Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.09.2016, Az. I ZR 232/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4665

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:290916BIZR232.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZR 232/15
vom
29. September 2016
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 29. September 2016 durch [X.]
Dr.
Büscher, [X.]
Kirchhoff, Prof.
Dr.
[X.], Dr.
Löffler und Feddersen

beschlossen:

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Re-vision in dem Urteil des 13.
Zivilsenats des [X.] vom 22.
Oktober 2015 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§
97
Abs.
1 ZPO).
Streitwert: 24

Gründe:
[X.] Der klagende Verein
ist ein
Selbstkontrollorgan der pharmazeutischen Industrie. Zu seinen
satzungsmäßigen Aufgaben gehören
der Schutz und die Stärkung des [X.] für Heilmittel und verwandte Produkte und die Überprüfung der Lauterkeit der Werbung für diese Produkte. Die Beklagte be-fasst sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Lebensmitteln. In ihrem [X.] bewarb sie das Produkt "[X.]" mit Aussagen über eine Beeinflussung des metabolischen Systems, die Stärkung des Immun-systems, die
Steigerung
des HGH-Spiegels
und der Blutwerte, des Immun-systems und allgemein der "Vitalität". Außerdem warb sie auf ihrem [X.]

-
3
-
tritt mit der Abbildung eines Apothekers und seines Teams, verbunden mit der Aussage: "In dieser Apotheke kennt sich jeder gut aus mit [X.]
-
aus eige-ner Erfahrung". Schließlich warb die Beklagte auf der Produktverpackung mit der Angabe "... reguliert nachweislich den Blutzuckerspiegel, was die Gewichts-abnahme begünstigt". Der Kläger hat diese Angaben als Verstoß gegen Vor-schriften der
Verordnung ([X.])
Nr. 1924/2006 über nährwert-
und gesundheits-bezogene Angaben über Lebensmittel
sowie gegen §
12
Abs.
1 Nr.
5 LFGB
aF
beanstandet und die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß
zur Unterlassung [X.]. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen
([X.], [X.], 361). Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten. Mit der [X.] Revision möchte sie ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiterverfolgen.
I[X.] Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern auch im Übrigen keine Entscheidung des Revisionsgerichts (§
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO).
1. Eine Vorlage an den [X.] nach
Art.
267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Oktober 1982

C-283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 -
C.[X.]L.F.[X.]T.). [X.] der Ansicht der Beschwerde stellt sich im Streitfall keine entscheidungs-erhebliche Frage zur
Auslegung des [X.]srechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt ist oder nicht zweifelsfrei zu beant-worten ist.
2
3
4

-
4
-

a)
Entgegen der Ansicht der Beschwerde wirft der Streitfall nicht die grundsätzlich bedeutsame und vom [X.] zu klärende Rechtsfrage auf,
ob gesundheitsbezogene Angaben nach Art.
10
der
Verordnung ([X.])
Nr.
1924/2006 nur für den jeweiligen Nährstoff, die Substanz oder das Lebens-mittel gemacht werden dürfen, für den, die oder das sie zugelassen sind, nicht jedoch für das [X.], das diese enthält.
Es fehlt bereits an der Entscheidungserheblichkeit dieser Frage. Das Be-rufungsgericht hat rechtsfehlerfrei
angenommen, dass der Verkehr die angegrif-fenen Werbeaussagen nicht als inhaltlich gleichbedeutend mit den von der Be-schwerde angeführten, bereits
zugelassenen
Claims
für Fructose und Zink
an-sehen wird. Auf die von der Beschwerde
als grundsätzlich bedeutsam geltend gemachte Frage, ob sich die Beklagte außerdem auch deshalb nicht auf die beiden zugelassenen Claims berufen könne, weil diese auf konkrete [X.] ("Fructose", "Zink") abstellten, während die Werbung der Beklagten allgemein
dem Produkt "[X.]" die beanstandeten Wirkungen beimisst, kommt es im Streitfall also nicht an.
Im Übrigen hat der
Senat bereits entschieden, dass die bloße Angabe einer bestimmten Wirkung ohne Benennung des Nährstoffs, der Substanz, des Lebensmittels oder der Lebensmittelkategorie, auf der diese Wirkung nach der Liste der zugelassenen Angaben beruht, mit der zugelassenen Angabe nicht inhaltsgleich und daher unzulässig ist ([X.], Urteil vom 7.
April 2016

