Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.09.2022, Az. IV R 18/19

4. Senat | REWIS RS 2022, 7061

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Gegenstand

(Keine Anerkennung der nach Ablauf des Abzugsjahres geänderten Gewinnverteilungsabrede für den Fall der Nichtinvestition nach § 7g EStG)


Leitsatz

1. Übernimmt der nach Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters verbleibende Gesellschafter einer zweigliedrigen Personengesellschaft unentgeltlich den Betrieb der Mitunternehmerschaft, so kann er den von der Mitunternehmerschaft abgezogenen Investitionsabzugsbetrag (IAB) fortführen.

2. Soweit der den Betrieb der Mitunternehmerschaft als Einzelunternehmer fortführende Gesellschafter im Investitionszeitraum keine Investition vornimmt, ist der IAB im Abzugsjahr bei der Mitunternehmerschaft rückgängig zu machen.

3. Eine nach Ablauf des Abzugsjahres getroffene Gewinnverteilungsabrede, die für den Fall der Nichtinvestition eine vom bisher geltenden Gewinnverteilungsschlüssel abweichende Zuordnung des Gewinns aus der Rückgängigmachung des IAB trifft, ist steuerrechtlich nicht zu berücksichtigen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom [X.] - 15 K 1457/18 F wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) gründete im Jahr 2003 mit ihrer Tochter, der mit Beschluss des Finanzgerichts ([X.]) vom 24.07.2018 beigeladenen (Beigeladene), eine GbR. Diese betrieb unter den Namen [X.], später [X.], ein Kosmetikstudio. Nach § 10 des [X.]svertrags betrug die Beteiligung am Gewinn und Verlust der [X.] für die Klägerin 90 %, für die Beigeladene 10 %. Die [X.] ermittelte ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Im Streitjahr 2010 planten die Klägerin und die Beigeladene wegen eines beabsichtigten Umzugs des Kosmetikstudios in größere Räumlichkeiten spätestens im [X.] die Anschaffung von Möbeln und einem Fahrzeug für den Betrieb der [X.].

2

Am 30.09.2011 reichte die [X.] die Erklärung für die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung ([X.]) betreffend das [X.] bei dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) ein. Hierbei setzte sie einen Investitionsabzugsbetrag ([X.]) nach § 7g Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung (EStG) von 38.500 € an, den sie in Höhe von 34.650 € der Klägerin und in Höhe von 3.850 € der Beigeladenen zuordnete. Ebenfalls am 30.09.2011 gab die Beigeladene gegenüber dem steuerlichen Berater der GbR eine schriftliche Erklärung ab, wonach bei ausbleibenden Investitionen bis Ende 2013 die Nachversteuerung der [X.] für das [X.] alleine dem Mitunternehmeranteil der Beigeladenen zuzurechnen sei.

3

Das [X.] stellte mit [X.]sbescheid vom 14.11.2011 die Einkünfte für die [X.] für das [X.] unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß fest. Der laufende Gewinn der [X.] (./. 27.300,58 €) wurde der Klägerin zu 90 % in Höhe von ./. 24.570,52 €, der Beigeladenen zu 10 % in Höhe von ./. 2.730,06 € zugewiesen. Mit weiterem Bescheid vom 01.06.2012 hob das [X.] den Vorbehalt der Nachprüfung für die [X.] 2010 auf.

4

Im Oktober 2012 kündigte die Klägerin wegen Differenzen mit der Beigeladenen die [X.] zum 31.12.2012. Die Beigeladene übernahm darauf ohne Zahlung einer Abfindung an die Klägerin das Vermögen der [X.] und führte deren Betrieb als Einzelunternehmen fort. In dem [X.]svertrag der [X.] war auszugsweise geregelt:

"§ 13 Übernahmerecht, Auflösung
Stirbt oder kündigt ein [X.]er oder tritt in seiner Person sonst ein Grund ein, der nach den §§ 723 bis 728 BGB die Auflösung der [X.] zur Folge haben würde, so übernimmt der andere [X.]er das Vermögen der [X.] mit Aktiven und Passiven, sofern und sobald dieser [X.]er gegenüber dem erstgenannten [X.]er oder dessen Erben innerhalb von 2 Wochen nach Kenntnis des [X.], spätestens innerhalb von 6 Wochen, eine entsprechende Erklärung abgibt. Im anderen Falle wird die [X.] aufgelöst." (...)

