei [X.] geltenden Fassung vom 4. August 2008 - beträgt die tarifliche Kündigungsfrist nach einer Beschäftigungszeit von zehn Jahren fünf Monate zum Monatsende. [X.]ie gesetzliche Frist gemäß § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BGB hätte nur vier Monate zum Monatsende betragen. Schon deshalb galt die für den Kläger günstigere tarifliche Frist. § 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrags kam bei [X.] Verständnis nicht zur Anwendung. Er regelt allein die zu Beginn des Arbeitsverhältnisses geltende Grundkündigungsfrist. [X.]iese weicht in zulässiger Weise zugunsten des [X.] von der gesetzlichen Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB ab. [X.]agegen kann den Parteien nicht unterstellt werden, sie hätten in § 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrags eine von § 622 Abs. 2 BGB zulasten des [X.] abweichende und damit unzulässige Regelung treffen wollen.

(2) [X.]ie objektiv maßgebliche Kündigungsfrist war für den Kläger ohne Schwierigkeiten zu ermitteln. [X.]er Arbeitsvertrag, der auf den [X.] verwies, war ihm bekannt. Unerheblich ist, ob ihm die Tarifverträge, auf die in § 4 Abs. 4 des Arbeitsvertrags Bezug genommen ist, ausgehändigt worden waren. Es ist ausreichend, dass er ihren Inhalt problemlos hätte in Erfahrung bringen können. Sonstige Umstände, die zu Zweifeln daran hätten Anlass geben können, dass die Beklagte mit der rechtlich zutreffenden tariflichen Frist hat kündigen wollen, sind weder vom Kläger vorgetragen noch objektiv ersichtlich.

(a) Rechtliche Unklarheiten bei der Fristberechnung kann es auch mit Blick auf Beschäftigungszeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahrs nicht gegeben haben (zur Unionsrechtswidrigkeit und Unanwendbarkeit von § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB vgl. [X.] 19. Januar 2010 - [X.]/07 - [Kücükdeveci] Slg. 2010, [X.]; [X.] 9. September 2010 - 2 [X.] 714/08 - [X.]E 135, 278; zur Unwirksamkeit entsprechender tarifvertraglicher Regelungen [X.] 29. September 2011 - 2 [X.] 177/10 - Rn. 16 ff.). [X.]ie in § 16 Nr. 5 Abs. 3 [X.] enthaltene Bestimmung, die solche Zeiten bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer ausnimmt, fand auf den Kläger schon tatsächlich keine Anwendung. Er war bei Vertragsschluss älter als 25 Jahre.

(b) Entgegen der Auffassung des [X.] musste die Beklagte im [X.] nicht angeben, welche [X.]auer der Betriebszugehörigkeit ihrer Ansicht nach der Berechnung der Kündigungsfrist zugrunde zu legen war. [X.]ie Beklagte hatte die Kündigung ausdrücklich für den Fall erklärt, dass das Arbeitsverhältnis nicht schon im Jahre 2007 geendet, es also bis zum Kündigungszeitpunkt fortbestanden habe. Es gab keinen Grund für die Annahme, die Beklagte wolle - sofern die Kündigung zum Tragen komme - das Arbeitsverhältnis mit einer Frist beenden, die nicht die gesamte [X.]auer der Betriebszugehörigkeit des [X.] berücksichtigte. [X.]ass die Anrechnung anderweitiger Vorbeschäftigungszeiten oder eine zeitweilige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses streitig gewesen sei, hat der Kläger nicht behauptet.

3. [X.]ie Kündigung vom 29. Juni 2011 ist nicht deshalb rechtsunwirksam, weil die Beklagte sie nur gemeinsam mit der [X.] hätte erklären können. Es lag kein einheitliches, zu ihr und der [X.] gemeinsam bestehendes Arbeitsverhältnis vor.

