Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.01.2010, Az. I B 83/09

1. Senat | REWIS RS 2010, 10508

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Mitwirkung von Richtern an der Gerichtsentscheidung, wenn mehrere mündliche Verhandlungen an verschiedenen Terminstagen stattfinden - Vertagung der mündlichen Verhandlung - Fehler bei Auslegung eines gerichtlichen Geschäftsverteilungsplans - Gesetzlicher Richter - Darlegung von Verfahrensmängeln und grundsätzlicher Bedeutung


Leitsatz

1. NV: Finden in einem Rechtsstreit mehrere mündliche Verhandlungen an verschiedenen Terminstagen statt, sind diejenigen Richter zur Entscheidung berufen, die an der letzten Verhandlung teilgenommen haben .

2. NV: Wird eine mündliche Verhandlung unter Bestimmung eines baldigen Fortsetzungstermins zunächst nur unterbrochen, nach Aufhebung des Fortsetzungstermins ein neuer Termin aber erst erheblich später anberaumt, handelt es sich bei diesem um eine "neue" mündliche Verhandlung (Vertagung) .

3. NV: Fehler bei der Auslegung eines gerichtlichen Geschäftsverteilungsplans führen nur dann zu einem Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters, wenn die Besetzung des Gerichts auf sachfremden und willkürlichen Erwägungen beruht .

4. NV: Ein die Ablehnung von Gerichtspersonen zurückweisender Beschluss des FG kann nur dann zur Revisionszulassung wegen Verfahrensmangels führen, wenn die Zurückweisung willkürlich ist und deshalb die Vorenthaltung des gesetzlichen Richters zur Folge hat .

5. NV: Zur Schlüssigkeit der Rüge des Übergehens von Beweisanträgen muss der Beschwerdeführer im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde darlegen, dass die Tatsache, über die Beweis erhoben werden soll, auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich ist .

6. NV: Ist über eine Rechtsfrage höchstrichterlich bereits entschieden worden, muss der Beschwerdeführer zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache darlegen, weshalb eine erneute Entscheidung erforderlich sein soll .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, wendet sich mit verschiedenen Einwendungen gegen mehrere Steuerbescheide, die der Beklagte und Beschwerdegegner (das [X.]inanzamt --[X.]A--) im [X.] an eine die Jahre 1999 bis 2001 betreffende Außenprüfung erlassen hat. Das [X.]inanzgericht ([X.]G) Münster hat der Klage mit [X.]rteil vom 10. Juni 2009  9 K 5026/05 K,[X.],[X.] teilweise stattgegeben; im Übrigen hat es sie als unbegründet abgewiesen.

2

Die Klägerin beantragt mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Revision gegen das [X.]G-[X.]rteil und begründet ihr Begehren mit einer Reihe von Verfahrensmängeln und mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.

3

Das [X.]A hat keinen Sachantrag gestellt.

Entscheidungsgründe

4

II. [X.]ie Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. [X.]ie geltend gemachten [X.]ulassungsgründe liegen --soweit sie hinreichend dargetan worden sind-- nicht vor.

5

1. [X.]ie Verfahrensrügen der Klägerin führen nicht zur [X.]ulassung der Revision gemäß § 115 [X.]bs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O).

6

a) [X.]ie Klägerin bemängelt, sie sei zu der "Sitzung" vom 10. Juni 2009, in der das angefochtene Urteil ausweislich des [X.] vom [X.] gefasst worden sei, nicht geladen worden. [X.]adurch seien ihr [X.]nspruch auf rechtliches Gehör (§ 96 [X.]bs. 2 [X.]O, [X.]rt. 103 [X.]bs. 1 des Grundgesetzes --GG--) und der Grundsatz der Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung (§ 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes --GVG--) verletzt worden.

