Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2011, Az. IX ZR 22/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1497

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 22/11

vom

10. November 2011

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Dr. Gehrlein, [X.], Grupp und die Richterin Möhring

am 10. November 2011
beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 4.
Zivilsenats des [X.] vom 12.
Januar 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird

festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.

1. Zu Unrecht beanstanden die Beklagten, das Berufungsgericht habe die gebotene Prüfung der Angemessenheit der von der Klägerin abgerechneten Stunden versäumt.

a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine Prüfung der Angemessen-heit vorgenommen zu haben, sofern aufgrund der vorgelegten Unterlagen oder aufgrund einer Rüge oder eines tatsächlichen Vortrags des Mandanten An-haltspunkte
für Zweifel an der Angemessenheit eines nachgewiesenen Stun-denaufwands bestehen. Soweit das Berufungsgericht die Angemessenheitsprü-1
2
3
-

3

-
fung an den Sachvortrag der Parteien knüpft, hat es die von der Beschwerde vermisste Amtsprüfung durchgeführt, die keine Amtsermittlung, sondern eine Rechtsprüfung auf der Grundlage des vorgetragenen Sachverhalts bedeutet ([X.], Urteil vom 4.
Mai 2004 -
XI
ZR 40/03, [X.]Z 159, 94, 99
f; Hk-ZPO/
Bendtsen, 4.
Aufl., §
56 Rn. 2). Die auf das Parteivorbringen bezogene rechtli-che Würdigung entspricht den Vorgaben des Senats (Urteil vom 4. Februar 2010 -
IX ZR 18/09, [X.]Z 184, 209 Rn. 85). Insbesondere steht es -
wie das Berufungsgericht zutreffend erkennt
-
dem Mandanten frei, die Angemessenheit des abgerechneten [X.] außer Streit zu stellen.

b)
Soweit die Beklagten beanstanden, wegen des gegen sie gerichteten jeweils identischen [X.] hätte der [X.] nur einmal [X.] werden dürfen, wird ein Zulassungsgrund nicht dargelegt. Davon abgese-hen ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die von der Klägerin ein-gesetzten Verteidiger für beide Beklagte identische Leistungen erbracht haben. Die -
im Nachhinein
-
erwünschte Gebührenersparnis hätten die [X.] weiteres verwirklichen können, indem einer von beiden auf die
Inanspruch-nahme eines Wahlverteidigers verzichtet
hätte.

2. Soweit die Beschwerde dem Berufungsgericht im Blick auf die [X.] von den Beklagten erbrachter Vorschusszahlungen (§
812 Abs.
1 Satz
1 BGB) eine Verkennung der Darlegungs-
und Beweislast
vorwirft, ist die Rüge nicht ordnungsgemäß ausgeführt.

Die Beklagten verfolgen mit der Widerklage unter dem Gesichtspunkt vermeintlicher Honorarüberzahlungen einen Bereicherungsanspruch in Höhe von 482.596,19

belaufen sich die von ihnen erbrachten Vorschusszahlungen auf insgesamt 4
5
6
-

4

-
193.075,01

ithin haben die Beklagten nach Rechnungsstellung Zahlungen über 289.521,18

der -
hier fehlenden
-
Darlegung, auf welche nachträglich in Rechnung gestell-ten anwaltlichen Tätigkeiten sich die Vorschusszahlungen beziehen. Nur eine solche Konkretisierung würde die gebotene Prüfung ermöglichen, ob die von der Klägerin im [X.] an die Vorschusszahlungen in Rechnung gestellten Leistungen hinreichend nachgewiesen sind. Auf der Grundlage dieser [X.] könnte dann abschließend beurteilt werden, inwieweit der den Beklagten auf die Widerklage zuerkannte Betrag über 150.115,94

betrifft.

3. Ein Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG liegt nicht vor, soweit das [X.] die für den Zeitraum vom 21. bis 27.
Februar 2002 in Rechnung gestellten Leistungen als nachgewiesen erachtet.

a) Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Es ist [X.] nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Damit sich ein Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG feststellen lässt, müssen demnach besondere Umstände deutlich gemacht wer-den, die zweifelsfrei darauf schließen lassen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist ([X.], Beschluss vom 27.
März 2003 -
V
ZR 291/02, [X.]Z 154, 288, 300).

b) Die Beschwerdebegründung legt keine Umstände dar, die den zwei-felsfreien Schluss auf eine Verletzung des Prozessgrundrechts gestatten. Die in dem fraglichen Zeitraum in Rechnung gestellten Leistungen betreffen entgegen 7
8
9
-

5

-
dem Beschwerdevorbringen nicht nur eine Stellungnahme zu der [X.], sondern ganz überwiegend andere Leistungen. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass das Berufungsgericht das Bestreiten der Beklagten als nicht hinreichend substantiiert angesehen hat.