5

Im [X.] nahm die Beigeladene für das als Einzelunternehmen fortgeführte Kosmetikstudio Investitionen aus dem im [X.] bei der [X.] gebildeten [X.] in Höhe von 2.895 € vor.

6

Am 29.05.2017 änderte das [X.] den [X.]sbescheid 2010 für die [X.]. Aus der Gewinnermittlung des Einzelunternehmens für 2013 gehe nicht hervor, dass begünstigte Wirtschaftsgüter angeschafft worden seien. Das [X.] erhöhte den laufenden [X.]sgewinn um 38.500 €. Diese Erhöhung wurde auf die Klägerin zu 90 % und die Beigeladene zu 10 % verteilt. Damit entfielen von dem laufenden [X.]sgewinn auf die Klägerin 10.079,48 €, auf die Beigeladene 1.119,94 €. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.

7

Mit ihrer Klage verfolgte die Klägerin ihr Ziel weiter, die Folgen aus der Auflösung des [X.] alleine der Beigeladenen zuzuweisen.

8

Mit Urteil vom [X.] - 15 K 1457/18 F änderte das [X.] den angegriffenen [X.]sbescheid nur insoweit, als es berücksichtigte, dass die Beigeladene im [X.] Investitionen in Höhe von 2.895 € vorgenommen habe und der in 2010 gebildete [X.] deshalb in Höhe von 1.158 € (40 % von 2.895 €) nicht aufzulösen sei. Im Übrigen wies es die Klage als unbegründet ab. Das [X.] habe die Gewinnkorrektur zu Recht entsprechend der im [X.] geltenden [X.] zu 90 % der Klägerin und zu 10 % der Beigeladenen zugerechnet. Eine abweichende [X.] dürfe nicht rückwirkend berücksichtigt werden.

9

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 7g Abs. 3 EStG. Das [X.] hätte die Änderung des [X.] durch Erklärung der Beigeladenen vom 30.09.2011 bei der [X.] 2010 berücksichtigen müssen. Diese Vereinbarung sei steuerrechtlich zulässig, da sie nicht bereits im [X.] erzielte Einkünfte rückwirkend betroffen habe. Das auslösende Moment für die Auflösung des im Streitjahr 2010 gebildeten [X.] liege nicht im [X.], sondern erst in der zum Jahresende 2013 feststehenden Entscheidung, in dem Kosmetikstudio der Beigeladenen keine entsprechenden Investitionen vorzunehmen. Der maßgebliche Geschäftsvorfall liege mithin erst im [X.] und damit nach der im Jahr 2011 getroffenen Vereinbarung.

Die Klägerin beantragt,
das [X.]-Urteil vom [X.] - 15 K 1457/18 F insoweit aufzuheben, als es die Verteilung des laufenden [X.]sgewinns betrifft, und den [X.]sbescheid 2010 für die [X.] vom 29.05.2017, insoweit unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 03.05.2018, dahingehend zu ändern, dass der feststehende laufende [X.]sgewinn in Höhe von 10.041,42 € der Klägerin in Höhe von ./. 24.570,52 € und der Beigeladenen in Höhe von 34.611,94 € zugerechnet wird.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Gegenstand des Verfahrens ist die Verteilung des laufenden Gesamthandsgewinns der [X.] 2010.

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) kann ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach §§ 179, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung ([X.]) eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen. Solche selbständigen Feststellungen sind insbesondere die Qualifikation der Einkünfte, das Bestehen einer Mitunternehmerschaft und wer an ihr beteiligt ist, die Höhe des laufenden Gesamthandsgewinns sowie dessen Verteilung auf die Mitunternehmer und die Höhe eines Sondergewinns bzw. einer Sondervergütung. Der in Feststellungsbescheiden häufig angegebene "Gesamtgewinn" bezeichnet hingegen lediglich rechnerisch die Summe der verschiedenen Besteuerungsgrundlagen, entfaltet aber keinerlei Rechtswirkungen (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Urteil vom 01.10.2020 - IV R 4/18, [X.]E 271, 154, Rz 25).