7

[X.]ie Rüge geht fehl, weil es sich bei der "Sitzung" vom 10. Juni 2009 nicht um die Fortsetzung der im Termin vom 8. Juni 2009 geschlossenen mündlichen Verhandlung gehandelt hat. Vielmehr ist ausweislich der Verfahrensakten am 10. Juni 2009 der zur Entscheidung des Rechtsstreits berufene Senat des [X.] nochmals zur [X.]eratung zusammengekommen, weil sich im [X.] an die [X.]eratung vom 8. Juni 2009 weiterer [X.]eratungsbedarf ergeben hatte (Vermerke der Senatsvorsitzenden vom 9. und 10. Juni 2009). [X.]ei den [X.]eratungen des Gerichts dürfen die Verfahrensbeteiligten nicht anwesend sein (§ 193 [X.]bs. 1 GVG).

8

b) Ein Verfahrensmangel liegt nach [X.]uffassung der Klägerin darin, dass das [X.] in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auf Vorgänge aus der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2008 vor dem [X.] [X.]ezug nimmt, obwohl nicht alle der an dem angefochtenen Urteil mitwirkenden [X.] zur damaligen Senatsbesetzung gehört und an der Verhandlung teilgenommen haben.

9

[X.]uch damit kann die Klägerin nicht durchdringen. [X.]war kann nach § 103 [X.]O das Urteil nur von den [X.]n und ehrenamtlichen [X.]n gefällt werden, die an der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung teilgenommen haben. Finden jedoch in einem Rechtsstreit --wie im [X.] mehrere mündliche Verhandlungen an verschiedenen [X.]en statt, sind nach § 103 [X.]O diejenigen [X.] zur Entscheidung berufen, die an der letzten Verhandlung teilgenommen haben (vgl. [X.]eschlüsse des [X.] --[X.]FH-- vom 11. November 2004 [X.]/03, [X.] 2005, 509; vom 28. Juni 2008 [X.], [X.] 2008, 2029; [X.] in Tipke/[X.], [X.]bgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 103 [X.]O [X.] 1; [X.] in [X.], [X.]bgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 103 [X.]O [X.] 8 f.). [X.]war gilt es als eine (einheitliche) mündliche Verhandlung, wenn diese nicht vertagt, sondern lediglich unterbrochen worden ist (vgl. [X.] in Tipke/[X.], a.a.[X.], § 103 [X.]O [X.] 3, m.w.[X.]); ein solcher Fall lag hier aber nicht vor (s. unten II.1.c dd).

Problematisch können wegen des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der [X.]eweisaufnahme (§ 81 [X.]O) die Fälle sein, in denen an einem früheren [X.] eine [X.]eweisaufnahme durch [X.]eugenvernehmung stattgefunden hat, an der ein später --z.[X.]. aufgrund [X.]wechsels-- zur Entscheidung berufener [X.] nicht teilgenommen hat (vgl. dazu z.[X.]. [X.] in [X.] 2008, 2029; [X.] in Tipke/[X.], a.a.[X.], § 103 [X.]O [X.] 3 f.; [X.] in [X.], a.a.[X.], § 103 [X.]O [X.] 10). Um einen solchen Fall geht es hier indes nicht. [X.]ie Vorgänge, auf die das [X.]-Urteil in [X.]usammenhang mit der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2008 [X.]ezug nimmt --die [X.]nbringung von [X.] durch den Vertreter der Klägerin und deren verfahrensrechtlichen Konsequenzen-- stehen nicht in [X.]usammenhang mit einer [X.]eugenvernehmung.

Soweit die Klägerin in diesem [X.]usammenhang auch bemängelt, im [X.] fänden sich keine Feststellungen zu den Vorgängen im Termin vom 22. Februar 2008, liegt hierin kein Verfahrensfehler. Tatsächliche Feststellungen des [X.] sind auch dann als solche zu beurteilen, wenn sie zwar nicht im formalen [X.] enthalten sind, sich aber --wie hier-- aus den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. z.[X.]. Senatsurteil vom 31. März 2004 [X.], [X.], 58).

c) [X.]ie des Weiteren geltend gemachten Verstöße gegen den Grundsatz des gesetzlichen [X.]s ([X.]rt. 101 [X.]bs. 1 Satz 2 GG) liegen ebenfalls nicht vor.

