Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.04.2012, Az. 24 W (pat) 530/10

24. Senat | REWIS RS 2012, 7240

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Bona Forma (Wort-Bild-Marke)" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 063 696.3

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 17. April 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterin [X.] und des Richters am Oberlandesgericht Heimen

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Am 7. Oktober 2008 hat der Anmelder die Wort-Bild-Marke

Abbildung

2

für die Waren und Dienstleistungen der Klassen

3

"(10) Chirurgische Implantate;

4

(42) Wissenschaftliche technologische [X.], insbesondere im biomedizinischen Bereich; Design; Analyse; Hardware/Software- Entwicklung;

5

(44) Medizinische Dienstleistungen; technische [X.]"

6

angemeldet.

7

Die Markenstelle für [X.] hat zunächst die angemeldete Wort-Bild-Marke als unmittelbar beschreibende Angabe i. S. v. §8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ([X.]) und als nicht unterscheidungskräftig i. S. v. §8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] beanstandet. Nach diesen Beanstandungen war auch die graphische Gestaltung der angemeldeten Marke - für sich genommen - nicht unterscheidungskräftig. Mit Beschluss vom 2. Juli 2010 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes hat die Markenstelle die Markenanmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

8

Die angemeldete, aus dem [X.] stammende Bezeichnung "[X.]" lasse sich mit "gute Form/Gestalt" ins [X.] übersetzen. Die beiden Wortbestandteile ergänzten sich sinnvoll und passend zu einer Gesamtaussage von "gute oder schöne Gestalt, gute oder schöne Form" die den angesprochenen Verkehrskreisen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen den ohne weiteres verständlichen und sich erschließenden Sachhinweis darauf gebe, dass diese Waren und Dienstleistungen dazu dienten, den angesprochenen Verbrauchern zu einer guten oder schönen Form, bzw. zu einer guten oder schönen Gestalt zu verhelfen. So dienten die angemeldeten Dienstleistungen wie "[X.], insbesondere im biomedizinischen Bereich; Design; Medizinische Dienstleistungen; technische [X.] usw." dazu, durch z. B. chirurgische Eingriffe die Gestalt oder Form der Patienten zu verbessern bzw. verschönern. Gleiches gelte für die angemeldeten Waren "chirurgische Implantate", auch diese dienten einer "[X.] forma", also einer guten oder schönen Gestalt, einer guten oder schönen Form.

9

Abbildung

Gegen diesen Beschluss hat der Anmelder am 14. Juli 2010 Beschwerde gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 [X.] eingelegt.

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 2. Juli 2010 aufzuheben.

Der Anmelder hält seine Marke vor allen Dingen deswegen für unterscheidungskräftig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], weil er die Marke für computer-unterstützte Dienstleistungen im Bereich der ästhetischen Chirurgie benutzen will und diese Dienstleistungen - aus der Sicht des Anmel[X.] - auf dem einschlägigen Markt einmalig sind. Diese Einzigartigkeit der Dienstleistungen, für die die Marke benutzt werden soll, begründet nach Meinung des Anmel[X.] die Unterscheidungskraft. Weiter meint der Anmelder, die im angemeldeten Zeichen enthaltene Wortkombination sei kein geläufiger oder lexikalisch nachweisbarer Begriff. Ähnliche Kombinationen ("[X.] vita", "[X.] beta", "[X.]", "[X.] fama") seien schon ins Markenregister eingetragen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Markenstelle für [X.] dem Anmeldezeichen die Eintragung versagt, weil dieser die Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] entgegenstehen.

Die Wortbestandteile der angemeldeten Marke "[X.]" können für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen als eine beschreibende Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dienen und sind deswegen nicht schutzfähig. Nach dieser Vorschrift - die auch auf Wort-Bild-Marken Anwendung findet (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Auflage 2012, § 8 Rdn. 421) - dürfen Marken nicht eingetragen werden, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, für welche die Eintragung beantragt wird. Unter "sonstige Merkmale" sind dabei alle für die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf die fraglichen Waren in irgendeiner Weise bedeutsamen Umstände zu verstehen (vgl. [X.], 231, 233 - [X.]; [X.], 1093,1094 – [X.]; [X.], 813, 814 - CHANGE).

