Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.07.2011, Az. II R 43/10

2. Senat | REWIS RS 2011, 5044

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Gegenstand

(Inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 6.7.2011 II R 44/10 - Anfechtung eines gegen den Bedachten ergangenen Bedarfswertbescheids durch Schenker - Zurechnung des Gegenstands der Feststellung i.S. des § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG - Einspruchsentscheidung als isolierter Gegenstand einer Anfechtungsklage - Bestimmung der Beteiligten an einem Verwaltungsverfahren - Anfechtbarkeit ohne zeitliche Begrenzung)


Leitsatz

NV: Der Schenker gegen den Schenkungsteuer festgesetzt wurde, kann den gegen den Bedachten ergangenen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Werts des zugewendeten Grundstücks anfechten, obwohl der Bescheid dem Schenker gegenüber keine bindende Wirkung entfaltet .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) schenkte durch notariell beurkundeten [X.] ihrem [X.] ([X.]) ein Grundstück und erklärte in dem Vertrag, eine etwaige [X.]chenkungsteuer zu tragen.

2

Nachdem [X.] beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) eine Erklärung zur Feststellung des [X.] eingereicht hatte, stellte das [X.] ihm gegenüber durch den Bescheid vom 2. Mai 2008 "über die gesonderte - und einheitliche - Feststellung des [X.]" zum 1. Oktober 2007 den Wert auf 414.000 € fest. Das [X.] setzte daraufhin die [X.]chenkungsteuer gegenüber der Klägerin durch einen entsprechenden Änderungsbescheid auf der Grundlage dieses [X.] fest.

3

Mit [X.]chreiben vom 11. Juli 2008 legte die Klägerin Einspruch gegen den geänderten [X.]chenkungsteuerbescheid und den Feststellungsbescheid vom 2. Mai 2008 ein. Das [X.] verwarf den Einspruch gegen den Feststellungsbescheid mit der Begründung als unzulässig, der Klägerin stehe nach § 155 [X.]atz 1 des Bewertungsgesetzes in der im [X.]treitfall geltenden Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 ([X.]) keine Rechtsbehelfsbefugnis zu. [X.]ie sei gemäß § 154 Abs. 1 [X.] am Feststellungsverfahren nicht beteiligt gewesen. Weder sei ihr der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen noch sei sie vom [X.] zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert worden.

4

Das Finanzgericht ([X.]) gab der auf Aufhebung der Einspruchsentscheidung gerichteten Klage mit der Begründung statt, das [X.] habe die [X.] der Klägerin zu Unrecht verneint. Die Klägerin werde durch den Feststellungsbescheid beschwert und könne ihn daher nach § 350 der Abgabenordnung ([X.]) mit dem Einspruch anfechten. § 155 [X.] stehe dem nicht entgegen. Die Klägerin sei am Feststellungsverfahren beteiligt i.[X.]. des § 154 Abs. 1 Nr. 1 [X.].

5

Mit der Revision rügt das [X.] Verletzung des § 155 [X.]. Diese Vorschrift schließe die Anwendbarkeit des § 350 [X.] und somit die [X.] der Klägerin aus. Die Klägerin sei nicht nach § 154 Abs. 1 [X.] am Feststellungsverfahren beteiligt gewesen; denn der Gegenstand der Feststellung, nämlich das dem [X.] geschenkte Grundstück, sei gemäß § 39 [X.] nicht ihr, sondern dem [X.] zuzurechnen. Die Zurechnung nach § 179 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.] sei nicht einschlägig. Ein anderes Verständnis des § 155 [X.] sei auch nicht aufgrund der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) geboten. Es genüge den Anforderungen dieser Verfassungsnorm, dass in Fällen der vorliegenden Art der Bedachte den Feststellungsbescheid anfechten könne.

6

Das [X.] beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat den Einspruch der Klägerin zu Recht als zulässig angesehen.