Vorliegend besteht ausschließlich Streit um die Frage, wie ein Teil des laufenden Gewinns aus dem Gesamthandsvermögen der [X.] --der Gewinn aus der Auflösung des [X.] in Höhe von jetzt noch 37.342 €-- auf die Klägerin und die Beigeladene zu verteilen ist.

2. a) Die Klägerin war zur Klage befugt, nachdem die [X.] ist.

aa) Eine Vollbeendigung tritt bei einer Personengesellschaft unmittelbar dann ein, wenn der vorletzte Gesellschafter ausscheidet und das Gesamthandsvermögen im Wege der [X.] auf den verbliebenen Gesellschafter ohne Liquidation übergeht (§ 738 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--; z.B. [X.]-Urteil vom 16.12.2021 - IV R 1/18, Rz 34). Eine solche [X.] liegt vor, wenn der Gesellschaftsvertrag für den Fall seiner Kündigung nicht die Auflösung der Gesellschaft, sondern den Übergang der Aktiva und Passiva auf einen Gesellschafter vorschreibt. Die Fortführung (§ 736 Abs. 1 BGB) kann noch zusätzlich von der Ausübung eines Übernahmerechts durch den letztverbleibenden Gesellschafter abhängig gemacht werden (vgl. [X.]-Urteil vom 07.06.2016 - VIII R 23/14, Rz 37; s. dazu [X.]Sprau, [X.], 81. Aufl., § 736 Rz 4).

Im Streitfall bestand eine entsprechende Fortführungsklausel in § 13 des Gesellschaftsvertrags der [X.] Deren Bedingungen wurden erfüllt. Die Kündigung der [X.] durch die Klägerin zum 31.12.2012 und die darauf erfolgte Übernahmeerklärung der Beigeladenen bewirkten, dass der Anteil der Klägerin an der [X.] bei der Beigeladenen als letzter Gesellschafterin anwuchs. Damit wurde die [X.] ohne Liquidation vollbeendet.

[X.]) Mit Eintritt der Vollbeendigung der [X.] ist deren Befugnis, nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 [X.]O für ihre Gesellschafter Klage gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid zu erheben, erloschen. Die bis zum [X.]punkt der Vollbeendigung überlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter, deren Mitgliedschaft die [X.] berührt, die der betreffende Gewinnfeststellungsbescheid betrifft, lebt dann wieder auf (z.B. [X.]-Urteil vom 10.09.2020 - IV R 6/18, [X.]E 270, 87, [X.] 2021, 197, Rz 20).

b) Wegen ihrer Vollbeendigung bedurfte es keiner Beiladung der [X.] Ist die Klagebefugnis einer vollbeendeten Personengesellschaft gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 [X.]O erloschen, entfällt auch die Verpflichtung zu ihrer notwendigen Beiladung.

3. Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass der [X.] im Streitjahr gewinnerhöhend rückgängig zu machen ist (dazu unter a). Dem [X.] ist auch dahin zu folgen, dass der Verteilung des dadurch bewirkten Gewinns die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte [X.] und nicht die am 30.09.2011 etwa getroffene Abrede zugrunde zu legen ist (dazu unter b).

a) Der [X.] ist im Streitjahr wegen bis zum Ende der Investitionsfrist unterbliebener Hinzurechnung rückgängig zu machen.

aa) Steuerpflichtige wie auch Personengesellschaften können nach § 7g Abs. 1 Satz 1, Abs. 7 EStG für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen ([X.]). Diese Möglichkeit besteht auch dann, wenn der Steuerpflichtige bzw. die Personengesellschaft den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt (vgl. § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c EStG).

[X.]) Nach § 7g Abs. 3 EStG ist der nach § 7g Abs. 1 EStG vorgenommene Abzug des [X.] rückgängig zu machen, soweit der [X.] nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach § 7g Abs. 2 EStG für die Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten Wirtschaftsguts hinzugerechnet wurde. Wurde der Gewinn im Wirtschaftsjahr des Abzugs bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung zugrunde gelegt, so ist der entsprechende Steuer- oder Feststellungsbescheid insoweit zu ändern (§ 7g Abs. 3 Satz 2 EStG).

