Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.03.2018, Az. X B 44/17

10. Senat | REWIS RS 2018, 12924

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Gegenstand

(Überprüfung der formelle Ordnungsmäßigkeit des Geschäftsverteilungsplans - Revisionszulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 FGO)


Leitsatz

NV: Zur Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsverteilung muss nicht Einsicht in die Originalunterlagen gewährt werden. Es reicht die Möglichkeit zur Einsicht in die Abschriften aus, soweit keine konkreten Zweifel an der Richtigkeit dieser Dokumente vorgebracht worden sind .

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 15. Februar 2017  3 K 252/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und [X.]eschwerdeführer (Kläger) ist seit 1999 Kommanditist der [X.] ([X.]) und Gesellschafter der Komplementär-GmbH, der GmbH. Daneben war sein Vater (V) Gesellschafter der [X.] und der GmbH.

2

Nachdem V dem Kläger und dessen [X.]ruder ([X.]) bereits im Jahr 2006 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Teile seiner [X.]eteiligungen an der [X.] sowie an der GmbH übertragen hatte, übertrug er im Streitjahr 2008 jeweils weitere 24,5 % seiner Anteile an seine beiden Kinder. [X.] verpflichteten sich [X.] und der Kläger, V monatlich eine Versorgungsleistung von jeweils 6.000 €, beginnend ab Juni 2008, zu zahlen. Die notarielle Urkunde über diese Anteilsübertragungen ging dem [X.]eklagten und [X.]eschwerdegegner (Finanzamt --[X.]--) noch im Streitjahr 2008 zu.

3

Die Versorgungsleistungen wurden in der Folgezeit jährlich vom betrieblichen Konto der [X.] an V gezahlt und auf den Verrechnungskonten des [X.] und [X.] hälftig verbucht.

4

Der Kläger machte die Versorgungsleistungen in den von seinem persönlichen Steuerberater erstellten Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2008 bis 2010 nicht geltend. Dieser Steuerberater betreute die [X.] nicht. Die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre berücksichtigten deshalb keine Versorgungsleistungen und wurden bestandskräftig.

5

Im Jahr 2012 beantragte der Kläger die [X.]erücksichtigung der Versorgungsleistungen in den Streitjahren und begehrte die Änderung dieser Einkommensteuerfestsetzungen nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung ([X.]). Da er davon ausgegangen sei, die Erklärungen der [X.] hätten alle in den Streitjahren für ihn relevanten Daten enthalten, treffe ihn kein grobes Verschulden an dem nachträglichen [X.]ekanntwerden der neuen Tatsachen.

6

Das [X.] lehnte die Änderung ab. Einspruchs- und Klageverfahren blieben erfolglos.

7

Das Finanzgericht (FG) sah die Tatsache der Zahlung der Versorgungsleistungen trotz des seit dem Streitjahr 2008 dem [X.] vorliegenden Übergabevertrags als neu an. Das [X.] habe erst durch den Änderungsantrag des [X.] Kenntnis von der Zahlung erhalten. Diese Tatsache sei aufgrund der groben Fahrlässigkeit des [X.] nachträglich bekannt geworden. Schließlich habe der Kläger die entsprechenden Fragen im Erklärungsformular des [X.]s unbeantwortet gelassen, obwohl sie klar und verständlich gefasst gewesen seien. Der Kläger habe deshalb seiner Erklärungspflicht nicht genügt. Die Verwendung des [X.]s ändere hieran nichts. Denn es sei ohne [X.]elang, dass das [X.] keinen vollständigen Ausdruck des [X.], sondern nur Werte und Kennziffern liefere. Schließlich habe der Kläger die Möglichkeit gehabt, sich den amtlichen [X.] am [X.]ildschirm anzeigen zu lassen. Auch hätte der Steuerberater des [X.] den Sachverhalt der Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen (sicherlich) weiter aufgeklärt, hätte der Kläger ihn darüber informiert. Eine möglicherweise gegebene Verletzung der Aufklärungs- oder Fürsorgepflicht durch das [X.] lasse dieses Verschulden des [X.] nicht entfallen.

8

Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung, wegen Divergenz und aufgrund von Verfahrensmängeln.