9

1. Wie das [X.] zutreffend angenommen hat, kann eine Einspruchsentscheidung, mit der ein Einspruch als unzulässig verworfen wurde, isoliert Gegenstand einer Anfechtungsklage sein. Erweist sich der Einspruch als zulässig, ist die Einspruchsentscheidung aufzuheben, so dass die Behörde Gelegenheit erhält, in einem erneuten Einspruchsverfahren über die Rechtmäßigkeit ihres Verwaltungsaktes sachlich-rechtlich zu entscheiden (Beschluss des [X.] --BFH-- vom 26. [X.]eptember 2000 [X.]/00, [X.] 2001, 459).

2. Das [X.] hat ebenfalls zu Recht die Auffassung vertreten, dass die Klägerin einspruchsbefugt ist und der Einspruch auch nicht aus anderen Gründen, insbesondere auch nicht wegen verspäteter Einlegung, unzulässig ist. Die [X.] ergibt sich aus § 350 [X.]. [X.]ie wird weder durch § 155 [X.] noch dadurch ausgeschlossen, dass der angefochtene Feststellungsbescheid der Klägerin nicht bekannt gegeben wurde.

a) Befugt, Einspruch einzulegen, ist gemäß § 350 [X.] nur, wer geltend macht, durch einen Verwaltungsakt oder dessen Unterlassung beschwert zu sein. Diese Vorschrift wird durch § 155 [X.] ergänzt, nicht aber in ihrer Anwendbarkeit eingeschränkt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 155 [X.], dessen [X.]inn und Zweck und dem Gesamtzusammenhang der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen.

aa) Zur Einlegung von Rechtsbehelfen gegen einen Feststellungsbescheid nach § 151 [X.] sind gemäß § 155 [X.] die Beteiligten i.[X.]. des § 154 Abs. 1 [X.] sowie diejenigen befugt, für deren Besteuerung nach dem [X.] ([X.]) der Feststellungsbescheid von Bedeutung ist. § 352 [X.] und § 48 [X.]O gelten nicht.

Nach § 151 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] sind gesondert festzustellen (§ 179 [X.])

1.     [X.] (§ 138 [X.]),

2.     der Wert des Betriebsvermögens (§§ 95, 96 [X.]) oder des Anteils am Betriebsvermögen (§ 97 Abs. 1a [X.]),

3.     der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften i.[X.]. des § 11 Abs. 2 [X.],

4.     der Wert von anderen als in § 151 Abs. 1 [X.]atz 1 Nrn. 1 bis 3 [X.] genannten Vermögensgegenständen und von [X.]chulden, die mehreren Personen zustehen (§ 3 [X.]),

wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung i.[X.]. des § 151 [X.] von Bedeutung sind.

In dem Feststellungsbescheid für [X.] sind gemäß § 151 Abs. 2 Nr. 2 [X.] auch Feststellungen zu treffen über die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit und bei mehreren Beteiligten über die Höhe des Anteils, der für die Besteuerung oder eine andere Feststellung von Bedeutung ist. Für Feststellungsbescheide nach § 151 Abs. 1 [X.]atz 1 Nrn. 2 bis 4 [X.] ist keine derartige Feststellung über die Zurechnung vorgesehen.

[X.] (§ 151 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 [X.]) sind gemäß § 151 Abs. 5 [X.]atz 1 [X.] auch festzustellen, wenn sie für die Grunderwerbsteuer von Bedeutung sind. Feststellungen über die Zurechnung nach § 151 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind in diesem Fall gemäß § 151 Abs. 5 [X.]atz 3 [X.] nicht zu treffen.

bb) Am Feststellungsverfahren beteiligt sind nach § 154 Abs. 1 [X.]

1.     diejenigen, denen der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist,

2.     diejenigen, die das Finanzamt zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hat.