§ 7g Abs. 3 Satz 2 EStG enthält eine spezielle Korrekturvorschrift [X.] von § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d [X.] für die Rückgängigmachung eines [X.]. Die Norm erlaubt die Änderung bestandskräftiger Steuer- oder Feststellungsbescheide aber nur insoweit, als dies der Rückgängigmachung eines [X.] nach § 7g Abs. 1 EStG dient, mithin nur eine darauf bezogene punktuelle Rückgängigmachung. Die Korrektur ist auf den Umfang des geltend gemachten und berücksichtigten [X.] begrenzt. Über diesen Rahmen hinausgehende Änderungen dürfen nur vorgenommen werden, wenn sie durch andere [X.] gedeckt sind ([X.]-Urteil vom 25.03.2021 - VIII R 45/18, [X.]E 272, 207, [X.] 2021, 530, Rz 14).

Materiell-rechtlich ist die Auflösung eines [X.] nach § 7g Abs. 3 EStG im Abzugsjahr bei einer --wie hier-- Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG als Betriebseinnahme zu behandeln (vgl. [X.]-Urteile vom 15.04.2015 - VIII R 29/13, [X.]E 250, 51, [X.] 2015, 832, Rz 22, und vom 07.06.2016 - VIII R 23/14, Rz 33, jeweils zur insoweit gleich wirkenden Vorgängerregelung). Auf diese Weise wird die im Abzugsjahr durch Bildung des [X.] erfolgte Gewinnminderung rückgängig gemacht (vgl. [X.] in Kirchhof/[X.], EStG, 21. Aufl., § 7g Rz 36; [X.] in [X.]/[X.] --[X.]--, EStG, § 7g Rz D 2: "Beseitigung an der Quelle").

cc) Die gewinnerhöhende Auflösung des von der [X.] im Streitjahr abgezogenen [X.] war nicht bereits deshalb erforderlich, weil die Beigeladene den Betrieb der [X.] noch vor Ablauf des [X.] als Einzelunternehmen fortgeführt hat. Denn bei einer --wie hier-- unter § 6 Abs. 3 EStG fallenden unentgeltlichen Übertragung des Mitunternehmeranteils geht ein noch vom Rechtsvorgänger in Anspruch genommener [X.] auf den Rechtsnachfolger über.

Wird bei der Gewinnermittlung durch eine Mitunternehmerschaft ein [X.] abgezogen und geht der Betrieb der Mitunternehmerschaft unentgeltlich auf einen Rechtsnachfolger über, so kann dieser innerhalb der gesetzlichen Frist Investitionen tätigen und die [X.] hinzurechnen [X.] von § 7g Abs. 2 EStG. Der [X.] hat bereits für die Vorgängerregelung des § 7g EStG ([X.]) entschieden, es stehe deren Bildung und Fortführung in einem Betrieb nicht entgegen, wenn der Betrieb nach § 6 Abs. 3 EStG unentgeltlich auf einen Betriebsübernehmer übertragen werde. So werde der Zweck des § 7g EStG, die Liquidität des Betriebs im Hinblick auf zukünftige Investitionen zu erhalten, ebenso erreicht wie der Zweck der Buchwertverknüpfung bei unentgeltlicher Betriebsübertragung ([X.]-Urteil vom 10.03.2016 - IV R 14/12, [X.]E 253, 536, [X.] 2016, 763, Rz 17 f.). Diese Begründung trägt auch bei der im Streitfall anwendbaren Nachfolgeregelung (ebenso [X.]/[X.], EStG, 41. Aufl., § 7g Rz 29; [X.] in Kirchhof/[X.], a.a.[X.], § 6 Rz 207; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 7g EStG Rz 5; [X.] in [X.], EStG, § 7g Rz D 18, sowie ab 2016 Schreiben des [X.] vom 20.03.2017 - IV C 6-S 2139-b/07/10002-02, [X.], 423, Rz 32; anderer Ansicht [X.]/[X.], [X.] --FR-- 2009, 641, 644). Eine Auflösung des bei dem vormaligen Betriebsinhaber gebildeten [X.] hat deshalb zu unterbleiben, soweit der unentgeltliche Rechtsnachfolger innerhalb der Investitionsfrist die Hinzurechnung nach § 7g Abs. 2 EStG vornimmt.

