Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.08.2023, Az. V R 49/20

5. Senat | REWIS RS 2023, 7124

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Gegenstand

Vertrauensschutz bei rechtswidrigen Verwaltungsanweisungen


Leitsatz

§ 176 Abs. 2 AO gewährt keinen Änderungsschutz, wenn der BFH eine dort bezeichnete Verwaltungsvorschrift erst nach dem Erlass des angefochtenen Änderungsbescheids als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 26.11.2020 - 11 K 12/20 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) verpachtete im Juli 2012 den bisher von ihm geführten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb an eine GbR, die er zusammen mit seinem [X.] gegründet hatte und an der er mit 70 % beteiligt war. Die GbR versteuerte ihre Umsätze nach § 24 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der in den Streitjahren (2014 – 2017) geltenden Fassung (UStG).

2

Der Kläger errichtete auf seinem Grundstück einen [X.] mit 65 Milchviehplätzen und erklärte gegenüber dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) im September 2013, auf die Steuerfreiheit der Vermietung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG gemäß § 9 UStG zu verzichten. Mit seiner Umsatzsteuerjahreserklärung 2013, der das [X.] gemäß § 168 Satz 2 der Abgabenordnung ([X.]) zustimmte, machte der Kläger einen Vorsteuerabzug in Höhe von 105.294,03 € geltend.

3

Den [X.] verpachtete der Kläger unter Verzicht auf die Steuerfreiheit an die GbR mit Vertrag vom 01.03.2014 für einen jährlichen Pachtzins in Höhe von netto 45.000 €. Die Verpachtung bezog sich auf das Teilgrundstück, auf dem der [X.] stand, das Gebäude und sämtliches Inventar wie zum Beispiel Melkroboter. Die Kosten für das Pachtobjekt beliefen sich insgesamt auf circa 680.000 € ([X.] circa 476.000 €, [X.] circa 7.000 €, Melkroboter circa 150.000 €, Stalleinrichtung circa 29.000 €, [X.] circa 12.000 € und Pflasterung [X.] circa 6.000 €).

4

Mit der Umsatzsteuerjahreserklärung 2014, der das [X.] gleichfalls zustimmte, erklärte der Kläger steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 38.320 €, unter anderem aus der Verpachtung des [X.]s, und machte einen Vorsteuerabzug in Höhe von 21.807,47 € geltend, so dass sich eine Vergütung von 14.526,67 € ergab. Mit der Umsatzsteuerjahreserklärung 2015 versteuerte er Umsätze in Höhe von 46.075 €, unter anderem aus der Verpachtung des [X.]s, woraus sich unter Berücksichtigung eines Vorsteuerabzugs von 394,95 € eine Steuerschuld von 8.359,50 € ergab.

5

Im März 2018 führte das [X.] beim Kläger eine Außenprüfung für die Jahre 2012 bis 2015 durch. Im [X.] hieran ging das [X.] davon aus, dass die [X.] nach § 10 Abs. 5 UStG anzuwenden sei, dass ein marktübliches Entgelt für den auf die individuellen Bedürfnisse der Pächterin zugeschnittenen Stalls nicht ermittelbar sei und dass sich daher aus einer Verteilung der für das Pachtobjekt angefallenen Anschaffungs- und Herstellungskosten nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 UStG eine jährliche Bemessungsgrundlage von 66.000 € für die Verpachtung ergebe. Hieraus ergab sich eine Umsatzerhöhung von 17.500 € im Streitjahr 2014 und von jeweils 21.000 € für die Streitjahre 2015 bis 2017.

6

Das [X.] änderte dementsprechend die [X.] 2014 und 2015 durch die Bescheide vom 28.03.2018. Ebenso änderte das [X.] die [X.], Dezember 2017 und Januar 2018.

7

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Während des [X.], das keinen Erfolg hatte, ergingen am 11.07.2018 und 16.05.2019 die [X.] 2016 und 2017, die gemäß § 365 Abs. 3 [X.] zum Gegenstand des [X.] wurden.

