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PDF anzeigenBUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSS3 StR 283/03vom9. September 2003in der Strafsachegegen1.2.wegen Totschlags- 2 -Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-desanwalts und der Beschwerdeführer am 9. September 2003 gemäß § 349Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landge-richts Osnabrück vom 19. März 2003 mit den Feststellungen auf-gehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammerdes Landgerichts zurückverwiesen.Gründe:Das Landgericht hat die Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen Tot-schlags" zu Freiheitsstrafen von jeweils zehn Jahren verurteilt. Die hiergegeneingelegten Revisionen der Angeklagten haben mit der Rüge der Verletzungsachlichen Rechts Erfolg.1. Die Strafkammer hat folgendes festgestellt:Am 29. Mai 2002 zwischen 18.00 Uhr und 19.30 Uhr kam es in derWohnung des K. zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwi-schen beiden Angeklagten einerseits und K. andererseits. Zunächstschlug einer der Angeklagten mit einer Bratpfanne - ohne daß hierfür bereitsein Tötungsvorsatz festgestellt worden ist - mehrmals wuchtig auf den sich hef-tig wehrenden K. ein, der von drei Schlägen am Kopf getroffen und zuBoden gestreckt wurde. Anschließend wurde er von einem der Angeklagten- 3 -unter Beteiligung des anderen mit Tötungsvorsatz durch Ausübung massiver,stumpfer Gewalt auf den Hals erstickt.2. Beide Angeklagte haben eine Beteiligung an der Tötungshandlung inAbrede gestellt. Der Angeklagte G. hat sich in der Hauptverhandlung dahineingelassen, die Mitangeklagte B. allein habe zunächst mit derBratpfanne auf K. eingeschlagen und ihn dann zu Tode stranguliert.Die Angeklagte B. hat bestritten, zur Tatzeit überhaupt am Tatortgewesen zu sein.Die Strafkammer ist davon ausgegangen, daß beide Angeklagte an derTötungshandlung beteiligt waren und bewußt und gewollt zusammenwirkten,indem der eine das Opfer festhielt und der andere es erstickte.Nach der Überzeugung der Strafkammer ergibt sich die Tatbeteiligungdes Angeklagten G. im wesentlichen daraus, daß er zum Tatzeitpunkt amTatort sowie nach der Tat im Besitz des Schlüssels zu der verschlossenenWohnung des K. gewesen sei, er "mit kaltblütiger Überlegung" an derSpurenbeseitigung mitgewirkt habe, an seinem Körper auf eine körperlicheAuseinandersetzung hinweisende Verletzungen festgestellt sowie an seinenKleidungsstücken Blutspuren des Tatopfers gesichert worden seien und sichunter mehreren Fingernägeln des Getöteten in Form von Mischspuren Typisie-rungsmerkmale der DNA des Angeklagten G. befunden hätten. Auch wennder Angeklagte G. nicht selbst K. erdrosselt haben sollte, sei dieszumindest mit seinem Wissen und Wollen geschehen. Denn aufgrund der unterden Fingernägeln des Opfers gesicherten DNA-Merkmale des Angeklagten,des vom Tatopfer stammenden Bluts an seiner Kleidung und der Spurenbesei-- 4 -tigung sei davon auszugehen, daß er körperlich durch Festhalten des K. an dessen Erdrosselung mitgewirkt habe (UA S. 26 - 30).Die Tatbeteiligung der Angeklagten B. folgert das Landge-richt im wesentlichen aus Mischspuren mit ihren DNA-Typisierungsmerkmalen,die in der Innenseite der Hose sowie unter zwei Fingernägeln des Tatopfersgefunden wurden, und aus den an ihrem Körper festgestellten, auf einen Kampfhinweisenden Verletzungen. Weitere Indizien dafür seien, daß sie vom Ange-klagten G. der Anwesenheit am Tatort bezichtigt worden sei und drei Tagenach der Tat versucht habe, mehrere Personen dazu zu bewegen, nach demOpfer zu schauen. Außerdem habe die Angeklagte B. ein Tatmotivgehabt, weil sie sich von