a) Ebenso wie auf Arbeitnehmerseite können auf Arbeitgeberseite mehrere rechtlich selbständige Personen an demselben Arbeitsverhältnis beteiligt sein ( [X.] 19. April 2012 - 2 [X.] 186/11 - Rn. 16; 15. [X.]ezember 2011 - 8 [X.] 692/10  - Rn. 30 ). Stehen mehrere natürliche oder juristische Personen in arbeitsrechtlichen Beziehungen zu demselben Arbeitnehmer, liegen nicht notwendig mehrere getrennte Arbeitsverhältnisse vor. Vielmehr kann auch ein einheitliches Arbeitsverhältnis gegeben sein. Erforderlich ist ein rechtlicher Zusammenhang der arbeitsvertraglichen Beziehungen des Arbeitnehmers zu den einzelnen Arbeitgebern, der es verbietet, diese Beziehungen rechtlich getrennt zu behandeln ( [X.] 19. April 2012 - 2 [X.] 186/11 - aaO; 5. März 1987 -  2 [X.] 623/85  - zu [X.] 5 der Gründe, [X.]E 55, 117 ). [X.]er rechtliche Zusammenhang kann sich insbesondere aus einer Auslegung des Vertragswerks der Parteien ergeben ( [X.] 19. April 2012 - 2 [X.] 186/11 - aaO; 27. März 1981 -  7 [X.] 523/78  - zu I 2 b der Gründe, [X.]E 37, 1). Nach Maßgabe von §§ 133, 157 BGB ist zu prüfen, ob nach den Vorstellungen der Vertragschließenden die einzelnen Vereinbarungen nur gemeinsam gelten und zusammen durchgeführt werden, dh. Teile eines einzigen [X.] sein sollten. Ist dies zu bejahen, kann ein solches einheitliches Arbeitsverhältnis im Regelfall nur von und gegenüber [X.] auf einer Vertragsseite Beteiligten gekündigt werden ( [X.] 19. April 2012 - 2 [X.] 186/11 - aaO; 27. März 1981 - 7 [X.] 523/78  - zu II 1 der Gründe, aaO).

b) [X.]anach lag im Streitfall ein einheitliches Arbeitsverhältnis nicht vor. Es gibt keine Grundlage für die Annahme, die [X.] habe als weitere Arbeitgeberin zu dem mit der [X.] schon bestehenden Arbeitsverhältnis hinzutreten und dieses habe nunmehr im Sinne eines rechtlich untrennbaren Zusammenhangs mit beiden Arbeitgeberinnen fortgesetzt werden sollen. Es sind keine Umstände festgestellt oder vom Kläger vorgetragen, aufgrund derer darauf zu schließen wäre, seine arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, das [X.] mit der [X.], das andere Mal mit der [X.], hätten nur gemeinsam gelten und durchgeführt werden und damit bloß Teile eines einzigen [X.] sein sollen.

4. [X.]ie Kündigung ist nicht mangels [X.] Rechtfertigung unwirksam. [X.]er Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 bis 4 [X.] keine Anwendung. Im Betrieb der [X.] waren im Kündigungszeitpunkt schon nicht mehr als fünf Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt. [X.]ie Arbeitnehmer der [X.] waren für die Bestimmung der Betriebsgröße nicht mitzuzählen. [X.]ie Beklagte und die [X.] haben keinen gemeinsamen Betrieb geführt. Andere Gründe für eine Hinzurechnung sind nicht ersichtlich.

a) Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen liegt vor, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel mehrerer Unternehmen zu arbeitstechnischen Zwecken zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen [X.] betriebsbezogen gesteuert wird. [X.]ie beteiligten Unternehmen müssen sich zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, so dass [X.] der [X.] im [X.] und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird ([X.] 24. Oktober 2013 - 2 [X.] 1057/12 - Rn. 51; 9. Juni 2011 - 6 [X.] 132/10 - Rn. 16 mwN, [X.]E 138, 116). [X.]iese Voraussetzung trifft nicht schon dann zu, wenn die Unternehmen unternehmerisch zusammenarbeiten ([X.] 24. Mai 2012 - 2 [X.] 62/11 - Rn. 20, [X.]E 142, 36; 5. November 2009 - 2 [X.] 383/08 - Rn. 14 mwN).

b) [X.]ie [X.]arlegungs- und Beweislast dafür, dass im Kündigungszeitpunkt ein gemeinsamer Betrieb bestanden hat, trägt der Arbeitnehmer ([X.] 24. Oktober 2013 - 2 [X.] 1057/12 - Rn. 52; 24. Mai 2012 - 2 [X.] 62/11 - Rn. 21, [X.]E 142, 36). Mit Rücksicht auf seine typischerweise mangelhafte Kenntnis vom Inhalt der zwischen den beteiligten Unternehmen getroffenen vertraglichen Vereinbarungen kommen ihm dabei Erleichterungen zugute. [X.]er Arbeitnehmer genügt seiner [X.]arlegungslast in einem ersten Schritt, wenn er äußere Umstände aufzeigt, die für die Annahme sprechen, dass sich mehrere Unternehmen über die gemeinsame Führung eines Betriebs unter einem einheitlichen [X.] geeinigt haben. [X.]arauf hat der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu erwidern und darzulegen, welche rechtserheblichen Umstände gegen die Annahme eines einheitlichen Betriebs sprechen sollen ([X.] 24. Oktober 2013 - 2 [X.] 1057/12 - aaO; 24. Mai 2012 - 2 [X.] 62/11 - aaO).