8

Die hiergegen eingelegte Klage zum Finanzgericht ([X.]) hatte Erfolg. Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 975 veröffentlichten Urteil des [X.] war die Verpachtung im Streitjahr 2014 --entgegen der Rechtsprechung des [X.] ([X.] im Hinblick auf einen nach § 176 Abs. 2 [X.] zu gewährenden Vertrauensschutz als steuerpflichtig zu behandeln. Unter Berücksichtigung eines Gutachtens, das ein vom [X.] bestellter Gutachter erstattet hatte, verneinte das [X.] die Anwendung der [X.], da das vereinbarte Entgelt marktüblich gewesen sei. Für die weiteren Streitjahre sei mangels Anwendung des § 176 Abs. 2 [X.] von einer steuerfreien Verpachtung auszugehen, so dass sich die Frage der [X.] erübrige. Der vom [X.] geltend gemachte Steueranspruch lasse sich auch nicht über eine Berichtigung nach § 15a UStG aufgrund eines unzutreffend in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs begründen.

9

Hiergegen wendet sich das [X.], das die Verletzung materiellen Rechts und das Vorliegen eines Verfahrensfehlers geltend macht. Ein marktübliches Entgelt sei nicht feststellbar. Zwar billige die Finanzverwaltung den Verzicht bei einer Vermietung an Landwirte, die § 24 Abs. 1 UStG anwenden, für die Vergangenheit entgegen der BFH-Rechtsprechung. Sollten die Voraussetzungen für den Verzicht entsprechend der BFH-Rechtsprechung nicht vorliegen, wäre die Vermietung im Umfang der Überlassung von [X.] nach § 4 Nr. 12 UStG steuerpflichtig, während sich im Übrigen eine Steuerschuld nach § 14c UStG ergebe. Ein zu Unrecht gewährter Vorsteuerabzug sei gemäß § 15a UStG zu berichtigen.

Das [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Ein marktübliches Entgelt sei feststellbar. Es liege kein Verfahrensfehler vor. Für das Streitjahr 2014 sei Vertrauensschutz nach § 176 [X.] zu gewähren. Eine Vorsteuerberichtigung für die übrigen Streitjahre komme nicht in Betracht.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [[X.].] ist aus anderen als den geltend gemachten Gründen begründet. Das Urteil des [[X.].] ist aufzuheben und die Sache mangels Spruchreife zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [[X.].] zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[[X.].]O--). § 176 Abs. 2 [[X.].] gewährt keinen Änderungsschutz, wenn der [[X.].] eine dort bezeichnete Verwaltungsvorschrift erst nach dem Erlass des angefochtenen Änderungsbescheids als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet. Daher ist im Streitfall nicht von einer nach § 9 Abs. 2 UStG steuerpflichtigen Verpachtung auszugehen, sondern vielmehr zu entscheiden, ob und gegebenenfalls inwieweit eine nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreie Leistung vorliegt. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.

1. Das [[X.].] ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger nicht berechtigt war, auf die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG zu verzichten. Denn nach der Rechtsprechung des [[X.].] kommt ein derartiger Verzicht gemäß § 9 Abs. 2 UStG bei einer Verpachtung an einen Unternehmer, dessen Umsätze § 24 Abs. 1 UStG unterliegen, nicht in Betracht ([[X.].]-Urteil vom 01.03.2018 - V R 35/17, [[X.].]E 261, 380, [[X.].], 749). Zu Unrecht hat das [[X.].] aber entschieden, dass diese Rechtsprechung im Hinblick auf § 176 Abs. 2 [[X.].] für die Besteuerung des Klägers jedenfalls im Streitjahr 2014 nicht zu berücksichtigen sei.

a) Nach § 176 Abs. 2 [[X.].] darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der [[X.].]regierung, einer obersten [[X.].]- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des [[X.].] als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist.