K. verlassen und gedemütigt gefühlt habe;in diesem Zustand sei ihr nach dem psychiatrischen Sachverständigengutach-ten eine Gewalttat nicht wesensfremd (UA S. 30 - 36).3. Nicht zu beanstanden ist die Beweiswürdigung der Strafkammer zu ih-rer Überzeugungsbildung, daß beide Angeklagte an dem Kampfgescheheninsgesamt beteiligt waren und einer von beiden sodann das Opfer vorsätzlicherstickte, wobei sie nicht hat feststellen können, wer von beiden die Drosse-lungshandlung vornahm.Für die weitere, darüber hinausgehende Folgerung, der andere Ange-klagte habe das Opfer dabei festgehalten, fehlt es jedoch an einer nachvoll-ziehbaren Begründung. Das Landgericht konnte sich für eine solche Tatbeteili-gung weder auf eine entsprechende Aussage eines der Beteiligten stützennoch hat es ein sonstiges Beweisanzeichen benannt, das ein solches Festhal-ten während des Drosselungsvorgangs spezifisch belegt hätte; es ist auchnicht ersichtlich. Vielmehr hat die Strafkammer nur pauschal auf die festge-- 5 -stellten Indizien verwiesen, ohne sich damit auseinanderzusetzen, ob diesenicht auch ohne weiteres mit einer Beteiligung lediglich am vorausgehendenKörperverletzungsgeschehen und der nachfolgenden Spurenbeseitigung er-klärbar sind. Da das Tatopfer vor dem Drosselungsvorgang bereits zu Bodengeschlagen worden war, versteht es sich etwa auch nicht von selbst, daß eineweitere Person zum Überwinden des Widerstands durch Festhalten notwendiggewesen wäre. Daß die festgestellten Blut- und DNA-Anhaftungen auf einFesthalten beim Tötungsakt und nicht nur auf eine Beteiligung am vorange-gangenen Kampfgeschehen oder der Spurenbeseitigung hindeuten, ist nichtdargetan. Somit hat sich die Strafkammer unzureichend damit auseinanderge-setzt, ob nicht ein Handlungsablauf gegeben war, wie ihn der AngeklagteG. in seiner Einlassung geschildert hat, bei dem nur einer der beiden An-geklagten die Tötungshandlung ohne Beteiligung des anderen vornahm. Diesführt zur Aufhebung des Schuldspruchs gegen beide Angeklagte, da offen ge-blieben ist, wer von beiden das Opfer erstickte. Auf die weiteren Beanstandun-gen der Revision gegen die Strafzumessungserwägungen, insbesondere ge-gen die angesichts der ungeklärten Tatumstände nicht belegte Charakterisie-rung der Tat als "hinrichtungsähnlich", kommt es daher nicht mehr an.4. Sollte die neue Hauptverhandlung wieder zu einer Verurteilung wegenTotschlags führen, sieht sich der Senat zu folgendem Hinweis veranlaßt:Bei den getroffenen Feststellungen hätte sich die ausdrückliche Prüfungeines minder schweren Falls des Totschlags gemäß § 213 1. Alt. StGB aufge-drängt, weil das stark alkoholisierte Tatopfer am Nachmittag des Tattagesdurch seine Aggressivität gegenüber dem Angeklagten G. aufgefallen war(UA S. 9) und das Landgericht bei der Strafzumessung die Möglichkeit nichtausschließen konnte, daß K. durch ihm nicht persönlichkeitsfremde- 6 -verbale Entgleisungen die tätlichen Angriffe auf sich ausgelöst hatte (UA S.38). Dem Täter darf kein Nachteil dadurch entstehen, daß er die Tat bestreitetund deshalb nicht in der Lage ist, strafmildernde Umstände vorzutragen. Viel-mehr ist in einem solchen Fall von der für den Angeklagten günstigsten Mög-lichkeit auszugehen, die nach den gesamten Umständen in Betracht kommt(vgl. BGHR StPO § 261 in dubio pro reo 7; BGH NStZ-RR 2003, 166, 168).Winkler Pfister von Lienen Becker Hubert
Meta
09.09.2003
Bundesgerichtshof 3. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2003, Az. 3 StR 283/03 (REWIS RS 2003, 1747)
Papierfundstellen: REWIS RS 2003, 1747
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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