9

Das [X.] tritt der [X.]eschwerde entgegen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Soweit der Kläger die Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) begehrt, fehlt es bereits an der ordnungsgemäßen Darlegung.

a) Der Kläger hat im Fall der Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen. Dafür ist erforderlich, dass er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hinreichend konkretisiert; nicht ausreichend ist eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Des Weiteren muss die Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darlegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Dazu muss ausgeführt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchem Grunde die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (vgl. nur Senatsbeschluss vom 24. Juni 2014 [X.], [X.] 2014, 1888).

b) Diesen Anforderungen wird der Vortrag des [X.] nicht gerecht.

aa) Der Kläger ist der Ansicht, dass im Rahmen der Revision --wie wohl auch des vorliegenden [X.] klärungsbedürftig und klärbar sei, ob der [X.] die Anfertigung von Kopien zur Überprüfung der ordnungsmäßigen Besetzung des Gerichts verweigern durfte. Dies verkennt den Umfang der vom Senat im Rahmen der Revision bzw. auch schon der Nichtzulassungsbeschwerde zu überprüfenden Rechtsfrage. Anders als vom Kläger angenommen, ist es nicht Aufgabe des [X.] ([X.]) im Rahmen des Revisions- wie auch [X.] diese einzelnen Maßnahmen des [X.]en zu überprüfen.

[X.]) Im Rahmen dieser Verfahren hat der [X.] vielmehr bei entsprechender Rüge, auf die nicht nach § 155 [X.]O i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht verzichtet werden kann ([X.]-Beschluss vom 26. März 2012 I B 109/11, [X.] 2012, 1162, unter II.3.), die Ordnungsmäßigkeit der Besetzung zu überprüfen.

Dies setzt eine schlüssige Rüge des [X.] nach § 119 Nr. 1 [X.]O voraus. Nicht ausreichend ist insoweit, auf Verdacht ohne weitere Aufklärung die unvorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts zu behaupten ([X.]-Urteil vom 23. April 1996 VIII R 70/93, [X.] 1997, 31, unter [X.]). Ist es dem Kläger im Rahmen seiner deshalb nötigen Ermittlungen aufgrund des Verhaltens des [X.]en nicht möglich, diesen Verfahrensmangel zu substantiieren, so hat dies allein zur Folge, dass der [X.] insoweit einen geringeren Maßstab der Darlegung des [X.] genügen lassen muss. Insoweit hat der Senat auch die vom Kläger dargelegte Verweigerung der Anfertigung von Kopien zu beurteilen (vgl. unter [X.]). Eine davon losgelöste Klärung im Rahmen der Revision ist nicht nötig.

2. Eine Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O) ist nicht erforderlich.

a) Eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O setzt voraus, dass das [X.] bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der [X.], das [X.], der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des [X.], ein anderes oberstes [X.]gericht oder ein anderes [X.]. Das [X.] muss seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt. Zur schlüssigen Darlegung einer [X.] nach § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidung sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des [X.] einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung deutlich erkennbar zu machen (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Mai 2012 [X.]57/11, [X.] 2012, 1307, m.w.N.).

b) Eine Divergenzentscheidung liegt dagegen nicht schon vor, wenn ein Gericht von den Rechtsgrundsätzen der [X.]-Rechtsprechung ausgeht und lediglich eine unzutreffende Anwendung der Grundsätze auf den Einzelfall gerügt wird. Es wird dann lediglich ein materiell-rechtlicher nicht zur Revisionszulassung führender Fehler gerügt (vgl. nur [X.]-Beschluss vom 7. Februar 2017 V B 48/16, [X.] 2017, 629, Rz 11). Nur dies ist hier der Fall.

aa) So hat das [X.] auf Seite 11 seines Urteils u.a. auch auf das vom Kläger angeführte [X.]-Urteil vom 10. Februar 2015 IX R 18/14 ([X.]E 249, 195, [X.], 7) Bezug genommen und dargelegt, dass grob fahrlässiges Handeln insbesondere dann vorliege, wenn ein Steuerpflichtiger seiner Erklärungspflicht nur unzureichend nachkomme, indem er unvollständige Steuererklärungen abgebe. [X.] fahrlässig sollen dagegen nach dem [X.]-Urteil in [X.]E 249, 195, [X.], 7 nicht schon Fehler und Nachlässigkeiten sein, die üblicherweise vorkommen und mit denen immer gerechnet werden müsse. Insbesondere bei unbewussten --mechanischen-- Fehlern, die selbst bei sorgfältiger Arbeit nicht zu vermeiden seien, könne grobe Fahrlässigkeit deshalb nicht stets, --aber im [X.] ausgeschlossen sein ([X.]-Urteil in [X.]E 249, 195, [X.], 7, Rz 16, m.w.N.). Dementsprechend geht auch der zweite Leitsatz dieser Entscheidung darauf ein, dass schlichtes Vergessen des Übertrags selbst ermittelter Besteuerungsgrundlagen in die entsprechende Anlage zur Einkommensteuererklärung nicht grundsätzlich grob fahrlässig i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sei.