b) Der [[X.].] hat zu § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [[X.].] bereits ausdrücklich entschieden, dass aus dem Wortlaut der Regelung ("Bei der Aufhebung oder Änderung ...") hervorgeht, dass die Vorschrift nur dann eingreift, wenn sich die Rechtsprechung in der [[X.].] vor dem Erlass des Änderungsbescheids geändert hat, dass sie aber nicht den Fall erfasst, dass zunächst ein Änderungsbescheid ergeht und erst im [[X.].] hieran eine Rechtsprechungsänderung erfolgt, durch die der Änderungsbescheid materiell-rechtlich legitimiert wird, und dass im Ergebnis dasselbe im Hinblick auf § 176 Abs. 2 [[X.].] gilt, da die dort vorausgesetzte Bezeichnung ebenfalls vor dem Erlass des Änderungsbescheids erfolgen muss ([[X.].]-Urteil vom 20.12.2000 - I R 50/95, [[X.].]E 194, 185, [[X.].] 2001, 409, unter [[X.].] und [[X.].]; ebenso zu § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [[X.].] [[X.].]-Urteil vom 11.04.2002 - V R 26/01, [[X.].]E 198, 238, [[X.].] 2004, 317, unter II.2.; [[X.].]-Beschluss vom 06.06.2007 - V B 64/06, [[X.].]/NV 2007, 1802, unter [[X.].] und [[X.].]/[[X.].], § 176 [[X.].] Rz 16a; [[X.].]/Rüsken, [[X.].], 16. Aufl., § 176 Rz 82; von [[X.].] in [[X.].], [[X.].] § 176 Rz 32). Abweichendes folgt auch nicht aus dem [[X.].]-Urteil vom 28.05.2002 - I[X.] R 86/00 ([[X.].]E 199, 1, [[X.].] 2002, 840), in dem für den [[X.].] gleichfalls maßgeblich war, dass vor Erlass des Änderungsbescheids ein im Wesentlichen gleicher Sachverhalt anders als bisher entschieden wurde ([[X.].]-Urteil in [[X.].]E 199, 1, [[X.].] 2002, 840, unter [[X.].] und d). Einer im Schrifttum vertretenen Gegenauffassung (v. Groll in [[X.].]/[[X.].]/[[X.].], § 176 [[X.].] Rz 116), wonach es auf den [[X.].]punkt der letzten Gerichtsentscheidung über den Änderungsbescheid ankommen soll, schließt sich der [[X.].] im Interesse der Kontinuität der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht an. Abweichendes folgt auch nicht aus dem Unionsrecht. Insbesondere ist vorliegend nicht von einem Verstoß gegen den [[X.].] auszugehen, nach dem die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte weder praktisch unmöglich gemacht noch übermäßig erschwert werden dürfen (vgl. z.B. Urteil des Gerichtshofs der [[X.].] --EuGH-- [[X.].] vom 15.12.2011 - C-427/10, [[X.].]:C:2011:844, Rz 24).

c) Danach gewährt § 176 Abs. 2 [[X.].] entgegen dem [[X.].]-Urteil auch für das Streitjahr 2014 keinen Änderungsschutz. Denn auch der insoweit angefochtene Änderungsbescheid vom 28.03.2018 ist vor dem [[X.].]-Urteil vom 01.03.2018 - V R 35/17 ([[X.].]E 261, 380, [[X.].], 749) ergangen, da hierfür auf die [[X.].] dieses Urteils auf der Internetseite des [[X.].] am 16.05.2018 abzustellen ist (vgl. [[X.].]-Urteil vom 06.12.2007 - V R 3/06, [[X.].]E 221, 67, [[X.].] 2009, 203, unter II.3.b).