aa) Soweit die Klägerin den richterlichen Geschäftsverteilungsplan des [X.] Münster für das [X.] als nicht gesetzeskonform rügt, ist schon nicht ersichtlich, inwiefern dies hier relevant sein könnte. [X.]enn wie unter [X.] ausgeführt, kommt es für die Frage, welche [X.] nach § 103 [X.]O zur Entscheidung über einen Rechtsstreit berufen sind, auf den [X.]eitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an. [X.]iese hat im Streitfall nicht im [X.], sondern am 8. Juni 2009 stattgefunden.

bb) [X.]ie Einwendungen gegen den senatsinternen Geschäftsverteilungsplan des 9. Senats des [X.] Münster für das [X.] sind ohne Substanz. So bedarf es für den Rechtscharakter des von allen [X.]erufsrichtern des 9. Senats des [X.] unter dem 16. [X.]ezember 2008 unterzeichneten [X.] als [X.]eschluss i.S. des § 21g GVG keineswegs der ausdrücklichen Überschrift "[X.]eschluss". [X.]er Umstand, dass das unterzeichnete [X.]okument drucktechnisch teilweise identisch mit dem im [X.] vom [X.] Münster veröffentlichten Plan ist, in welchem der gerichtliche Geschäftsverteilungsplan in Kombination mit den senatsinternen Geschäftsverteilungsplänen der einzelnen Senate dargestellt wird, lässt keinerlei plausible Rückschlüsse auf die Unwirksamkeit oder ein nicht ordnungsgemäßes [X.]ustandekommen des senatsinternen [X.] zu. [X.]er Mutmaßung der Klägerin, der senatsinterne Geschäftsverteilungsplan sei erst nachträglich angefertigt worden, fehlt es an jeglicher objektiven Grundlage.

cc) [X.]ie Mitwirkung des [X.]erichterstatters [X.] am [X.] an der angefochtenen Entscheidung ist nicht zu beanstanden. [X.]as u.a. gegen diesen gerichtete [X.]blehnungsgesuch der Klägerin vom 18. Februar 2008 ist mit [X.]eschluss des 9. Senats des [X.] vom 22. Februar 2008 zurückgewiesen worden. Mit den erneut vorgebrachten [X.]weifeln der Klägerin daran, dass der am [X.]urückweisungsbeschluss vom 22. Februar 2008 mitwirkende [X.] am [X.] aufgrund [X.] vertretungsweise zur Mitwirkung an der Entscheidung über das [X.]blehnungsgesuch berufen war, haben sich bereits das [X.] in dem genannten [X.]eschluss und der Präsident des [X.] Münster in seinem Schreiben an die Klägerin vom 26. März 2008 eingehend befasst, ohne dass die Klägerin dem Wesentliches entgegengesetzt hat. Im Übrigen würden bloße Fehler bei der [X.]uslegung des [X.] nicht zum Verstoß gegen [X.]rt. 101 [X.]bs. 1 Satz 2 GG führen; erforderlich wäre dafür vielmehr, dass die [X.]esetzung des Gerichts auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. [X.] vom 12. September 2005 [X.], [X.] 2006, 146; [X.] in Tipke/[X.], a.a.[X.], § 119 [X.]O [X.] 27, m.w.[X.]). [X.]afür ist hier nichts ersichtlich.

dd) Unbegründet sind die die Mitwirkung der ehrenamtlichen [X.]innen [X.] und [X.] an dem angefochtenen Urteil betreffenden Einwendungen der Klägerin.