[X.]) Soweit der Kläger dieses [X.]-Urteil in [X.]E 249, 195, [X.], 7, Rz 15 dagegen als Nachweis für seine Rechtsansicht heranzieht, der [X.] sei nicht so gestaltet gewesen, dass der Kläger den relevanten Sachverhalt hätte leicht und verständlich erfassen können, verkennt er, dass auch dieses [X.]-Urteil ausdrücklich in Rz 19 darauf abstellt, dass es allein auf die tatrichterliche Würdigung, also eine solche des [X.], ankommt.

[X.]) Diese Würdigung des [X.] liegt vor. Die insoweit nötigen Feststellungen hinsichtlich des individuellen Verschuldens des [X.] hat das [X.] getroffen. Sie finden sich im [X.]-Urteil ab Seite 12. So hat das [X.] zum einen festgestellt, dass die Formulierung in den Steuererklärungen klar und verständlich sei. Auch macht es deutlich, dass der Kläger lediglich den Sachverhalt, nicht aber auch die rechtlichen Folgen, darlegen müsse. Schließlich geht das [X.] darauf ein, dass der Kläger steuerlich beraten war und erläutert, warum es deshalb davon ausgeht, der Kläger habe den relevanten Sachverhalt der Zahlungen zur weiteren Überprüfung darzulegen. Dies gelte umso mehr, als der Kläger für seine einkommensteuerliche Beratung einen anderen Steuerberater als die [X.] beauftragt habe.

[X.]) Aus Sicht des Senats tragen diese Feststellungen die Würdigung des [X.], dass der Kläger grob fahrlässig gehandelt habe. Er hätte seinem Berater die [X.] an V offenbaren müssen, damit dieser die steuerrechtliche Bewertung und Prüfung hätte vornehmen können.

ee) Eine Abweichung von den auch im [X.]-Urteil in [X.]E 249, 195, [X.], 7 gemachten Ausführungen ist deshalb nicht erkennbar. Vielmehr wendet sich der Kläger mit seinem Vorbringen allein gegen die materiell-rechtliche Würdigung durch das [X.], was nicht zur Revisionszulassung führen kann.

3. Soweit der Kläger Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O rügt, liegen sie nicht vor.

a) Das Gericht ist entgegen dem [X.] vorschriftsgemäß besetzt gewesen. Die Streitsache ist dem zuständigen Senat des [X.] zugewiesen worden. Der Geschäftsverteilungsplan ([X.]) ist insoweit eindeutig (unter aa). Im Übrigen ist der relevante [X.] ordnungsgemäß zustande gekommen (unter [X.]). Ein Verfahrensmangel des § 119 Nr. 1 [X.]O ist deshalb nicht gegeben.

aa) Der hier zu beurteilende [X.] 2017 regelt in fehlerfreier Art und Weise die Zuweisung der Streitsache.

(1) Vorliegend ist der [X.] 2017, beschlossen mit [X.] vom 21. Dezember 2016, zu beurteilen. Denn für die Frage der ordnungsgemäßen Besetzung des Gerichts ist der im Zeitpunkt der endgültigen Gerichtsentscheidung geltende [X.] maßgebend, nicht der Plan, der bei Eingang der Sache gegolten hat (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Senatsbeschluss vom 12. März 2014 [X.]126/13, [X.] 2014, 1060, Rz 13, m.w.N.). Da das [X.]-Urteil am 15. Februar 2017 gefällt worden ist, ist es deshalb unerheblich, ob es weitere Geschäftsverteilungspläne im Vorjahr 2016 oder nach der Entscheidung im Jahr 2017 gegeben hat.