c) [X.]iesen Anforderungen genügt das Vorbringen des [X.] nicht. Er hat selbst äußere Umstände, die für das Vorliegen einer Vereinbarung zur gemeinsamen Führung eines Betriebs unter einem einheitlichen [X.] sprächen, nicht aufgezeigt. Weder sein Vorbringen zur Zusammenarbeit von Beklagter und [X.] im Bereich Kundenservice, noch sein Vorbringen zu den Anweisungen, die er auch nach Begründung des Arbeitsverhältnisses mit der [X.] vom Geschäftsführer der [X.] erhalten habe, und zur weiteren Überlassung des [X.]ienstfahrzeugs lassen den Schluss darauf zu, [X.] der [X.] im [X.] und personellen Bereich sei für beide Unternehmen gemeinsam von derselben institutionellen Leitung ausgeübt worden.

5. [X.]ie Kündigung der [X.] ist nicht deshalb gemäß § 242 BGB unwirksam, weil der Kläger vor ihrem Ausspruch nicht angehört worden ist. [X.]ie Anhörung des Arbeitnehmers vor einer Kündigung ist - außer bei der Verdachtskündigung - de lege [X.] keine Wirksamkeitsvoraussetzung. [X.]er gegenteiligen Ansicht des [X.] (17. März 2010 - 2 [X.]/10 -) fehlt die gesetzliche Grundlage. [X.]ass hier einzel- oder tarifvertraglich etwas anderes gegolten hätte, ist nicht ersichtlich. Auch aus § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] folgt nichts anderes. Nach dieser Bestimmung hat der Arbeitnehmer ein Recht darauf, in betrieblichen Angelegenheiten, die seine Person betreffen, angehört zu werden. Selbst wenn man zu diesen Angelegenheiten auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung rechnet, ergibt sich daraus nicht, dass umgekehrt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor dem Ausspruch einer Kündigung anhören müsste und dass diese Anhörung Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung wäre. [X.]as in § 82 Abs. 1 Satz 2 [X.] vorgesehene Recht, zu ihn betreffenden Maßnahmen des Arbeitgebers Stellung zu nehmen, bedeutet ebenfalls nicht, dass der Arbeitnehmer schon vor deren [X.]urchführung Stellung nehmen können muss.

6. [X.]ie Kündigung ist nicht gemäß § 612a BGB iVm. § 134 BGB rechtsunwirksam. [X.]ie Würdigung des [X.]s, es fehle an der notwendigen Kausalität zwischen der Erhebung von Vergütungsansprüchen und der Kündigung, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. [X.]as [X.] hat angenommen, die Beklagte habe sich zur - vorsorglichen - Kündigung entschlossen, nachdem sie im Zusammenhang mit den Entgeltforderungen habe erkennen müssen, dass das in ihren Augen längst beendete Arbeitsverhältnis rechtlich womöglich noch fortbestehe. Mit der sich dagegen wendenden Behauptung, die Beklagte habe ihn mit der Kündigung sehr wohl sanktionieren wollen, zeigt der Kläger keinen Rechtsfehler auf. [X.]en zeitlichen Zusammenhang zwischen Rechtsverfolgung und Kündigung hat das [X.] angesichts des Umstands, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien schon seit Jahren nicht mehr gelebt worden war, als Indiz für eine Maßregelungsabsicht der [X.] zu Recht nicht ausreichen lassen. Zulässige Verfahrensrügen hat der Kläger nicht erhoben.

