Bundessozialgericht, Beschluss vom 14.06.2018, Az. B 10 ÜG 2/18 BH

10. Senat | REWIS RS 2018, 7785

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Gegenstand

(Nichtzulassungsbeschwerde - Prozesskostenhilfe - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - überlanges Gerichtsverfahren - Entschädigungsklage - Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren keine Teile des Gerichtsverfahrens iS von § 198 GVG)


Tenor

Der Antrag des [X.], ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 22. Januar 2018 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

1

I. In der Hauptsache begehrt der Kläger Entschädigung wegen einer überlangen [X.]auer eines beim Beklagten geführten Widerspruchsverfahrens.

2

Im Ausgangsverfahren lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 24.6.2005 die Weitergewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] wegen den Vermögensfreibetrag übersteigenden Vermögens ab. [X.]er hiergegen gerichtete Widerspruch vom 18.7.2005 blieb trotz zwischenzeitlicher Weitergewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab Oktober 2005 erfolglos (Widerspruchsbescheid vom [X.]). [X.]er Widerspruchsbescheid wurde dem damaligen Prozessbevollmächtigten des [X.] am 27.6.2007 gegen [X.] zugestellt. Mit Schreiben vom 20.11.2014 "rügte" der Kläger beim Beklagten die überlange [X.]auer des Widerspruchsverfahrens. Im anschließenden Klageverfahren vor dem [X.] hat der Kläger ua eine Entschädigung nach §§ 198 ff [X.] in Höhe von 12 600 Euro geltend gemacht, welches die Klage "zuständigkeitshalber zur weiteren Veranlassung" an das [X.] weitergeleitet hat. [X.]as [X.] hat als Entschädigungsgericht die Entschädigungsklage abgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, dass die vom Kläger gerügte [X.]auer des Widerspruchsverfahrens des Beklagten keinen Entschädigungsanspruch wegen unangemessener [X.]auer eines sozialgerichtlichen Verfahrens begründe, weil weder das Verwaltungsverfahren noch das Widerspruchsverfahren Teil des Gerichtsverfahrens iS des § 198 Abs 6 Nr 1 [X.] sei. [X.]ies ergebe sich sowohl aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes als auch aus den Gesetzesmaterialien zum Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (Urteil vom 22.1.2018).

3

Mit seinem Antrag begehrt der Kläger Prozesskostenhilfe ([X.]) für seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] unter sinngemäßer Beiordnung eines Rechtsanwalts.

4

II. [X.]er Antrag auf [X.] ist abzulehnen. [X.] ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a [X.] SGG iVm § 114 ZPO). Weder die Antragsbegründung noch die Aktenlage lassen bei der gebotenen summarischen Prüfung die erforderliche Erfolgsaussicht erkennen.

5

Hinreichende Erfolgsaussicht hat eine Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. [X.]ie Revision darf danach zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 [X.]), das Urteil von einer Entscheidung des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 [X.] SGG). Von diesen Zulassungsgründen lässt sich nach Aktenlage unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe des [X.]-Urteils und des Vortrags des [X.] keiner feststellen.

6

[X.]ie Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall des [X.] hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ([X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.]). Wer sich auf den [X.] der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.]) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]1 S 38; [X.] [X.] 3-4100 § 111 [X.] f; s auch [X.] [X.] 3-2500 § 240 [X.]3 S 151 f mwN). Insbesondere ergibt sich die Grundsätzlichkeit der Bedeutung danach entgegen der Auffassung des [X.] nicht aus einer eventuellen Überlänge des bei der Beklagten geführten Widerspruchsverfahrens hinsichtlich des Bescheides vom 24.6.2005 idF des Widerspruchsbescheids vom [X.]. Es entspricht der gesicherten Senatsrechtsprechung, dass weder das Verwaltungs- noch das Widerspruchsverfahren Teil des Gerichtsverfahrens iS von § 198 [X.] sind ([X.] Urteil vom [X.] - [X.] ÜG 12/13 R - [X.] 4-1720 § 198 [X.]). Nach der Entscheidung des [X.] mit Urteil vom [X.] (5 C 23/12 [X.] - Juris Rd[X.]0 bis 24 = [X.]E 147, 146), der sich der erkennende Senat in der oben genannten Entscheidung angeschlossen hat, sind das Verwaltungsverfahren und das dem gerichtlichen Verfahren vorausgegangene Vorverfahren bei einer Behörde (Widerspruchsverfahren) nicht Bestandteil des Gerichtsverfahrens iS von § 198 [X.] und § 198 Abs 6 Nr 1 [X.]. [X.]ies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut "Gerichtsverfahren" im Gesetz und entspricht nach den Gesetzesmaterialien dem Willen des Gesetzgebers (vgl BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] f; siehe umfassende Begründung bei [X.], aaO; [X.], jurisPR-[X.] 3/2014 Anm 4).

7

Aus diesem Grund ist auch nicht ersichtlich, dass das [X.] entscheidungstragend von der Rechtsprechung des [X.], des [X.] oder des [X.] abgewichen sein könnte ([X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.] SGG).

8

Schließlich fehlt auch ein ausreichender Anhalt dafür, dass der Kläger einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des [X.] bezeichnen könnte ([X.] des § 160 Abs 2 [X.] SGG). Nach § 160 Abs 2 [X.] SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 [X.] SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. [X.] sind weder von dem Kläger geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Insbesondere konnte das [X.] in Abwesenheit des [X.] sowie des Beklagten verhandeln und entscheiden, weil die Beteiligten auf diese Möglichkeit in ihren Ladungen zur mündlichen Verhandlung vom 11. und 20.12.2017 hingewiesen worden sind (§§ 153 Abs 1, 110 Abs 1 S 2 und 126 SGG). Soweit der Kläger rügt, dass das Urteil des [X.] falsch sei, weil es in rechtswidriger Weise das Widerspruchsverfahren entgegen § 198 Abs 1 [X.] nicht entschädigungsrelevant berücksichtige, wendet er sich gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung, die nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist (vgl [X.] [X.] 1500 § 160a Nr 7).

9

[X.]er Antrag auf [X.] ist daher abzulehnen. [X.]amit entfällt zugleich auch die sinngemäß begehrte Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a [X.] SGG iVm § 121 ZPO) und ebenso die Bestellung eines Notanwalts (§ 202 S 1 SGG iVm § 78b ZPO), sollte sich der Antrag des [X.] sinngemäß auch hierauf beziehen.

Meta

B 10 ÜG 2/18 BH

14.06.2018

Bundessozialgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend SG Chemnitz, 22. Januar 2018, Az: L 11 SF 7/16 EK

§ 198 Abs 6 Nr 1 GVG, § 198 Abs 1 S 1 GVG, § 78 SGG, § 160a SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 73a Abs 1 S 1 SGG, § 8 SGB 10, § 114 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 14.06.2018, Az. B 10 ÜG 2/18 BH (REWIS RS 2018, 7785)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7785

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