[X.]ie Klägerin beruft sich zum einen auf eine [X.]estimmung aus dem gerichtlichen Geschäftsverteilungsplan des [X.] Münster für das [X.], wonach in den Fällen der Unterbrechung einer mündlichen Verhandlung zum Fortsetzungstermin wieder die am ersten [X.] anwesenden ehrenamtlichen [X.] hinzuzuziehen sind. [X.]ie Regelung ist jedoch im Hinblick auf den Wechsel in der [X.]esetzung der ehrenamtlichen [X.] zwischen dem Termin vom 22. Februar 2008 und den Terminen ab dem 3. Februar 2009 nicht einschlägig, weil die mündliche Verhandlung insoweit nicht lediglich "unterbrochen" war. [X.]war hatte der damalige Vorsitzende des 9. Senats des [X.] Münster ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 22. Februar 2008 die Sitzung zunächst unterbrochen und Fortsetzungstermin auf den 3. März 2008 bestimmt. [X.]iesen Fortsetzungstermin hat er indes mit Verfügung von 25. Februar 2008 wieder aufgehoben. Erst nachdem die [X.]kten nach der Entscheidung des beschließenden Senats über zwei [X.]eschwerden der Klägerin wieder zum [X.] zurückgelangt waren, hat dieses im [X.]ezember 2008 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 3. Februar 2009 bestimmt. Von einer bloßen Unterbrechung der mündlichen Verhandlung kann bei einem solchen Verfahrensgang nicht die Rede sein (vgl. auch Senatsurteil vom 11. [X.]ezember 1968 [X.]/67, [X.]FHE 95, 24, [X.]St[X.]l II 1969, 297). Vielmehr hat am 3. Februar 2009 eine neue mündliche Verhandlung begonnen.

[X.]um anderen bemängelt die Klägerin, dass der Geschäftsverteilungsplan des [X.] Münster an keiner Stelle definiere, nach welchen Kriterien "turnusgemäß" die ehrenamtlichen [X.] ausgewählt würden. [X.]as kann indes schon deshalb nicht nachvollzogen werden, weil die Klägerin den Inhalt des [X.] des [X.] Münster für das [X.] nicht mitgeteilt hat. Im Übrigen bestimmt § 27 [X.]bs. 1 [X.]O, dass das Präsidium des [X.] vor [X.]eginn des Geschäftsjahrs durch [X.]ufstellung einer Liste die Reihenfolge, in der die ehrenamtlichen [X.] heranzuziehen sind, bestimmt; für jeden Senat ist eine Liste aufzustellen, die mindestens zwölf Namen enthalten muss. [X.]us dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich kein [X.]nhalt dafür, dass das Präsidium des [X.] Münster für das [X.] nicht entsprechend verfahren ist.

ee) Nicht zur Revisionszulassung führt des Weiteren die Rüge, das [X.] habe über die Vielzahl der von ihr ab Februar 2009 angebrachten [X.]blehnungsgesuche gegen die Senatsvorsitzende und den [X.]erichterstatter gesetzwidrig unter Mitwirkung der abgelehnten [X.] erst im verfahrensabschließenden Urteil entschieden.

[X.]eschlüsse über die [X.]blehnung von [X.] --d.h. auch die [X.]urückweisung eines [X.]blehnungsgesuchs-- können gemäß § 128 [X.]bs. 2 [X.]O nicht mit der [X.]eschwerde angefochten werden. Sie unterliegen deshalb gemäß § 124 [X.]bs. 2 [X.]O nicht der Prüfung im Revisionsverfahren; anderes gilt nur dann, wenn die unberechtigte [X.]blehnung eines [X.]efangenheitsantrages die Vorenthaltung des gesetzlichen [X.]s zur Folge hat, was nur bei einer greifbar gesetzwidrigen, d.h. willkürlichen [X.]urückweisung eines [X.]efangenheitsantrages der Fall ist (Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2008 I [X.] 169, 170/08, juris; [X.] vom 27. Oktober 2004 [X.] (PKH), [X.]FHE 208, 26, [X.]St[X.]l II 2005, 139; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. [X.]ufl., § 119 [X.] 6, m.w.[X.]).