(2) Der Kläger bringt vor, dass die Zuweisung der Streitsache an den 3. Senat des [X.] nicht eindeutig und zweifelsfrei geregelt sei. Zwar seien Streitigkeiten gegen das [X.] im Rahmen der allgemeinen Zuständigkeit dem 3. Senat des [X.] zugeordnet. Der 1. Senat des [X.] sei jedoch daneben für sonstige Sachen, soweit ein anderer Senat nicht zuständig sei, zuständig. Was unter diesen Streitigkeiten i.S. beider Regelungen gemeint sei, sei nicht eindeutig. Eine besondere Regelung für Einkommensteuersachen existiere in dieser Zuständigkeitsregelung nicht. Dies betreffe auch andere Steuerarten, bei denen keine besondere Zuweisung erfolge.

(3) Anders als vom Kläger angenommen ist die Zuweisung konkret und unmissverständlich gehalten. Beachtet man die im [X.] 2017 dargelegten allgemeinen und besonderen Zuständigkeiten, ist eindeutig erkennbar, dass der 3. Senat für alle Streitigkeiten gegen das [X.] zuständig ist. Lediglich für den Fall, dass eine besondere Zuständigkeit Streitigkeiten gegen dieses [X.] betrifft, kann es zu einer anderen Zuweisung kommen, die dann als Spezialregelung vorginge. Die Zuweisung an den 1. Senat des [X.] ist darüber hinaus die in jedem [X.] vorgesehene Auffangzuständigkeit. Einkommensteuerstreitigkeiten wie hier bedürfen dieser Auffangzuständigkeit nicht und sind auch kein Fall einer besonderen Zuständigkeit. Allein der 3. Senat des [X.] ist also zuständig gewesen. Eine Alternativzuständigkeit anderer Senate ist nicht erkennbar.

[X.]) Dieser [X.] 2017 ist ordnungsgemäß zustande gekommen.

(1) Unabhängig von der Frage, ob der Kläger durch die Darstellung des Verhaltens des Präsidenten des [X.] nach der mündlichen Verhandlung überhaupt eine schlüssige Rüge eines Besetzungsmangels i.S. des § 119 Nr. 1 [X.]O dargelegt hat, hat der Senat die insoweit notwendigen Unterlagen beim [X.] angefordert und diese auf Ordnungsmäßigkeit hin überprüft.

(2) Zwar rügt der Kläger vorliegend [X.] bei der Aufstellung der Geschäftsverteilungspläne der [X.] und 2017. Mit seinen [X.], die wie unter [X.] bereits dargestellt, nur den [X.] 2017 betreffen können, dringt er jedoch nicht durch.

(a) Ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 und § 119 Nr. 1 [X.]O und damit eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf den gesetzlichen [X.] (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes --GG--) liegt nur bei willkürlichen Verstößen gegen diese Verfahrensvorschriften vor. Von Willkür kann nur dann die Rede sein, wenn die Entscheidung sich so weit von dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen [X.]s entfernt hat, dass sie nicht mehr zu rechtfertigen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. nur [X.]-Beschluss vom 13. Januar 2016 I[X.]94/15, [X.] 2016, 581).

(b) Diese vom Kläger angenommene Willkür scheidet hier aus, weil sich hierfür keine Anhaltspunkte aus den vom Präsidenten des [X.] übersandten Unterlagen ergeben. Weitere Unterlagen sind nicht zu überprüfen, da der Kläger insoweit keine substantiierten Einwendungen vorbringt. Er äußert lediglich allgemein gehaltene Vermutungen.

(aa) Das Präsidium des [X.] bestimmt nach § 4 [X.]O i.V.m. § 21e Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes ([X.]) die Besetzung der Spruchkörper. Dies ist durch Beschluss vom 21. Dezember 2016 geschehen. Die Niederschrift über die Sitzung des Präsidiums ist dem Senat übersandt worden. Zweifel an der Richtigkeit dieser Niederschrift bestehen für den Senat nicht.

([X.]) Unerheblich ist, dass weder der vom Präsidium beschlossene [X.] noch die Niederschrift über die Beschlussfassung in der Sitzung und deren Protokollierung von den Mitgliedern des Präsidiums unterschrieben worden sind. § 21e Abs. 9 [X.] als die für die Veröffentlichung des [X.] einschlägige Regelung verlangt eine solche Unterschrift nicht (so auch schon [X.]-Beschluss in [X.] 2016, 581, Rz 7, m.w.N.).

