Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.10.2011, Az. 27 W (pat) 155/10

27. Senat | REWIS RS 2011, 2306

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "KONSENSUSKONFERENZ IMPLANTOLOGIE TÄTIGKEITSSCHWERPUNKT IMPLANTOLOGIE (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 306 70 561.3

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 18. Oktober 2011 durch [X.] [X.], [X.] und die Richterin Werner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Anmeldung der Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

für die Dienstleistungen

3

„Durchführung von Seminaren, Workshops (Ausbildung) und Curricula (Ausbildung) über oral-implantologische oder zahnärztliche Themen; Organisation und Durchführung von Prüfungen zur Erlangung des Tätigkeitsschwerpunktes orale Implantologie (Ausbildung)“

4

hat die [X.]stelle für Klasse 42 des [X.] mit zwei Beschlüssen vom 24. April 2009 und vom 27. Juli 2010, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Erinnerungsbeschluss ausgeführt, die angemeldete Wort-/Bildmarke enthalte die allgemein verständlichen [X.] „[X.] [X.]“ und „[X.] [X.]“. In einer Konsensuskonferenz erzielten die Teilnehmer in einer Diskussion eine Einigkeit (Konsens) bei strittigen Fragen. Dabei sei dieser Begriff gerade in der Medizin gebräuchlich, um auf Konferenzen Leitlinien und Curricula über Behandlungsmethoden zu erarbeiten, wie sich aus dem Beschluss beigefügten Anlagen ergebe.

5

Das Publikum verstehe die angemeldete Marke im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen als Hinweis auf deren Gegenstand und inhaltliche Ausrichtung, nämlich auf eine Konferenz, die der Erzielung eines Konsensus auf dem Gebiet der Implantologie diene bzw. eine Konsensuskonferenz, die den Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie betreffe.

6

Im Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen „Durchführung von Seminaren, Workshops (Ausbildung) und Curricula (Ausbildung) über oral-implantologische oder zahnärztliche Themen“ beschreibe die angemeldete Marke, dass diese als Fortbildungsmaßnahmen durchgeführt würden. Gleiches gelte im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen „Organisation und Durchführung von Prüfungen zur Erlangung des Tätigkeitsschwerpunkts orale Implantologie (Ausbildung)“. Eine Konsensuskonferenz diene gerade dazu, einheitliche Standards festzulegen und damit in diesem Sinne auch der Organisation und Durchführung von Prüfungen auf einen solchen Standard. Solche Prüfungen erlaubten den Teilnehmern, eine Qualifikation auf dem Gebiet der oralen Implantologie zu erwerben, welche dem allgemeinen Konsensus entspreche. Insoweit deckten bzw. überlappten sich die beanspruchten Dienstleistungen mit den Dienstleistungen einer Konsensuskonferenz.

7

Auch die graphische Ausgestaltung der angemeldeten Marke begründe die Schutzfähigkeit nicht. Sie bestehe darin, dass innerhalb einer schwarzen Umrandung, die leicht schattiert unterlegt sei, oben die Wörter „[X.] [X.]“ und unten die Wörter „[X.] [X.]“ in einer werbeüblichen Schrift dargestellt seien. An einfache und gebräuchliche graphische Gestaltungen oder Verzierungen des [X.], die lediglich die Gesamtbezeichnung unterstrichen oder hervorhöben, ohne dieser etwas Neues hinzuzufügen, seien die angesprochenen Verkehrskreise gewöhnt. Bei der angemeldeten Marke diene sie lediglich als werbegraphisch gewöhnliches Ausschmückungs- und Blickfangmittel.

8

Auch die in der Mitte wiedergegebenen Wort-/Bildbestandteile „[X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.]“ führten nicht zur Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens. Diese Bestandteile seien klein und unscheinbar angebracht, so dass sich das Publikum daran nicht als Kennzeichen orientieren werde. Durch die gewählte Größe dieser Bestandteile und den Umstand, dass es sich um insgesamt fünf unterschiedliche, aber ähnlich kleine [X.] handle, die ohne einen Bezug zueinander nebeneinander stünden, sei deren Wahrnehmung stark eingeschränkt. Es handle sich um [X.], die in der Gesamtheit des Zeichens untergingen. Die beiden weiteren Schriftzüge zögen durch ihre Positionierung und Größe die alleinige Aufmerksamkeit auf sich. Dies werde noch zusätzlich dadurch unterstützt, dass der Verbraucher daran gewöhnt sei, dass solche Hinweise auf Konsensuskonferenzen oder Veranstaltungen Miniaturen enthielten, welche beispielsweise die Veranstalter oder Sponsoren der Konferenz darstellten, wie sich aus einer dem Beschluss beigefügten Anlage ergebe. Dies trage noch weiter dazu bei, dass diese Miniaturen in der Gesamtheit des Zeichens untergingen und nicht gesondert wahrgenommen würden.

9

Das angemeldete Zeichen könne daher die Funktion einer Marke als Unterscheidungsmittel nicht erfüllen, da die einzigen schutzfähigen Bestandteile klein und unscheinbar angebracht seien, so dass man ohne besondere Aufmerksamkeit und analysierende Betrachtungsweise in dem angemeldeten Zeichen keine Marke sehe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt,

die Beschlüsse der [X.]stelle für Klasse 42 des [X.] vom 24. April 2009 und vom 27. Juli 2010 aufzuheben.

