3. Senat | REWIS RS 2011, 4885
Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Patentnichtigkeitsklageverfahren - "Akteneinsicht" – Zulässigkeit der Akteneinsicht - Nichtzahlung der Klagegebühr – Fiktion der Nichterhebung der Klage
In der Akteneinsichtssache
…
…
wegen Akteneinsicht
betreffend die Akten des [X.]3 Ni 41/10
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.]am 12. Juli 2011 durch den Vorsitzenden [X.]sowie die [X.]Dipl.-Chem. Dr. [X.]und Schell
beschlossen:
Der Antragstellerin wird Einsicht in die Akten des [X.]3 Ni 41/10 gewährt
I.
Die Antragstellerin hat mit [X.]vom 6. Mai 2011 Antrag auf Akteneinsicht in die Akten des [X.]3 Ni 41/10 gestellt.
Die Antragsgegnerin zu 2) hat mit [X.]ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 12. Mai 2011 dem [X.]widersprochen und zur Begründung vorgetragen, die Nichtigkeitsklage gelte wegen der Nichtzahlung der Gerichtsgebühren als nicht erhoben, wie dies auch in dem Beschluss des [X.]vom 4. März 2011 festgestellt worden sei. Gemäß der gesetzlichen Fiktion des § 6 Abs. 2 PatKostG müsse die Nichtigkeitsklage somit als nicht eingereicht behandelt werden. Ein [X.]habe daher zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Vor diesem Hintergrund erscheine es sinnwidrig, die Einsicht in eine nicht erhobene Klage zu ermöglichen. Vielmehr sei eine Akteneinsicht nur dann möglich, wenn die Klage tatsächlich als erhoben gelte.
Die Antragsgegnerin zu 1) hat mit [X.]ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 1. Juni 2011 vorgetragen, sie könne sich zu dem [X.]nicht äußern, da sie nicht Partei des [X.]geworden sei. Den rechtlichen Ausführungen der Antragsgegnerin zu 2) stimme sie jedoch zu.
II.
1. Der [X.]ist zulässig.
Nach der gesetzlichen Regelung des § 99 Abs. 3 Satz 3 PatG ist [X.]die Einsicht in "Akten von Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents" grundsätzlich eröffnet. Die sich daraus ergebenden Zulässigkeitsvoraussetzungen sind hier erfüllt. So wurde nach Eingang der Klageschrift vom 21. Oktober 2010, die Gegenstand des Verfahrens 3 Ni 41/10 (EP) ist, von der Geschäftsstelle des für die Sache zuständigen Senats eine Akte angelegt, um die weitere Verfahrensentwicklung zu dokumentieren. Diese Akte wurde und wird auch nach der Feststellung des [X.]vom 4. März 2011, dass die Klage wegen Nichtzahlung der Klagegebühr nach § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht erhoben gilt, weiter aufbewahrt. Eine Verfahrensakte im Sinne von § 99 Abs. 3 PatG liegt in dem hier zu entscheidenden Fall also vor. Die Auffassung der Antragsgegnerin zu 2), eine Akteneinsicht sei nur dann möglich, wenn eine Klage tatsächlich als erhoben gelte, was hier wegen der Nichtvornahmefiktion des § 6 Abs. 2 PatKostG nicht gegeben sei, geht fehl. Denn sie lässt unberücksichtigt, dass sich die auf kostenrechtliche Aspekte gerichtete Fiktion des § 6 Abs. 2 PatKostG lediglich auf die (Nicht-)Erhebung der Klage bezieht. Die Möglichkeit einer Akteneinsicht wird durch § 6 Abs. 2 PatKostG dagegen in keiner Weise einschränkt, vielmehr ist die Frage, ob die hierfür vorgesehenen Zulässigkeitsvoraussetzungen - ein [X.]bzw. eine entsprechende Akte - gegeben sind, ausschließlich nach § 99 Abs. 3 PatG zu beantworten.
Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass diese Regelung nicht zwischen dem Akteninhalt eines bloßen "Vorverfahrens" bis zur Gebührenzahlung und Zustellung der Klage einerseits und dem Akteninhalt nach Übermittlung der Klageschrift an die Patentinhaberin andererseits unterscheidet. Auch wenn sich im vorliegenden Fall aufgrund der unterbliebenen Gebührenzahlung kein streitiges Gerichtsverfahren entwickelt hat, bleiben die angelegten Akten dennoch als Teil eines "Verfahrens wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents" im weiteren Sinne existent (so bereits BPatGE 26, 165). Dies verdeutlicht nicht zuletzt auch die von der Antragsgegnerin zu 2) angeführte Entscheidung des [X.]vom 4. März 2011, die bereits denklogisch nicht außerhalb eines solchen Verfahrens bzw. einer entsprechenden Verfahrensakte ergehen konnte. Für die Frage der Zulässigkeit eines Antrags auf Einsicht in diese Akte, kommt es nach dem Normzweck des § 99 Abs. 3 PatG nicht darauf an, ob die Klage tatsächlich als erhoben gilt oder nicht. Denn durch diese Norm soll das Allgemeininteresse an der Beseitigung von zu Unrecht erteilten Schutzrechten abgesichert werden (BGH GRUR 2007, 628, 629, Rdn. 14 - MOON, m. w. N., hier zur entsprechenden Regelung im Markengesetz). Dementsprechend umfasst § 31 PatG - auf den in § 99 Abs. 3 Satz 1 PatG ausdrücklich verwiesen wird – auch grundsätzlich die Einsicht in Akten von als zurückgenommen geltenden Patentanmeldungen (vgl. Rudloff-Schäffer in Schulte, PatG, 8. Aufl., § 31 Rdn. 40, m. w. N.). Im Hinblick auf das öffentliche Interesse daran, dass schutzunfähige Patente im Wege der Nichtigkeitsklage beseitigt werden, wird deshalb über § 99 Abs. 3 PatG gewährleistet, dass Dritte entsprechende Erkenntnisse im Wege der Akteneinsicht erlangen können. Dass solche Erkenntnisse auch aus der Einsicht in die Akten eines [X.]möglich sind, das nicht über das Stadium der Einreichung eines Klageschriftsatzes hinausgelangt ist, liegt auf der Hand. Dies macht deutlich, dass es entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin zu 2) keineswegs sinnwidrig ist, [X.]die Einsicht in eine solche Akte zu eröffnen.
2. Der Antrag auf Akteneinsicht ist auch in vollem Umfang begründet, da die Antragsgegner kein schutzwürdiges Interesse i. S. v. § 99 Abs. 3 Satz 3 PatG dargelegt haben.
Grundsätzlich steht die Einsicht in die Akten von [X.]jedermann frei, es sei denn, die Antragsgegner berufen sich auf ein schutzwürdiges, der Akteneinsicht entgegenstehendes Interesse (vgl. BGH GRUR 2007, 815 - Akteneinsicht XVIII; Schuster/[X.]in: Busse, PatG, 6. Aufl., § 99, Rdn. 35; Schulte, PatG, 8. Auflage, § 99 Rdn. 28, jeweils m. w. N.). Nur in diesem Fall müssen die Antragsteller ihrerseits ein schutzwürdiges [X.]darlegen, das dann mit den Interessen der Antragsgegner abzuwägen ist (vgl. BGH GRUR 2001, 143 - Akteneinsicht XV; [X.]a. a. O., § 99 Rdn. 30). Im vorliegenden Fall haben die Antragsgegner jedoch keinerlei Tatsachen vorgetragen, die ein der Akteneinsicht entgegenstehendes, schutzwürdiges Interesse begründen könnten.
Die beantragte Einsicht in die Akten des [X.]war somit in vollem Umfang zu gewähren.
Meta
3 ZA (pat) 29/11 zu3 Ni 41/10 (EP
12.07.2011
Beschluss
Sachgebiet: Ni
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.07.2011, Az. 3 ZA (pat) 29/11 zu3 Ni 41/10 (EP (REWIS RS 2011, 4885)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 4885
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
3 ZA (pat) 14/11 (Bundespatentgericht)
Patentnichtigkeitsklageverfahren -Akteneinsicht - Zulässigkeit der Akteneinsicht - unterbliebene Gebührenzahlung
7 ZA (pat) 4/16 (Bundespatentgericht)
(Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Akteneinsicht" – zur Akteneinsicht betreffend den Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG)
7 Ni 28/19 (EP), Verb. m. 7 Ni 35/19 (EP) (Bundespatentgericht)
Patentnichtigkeitssache – „Verfahren und Vorrichtung zur programmierbaren Texturverarbeitung“ – Verfahrensverbindung von zwei oder mehreren Nichtigkeitsverfahren …
4 ZA (pat) 1/16 zu 4 Ni 9/05 (EU) (Bundespatentgericht)
Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Akteneinsicht bei Geheimhaltungsvereinbarung" – zur Begründung des der Akteneinsicht entgegenstehenden schutzwürdigen Interesses – …
4 ZA (pat) 59/17, zu 4 Ni 79/17 (EP) (Bundespatentgericht)
Akteneinsichtssache in einem Patentnichtigkeitsverfahren – keine oder eingeschränkte Akteneinsicht im zivilrechtlichen Verletzungsverfahren mangels eines rechtlichen …
Keine Referenz gefunden.
Keine Referenz gefunden.