Im Streitfall ist für ein willkürliches Handeln nichts ersichtlich. [X.]as gilt auch in [X.]ezug auf den Umstand, dass das [X.] unter Mitwirkung der abgelehnten [X.] und ohne gesonderten [X.]eschluss erst im angefochtenen Urteil über die [X.]blehnung entschieden hat. [X.]enn nach ständiger Rechtsprechung ist bei missbräuchlichen und offensichtlich unzulässigen [X.]blehnungsgesuchen in dieser Weise zu verfahren (z.[X.]. [X.]eschluss des [X.]undesverfassungsgerichts --[X.]VerfG-- vom 20. Juli 2007  1 [X.]vR 2228/06, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2007, 3771; [X.] vom 21. November 2002 VII [X.] 58/02, [X.] 2003, 485).

[X.]utreffend hat das [X.] angenommen, dass ein Missbrauch u.a. dann vorliegt, wenn das [X.]blehnungsgesuch offenbar grundlos ist und nur der Verschleppung dient bzw. als taktisches Mittel für verfahrensfremde [X.]wecke genutzt wird ([X.]VerfG-[X.]eschluss in NJW 2007, 3771). Soweit das [X.] diese Voraussetzungen in [X.]ezug auf die [X.]blehnungsgesuche der Klägerin bejaht hat, ist das in [X.]nbetracht der festgestellten und aus den [X.]kten ersichtlichen Verfahrensabläufe gut vertretbar und jedenfalls nicht sachfremd oder willkürlich.

d) Verstöße des [X.] gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 [X.]bs. 1 [X.]O) und den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 96 [X.]bs. 2 [X.]O, [X.]rt. 103 [X.]bs. 1 GG) wegen Übergehens von [X.]eweisanträgen hat die Klägerin nicht den [X.]nforderungen des § 116 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.]O entsprechend dargetan.

aa) [X.]ur Schlüssigkeit der Verfahrensrüge gehört u.a. die Erläuterung, dass das angefochtene Urteil auf dem gerügten Mangel beruht. In [X.]ezug auf die Rüge des Übergehens von [X.]eweisanträgen muss der [X.]eschwerdeführer deshalb darlegen, dass die Tatsache, über die [X.]eweis erhoben werden soll, auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des [X.] (vgl. [X.]FH- Urteil vom 16. Juli 2002 [X.], [X.]FHE 198, 403, [X.]St[X.]l II 2002, 714; Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 115 [X.] 79, m.w.[X.]) für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich ist.

bb) [X.]aran fehlt es in der [X.]eschwerdebegründung:

- Soweit die Klägerin vielfach auf [X.]nträge [X.]ezug nimmt, bestimmte [X.]okumente (z.[X.]. [X.]riefe, Verträge, Rechnungen) sollten vom [X.] "als Urkunde verlesen" werden, ist nicht ersichtlich, welcher erhöhte [X.]eweiswert den Urkunden dadurch hätte zukommen sollen. [X.]as [X.] war unabhängig vom Verlesen einzelner Urkunden gehalten, seine Entscheidung auf der Grundlage des gesamten Inhalts der [X.]kten zu treffen (§ 96 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]O). [X.]ass es auf der Grundlage seiner materiellen Rechtsauffassung erhebliche Urkunden im Rahmen seiner [X.]eweiswürdigung außer [X.]cht gelassen hat, bringt die Klägerin nicht vor.

- Mit den [X.]eweisanträgen im [X.]usammenhang mit dem [X.]etriebsprüfungsbericht des F[X.] für Groß- und [X.] (F[X.] H) vom 19. Oktober 2004 hat die Klägerin nach eigenem [X.]ekunden nachweisen wollen, dass der vom F[X.] der [X.]esteuerung zugrunde gelegte [X.]etriebsprüfungsbericht "nach der Vorgabe des (F[X.] H) nicht hätte ausgewertet und nicht zur Grundlage der angefochtenen Steuerfestsetzungen hätte gemacht werden dürfen". [X.]adurch würde den angefochtenen Steuerfestsetzungen nach [X.]afürhalten der Klägerin die Grundlage entzogen. Inwiefern jedoch die behauptete fehlende [X.]utorisation der Verwertung des [X.]etriebsprüfungsberichts durch das F[X.] H auf der Grundlage der materiell-rechtlichen [X.]uffassung des [X.] zu einer abweichenden Entscheidung hätte führen können, kann anhand des Vorbringens der Klägerin nicht nachvollzogen werden. [X.]as gilt insbesondere deshalb, weil das [X.] den [X.]etriebsprüfungsbericht nicht unkritisch übernommen, sondern im Einzelnen verifiziert hat und in einigen Punkten ([X.]ewertung der unfertigen Erzeugnisse, aktive Rechnungsabgrenzungsposten, Versagung des [X.]etriebsausgabenabzugs für [X.]) zugunsten der Klägerin von ihm abgewichen ist.