Diejenigen, denen der Gegenstand der Feststellung i.[X.]. des § 154 Abs. 1 Nr. 1 [X.] zuzurechnen ist, sind die in Betracht kommenden [X.]teuerschuldner ([X.] in [X.]/Knobel/[X.], Erbschaftsteuer- und [X.]chenkungsteuergesetz, [X.], 3. Aufl., § 154 [X.] Rz 2; Loose, Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1774). Für die Zurechnung des Gegenstands der Feststellung im [X.]inne dieser Vorschrift kommt es entgegen der Ansicht des [X.] nicht auf die in § 39 [X.] getroffene allgemeine Regelung über die Zurechnung an (so aber [X.] in [X.]/[X.]tenger, Bewertungsrecht, § 154 [X.] Rz 9 ff., § 155 [X.] Rz 10: Maßgeblichkeit der jeweils aktuellen Zivilrechtslage). Vielmehr ist § 154 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nach [X.]inn und Zweck und dem [X.] übereinstimmend mit der allgemein für Feststellungsbescheide geltenden Vorschrift des § 179 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.] auszulegen (Höne/[X.], Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge --[X.]-- 2010, 298). Danach richtet sich ein Feststellungsbescheid gegen den [X.]teuerpflichtigen, dem der Gegenstand der Feststellung bei der Besteuerung zuzurechnen ist. Entscheidend sind danach die Auswirkungen des Feststellungsbescheids auf die Besteuerung der einzelnen [X.]teuerpflichtigen. Nur dieses Verständnis des § 154 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ist sachgerecht und sinnvoll.

Unerheblich ist auch die Feststellung über die Zurechnung der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit nach § 151 Abs. 2 Nr. 2 [X.] (a.[X.] in [X.]Troll, [X.], § 155 Rz 4a). Dies ergibt sich schon daraus, dass die Frage, wer an einem auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichteten Verwaltungsverfahren beteiligt ist und deshalb in diesem Verfahren Rechte und Pflichten hat, bereits während dieses Verfahrens geklärt werden muss und daher nicht vom Inhalt des zum Abschluss des Verfahrens ergehenden Verwaltungsaktes abhängen kann (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.], [X.], § 154 [X.] Rz 15, § 155 [X.] Rz 2).

Zudem hätte die Anknüpfung an die Zurechnung im Feststellungsbescheid zur Folge, dass bei einem von Todes wegen oder durch [X.]chenkung unter Lebenden erfolgten Erwerb, dessen Wert nach § 151 Abs. 1 [X.]atz 1 Nrn. 2 bis 4 [X.] gesondert festzustellen ist, gemäß § 154 Abs. 1 [X.] nur diejenigen, die das Finanzamt zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hat, am Feststellungsverfahren beteiligt und nach § 155 [X.]atz 1 [X.] rechtsbehelfsbefugt wären; denn für diese Fälle sieht § 151 [X.] anders als für Grundbesitz (§ 151 Abs. 2 [X.]) keine Feststellung über die Zurechnung vor. In den Fällen des § 151 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 3 [X.] wäre bei einer an die Zurechnung im Feststellungsbescheid anknüpfenden Auslegung des § 154 Abs. 1 Nr. 1 [X.] allein die Kapitalgesellschaft am Feststellungsverfahren beteiligt; in diesen Fällen kann das Finanzamt nämlich nach § 153 Abs. 3 [X.] nur von der Kapitalgesellschaft die Abgabe einer Feststellungserklärung verlangen. Nicht verständlich wäre dann allerdings die in § 154 Abs. 2 [X.] getroffene Regelung, dass in den Fällen des § 151 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 3 [X.] der Feststellungsbescheid auch der Kapitalgesellschaft bekannt zu geben ist; denn die Bekanntgabe des Feststellungsbescheids an den einzigen Beteiligten des Feststellungsverfahrens ist eine [X.]elbstverständlichkeit. Die eigentliche Bedeutung der Vorschrift liegt vielmehr in der Verwendung des Wortes "auch", die nur den [X.]chluss zulässt, dass das Gesetz von einer Verpflichtung zur Bekanntgabe des Feststellungsbescheids an die [X.]teuerschuldner ausgeht, ohne dass es auf eine --für die Fälle des § 151 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 3 [X.] nicht vorgesehene-- förmliche Zurechnung ankommt (vgl. [X.], a.a.[X.], § 154 Rz 9; [X.], a.a.[X.], § 154 [X.] Rz 29).

cc) Richtet sich der Feststellungsbescheid gegen mehrere Personen, weil diesen der Gegenstand bei der Besteuerung zuzurechnen ist, so wird die gesonderte Feststellung ihnen gegenüber einheitlich vorgenommen (§ 179 Abs. 2 [X.]ätze 1 und 2 [X.]). Diese Vorschriften gelten auch für Feststellungsbescheide nach § 151 [X.] ([X.], a.a.[X.], § 154 [X.] Rz 10).