Der von der [X.] in ihrem Gesamthandsvermögen im Streitjahr 2010 gebildete [X.] konnte von der Beigeladenen deshalb innerhalb des Betriebs ihres Einzelunternehmens als Rechtsnachfolgerin fortgeführt werden. Für sie bestand dann allerdings auch die Obliegenheit, die Hinzurechnungen für durchgeführte Investitionen bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres vorzunehmen. Dies ist im Streitfall bis 31.12.2013 nur in dem Umfang erfolgt, in dem das [X.] der Klage stattgegeben hat. Der [X.] war daher im Übrigen nach § 7g Abs. 3, Abs. 7 EStG bei der [X.] rückgängig zu machen. Da insoweit kein Streit zwischen den Beteiligten besteht, sieht der [X.] von weiteren Ausführungen ab.

b) Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass auch der Gewinn aus der Auflösung des [X.] nach der im Gesellschaftsvertrag getroffenen Abrede zu verteilen war und nicht entsprechend der gegenüber dem steuerlichen Berater der GbR am 30.09.2011 abgegebenen Erklärung der Beigeladenen. Daher kann dahinstehen, ob diese einseitige Erklärung der Beigeladenen überhaupt als zwischen den Gesellschaftern wirkende vertragliche [X.] angesehen werden kann.

aa) Für die Verteilung des Gewinns und Verlusts der Gesellschaft, d.h. für die Bestimmung des [X.] vom Gewinn oder Verlust der Gesellschaft, der dem einzelnen Gesellschafter [X.] als Gewinn- oder Verlustanteil [X.] von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG zuzurechnen ist, ist grundsätzlich der zivilrechtliche Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel maßgeblich, wie er sich für den Einzelfall aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags und ggf. ergänzenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs ergibt (vgl. [X.]-Urteil vom 07.07.1983 - IV R 209/80, [X.]E 139, 60, [X.] 1984, 53, unter 1. [Rz 19]). Eine davon abweichende, spätere Vereinbarung über die Gewinnverteilung ist [X.] nur anzuerkennen, wenn sie sich auf künftige Gewinne bezieht, nicht außerbetrieblich veranlasst und nicht rechtsmissbräuchlich ist ([X.]-Urteil in [X.]E 139, 60, [X.] 1984, 53, unter 1. [Rz 20]).

Rückwirkende Änderungen von [X.]n sind für die Besteuerung danach grundsätzlich unbeachtlich. Denn der Gewinn wird im Wesentlichen durch die schon während des laufenden Wirtschaftsjahres erfolgenden Geschäftsvorfälle bestimmt, die steuerrechtlich nicht mehr rückwirkend beeinflusst --d.h. rückwirkend herbeigeführt oder ungeschehen gemacht oder in ihrem Inhalt verändert-- werden können (vgl. [X.]-Urteil vom 28.01.1986 - VIII R 283/81, [X.]/NV 1986, 524, unter 2., m.w.N.). Es ist deshalb --auch noch vor Entstehung der Steuer am Ende des Veranlagungszeitraums (§ 36 Abs. 1 EStG)-- nicht zulässig, bei unveränderter personeller Besetzung einer Personengesellschaft durch Veränderung der [X.] während des Wirtschaftsjahres den bis dahin entstandenen Gewinn oder Verlust von dem einen auf den anderen Gesellschafter zu übertragen. Dies ist auch dann nicht zulässig, wenn die für die Inanspruchnahme eines Bewertungswahlrechts --wie eine erhöhte Absetzung oder Sonderabschreibung-- erforderliche Erklärung erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres bei Aufstellung der Bilanz abgegeben wird. Auch hier ist maßgeblich, dass sich der diesen Bewertungsmaßnahmen zugrunde liegende fiktive Wertverzehr --wie der normale Wertverzehr-- fortlaufend während des Wirtschaftsjahres verwirklicht ([X.]-Urteil in [X.]E 139, 60, [X.] 1984, 53, unter 2.).