4. Soweit die Beschwerde eine Strafbarkeit des den Beklagten nach §
264 StGB vorgeworfenen Verhaltens mangels eines im Tatzeitpunkt gültigen Subventionsgesetzes des [X.] in Abrede stellt, fehlt es an der gebotenen Darlegung sowohl eines Zulassungsgrundes als auch der Entscheidungserheblichkeit.

a) Im Blick auf die von der Beschwerde alternativ angeführten Zulas-sungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO), der Rechtsfortbildung (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Fall
1 ZPO) und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Fall
2 ZPO) ist den [X.] nicht genügt. Zwar ist es unschädlich, wenn der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung schlüssig dargelegt, aber irrig eine grundsätzliche Bedeutung der Sache reklamiert wird ([X.], Beschluss vom 31.
Oktober 2002 -
V [X.], NJW 2003, 754
f). [X.] verhält es sich hingegen, wenn -
wie hier
-
nebeneinander mehrere Zulas-sungsgründe alternativ in den Raum gestellt werden und keiner
von ihnen nä-her ausgeführt wird.

b) Da die Beklagten einer Verfahrenseinstellung zugestimmt (§
153 Abs.
2, §
153a Abs.
2 StPO) und auf die ihnen mögliche rechtliche Klärung in-nerhalb des Strafverfahrens verzichtet haben, kann überdies dahinstehen, ob der ihnen zur Last gelegte Strafvorwurf gerechtfertigt war.

10
11
12
-

6

-

aa) Für die Nachholung dieser rechtlichen Klärung besteht in dem vorlie-genden [X.] keine Veranlassung. Ebenso wie ein Strafvertei-diger, der zugunsten seines Mandanten einen Freispruch erwirkt, kann ein Strafverteidiger, der -
wie hier
-
eine Verfahrenseinstellung herbeiführt, Vergü-tung für die von ihm geleisteten Tätigkeiten verlangen. Aus dem Umstand, dass der Mandant im Ergebnis freizusprechen war, kann nicht ein Wegfall des an-waltlichen Vergütungsanspruchs hergeleitet werden. Der Mandant kann sich der Zahlung der vereinbarten Vergütung nicht aus der Erwägung entziehen, der Verteidiger hätte sich darauf beschränken können, auf die fehlende Strafbarkeit des Verhaltens hinzuweisen.

[X.]) Zwar kann, wenn -
wie in dem hier gegen die Beklagten angestreng-ten Strafverfahren
-
entsprechende Rechtsmittelbefugnisse bestehen (vgl. [X.], Urteil vom 15.
November 2007 -
IX ZR 44/04, [X.]Z 174, 205 Rn.
21), im [X.] davon ausgegangen werden, dass bei zugunsten der Beklagten zu unterstellender Straflosigkeit des ihnen vorgeworfenen Verhaltens jedenfalls aufgrund einer Entscheidung des [X.] als Revisionsgericht im Ergebnis ein Freispruch ergangen wäre (vgl. [X.],
Urteil vom 18.
Dezember 2008 -
IX ZR 179/07, [X.], 324 Rn.
16). Dies schließt jedoch nicht aus, dass sich die zuvor mit der Sache befassten Strafverfolgungsbehörden -
wie die hier ergangenen, strafrechtliche Schuld voraussetzenden Einstellungsentschei-dungen verdeutlichen
-
dieser Erkenntnis nicht angeschlossen hätten. Solange die Strafverfolgungsbehörden die zutreffende rechtliche Beurteilung der Straflo-sigkeit nicht teilen, hat der Strafverteidiger im Interesse seines Mandanten sei-ne -
entgeltlichen
-
Bemühungen fortzusetzen. Der weitere Vorwurf, die für die Klägerin tätigen Verteidiger hätten gegenüber den Strafverfolgungsbehörden

13
14
-

7

-
nicht rechtzeitig auf die fehlende Strafbarkeit hingewiesen, wird nicht durch ei-nen Zulassungsgrund unterlegt.

Kayser
Gehrlein
Fischer

Grupp
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.11.2007 -
3 O 68/05 -

OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 12.01.2011 -
4 [X.] -

Meta

IX ZR 22/11

10.11.2011

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2011, Az. IX ZR 22/11 (REWIS RS 2011, 1497)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1497

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IX ZR 18/09

4 U 3/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.