- Im Hinblick auf die vom [X.] angenommene verdeckte Gewinnausschüttung (vG[X.]) zugunsten des Gesellschafters [X.] durch die [X.]ahlungen der Klägerin auf die beiden Rechnungen der [X.], Inhaberin [X.], rügt die Klägerin, dass das [X.] ihrem [X.]ntrag nicht nachgekommen sei, die von ihr benannten [X.]eugen dazu zu hören, dass die Rechnungen im Jahr 2001 bezahlt worden seien. Von [X.]ahlungen der Klägerin auf die Rechnungen im Jahr 2001 ist indessen auch das [X.] ausgegangen; aus seiner Sicht bestand daher kein [X.]nlass, die [X.]eugen zu hören. Soweit die Klägerin ihre [X.]eweisanträge nunmehr offenbar dahin versteht, dass auch unter [X.]eweis gestellt werden sollte, die [X.]ahlungen seien an die Fa. [X.] geleistet worden, geht solches aus den betreffenden [X.]usführungen im Schriftsatz der Klägerin vom 29. Mai 2009 nicht hervor. Im Übrigen legt die Klägerin nicht dar, aus welchen Gründen bei einer [X.]ahlung an die Fa. [X.] die [X.]nnahme des [X.], die [X.]ahlungen seien jedenfalls im Ergebnis [X.] zugeflossen, widerlegt sein sollte.

- [X.]ie [X.]blehnung der erneuten Vernehmung der [X.]eugin [X.] hat das [X.] damit begründet, dass die [X.]eugin sich vor dem [X.] bereits auf ihr [X.]ussageverweigerungsrecht berufen hatte und sich daran nach Rückfrage bei deren Rechtsanwalt nichts ändern würde. [X.]as von der Klägerin benannte [X.]eweisthema, der [X.]eugin seien die bei der strafrechtlichen [X.]eschuldigtenvernehmung gemachten [X.]ussagen vom [X.] [X.]eamten "unter Erzeugung von [X.]ngst in den Mund gelegt" worden, hat das [X.] zutreffend als vom [X.]ussageverweigerungsrecht nach § 84 [X.]bs. 1 [X.]O i.V.m. § 103 der [X.]bgabenordnung umfasst angesehen, weil die [X.]eugin sich dadurch indirekt zum Wahrheitsgehalt ihrer früheren [X.]ussagen hätte äußern müssen.

- [X.]ezüglich der vom [X.] als vG[X.] beurteilten Übertragung von [X.] für die Pensionszusage an den vormaligen Gesellschafter E ist die Vorinstanz anhand der Regelungen in den Versicherungsverträgen davon ausgegangen, dass die [X.]ezugsrechte bis zur Übertragung der Klägerin und nicht E zugestanden haben. Inwiefern die [X.]uslegung der vertraglichen Regelungen durch die von der Klägerin beantragte Vernehmung von Mitarbeiterinnen der Versicherungen hätte beeinflusst werden können, ist nicht zu ersehen. [X.]ass über die vom [X.] beurteilten Versicherungsverträge hinaus zusätzliche Vereinbarungen mit den Versicherungen getroffen worden sind, hat die Klägerin nicht vorgetragen und unter [X.]eweis gestellt.