([X.]) Beachtet man also, dass zur Einsicht nur Abschriften und nicht Urschriften des [X.] oder der Protokolle, aus denen sich das Datum der Beschlussfassung ergibt, offen zu legen sind, bedarf es jedenfalls dann, wenn wie hier konkrete Zweifel an dem Wahrheitsgehalt und der Richtigkeit dieser Dokumente nicht vorgebracht worden sind, keiner weitergehenden Überprüfung anhand der Urschriften durch den Senat.

([X.]) Einsicht in die Urschriften kann der Präsident des [X.] zwar aus berechtigtem Anlass auf Antrag gewähren (so auch [X.]-Beschluss in [X.] 2016, 581, Rz 7, m.w.N.). Vorliegend vermag der Senat einen solchen Anlass nicht zu erkennen. Auch aus den Ausführungen des [X.] ergibt sich für den Senat kein Grund, die Urschriften anzufordern. Erkennbar kommt es dem Kläger lediglich darauf an, eine umfassende Prüfung vorzunehmen, um ggf. bestehende Fehler beim Verfahren der Aufstellung des relevanten [X.] zu entdecken. Eine reine Verdachtsprüfung widerspricht aber den dargestellten Regelungen zur Offenlegung des [X.] nach § 21e Abs. 9 [X.].

(ee) Auch ist zu beachten, dass [X.] bei der Aufstellung des [X.] nicht gerügt werden können, soweit die Verfahrensvorschriften nur der Vorbereitung der Willensbildung des Präsidiums dienen. Auch führen Verstöße bei der Willensbildung selbst nur dann zu einer fehlerhaften Besetzung, wenn sie auf Willkür beruhen (vgl. nur Lückemann in [X.], Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 21e [X.], Rz 51). Eine solche Willkür ist nicht erkennbar und auch nicht vorgebracht worden, da der Kläger lediglich eine allgemeine Fehlermöglichkeit rügt.

(c) Der [X.] enthält die Zuweisungen der [X.] zu den Senaten, so dass sich gesonderte Zuweisungsbeschlüsse erübrigen. Der Mitwirkungsplan des zuständigen 3. Senats des [X.] weist ebenfalls keine formellen Fehler auf.

b) Die vom Kläger gerügte Gehörsverletzung liegt zum einen schon deshalb nicht vor, weil ein solcher Verfahrensmangel des Gerichts nach der mündlichen Verhandlung, in der ein Endurteil verkündet worden ist, nicht möglich ist (unter aa). Ansonsten wäre die Gehörsverletzung jedenfalls nach Übersendung der vom Präsidenten des [X.] überreichten Unterlagen zur Geschäftsverteilung an den Kläger zur Stellungnahme nicht mehr gegeben (unter [X.]).

aa) Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach § 96 Abs. 2 [X.]O, Art. 103 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit [X.] des Vorbringens auseinanderzusetzen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Senatsbeschluss vom 25. April 2016 [X.]134/15, [X.] 2016, 1286, m.w.N.). Rechtliches Gehör muss deshalb, wenn es seinen Zweck erfüllen soll, vor der abschließenden Überzeugungsbildung des Gerichts gewährt werden (vgl. nur Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 96 Rz 197). Deshalb geschieht dies in der mündlichen Verhandlung ([X.]-Beschluss vom 3. November 2010 I B 104/10, [X.] 2011, 809, unter 1.a, m.w.N.). Darüber hinaus besteht aus dem gleichen Grund ein Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs noch nach Schluss der mündlichen Verhandlung bis zur Verkündung oder Zustellung des Urteils oder bei Verzicht auf eine mündliche Verhandlung bis zum Absenden der Urteilsausfertigungen (vgl. [X.]-Beschluss vom 18. September 2001 XI B 100/99, [X.] 2002, 356).

Die Beteiligten hatten auf mündliche Verhandlung verzichtet. Da jedoch die vom Kläger gerügten Handlungen des [X.]en nach dem Absenden der Urteilsausfertigungen lagen, scheidet eine Gehörsverletzung des [X.] aus.

