Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2018, Az. V ZB 93/17

V. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 10517

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[X.]:[X.]:BGH:2018:190418BVZB93.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 93/17
vom

19. April 2018

in der Zwangsversteigerungssache

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 19.
April 2018
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch
und Dr.
Brückner, [X.]
Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 1, zu 2 und zu 4 gegen den Beschluss der 4.
Zivilkammer des [X.] vom 16.
März 2017 werden zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 289.000

Beteiligten zu

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 3 (Gläubigerin) betreibt aus der in der Abteilung III Nr. 1 n-gen die Zwangsversteigerung des eingangs genannten, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, das
im hälftigen Miteigentum der Beteiligten zu 1 und 2 In dem ersten Versteigerungstermin am 10.
November 2015 meldete der [X.] zu 4 (Zessionar) Rechte aus einer Vereinbarung vom 22. Oktober 2015 an, 1
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mit der die Schuldner ihre Forderungen und Ansprüche bis zur Höhe von und 2 eingetragenen Grundschulden sowie u.a. die Ansprüche auf Rücküber-tragung und
[X.] an den Zessionar abgetreten hatten. Gebote wurden in diesem Termin nicht abgegeben.

Mit Beschluss vom 4. Oktober 2016 wurde ein neuer Versteigerungster-min auf den 15.
November 2016 bestimmt. Dem Zessionar wurde die Termins-bestimmung nicht zugestellt; gleichwohl erschien er zu dem Termin. Auf Antrag des [X.] beschloss das Amtsgericht, dass neben den Einzel-ausgeboten der Grundstücksanteile ein Gesamtausgebot erfolgen sollte. Das m-sowie dem [X.] (Gerichtsk
den Einzelausgeboten auch auf ein Gesamtausgebot geboten wird. Gebote wurden nur auf das Gesamtausgebot abgegeben.

Nach Schluss der Versteigerung hat das Amtsgericht den Beteiligten zu 8 und

e-richt hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldner und des [X.] zurückgewiesen. Mit ihren zugelassenen Rechtsbeschwerden, de-ren Zurückweisung die Gläubigerin beantragt, wollen die Schuldner und der Zessionar die Versagung des Zuschlags erreichen.
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II.

Das Beschwerdegericht sieht die Beschwerde der Schuldner als unbe-gründet an. Zwar seien die Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots gemäß § 83 Nr. 1 [X.] verletzt worden, weil das geringste Gebot für die Einzelausgebote nicht festgesetzt worden sei. Dies stehe der Erteilung des [X.] gemäß §
84 Abs. 1 [X.] aber nicht entgegen, da das Recht der Schuldner hierdurch nicht beeinträchtigt werde. Es sei mit an Sicherheit gren-zender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Versteigerung bei rich-tiger Feststellung der geringsten Gebote zum gleichen Ergebnis geführt hätte. Die Schuldner könnten sich auch nicht darauf berufen, dass das Amtsgericht nicht zur Abgabe von Geboten auf die gesetzlichen Ausgebotsformen aufgefor-dert habe; sein Vorgehen sei als einheitliche Aufforderung zur Abgabe von Ge-boten auf alle Gebotsarten zu verstehen.

Die Beschwerde des [X.] habe ebenfalls keinen Erfolg. Zwar sei er als Beteiligter im Sinne von § 9 Nr. 2 [X.] anzusehen, weil er die Rechte aus der Abtretung im ersten Termin angemeldet habe. Infolgedessen hätte ihm die [X.] gemäß § 43 Abs. 2 [X.] zugestellt werden müssen. Aber auch insoweit stehe § 84 Abs. 1 [X.] einer Versagung des Zuschlags [X.]. Eine Aussicht auf Befriedigung aus dem Grundstück habe nicht [X.], weil der Wert der Grundschuld weit über und das [X.] weit unter dem Verkehrswert gelegen habe. Darauf, dass ihm der Beschluss über die Festsetzung des Verkehrswerts nicht zugestellt worden sei, könne der [X.] die Zuschlagsbeschwerde nicht stützen, da er gegen die [X.] als solche keine Einwände erhebe.
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III.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Die Rechtsbeschwerde der Schuldner hat keinen Erfolg.

a) Im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei bejaht das Beschwerdegericht ei-nen Zuschlagsversagungsgrund im Sinne von § 83 Nr. 1 [X.]. Nach dieser Be-stimmung ist der Zuschlag unter anderem dann zu versagen, wenn eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots verletzt worden ist. Ein solcher Verfahrensfehler ist dem Amtsgericht unterlaufen. Nachdem es ge-mäß § 63 Abs. 2 Satz 1 [X.] beschlossen hatte, dass neben den [X.] (§
63 Abs. 1 [X.]; vgl. Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2014 -
V
ZB 181/12, [X.] 2014, 257 Rn. 9 mwN) ein Gesamtaus-gebot erfolgen sollte, hätte für jede Ausgebotsart ein gesondertes geringstes Gebot festgestellt werden müssen (vgl. [X.], [X.], 6.
Aufl., § 63 Rn. 12). Das ist unterblieben, da nur ein einheitliches geringstes Gebot festgestellt wor-den
ist.

b) Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des [X.], dass der Zuschlagsversagungsgrund der Versagung des Zuschlags gemäß § 84 Abs. 1 Alt. 1 [X.] nicht entgegensteht, weil das Recht der Schuldner nicht beeinträchtigt wird. Richtig ist zwar, dass positiv [X.] muss, dass es an
einer Beeinträchtigung fehlt, weshalb eine Heilung schon bei der Möglichkeit einer Beeinträchtigung ausscheidet. Aber eine solche positive Feststellung trifft das Beschwerdegericht. Es nimmt -
gestützt auf das Verhältnis des festgestellten geringsten Gebots zu dem [X.] -
sogar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an, dass die Versteigerung zum 6
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gleichen Ergebnis geführt hätte, wenn das geringste Gebot auch für jedes [X.] festgestellt worden wäre. Den Maßstab für seine Überzeugungs-bildung hat das Beschwerdegericht daher nicht verkannt.

2. Die Rechtsbeschwerde des [X.] ist ebenfalls unbegründet.

a) Auch insoweit rechtsfehlerfrei nimmt das Beschwerdegericht einen Zuschlagsversagungsgrund im Sinne von § 83 Nr. 1 [X.] an,
weil die Vorschrift des §
43 Abs.
2 [X.] verletzt ist. Dieser Bestimmung zufolge muss der Verstei-gerungstermin unter anderem dann aufgehoben werden, wenn nicht vier [X.] vor dem Termin allen Beteiligten, die schon zur [X.] der Anberaumung des Termins dem
Gericht bekannt waren, die [X.] zugestellt ist. Danach musste der Beschluss, mit dem der zweite Versteigerungstermin be-stimmt wurde, dem Zessionar zugestellt werden; dieser hatte nämlich infolge der Anmeldung seiner Ansprüche in dem ersten Versteigerungstermin am 10.
November 2015 gemäß §
9 Nr. 2 [X.] die Stellung eines Beteiligten erlangt.

b) Nicht zu beanstanden ist auch die weitere Annahme des [X.], wonach der Zuschlagsversagungsgrund der Erteilung des Zuschlags gemäß §
84 Abs. 1 Alt. 1 [X.] nicht entgegensteht, weil das Recht des [X.]s nicht beeinträchtigt wird.

[X.]) Dies gilt zunächst, soweit das Beschwerdegericht davon ausgeht, dass auch bei rechtzeitiger Zustellung der [X.] kein (abgetrete-ner) Anspruch auf [X.] bestanden hätte. Angesichts der Hö-
wenn ein Gebot den Verkehrswert (431.000

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schritten hätte, und ein derartiges Ergebnis sei, so meint das Beschwerdege-richt, angesichts des erst im zweiten Termin erzielten, weit unter dem Ver-kehrswert liegenden [X.]s (289.000

Wahrscheinlichkeit als ausgeschlossen anzusehen. Die hiergegen erhobenen Einwände sind unbegründet.

(1) Die Ansicht der Rechtsbeschwerde, es stehe nicht fest, in welcher Höhe die Grundschuld valutierte, ist nicht nachvollziehbar. Nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 1
Satz 1 ZPO) belief sich die gesicherte Forderung auf 447.712,02

(2) Auch die weitere Überlegung, der Zessionar müsse die Verkehrswert-festsetzung in diesem Zusammenhang nicht gegen sich gelten lassen, weil ihm der Beschluss über die Verkehrswertfestsetzung nicht zugestellt worden sei, verhilft der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg.

(a) Im Grundsatz richtig ist allerdings, dass die Verkehrswertfestsetzung gegenüber dem Zessionar nicht formell
rechtskräftig geworden ist (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 7. Dezember 2017 -
V [X.], NJW-RR 2018, 140 Rn. 6), weil eine an ihn gerichtete Zustellung unterblieben ist. Diese war erfor-derlich, weil der Beschluss über die Verkehrswertfestsetzung auch
denjenigen Beteiligten zuzustellen ist, die die Beteiligtenstellung -
wie der Zessionar -
erst nach Erlass des Beschlusses erlangt haben (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., §
74a Rn. 59; [X.], [X.], 21. Aufl., § 74a Rn.
7.18).