- In [X.]ezug auf die vom [X.] angenommene vG[X.] durch die [X.]ahlungen an die [X.]-GmbH bezieht sich die Klägerin auf ihren [X.]eweisantrag, "den Registerbeamten des [X.] Handelsregisters" zu ihrer [X.]ehauptung zu vernehmen, die [X.]-GmbH sei im [X.] Handelsregister eingetragen gewesen. Sie trägt jedoch nichts dazu vor, inwiefern die Frage der Eintragung der [X.]-GmbH im [X.] Handelsregister überhaupt in Streit stand und inwiefern die Eintragung etwas daran ändern könnte, dass die [X.]-GmbH nach den Feststellungen des [X.] im Jahr 2001 über keinen aktiven Geschäftsbetrieb verfügt hat.

- Soweit sich die Klägerin zu diesem Komplex des Weiteren auf ihre [X.]eweisanträge zu der vom [X.] herangezogenen E-Mail des [X.] vom 11. [X.]ezember 2000 bezieht, sind die unter [X.]eweis gestellten Umstände vom [X.] nicht in [X.]brede gestellt worden. [X.]as [X.] geht in seinen Entscheidungsgründen ausdrücklich davon aus, dass die E-Mail nur als Papierausdruck und nicht als [X.]atei vorhanden ist und es zieht auch nicht in [X.]weifel, dass theoretisch die Möglichkeit besteht, dass ein Unbekannter [X.]ritter [X.] als [X.]bsender der E-Mail nur vorgeschoben hat. [X.]ur [X.]eweiserhebung bestand somit kein erkennbarer [X.]nlass.

- [X.]ass das [X.] ohne Vernehmung des zum Termin vom 8. Juni 2009 geladenen, aber nicht erschienenen [X.]eugen F entschieden hat, hat seine Ursache --anders als die Klägerin es darstellt-- nicht darin, dass das [X.] seine [X.]uffassung zur Entscheidungserheblichkeit der unter [X.]eweis gestellten Tatsachen plötzlich und ohne Erörterung mit den [X.]eteiligten geändert hätte. Vielmehr hat das [X.] das Unterlassen der nochmaligen Ladung des [X.]eugen ausschließlich mit der Präklusionsbestimmung des § 79 [X.]bs. 3 [X.]O begründet, weil die Klägerin den [X.]eugen bzw. dessen ladungsfähige [X.]nschrift unentschuldigt erst nach [X.]blauf der mit gerichtlicher Verfügung vom 5. September 2007 nach § 79 [X.]bs. 1 [X.]O gesetzten Frist benannt habe und eine [X.]ulassung des [X.]eweismittels die Erledigung des Rechtsstreits verzögert hätte. [X.]er diesbezügliche Einwand der Klägerin, das dem [X.]eugen mit der Ladung vom 3. Juni 2009 übermittelte [X.]eweisthema weiche von der gerichtlichen [X.]uflagenverfügung vom 5. September 2007 ab, trifft nicht zu. Im [X.] geht es jeweils um die Frage, ob die [X.]-GmbH die der Klägerin in Rechnung gestellten Leistungen tatsächlich erbracht hat. [X.]ass in dem dem [X.]eugen übersandten [X.]eweisthema einleitend allgemein von den "Geschäftsbeziehungen" zwischen der Klägerin und der [X.]-GmbH die Rede ist, steht mit der Frage der tatsächlichen Leistungserbringung in [X.]usammenhang und ist kein davon zu unterscheidendes, eigenständiges [X.]eweisthema.

2. [X.]ie Revision ist nicht gemäß § 115 [X.]bs. 2 Nr. 1 [X.]O wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache zuzulassen. [X.]ie Klägerin hat das Vorliegen der Voraussetzungen dieses [X.]ulassungsgrundes entgegen § 116 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.]O nicht hinreichend dargetan. [X.]as [X.]arlegungserfordernis verlangt substantiierte [X.]usführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer zweifelhaften Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärungsfähig ist. Hierzu muss sich der [X.]eschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des [X.]FH, den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen. Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.[X.]. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der [X.]FH bislang noch nicht auseinandergesetzt hat (Senatsbeschluss vom 6. November 2007 I [X.] 88/07, [X.] 2008, 577; Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 116 [X.] 32 f., jeweils m.w.[X.]). [X.]em werden die [X.]usführungen in der [X.]eschwerdebegründung nicht gerecht.