2. Ist der Besteuerung im Streitfall daher zugrunde zu legen, dass der Unternehmer entgegen Abschn. 9.2 Abs. 2 des [[X.].] (UStAE) nicht auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze nach § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG verzichten kann, wenn er ein Grundstück an einen Landwirt verpachtet, der seine Umsätze gemäß § 24 Abs. 1 UStG nach Durchschnittssätzen versteuert ([[X.].]-Urteil in [[X.].]E 261, 380, [[X.].], 749, Leitsatz), kommt es darauf an, ob und in welchem Umfang die Leistungen des Klägers nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei sind. Insoweit ist die Sache nicht spruchreif.

a) § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG befreit die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken. [[X.].] beruht dies auf dem gleichlautenden Art. 135 Abs. 1 Buchst. l der Richtlinie 2006/112/[[X.].] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Nicht steuerfrei ist nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG insbesondere die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören ([[X.].]), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind. [[X.].]e Grundlage hierfür ist Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. [[X.].], der die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen von der Steuerfreiheit ausschließt.

b) Hierzu hat der [[X.].] bereits entschieden, dass es sich bei der Überlassung des Inventars um eine Nebenleistung zur gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreien Verpachtung des Seniorenwohnparks handeln kann ([[X.].]-Urteil vom 11.11.2015 - V R 37/14, [[X.].]E 251, 517, [[X.].] 2017, 1259, Rz 11).

c) Dasselbe gilt für die Überlassung von [[X.].]. Zwar ist der [[X.].] in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass sich in Bezug auf [[X.].] aus § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ein Aufteilungsgebot ergibt und daher die Vermietung und Verpachtung von [[X.].] nicht von der Umsatzsteuer befreit ist, selbst wenn diese wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind, wobei eine Einbeziehung der Überlassung von [[X.].] in die Steuerfreiheit auch nicht unter dem Gesichtspunkt der unselbständigen Nebenleistung in Betracht kommen sollte ([[X.].]-Urteil vom 28.05.1998 - V R 19/96, [[X.].]E 185, 555, [[X.].] 2010, 307, Leitsatz; ebenso Abschn. [[X.].] Satz 1 UStAE).

Hieran ist indes nach dem EuGH-Urteil Finanzamt [X.] vom 04.05.2023 - [X.]/21 ([[X.].]:[X.]), das auf Vorlage durch den [[X.].] ergangen ist (Beschluss vom 26.05.2021 - V R 22/20, [[X.].]E 273, 351), nicht festzuhalten. Danach findet Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. [[X.].] auf die Vermietung auf Dauer eingebauter Vorrichtungen und Maschinen keine Anwendung, wenn diese Vermietung eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes ist, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen und nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l dieser Richtlinie steuerbefreiten Pachtvertrags erbracht wird, und diese Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden. Dem hat sich der [[X.].] in seinem Beschluss vom 17.08.2023 - V R 7/23 (V R 22/20) (zur amtlichen [[X.].] bestimmt) angeschlossen und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf.

d) Zu entscheiden ist daher insbesondere, ob eine einheitliche Leistung vorliegt, bei der die Verpachtung von Inventar oder von [[X.].] unter Berücksichtigung der vorstehenden Rechtsprechung als Nebenleistung zu einer insgesamt steuerfreien Leistung anzusehen ist. Hierfür könnte der Pachtvertrag insoweit anzuführen sein, als dort im Zusammenhang mit der Rechnungserteilung der monatliche Pachtzins von 3.750 € in einen Betrag von 2.500 € für "Boxenlaufstall, Gebäude" und von 1.250 € für "Einrichtungen" aufgeteilt wird. Für die Steuerfreiheit einer Gesamtleistung könnten auch die Investitionssummen für die [X.] sowie für die weiteren Gegenstände sprechen, bei denen es sich um Inventar oder um [[X.].] handeln kann.

Dem [[X.].] ist aber im Revisionsverfahren mangels hinreichender Feststellungen des [[X.].] eine Entscheidung zu dieser vom [[X.].] nicht erörterten Frage versagt.