Ein einheitlicher Feststellungsbescheid entfaltet dabei gegenüber einem Feststellungsbeteiligten nur dann Bindungswirkung i.[X.]. des § 182 [X.], wenn er ihm persönlich oder einem Vertreter wirksam bekannt gegeben wurde. Demgemäß muss grundsätzlich jedem Feststellungsbeteiligten eine gesonderte Ausfertigung des Feststellungsbescheids zugehen (BFH-Urteile vom 25. November 1987 II R 227/84, [X.], 10, [X.] 1988, 410; vom 26. April 1988 [X.]/82, [X.], 497, [X.] 1988, 855, und vom 20. Juni 1989 VIII R 366/83, [X.] 1990, 208). Nach § 122 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ein Verwaltungsakt wird nach § 124 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird nach § 124 Abs. 1 [X.]atz 2 [X.] mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird. Dies gilt auch für Feststellungsbescheide (BFH-Urteil vom 27. April 1993 [X.], [X.], 392, [X.] 1994, 3), und zwar auch für solche nach § 151 [X.] (§ 153 Abs. 5 [X.] i.V.m. § 181 Abs. 1 [X.]atz 1 und § 155 Abs. 1 [X.]atz 2 [X.]).

Abweichungen von dem grundsätzlichen Erfordernis, dass der gesonderte und einheitliche Feststellungsbescheid jedem Feststellungsbeteiligten gesondert bekannt gegeben werden muss, um ihm gegenüber Wirksamkeit und Verbindlichkeit zu erlangen, bedürfen einer gesetzlichen Regelung, wie sie etwa § 183 [X.] bezüglich der Empfangsbevollmächtigten bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung vorsieht. Eine solche gesetzliche Regelung gibt es für Feststellungsbescheide gemäß § 151 [X.] nicht. Es ist insbesondere in keiner Vorschrift vorgesehen, dass ein dem Bedachten einer freigebigen Zuwendung wirksam bekannt gegebener Feststellungsbescheid etwa aufgrund einer gesetzlichen Empfangsvollmacht auch gegenüber dem [X.] verbindliche Wirkung entfalte. Vielmehr muss der Feststellungsbescheid dem [X.] bekannt gegeben werden, wenn er diesem gegenüber bindende Wirkung entfalten soll ([X.], a.a.[X.], § 154 [X.] Rz 7). Das Finanzamt kann sich demgemäß beim Erlass oder bei der Änderung eines [X.]chenkungsteuerbescheids gegenüber dem [X.] nicht auf einen diesem nicht bekannt gegebenen Feststellungsbescheid stützen.

Das Verständnis des § 154 Abs. 1 Nr. 1 [X.], wonach alle im Einzelfall in Betracht kommenden [X.]teuerpflichtigen am Feststellungsverfahren beteiligt sind und ihnen daher der Feststellungsbescheid bekannt zu geben ist, ist demgemäß geboten, weil auf der Grundlage des Feststellungsbescheids nur demjenigen gegenüber ein Folgebescheid (Erbschaftsteuer- oder [X.]chenkungsteuerbescheid) erlassen oder geändert werden kann, dem der Feststellungsbescheid wirksam bekannt gegeben worden war. In der Literatur wird daher zutreffend die Ansicht vertreten, dass der Feststellungsbescheid nach § 151 [X.] [X.] in Betracht kommenden [X.]teuerschuldnern bekannt zu geben sei ([X.], a.a.[X.], § 154 [X.] Rz 31, § 155 [X.] Rz 25; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], [X.], § 154 [X.] Rz 3).