I
ZR
81/15, [X.], 1200
Rn. 36
= [X.], 1359
-
Repair-Kapseln). Nach diesen Grundsätzen sind die streitgegenständlichen Angaben unzulässig, weil diese die [X.] nicht mit Zink oder Fructose in Verbindung bringen. Der Senat hat das von ihm gefundene Auslegungsergebnis als zwei-felsfrei angesehen und deshalb eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäi-5
6
7

-
5
-
schen [X.] nicht für erforderlich gehalten ([X.], [X.], 1200
Rn.
41

-
Repair-Kapseln). Eine Zulassung der Revision zum Zwecke der Durchführung eines [X.] ist auch im Streitfall nicht erforderlich.
b)
Ohne Erfolg meint die Beschwerde
ferner, der Rechtsstreit werfe die klärungsbedürftige und grundsätzlich bedeutsame Frage auf,
ob die [X.] des Art. 28 Abs. 5 und Abs. 6
der
Verordnung ([X.])
Nr.
1924/2006 auch auf solche pflanzlichen Stoffe (sog. "Botanicals") An-wendung finden, die bereits Gegenstand einer Überprüfung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit
waren.
Die Beschwerde
legt bereits nicht dar, dass diese Frage umstritten oder sonst klärungsbedürftig ist. Sie ist vielmehr eindeutig zu verneinen. [X.] wird -
soweit ersichtlich -
weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur vertreten.
Problematisch
ist allenfalls, wie Angaben zu "Botanicals" zu behandeln sind, die bislang von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit
noch nicht
beschieden, sondern deren Prüfung zurückgestellt worden ist (vgl. Erwä-gungsgrund
5 der Verordnung

EU

Nr.
536/2013). Um diese Problematik geht es im Streitfall
jedoch nicht. Das Berufungsgericht hat angenommen, das hier in Rede stehende Sojaeiweiß, aus dem das Produkt "[X.]-Vitalkost" nach den vom Berufungsgericht unterstellten Vortrag der Beklagten
besteht, sei kein "Bo-tanical" im vorstehenden
Sinne. Vielmehr habe die Kommission der Europäi-schen [X.] sämtliche beantragte gesundheitsbezogene Angaben zu Sojapro-tein, Soja und [X.] nicht etwa zurückgestellt, sondern nach Be-wertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit
umfassend abgelehnt und als "[X.]" bezeichnet. Diese Feststellungen greift die Beschwerde
nicht an. Da es sich im
Streitfall mithin nicht um Angaben in Bezug 8
9
10

-
6
-
auf ein zurückgestelltes Produkt handelt, stellt sich auch die Problematik der Anwendbarkeit von [X.] nicht.
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage ist zudem deshalb nicht entscheidungserheblich, weil die konkret angegriffenen Aussagen nicht hinrei-chend wissenschaftlich gesichert und deshalb als irreführende Angaben unzu-lässig sind
(vgl. [X.], Urteil vom 6.
Februar 2013 -
I
ZR
62/11, [X.], 649 Rn.
15
f.
= [X.], 772 -
Basisinsulin
mit Gewichtsvorteil, mwN). Die Beschwerde macht selbst geltend, dass wissenschaftliche Nachweise für [X.] pflanzlicher Stoffe nicht erbracht werden können, weil es technisch un-möglich sei, pflanzliche Lebensmittel derart zu standardisieren, dass an ihnen wissenschaftliche Versuche durchgeführt werden könnten. Die angegriffene Werbung lässt solche Vorbehalte jedoch nicht erkennen, sondern verspricht mehrere gesundheitsfördernde Wirkungen ohne jede Einschränkung.
11

-
7
-
2. Von einer näheren Begründung wird gemäß §
544 Abs.
4 Satz
2 Halb-satz
2 ZPO abgesehen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher
Kirchhoff
[X.]

Löffler
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 31.07.2014 -
7 O 142/13 -

[X.], Entscheidung vom 22.10.2015 -
13 [X.] -

12
13

Meta

I ZR 232/15

29.09.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.09.2016, Az. I ZR 232/15 (REWIS RS 2016, 4665)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4665

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 232/15

13 U 123/14

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