Der Wortbestandteil des als Wort-Bild-Marke angemeldeten Zeichens stammt aus dem [X.] und lässt sich – wie auch der Anmelder nicht bestreitet – mit "gute oder schöne Form, gute oder schöne Gestalt" in die [X.] Sprache übersetzen (vgl. [X.], Wörterbuch für Schule und Studium, [X.] – [X.]: "forma" = Form, Gestalt, Figur, schöne Gestalt, Schönheit; [X.].: "bonus, -a, -um" = "gut, vortrefflich, hübsch, schön", aber auch: "günstig, gesund"). Diese Kombination von Adjektiv und Nomen ist grammatikalisch korrekt gebildet.

Sie kann nach ihrem begrifflichen Sinngehalt als beschreibende Sachangabe für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen. Die "chirurgischen Implantate" der [X.] können selbst eine gute, günstige Form haben und deswegen ihre medizinischen bzw. technischen Funktionen beson[X.] gut erfüllen. Sie können auch den damit behandelten Menschen zu einer schönen äußeren Gestalt verhelfen. Die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 42 und 44 können sämtlich der plastischen Chirurgie dienen, sei es, indem nach neuen Technologien geforscht wird, ein neues Design für Implantate entwickelt wird, die Ausgangssituation eines chirurgischen Eingriffs analysiert wird, Hard- und Software für technische Computer-basierte Planungen für plastische oder ästhetische Operationen entwickelt werden oder alle medizinischen Dienstleistungen angeboten werden, die im Zusammenhang mit der plastischen Chirurgie erforderlich sein können.

Als eine beschreibende Sachangabe in diese Sinne ist die [X.] Wortfolge "[X.]" für alle hier angesprochenen Verkehrskreise verständlich. Diese Verkehrskreise setzen sich zusammen aus den medizinischen Fachkreisen und den weiteren, nicht fachkundigen Verkehrskreisen. Für die medizinischen Fachkreise gehört [X.]isch in [X.]land noch immer zu den Fachsprachen, so dass bei diesem Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Verständlichkeit der Wort-Bild-Marke ohne weiteres vorausgesetzt werden kann. Aber auch bei den nicht fachkundigen Verkehrskreisen kann davon ausgegangen werden, dass sie "[X.]" im Sinne einer guten, schönen Form verstehen werden. Das [X.] Adjektiv "[X.]" ist ein Bestandteil des stehenden Begriffs "[X.] fide" - guten Glaubens - und ist in seiner männlichen Form "bonus" jedermann aus wirtschaftlichen oder finanziellen Zusammenhängen als die Bezeichnung von etwas Vorteilhaftem bekannt. Im übrigen kennen weite Kreise das ursprünglich [X.] "bonus, [X.], bonum" durch dessen Ableitungen in den [X.] Sprachen. Das gilt insbesondere für das [X.] "bon, bonne", z. B. in dem Gruß "[X.]", aber auch für das [X.] "buona" und das [X.] "bien". Das [X.] Wort Form leitet sich erkennbar von dem [X.]n Wort "forma" ab und hat dieselbe Bedeutung wie dieses.

Die Argumente des Anmel[X.] widerlegen diese markenrechtlichen Feststellungen nicht. Dass sich die [X.] Wortfolge "[X.] forma" in keinem Wörterbuch nachweisen läßt, ist nur ein Indiz dafür, dass es sich um keine stehende Redewendung handelt. Im übrigen bleibt es dabei, dass es sich um eine sprachregelmäßig gebildete Wortfolge handelt, die inhaltlich einen traditionellen Sinn gibt, der zur Beschreibung der von dem Anmelder für seine Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann. Wörterbücher erfassen in der Regel nur die einzelnen Wörter einer Sprache und stehende Redewendungen, nicht dagegen jede Verbindung der einzelnen Wörtern - hier einem Hauptwort und einem darauf bezogenen Eigenschaftswort - die in der entsprechenden Sprache möglich wäre.