a) Hinsichtlich der von der Klägerin in [X.]usammenhang mit der vermeintlichen mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2009 aufgeworfenen Rechtsfragen wird auf die [X.]usführungen zu [X.] [X.]ezug genommen.

b) [X.]ie Frage, ob ein Urteil auf Erkenntnisse gestützt werden kann, die aus einer mündlichen Verhandlung stammen, an der nicht alle erkennenden [X.] mitgewirkt haben, ist --wie auch die Klägerin einräumt-- in der Rechtsprechung des [X.]FH geklärt (s. oben [X.], vgl. auch [X.] in [X.] 2008, 2029). Soweit die Klägerin eine erneute [X.]efassung mit der Frage für geboten hält, weil der [X.]FH sie bislang nicht unter dem Gesichtspunkt geprüft habe, ob seine Rechtsprechung die verfassungsrechtlich zulässige Grenze der Gesetzesauslegung überschreite, sind ihre [X.]usführungen unzureichend. Insbesondere befasst sie sich nicht damit, dass die Rechtsprechung gerade mit [X.]lick auf den von ihr bemühten Gesetzeszweck danach differenziert, inwiefern es --z.[X.]. bei einer [X.]eugenvernehmung-- auf den persönlichen Eindruck der [X.] ankommt. [X.]uch fehlt es in der [X.]eschwerdebegründung an jeglicher [X.]efassung mit dem [X.] im Schrifttum zu der Problematik. Inwiefern die [X.]FH-Rechtsprechung gegen den "eindeutigen Wortlaut" des § 103 [X.]bs. 1 [X.]O verstoßen soll, erläutert die Klägerin ebenfalls nicht näher.

c) Soweit die Klägerin hinsichtlich der [X.]ahlungen an die Fa. [X.] eine [X.]nnahme des [X.] in [X.]weifel zieht, wonach die Klägerin in ihrer [X.]ilanz einen Rückforderungsanspruch habe aktivieren müssen, beruht das offenkundig auf einem Missverständnis der Entscheidungsgründe. [X.]as [X.] ist nämlich auf [X.] des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin in ihrer [X.]ilanz zum 30. September 2001 keinen Rückforderungsanspruch zu aktivieren hatte, der die durch die [X.]ahlungen eingetretene Vermögensminderung hätte kompensieren können. [X.]ie in [X.]usammenhang mit dem Rückforderungsanspruch aufgeworfenen Rechtsfragen sind demnach im Streitfall nicht klärungsfähig.

d) Nicht klärungsfähig ist schließlich auch die in [X.]usammenhang mit der Übertragung der Rückdeckungsversicherungen auf [X.] von der Klägerin zur Klärung gestellte Rechtsfrage, ob eine vG[X.] auch vorliegen könne, wenn der empfangende Gesellschafter von [X.]nfang an alleiniger [X.]egünstigter der Lebensversicherungen gewesen sei und die Gesellschaft im Falle des Versicherungsfalls niemals [X.]ahlungsansprüche gegen die Versicherung hätte geltend machen können. [X.]enn das [X.] hat einen solchen Sachverhalt nicht festgestellt. Es hat die Versicherungsverträge vielmehr dahin ausgelegt, dass zum Übertragungszeitpunkt die Klägerin die [X.]ezugsberechtigte aus den Versicherungen war. Soweit die Klägerin auch insoweit auf ihre [X.]eweisanträge in [X.]ezug auf die Vernehmung der Versicherungsmitarbeiterinnen verweist, wird auf die [X.]usführungen zu [X.] [X.]ezug genommen.

Meta

I B 83/09

13.01.2010

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend FG Münster, 10. Juni 2009, Az: 9 K 5026/05 K,U,F, Urteil

§ 51 Abs 1 FGO, § 76 Abs 1 FGO, § 96 Abs 1 FGO, § 103 FGO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 124 Abs 2 FGO, Art 101 Abs 1 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.01.2010, Az. I B 83/09 (REWIS RS 2010, 10508)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10508

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