Er hält die angemeldete Marke wegen der in der Mitte wiedergegebenen Wort-/Bildbestandteile für unterscheidungskräftig. Diese Bestandteile seien nicht so klein und unscheinbar, dass der Verbraucher sie nicht als Wort-/Bildbestandteile erfasse. Sie machten etwa ein Drittel der Gesamtmarke aus und fielen neben den anderen [X.]n blickfangmäßig auf.

In Bezug auf die Dienstleistungen „Durchführung von Seminaren und Workshops (Ausbildung)“ hätte generell die Schutzfähigkeit nicht negiert werden dürfen, denn in Bezug auf diese Dienstleistungen sei in den Kennzeichnungselementen „[X.] [X.]“ und „[X.] [X.]“ kein Sachhinweis auf den Gegenstand der Dienstleistungen zu sehen.

Als eigenständige Wortschöpfung sei die Kombination „[X.] [X.]“ unterscheidungskräftig. Unterscheidungskraft komme der Marke jedenfalls in ihrer Gesamtheit zu.

II.

1. Da der Anmelder eine mündliche Verhandlung nicht beantragt hat und diese nach Wertung des Senats auch nicht sachdienlich gewesen wäre, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, ohne dem Anmelder den beabsichtigten Termin zur Beschlussfassung zuvor mitzuteilen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs gebietet es lediglich, Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zu geben, Stellungnahmen zum Sachverhalt abzugeben, ihre Auffassung zu Rechtsfragen darzulegen sowie Anträge zu stellen. Dies hat der Anmelder getan.

2. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil einer Registrierung der angemeldeten Marke das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegensteht.

Unterscheidungskraft im Sinn dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Dienstleistungen abzustellen ist.

Kann einer Marke ein für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich um einen gebräuchlichen Begriff der [X.] oder einer Fremdsprache, der stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so liegt keine Unterscheidungseignung und damit Unterscheidungskraft vor ([X.] 2004, 30 - [X.]). Bei [X.], die aus Wort- und Bildbestandteilen kombiniert sind, hat sich die Prüfung der Schutzfähigkeit darauf zu erstrecken, ob die Marke in ihrer Gesamtheit den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt (vgl. [X.] 2001, 397 - antiKALK).

Ausgehend von diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit für sämtliche beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft, da sie bezüglich dieser Dienstleistungen einen ohne weiteres erkennbaren beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, der dazu führt, dass das angemeldete Zeichen nicht als Marke verstanden wird, und die graphische Ausgestaltung dies nicht überwindet.

Die [X.] „[X.] [X.]“ und „[X.] [X.]“ sind nicht unterscheidungskräftig, da das Publikum diese Wörter in dem von der [X.]stelle aufgezeigten Sinn verstehen wird. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen wird das Publikum diesen Wörtern lediglich den Hinweis auf deren Gegenstand und inhaltliche Ausrichtung entnehmen, nämlich auf eine Konferenz, die der Erzielung eines Konsensus auf dem Gebiet der Implantologie dient bzw. eine Konsensuskonferenz, die den Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie betrifft. Dass der Begriff „[X.]“ gerade auf dem medizinischen Gebiet beschreibend verwendet wird, belegen die dem Erinnerungsbeschluss beigefügten Anlagen.

Auch die graphische Ausgestaltung vermag die Schutzfähigkeit der Wortelemente nicht zu begründen. Zwar kann ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis durch eine besondere bildliche oder graphische Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger [X.] erreicht werden. An diese Ausgestaltung sind aber umso größere Anforderungen zu stellen, je kennzeichnungsschwächer die fragliche Angabe ist ([X.], 1153 - antiKALK). Einfache graphische Gestaltungen oder Verzierungen des [X.], an die das Publikum gewöhnt ist, vermögen in der Regel den beschreibenden Charakter einer Angabe nicht zu beseitigen ([X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 8 Rn. 127).

Die verwendete mehrzeilige Schreibweise der [X.] in Großbuchstaben und einer üblichen Schriftart umrahmt von einem schwarzen Rechteck sind einfache graphische Gestaltungsmittel, an die das Publikum gewöhnt ist. Dies gilt entgegen der Auffassung des Anmelders auch für die zwischen den [X.]n nebeneinander angeordneten fünf Wort-/Bildbestandteile, die das hier angesprochene Fachpublikum lediglich als einen werbeüblichen Hinweis auf die Veranstalter oder Sponsoren der beanspruchten Dienstleistungen verstehen wird. Für ein entsprechendes Verständnis und die Üblichkeit entsprechender Bildbestandteile, spricht insbesondere die dem Erinnerungsbeschluss beigefügte Anlage 3, auf der vergleichbare Wort-/Bildbestandteile abgebildet sind.

Die graphische Ausgestaltung ist damit nicht geeignet, den beschreibenden Charakter der Wortelemente zu überwinden und der Marke in ihrem Gesamteindruck die Eignung zur Unterscheidung der betrieblichen Herkunft der mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen zu verleihen.

Ob einer Registrierung auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, kann dahinstehen.

Meta

27 W (pat) 155/10

18.10.2011

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.10.2011, Az. 27 W (pat) 155/10 (REWIS RS 2011, 2306)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2306

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