Soweit der [X.]. [X.] des [X.] in seinem Urteil vom 25.09.2018 - [X.] R 35/17 ([X.]E 262, 418, [X.] 2019, 167, Rz 17 f.) hingegen für die Zulässigkeit der Gewinnverteilung bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auf den [X.]punkt der Entstehung der Einkommensteuer als zeitliche Grenze für eine zulässige steuerrechtliche Rückwirkung abgestellt hat, muss der [X.] nicht entscheiden, ob er dem folgen könnte (kritisch dazu etwa [X.], [X.], 376 f.). Denn die Beigeladene hat die Erklärung, dass bei ausbleibenden Investitionen bis Ende 2013 die Nachversteuerung der [X.] für das [X.] alleine ihrem Mitunternehmeranteil zuzurechnen sei, erst am 30.09.2011 und damit zu einem [X.]punkt abgegeben, zu dem die Steuer für das Streitjahr 2010 bereits entstanden war. Da sich die Erklärung nicht auf künftige Gewinne bezieht (dazu unten [X.]), käme ihr auch nach den Maßstäben der vorgenannten Entscheidung steuerrechtlich für das Streitjahr keine Bedeutung zu.

[X.]) Entgegen der Auffassung der Klägerin bezieht sich die Erklärung der Beigeladenen vom 30.09.2011 nicht auf künftige Gewinne, sondern auf solche, die dem Streitjahr 2010 zuzurechnen sind. Denn die künftige Durchführung der begünstigten Investition ist Teil der Tatbestandsvoraussetzungen für den Abzug des [X.]. Dieser bezieht sich allein auf das Abzugsjahr.

Der [X.] wird im Abzugsjahr für die "künftige" Anschaffung oder Herstellung begünstigter Wirtschaftsgüter gewährt (§ 7g Abs. 1 Satz 1 EStG). Sein Abzug steht demnach unter dem Vorbehalt, dass das Wirtschaftsgut im [X.] tatsächlich angeschafft oder hergestellt wird. Verwirklicht sich diese Annahme nicht, so ist der [X.] im Abzugsjahr rückgängig zu machen (§ 7g Abs. 3 EStG). Die bis zum Ende des [X.] nicht erfolgte Investition kann daher nicht als ein Geschäftsvorfall begriffen werden, der erst zum Ende des [X.] einen (künftigen) Gewinn entstehen lässt. Vielmehr wird der Betriebsausgabenabzug des [X.] nach § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG rückgängig gemacht und damit der steuerrechtliche Ursprungszustand wieder hergestellt.

Nicht zu folgen vermag der [X.] daher der Ansicht der Klägerin, die Gewährung des [X.] im Abzugsjahr stehe unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) der späteren Vornahme der Investition, weshalb sich die am 30.09.2011 getroffene Vereinbarung auf einen künftigen Gewinn/Verlust beziehe.

cc) Nach Anwendung dieser Grundsätze ist die erst nach Ablauf des [X.] erfolgte Erklärung der Beigeladenen vom 30.09.2011 nicht der Gewinnverteilung zugrunde zu legen. Für den Streitfall hat das [X.] danach zutreffend die im [X.] geltende gesellschaftsvertragliche [X.] von 90 % zu 10 % im Verhältnis der Klägerin zu der Beigeladenen angewendet.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2, § 139 Abs. 4 [X.]O.

Meta

IV R 18/19

29.09.2022

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 8. Mai 2019, Az: 15 K 1457/18 F, Urteil

§ 4 Abs 3 EStG 2009, § 6 Abs 3 EStG 2009, § 7g EStG 2009, § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 S 1 EStG 2009, § 36 Abs 1 EStG 2009, § 48 Abs 1 Nr 1 FGO, § 172 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst d AO, § 179 AO, § 180 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a AO, § 158 BGB, § 159 BGB, § 736 Abs 1 BGB, EStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.09.2022, Az. IV R 18/19 (REWIS RS 2022, 7061)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 7061

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