(b) Ob
das Vollstreckungsgericht den Zuschlag erteilen darf, wenn die Verkehrswertfestsetzung nicht formell rechtskräftig geworden ist, ist umstritten. 14
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Nach verbreiteter Ansicht wird dies verneint; der Zuschlag müsse gegenüber allen Beteiligten rechtskräftig sein und sei andernfalls gemäß § 83 Nr. 1 [X.] zu versagen ([X.], NJW 1968, 2249; [X.], [X.] 1984, 259; [X.], [X.] 2000, 230, 231
f.; [X.], Rpfleger 1992, 209). Vertreten wird auch, dass die Entscheidung über den Zuschlag
bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft ausgesetzt werden müsse ([X.], Rpfleger 1981, 69). Andere gehen davon aus, dass das Gericht den Zuschlag nach pflichtgemäßem Ermessen erteilen darf ([X.], [X.], 21. Aufl., § 74a Rn.
7.12 und 9.8).

(c) Dass die fehlende formelle Rechtskraft der Verkehrswertfestsetzung einen Zuschlagsversagungsgrund darstellt, kann in dieser Allgemeinheit schon deshalb nicht richtig sein, weil es oft nicht möglich ist, eine rechtzeitige Zustel-lung an alle Beteiligten -
zumal solche, die ihre Rechte erst im [X.] anmelden -
herbeizuführen (so zutreffend [X.], [X.], 21. Aufl., § 74a Rn. 7.12; Löhnig/[X.], [X.], § 74a Rn.
17; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., §
74a Rn. 59). Einer näheren Erörterung dieser Frage bedarf es jedoch nicht. Denn der Zessionar stützt sich allein auf die fehlende Zustellung und erhebt keine konkreten inhaltlichen Bedenken gegen den festgesetzten Verkehrswert, aus denen sich eine Beeinträchtigung seiner Rechte im Sinne von § 84 Abs. 1 [X.] ergeben könnte. Infolgedessen ist das Beschwerdegericht bei seinen Berechnungen zu Recht von dem festgesetzten Verkehrswert aus-gegangen; ebenso wenig musste es den Zuschlag allein wegen der [X.] Zustellung der Verkehrswertfestsetzung versagen.

bb) Ohne Erfolg wendet die Rechtsbeschwerde schließlich ein, das Be-schwerdegericht habe, indem es eine Rechtsbeeinträchtigung verneint habe, Vortrag des [X.] zu den Folgen der unterbliebenen Zustellung der Ter-18
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minsbestimmung unbeachtet gelassen. Danach habe er eigene Gebote abge-ben wollen, die zu einem besseren Versteigerungsergebnis geführt hätten, was jedoch
an dem Verlangen der Gläubigerin nach einer Sicherheitsleistung ge-scheitert sei; wäre ihm die Terminsmitteilung rechtzeitig zugestellt worden, hätte er für eine Sicherheitsleistung gesorgt. Das Beschwerdegericht hat auch unter diesem Gesichtspunkt eine Beeinträchtigung im Sinne von § 84 Abs. 1 [X.] verneint; es hat gemeint, es könne nicht angenommen werden, dass der Zessi-onar, der als Unternehmens-
und Wirtschaftsberater im Wirtschaftsleben [X.], ein weit über dem aktuellen [X.] und dem Verkehrswert liegendes Gebot abgegeben hätte. Diese Erwägungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dass der Zessionar eine wirtschaftlich unsinnige Handlung vor-genommen hätte, um einen von ihm selbst zu finanzierenden [X.] zu [X.], kann als ausgeschlossen angesehen werden. Unabhängig davon ist ein Recht des [X.] schon deshalb nicht beeinträchtigt, weil er ausweislich des Protokolls des Versteigerungstermins kein Gebot abgegeben hat. Deshalb kann er nicht damit gehört werden, dass die Gläubigerin eine Sicherheitsleis-tung verlangt hätte, zumal sie bei zwei anderen [X.] hiervon abgesehen hat.

IV.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde grundsätzlich nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 -
V [X.], [X.], 378 Rn. 7).

Der Gegenstandswert für die Gerichtskosten bestimmt sich nach dem Wert des Zuschlags (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG). Die Wert-20
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festsetzung für die Vertretung der Beteiligten beruht auf § 26 Nr. 1 RVG ([X.] zu 3 und 4), § 26 Nr. 2 RVG (Schuldner)
und § 26 Nr. 3 RVG (Ersteher).

Stresemann Schmidt-Räntsch

Brückner

Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.11.2016 -
6 K 1/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 16.03.2017 -
4 [X.]/17
und 4 T 14/17 -

Meta

V ZB 93/17

19.04.2018

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2018, Az. V ZB 93/17 (REWIS RS 2018, 10517)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10517

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