7. [X.]ie Kündigung vom 29. Juni 2011 ist nicht nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB unwirksam. Es bedurfte zu ihrer Wirksamkeit keiner Zustimmung des [X.].

a) [X.]er Kläger ist nicht schwerbehindert iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX. [X.]er Grad seiner Behinderung beträgt nach dem Bescheid des Versorgungsamts vom 7. September 2011 lediglich 30. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob er der [X.] rechtzeitig nach Zugang der Kündigung Mitteilung von seinem im März 2011 gestellten Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch gemacht hat.

b) [X.]er Kläger war zum Zeitpunkt der Kündigung einem schwerbehinderten Menschen nicht gleichgestellt. [X.]ie nach seinem Vorbringen mittlerweile erfolgte Gleichstellung wirkt nur bis auf den Tag der Antragstellung zurück. [X.]ies war der 12. September 2011.

aa) Nach § 85 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3 SGB IX bedarf auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, der vorherigen Zustimmung des [X.]. Gemäß § 68 Abs. 2 SGB IX erfolgt die Gleichstellung behinderter Menschen mit schwerbehinderten Menschen auf Grund einer Feststellung nach § 69 SGB IX auf Antrag des behinderten Menschen durch die Bundesagentur für Arbeit.

bb) [X.]ie Gleichstellung wird gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. [X.]er betreffende Verwaltungsakt ist für die Rechtsposition des Betroffenen konstitutiv. Im Unterschied zu den kraft Gesetzes geschützten Personen, bei denen durch die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch ein bestehender Rechtsschutz nur festgestellt wird, wird der Schutz des Behinderten durch die Gleichstellung erst begründet ([X.] 24. November 2005 - 2 [X.] 514/04 - zu [X.] 1 a der Gründe). [X.]ie erst nach Zugang einer Kündigung beantragte Gleichstellung hat für die Wirksamkeit der Kündigung keine Bedeutung mehr ([X.] 24. November 2005 - 2 [X.] 514/04 - aaO).

cc) [X.]er Kläger hat den Antrag auf Gleichstellung erst am 12. September 2011 und damit nach Zugang der Kündigung gestellt. Im Verhältnis zur [X.] ist es unerheblich, ob er ihn bei schnellerer Bescheidung seines Antrags auf Anerkennung als Schwerbehinderter schon früher gestellt hätte.

c) [X.]ie kündigungsrechtlich unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 und schwerbehinderten Arbeitnehmern iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX stellt keine [X.]iskriminierung der weniger stark behinderten Arbeitnehmer nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/[X.] vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. Nr. L 303 S. 16) dar. [X.]ie weniger stark behinderten Arbeitnehmer erfahren nicht „wegen ihrer Behinderung“ eine ungünstigere Behandlung. Sie werden nicht weniger günstig als nicht behinderte Arbeitnehmer behandelt, sondern weniger günstig als stärker behinderte.

I[X.] [X.]ie Entscheidung des Arbeitsgerichts über den (echten) Hilfsantrag auf Erteilung eines Endzeugnisses hat Bestand. [X.]ie Kündigungsschutzklage ist rechtskräftig abgewiesen. [X.]amit hat das Arbeitsgericht zu Recht über den Hilfsantrag entschieden. In der Sache ist der Kläger durch die dem Antrag stattgebende Entscheidung nicht beschwert. Er fiel dem Senat folglich nicht zur Entscheidung an.

II[X.] Über den Weiterbeschäftigungsantrag hat der Senat ebenso wenig zu entscheiden. Er ist auf eine Beschäftigung für die [X.]auer des [X.] gerichtet. [X.]ieser Streit ist rechtskräftig abgeschlossen.

IV. [X.]ie Kosten seiner erfolglosen Revision hat nach § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Beckerle    

                 

Meta

2 AZR 647/13

10.04.2014

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Bad Hersfeld, 17. November 2011, Az: 1 Ca 247/11, Urteil

§ 242 BGB, § 2 Abs 2 SGB 9, § 2 Abs 3 SGB 9, § 68 Abs 1 SGB 9, § 68 Abs 2 SGB 9, § 68 Abs 3 SGB 9, § 69 SGB 9, § 85 SGB 9, § 158 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.04.2014, Az. 2 AZR 647/13 (REWIS RS 2014, 6336)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6336

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

6 AZR 782/14 (Bundesarbeitsgericht)

Bestimmtheit einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung


7 AZR 17/13 (Bundesarbeitsgericht)

Befristung - Fortführung des Vertrags nach Rentenbeginn


9 AZR 80/17 (Bundesarbeitsgericht)

Urlaubsabgeltung - Ausschlussfristen - Fälligkeit - keine Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs durch Kündigungsschutzklage


7 AZR 530/20 (Bundesarbeitsgericht)

Sachgrundlose Befristung - Vorbeschäftigung - sehr kurze Dauer - verfassungskonforme Auslegung


6 AZR 154/21 (Bundesarbeitsgericht)

Kündigungsschutzklage - Berufungsinstanz - Klageänderung


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.