Auch gänzlich neugebildete Wortfolgen können als beschreibende Angaben [X.]. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dienen und deswegen nicht schutzfähig sein, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres als Sachhinweis in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen erkannt und aufgefaßt werden (vgl. [X.], [X.], 411, 413 - Matratzen [X.]/ [X.]; [X.], [X.], 1047, 1049 - [X.], [X.]; [X.], 735, 736 - Test it). Das ist hier der Fall, wie der Senat dargetan hat.

Als beschreibende Sachangabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] kann die angemeldete Marke auch nicht die von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] geforderte Unterscheidungskraft entfalten. Denn der Verkehr wird in der Wortfolge "[X.]" nur eine Beschreibung sehen, aber kein markenrechtliches Herkunftszeichen, mit dem gerade die betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen des Anmel[X.] aus dessen Unternehmen unterschieden werden soll von der Herkunft gleicher Waren und Dienstleistungen aus den Unternehmen anderer.

Die mögliche Einzigartigkeit der von dem Anmelder im Bereich der ästhetischen Chirurgie angewandten Verfahren kann nicht die von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] geforderte Unterscheidungskraft begründen. Das Markenrecht befaßt sich mit Marken, nicht mit technischen Erfindungen. Selbst wenn das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen so gefaßt worden wäre, daß dadurch die geplanten technischen Verfahren offenbart würden, hätte das keine Bedeutung für das markenrechtliche Anmeldeverfahren, in dem nur die markenrechtlichen Vorschriften zur Anwendung kommen. Danach kann ein Zeichen, das - wie hier - dazu geeignet ist, die Beschaffenheit oder die Zweckbestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen unmittelbar zu beschreiben, nicht in das Register eingetragen werden.

Auch die graphische Gestaltung der angemeldete Marke macht diese nicht unterscheidungskräftig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Die Marke besteht - wie ein reine Wortmarke auch - nur aus zwei Wörtern. Die graphische Gestaltung der Marke beschränkt sich auf die graphische Gestaltung der einzelnen Buchstaben in einer einheitlichen Type in der Farbe Braun. Der Gesamteindruck dieser Gestaltung mag dem Verkehr ansehnlich und gefällig vorkommen, geht aber nicht über die bekannten und üblichen Typen für Buchstaben hinaus, bewegt sich also im Rahmen des Üblichen. Dies reicht nicht aus, um die angemeldete Marke nur durch ihre graphische Gestaltung und unabhängig von den - für sich genommen nicht schutzfähigen - Wortbestandteilen unterscheidungskräftig zu machen.

Schließlich kann der Anmelder aus dem Umstand, dass aus seiner Sicht vergleichbare Begriffe als Marken eingetragen wurden, keine Rechte herleiten. Die Markenstelle hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass Eintragungen identischer oder vergleichbarer [X.]r Marken keine verbindliche Bedeutung für die Prüfung später angemeldeter Marken haben. Sowohl die Markenstelle als auch das Gericht sind kraft Gesetzes dazu verpflichtet, jede Anmeldung nur darauf zu prüfen, ob die angemeldete Marke nach dem geltenden Markenrecht schutzfähig ist oder nicht. Dabei handelt es sich um eine reine Rechtsfrage, bei deren Beantwortung weder für die Markenstelle noch für das Gericht Ermessensspielräume bestehen (st. Rspr.: vgl. z. B. [X.], [X.] 1963, 524 - [X.]; [X.], 454, 456 - [X.]; [X.], 1055 - Datenverarbeitungsprogramme als Ware; [X.], 1989, 420, 421 - [X.]; [X.], 410, 411 - [X.]; [X.] 1997, 527, 529 - [X.]; [X.] 1998, 248, 249 - Today; [X.] 2008, 1093, 1095 - [X.], so auch [X.] z. B. [X.] 2009, 667 - [X.]).

Meta

24 W (pat) 530/10

17.04.2012

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.04.2012, Az. 24 W (pat) 530/10 (REWIS RS 2012, 7240)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7240

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