3. Für das weitere Verfahren weist der [[X.].] ohne Bindungswirkung nach § 126 Abs. 5 [[X.].]O vorsorglich auf Folgendes hin.

a) Sollte die vom Kläger erbrachte Leistung als einheitliche Leistung in vollem Umfang steuerfrei sein, wofür einiges spricht, erübrigt sich die Frage nach einer [X.] dieses Umsatzes. Es wäre dann zu prüfen, ob Rechnungen im Sinne von § 14c UStG vorliegen, wozu trotz Erwähnung des Pachtvertrags bislang keine hinreichenden Feststellungen des [[X.].] vorliegen.

b) Wäre bei einer einheitlichen Leistung die Inventar- oder Betriebsvorrichtungsüberlassung als Hauptleistung anzusehen, käme es auf den im bisherigen Verfahren erörterten Streitpunkt der [X.] des § 10 Abs. 5 UStG an, bei der es sich um eine Sondermaßnahme handelt, für die die --nach Art. 27 der [X.]/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern-- erforderliche Ermächtigung in dem nach dieser Bestimmung vorgesehenen Verfahren erteilt wurde (EuGH-Urteil Skripalle vom 29.05.1997 - [X.]/96, [[X.].]:[X.], [[X.].] 1997, 841, Rz 9).

Zur Auslegung von § 10 Abs. 5 UStG sind dabei ergänzend zu dieser Ermächtigung auch die Wertungen der Art. 80 und Art. 72 MwStSystRL heranzuziehen. Nach Art. 80 MwStSystRL bildet unter den dort bezeichneten Voraussetzungen der sogenannte Normalwert die Bemessungsgrundlage. Als Normalwert gilt gemäß Art. 72 Abs. 1 MwStSystRL der gesamte Betrag, den ein Empfänger einer Lieferung oder ein Dienstleistungsempfänger auf derselben Absatzstufe, auf der die Lieferung oder die Dienstleistung erfolgt, an einen selbständigen Lieferer oder Dienstleistungserbringer in dem Mitgliedstaat, in dem der Umsatz steuerpflichtig ist, zahlen müsste, um die Leistung zu diesem [[X.].]punkt unter den Bedingungen des freien [X.] zu erhalten. Kann bei Dienstleistungen der hier vorliegenden Art keine vergleichbare Erbringung von Dienstleistungen ermittelt werden, bestimmt sich der Normalwert gemäß Art. 72 Abs. 2 Fall 1 MwStSystRL nach einem Betrag nicht unter dem Betrag der Ausgaben des Steuerpflichtigen für die Erbringung der Dienstleistung.

Dabei spricht das sich aus Art. 72 Abs. 1 MwStSystRL ergebende Erfordernis der Leistungserbringung im selben Mitgliedstaat gegen die Sichtweise des [[X.].], nach der nur auf [X.] in derselben Gemeinde abgestellt werden soll, und für die Beurteilung durch das [[X.].], nach dessen Urteil auch auf Leistungen in [X.] abzustellen ist. Eine Auslegung entsprechend dem Unionsrecht spricht auch gegen die Erwägungen des [[X.].] zur Schätzungsbetrachtung nach § 21 des Einkommensteuergesetzes.

Liegt keine einheitliche Leistung vor, wäre die Anwendung der [X.] bezogen auf die dann steuerpflichtige Überlassung von Inventar oder von [[X.].] zu prüfen.

4. Auf den vom [[X.].] geltend gemachten Verfahrensfehler kommt es aufgrund der Zurückverweisung nicht an.

5. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 [[X.].]O.

Meta

V R 49/20

24.08.2023

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 26. November 2020, Az: 11 K 12/20, Urteil

§ 4 Nr 12 UStG 2005, § 9 UStG 2005, Art 135 Abs 1 Buchst l EGRL 112/2006, Art 135 Abs 2 S 1 Buchst c EGRL 112/2006, § 176 Abs 2 AO, Art 72 Abs 1 EGRL 112/2006, § 10 Abs 5 UStG 2005, UStG VZ 2014, UStG VZ 2015, UStG VZ 2016, UStG VZ 2017

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.08.2023, Az. V R 49/20 (REWIS RS 2023, 7124)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7124

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