Wurde der Feststellungsbescheid allerdings nur dem [X.]teuerschuldner bekannt gegeben, dem gegenüber die [X.]teuer festgesetzt wurde, kann er mit einem Rechtsbehelf gegen den Feststellungsbescheid oder den [X.]teuerbescheid nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend machen, der Feststellungsbescheid habe auch anderen [X.]teuerschuldnern bekannt gegeben werden müssen. Die Wirksamkeit der Bekanntgabe eines Feststellungsbescheids an einen Empfänger und die Verbindlichkeit des Bescheids diesem gegenüber sind nämlich jeweils für sich unabhängig von der Bekanntgabe des Bescheids an andere Adressaten zu beurteilen (BFH-Urteile in [X.], 10, [X.] 1988, 410; in [X.], 497, [X.] 1988, 855, und in [X.] 1990, 208).

Bei einer freigebigen Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und [X.]chenkungsteuergesetzes --[X.]--) setzt danach die Festsetzung der [X.]chenkungsteuer gegenüber dem Erwerber nicht voraus, dass der nach § 151 [X.] ergangene und ihm bekannt gegebene Feststellungsbescheid auch dem [X.] bekannt gegeben wurde. Für die [X.]teuerfestsetzung gegenüber dem [X.] reicht es aus, wenn der Feststellungsbescheid ihm bekannt gegeben wurde (Höne/[X.], [X.] 2010, 298 f.).

dd) Ein Feststellungsbeteiligter kann einen Feststellungsbescheid, der ihn beschwert, bereits dann anfechten, wenn der Bescheid zwar noch nicht ihm, aber einem anderen Beteiligten bekannt gegeben wurde. Die für die Zulässigkeit des Einspruchs erforderliche Beschwer (§ 350 [X.]) setzt nur voraus, dass der Feststellungsbescheid durch Bekanntgabe an einen der Feststellungsbeteiligten existent geworden ist und der Einspruchsführer durch den Bescheid steuerrechtlich berührt sein kann, nicht aber, dass der Bescheid dem Einspruchsführer bekannt gegeben worden ist (BFH-Urteile in [X.], 497, [X.] 1988, 855, und vom 7. August 1990 VIII R 257/84, [X.] 1991, 507; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 155 [X.] Rz 7). Der Bescheid kann von einem Feststellungsbeteiligten, dem er nicht bekannt gegeben wurde, grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung angefochten werden (BFH-Urteile in [X.], 392, [X.] 1994, 3, und in [X.] 1991, 507).

ee) Diese Grundsätze gelten auch für Feststellungsbescheide nach § 151 [X.]. § 155 [X.] schränkt die [X.] entgegen der Ansicht des [X.] nicht ein, sondern erweitert diese in zweifacher Hinsicht (vgl. [X.], a.a.[X.], § 155 [X.] Rz 1 f., 6). Zum einen erstreckt die Vorschrift die [X.] auf diejenigen, die das Finanzamt zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hat und die deshalb nach § 154 Abs. 1 Nr. 2 [X.] Beteiligte am Feststellungsverfahren sind, ohne dass diese durch den Bescheid beschwert zu sein brauchen. Zum anderen sind nach § 155 [X.]atz 2 [X.] die in § 352 [X.] und § 48 [X.]O vorgesehenen Einschränkungen der [X.] bei der einheitlichen Feststellung nicht anwendbar.

Die ferner in § 155 [X.]atz 1 [X.] getroffene Regelung, nach der auch diejenigen zur Einlegung von Rechtsbehelfen gegen den Feststellungsbescheid befugt sind, für deren Besteuerung nach dem [X.] der Feststellungsbescheid von Bedeutung ist, lässt nicht den Umkehrschluss zu, dass es für die Begründung der [X.] bei der Erbschaftsteuer oder [X.]chenkungsteuer nicht ausreiche, wenn der Feststellungsbescheid für die Besteuerung des Rechtsbehelfsführers nach dem [X.] von Bedeutung ist. Vielmehr handelt es sich bei der genannten Vorschrift unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der getroffenen Regelungen und von deren [X.]inn und Zweck um den Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens.