[X.]) Unabhängig hiervon wäre das rechtliche Gehör des [X.] auch deshalb nicht (mehr) verletzt, weil ihm im Rahmen des vorliegenden [X.] ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt und ihm auch hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit des [X.] rechtliches Gehör verschafft worden ist. Denn durch die Übersendung der dem Senat vom Präsidenten des [X.] zur Verfügung gestellten und in Bezug auf die Überprüfung der Richtigkeit der Geschäftsverteilung ausreichenden Unterlagen ist diesem Klägerverlangen Genüge getan worden. Der Kläger hat nicht nur diese (nachträgliche) Gelegenheit erhalten, die Unterlagen zu kopieren, sondern auch Stellung zu nehmen.

c) Wenn der Kläger rügt, das [X.] habe sich nicht mit den individuellen Voraussetzungen des [X.] im Zusammenhang mit dem Erkennen der steuerlichen Folgen beschäftigt, macht er geltend, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen.

aa) Der Verfahrensmangel nach § 119 Nr. 6 [X.]O liegt nur vor, wenn die Urteilsgründe ganz oder zum Teil fehlen und sie den Prozessbeteiligten keine Kenntnis darüber vermitteln, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht. Dies erfordert nicht, dass jedes Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen erörtert werden müsste; vielmehr liegt dieser Verfahrensmangel erst dann vor, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Dagegen ist ein dahingehender Verfahrensmangel nicht gegeben, wenn noch zu erkennen ist, welche Überlegungen für das Gericht maßgeblich waren ([X.]-Urteil vom 18. August 2016 VI R 18/13, [X.]E 255, 58, [X.], 730, Rz 12, m.w.N.).

[X.]) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das [X.] sein Urteil ausreichend begründet. Denn das [X.] hat auf Seite 12 seines Urteils dargelegt, dass der Kläger die Frage nach den als Sonderausgaben abziehbaren Versorgungsleistungen unbeantwortet hat und damit seiner Erklärungspflicht nicht genüge getan habe. Dieses grobe Verschulden, so das [X.] auf Seite 13 f. seines Urteils, lasse weder das Erstellen der Steuererklärung durch das [X.] noch eine möglicherweise gegebene Aufklärungs- und Fürsorgepflichtverletzung des [X.] entfallen.

[X.]) Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die Begründung, was der Senat unter I[X.]b [X.] für den vorliegenden Fall dargetan hat, (ansonsten) insgesamt überzeugend ist. Einem Urteil fehlt es nämlich nicht bereits deshalb an Gründen, wenn die Begründung nicht den Erwartungen eines Beteiligten entspricht, sie lückenhaft und rechtsfehlerhaft ist ([X.]-Beschluss vom 26. Februar 2010 VIII B 17/08, [X.] 2010, 1083, Rz 15).

4. Soweit der Kläger im Übrigen vorbringt, die von ihm verlangten Änderungen der Einkommensteuerfestsetzungen könnten im Rahmen der notwendigen, aber vom [X.] bewusst nicht vorgenommenen Umsetzung vorliegender Feststellungsmitteilungen geschehen, verkennt er zum einen den Streitgegenstand des vom [X.] zu beurteilenden Verfahrens. Vorliegend hatte das [X.] allein über seinen Änderungsantrag aus dem [X.] zu entscheiden. Zum anderen läge, folgte man der Rechtsansicht des [X.], dass diese Feststellungen zu berücksichtigen seien, hierin die Geltendmachung von materiell-rechtlichen Fehlern. Das Gleiche gilt, soweit der Kläger die Unterstellung eines fehlerhaften Sachverhalts annimmt.

Eine Zulassung der Revision wegen fehlerhafter Rechtsanwendung oder fehlerhafter Sachverhaltswürdigung durch das [X.] kommt aber nur bei offensichtlichen materiellen oder formellen Fehlern des [X.] i.S. einer objektiv willkürlichen und unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbaren Entscheidung in Betracht (vgl. hierzu z.B. [X.]-Beschluss vom 19. März 2014 XI B 144/13, [X.] 2014, 1064, m.w.N.).

Diese sind hier nicht erkennbar und im Übrigen auch vom Kläger nicht geltend gemacht worden.

5. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

6. Von der Darstellung des Tatbestands und einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O ab.

Meta

X B 44/17

05.03.2018

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 15. Februar 2017, Az: 3 K 252/16, Urteil

Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 21e Abs 1 S 1 GVG, § 21e Abs 9 GVG, § 4 FGO, § 96 Abs 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 119 Nr 1 FGO, § 119 Nr 6 FGO, § 155 FGO, § 173 Abs 1 Nr 2 AO, § 295 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.03.2018, Az. X B 44/17 (REWIS RS 2018, 12924)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12924

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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