Dies ergibt sich auch aus der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 [X.]atz 1 GG ([X.], a.a.[X.], § 155 Rz 7; [X.], a.a.[X.], § 155 [X.] Rz 19, 23, 25; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 155 [X.] Rz 10; [X.], a.a.[X.], § 154 [X.] Rz 3; [X.]/ [X.], Der [X.] 2010, 274, 277). Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm nach [X.]atz 1 dieser Vorschrift der Rechtsweg offen. Diese Regelung sichert die Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, und gewährleistet die Effektivität des Rechtsschutzes. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle. Der Zugang zum Gericht darf nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (Kammerbeschluss des [X.] vom 29. November 1996  2 BvR 1157/93, [X.] 1997, 415, unter [X.], m.w.N.). Aus Art. 19 Abs. 4 [X.]atz 1 GG ergeben sich auch Vorwirkungen auf die Ausgestaltung des dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagerten Verwaltungsverfahrens. Das Verwaltungsverfahren darf nicht daraufhin angelegt werden, den gerichtlichen Rechtsschutz zu vereiteln oder unzumutbar zu erschweren (BVerfG-Beschluss vom 8. Juli 1982  2 BvR 1187/80, [X.] 61, 82, 110; [X.] vom 24. April 1985  2 [X.] u.a., [X.] 69, 1, 49).

Die gesonderte Feststellung eines der Bemessung der [X.]chenkungsteuer zugrunde zu legenden Werts darf danach nicht dazu führen, dass insoweit die eigenen Rechtsschutzmöglichkeiten des [X.]s, dem gegenüber die [X.]chenkungsteuer festgesetzt wird, ausgeschlossen werden. Den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 [X.]atz 1 GG genügt es insoweit nicht, wenn der [X.] statt der Möglichkeit, den Feststellungsbescheid selbst anzufechten, auf die Inanspruchnahme von Rechtsschutz durch den Bedachten verwiesen wird.

Die vom [X.] vorgenommene Auslegung des § 155 [X.] hätte zudem zur Folge, dass das Finanzamt durch die in seinem Ermessen (§ 5 [X.]) liegende Entscheidung, ob es den Bedachten oder den [X.] zur Abgabe einer Feststellungserklärung auffordert, darüber befinden könnte, ob der [X.] gemäß § 155 [X.]atz 1 i.V.m. § 154 Abs. 1 Nr. 2 [X.] den Feststellungsbescheid anfechten kann oder nicht. Eine solche behördliche Ermessensentscheidung über die Einräumung oder Versagung des Rechtsschutzes ist mit den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 [X.]atz 1 GG nicht vereinbar.

b) Das [X.] ist demgemäß zutreffend davon ausgegangen, dass der Grundstückswert gesondert und einheitlich festzustellen ist; denn die Wertfeststellung ist aufgrund der Gesamtschuldnerschaft der Klägerin und des [X.] (§ 20 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.]) für mehrere [X.]teuerpflichtige von Bedeutung (§ 179 Abs. 2 [X.]atz 2 [X.]). Es hat aber verkannt, dass nicht nur [X.], sondern auch die Klägerin befugt ist, gegen den Feststellungsbescheid Einspruch einzulegen, ohne dass sie dabei an eine Frist gebunden ist. Demgemäß hat das [X.] zu Recht die Einspruchsentscheidung aufgehoben.

Meta

II R 43/10

06.07.2011

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Bremen, 5. August 2010, Az: 1 K 118/09 (5), Urteil

Art 19 Abs 4 GG, § 151 BewG 1991 vom 13.12.2006, § 154 BewG 1991 vom 13.12.2006, § 155 BewG 1991 vom 13.12.2006, § 122 AO, § 124 AO, § 179 AO, § 350 AO, § 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.07.2011, Az. II R 43/10 (REWIS RS 2011, 5044)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5044

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