Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.01.2016, Az. 30 W (pat) 515/14

30. Senat | REWIS RS 2016, 16928

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Leberfasten" – Unterscheidungskraft - kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 004 008.2

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatengerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Professor Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des [X.] vom 20. November 2013 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

Leberfasten

3

ist am 12. Juni 2013 zur Eintragung als Marke für Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 35, 41 und 44 in das vom [X.] geführte Register angemeldet worden.

4

Mit Beschluss vom 20. November 2013 hat die Markenstelle für Klasse 44 die Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Wortmarke bestehe aus einer sprachüblichen Zusammensetzung der allgemein geläufigen Begriffe „Leber“ und „Fasten“. Das Anmeldezeichen „Leberfasten“ sage daher lediglich aus, dass die so bezeichneten Dienstleistungen mit der Durchführung von Fastenkuren zur Behandlung einer Fettleber oder chronisch erkrankten Leber im Zusammenhang stünden bzw. hierfür erbracht würden. Gleiches gelte für die beanspruchten Waren, die im Rahmen solcher Behandlungen oder Fastenkuren zum Einsatz gelangten. Beschreibende Angaben unterlägen aber einem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Darüber hinaus fehle der Marke auch jegliche Unterscheidungskraft, so dass ihr gemäß §§ 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] die Eintragung in das Register zu versagen sei.

5

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Anmelderin.

6

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, „Leberfasten“ sei ein von der Anmelderin geprägter Kunstbegriff, dem in seiner Gesamtheit keine beschreibende Bedeutung zugemessen werden könne. Während Wortkombinationen wie „Früchtefasten“, „Blitzfasten“ oder auch „Heilfasten“ noch relativ wenig Kontextwissen erforderten, um ihren beschreibenden Inhalt zweifelsfrei zu erfassen, ändere sich dies, sobald der naheliegende Kontext verlassen werde oder ungewöhnliche semantische Kombinationen gebildet würden. In diesem Sinne entferne sich z. B. ein Begriff wie „[X.]“ weit von der ursprünglichen Bedeutung des „Fastens“ und erschließe sich erst aus dem nachhaltig publizierten Kontext. Dies gelte auch für das Anmeldezeichen „Leberfasten“. Die Verkehrskreise ordneten der Wortkombination jedenfalls keinen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt zu.

7

Die Methode und der Begriff „Leberfasten“ seien im Übrigen alleine von dem Ernährungswissenschaftler W… entwickelt und durch entsprechende Veröffentlichungen zugeordnet worden. Insoweit bestehe auch keine Notwendigkeit, den Kunstbegriff gegen eine Monopolisierung zu schützen.

8

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Anmelderin das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wie folgt eingeschränkt:

9

„Klasse 5:

Aseptische Baumwolle; Klebebänder für medizinische Zwecke; Verbandmaterial;

[X.]:

Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; betriebswirtschaftliche Beratung; Hilfe bei der Führung von gewerblichen oder Handelsbetrieben; Layoutgestaltung für Werbezwecke; Marketing; Produktion von Werbefilmen; Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseartikeln; Verfassen von Werbetexten“.

Die Anmelderin beantragt,

den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache ist sie nach der seitens der Anmelderin vorgenommen Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses begründet, da [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] in Bezug auf die nunmehr noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht festgestellt werden können.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. [X.] [X.] 2012, 610 (Nr. 42) - [X.]; [X.], 608, 611 (Nr. 66) - [X.]; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; [X.] 2013, 731 (Nr. 11) - [X.]; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) - [X.], jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa [X.] [X.] 2010, 1008, 1009 ([X.]) - [X.]; [X.], 608, 611 ([X.]) - [X.]; [X.] 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; [X.] 2009, 949 (Nr. 10) - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) - [X.]; [X.] 2012, 270 (Nr. 8) - [X.] economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die bean-spruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2004, 674, 678 (Nr. 86) - Postkantoor; [X.] 2014, 1204, 1205 (Nr. 12) - [X.]; [X.] 2012, 270, 271 (Nr. 11) - [X.] economy; [X.] 2009, 952, 953 (Nr. 10) - [X.]).

Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] 2014, 1204, 1205 (Nr. 12) - [X.]; [X.] 2012, 1143, 1144 (Nr. 9) - [X.]; [X.] 2009, 952, 953 (Nr. 10) - [X.]; [X.] 2006, 850, 854 (Nr. 19) - [X.] 2006).

2. Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Hintergrunds steht der angemeldeten Wortkombination „Leberfasten“ nach erfolgter Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses im Beschwerdeverfahren das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht mehr entgegen.

a) Allerdings ist der Markenstelle darin zu folgen, dass das lexikalisch nicht nachweisbare Anmeldezeichen „Leberfasten“ in sprachüblicher Weise aus zwei im [X.] Sprachgebrauch allgemein geläufigen Substantiven gebildet ist. Das Wort „Leber“ bezeichnet dabei ein Körperorgan, das der Regelung des Stoffwechsels sowie der Entgiftung des Blutes dient. „Fasten“ bedeutet lexikalisch nachvollziehbar „sich für eine bestimmte [X.] ganz oder teilweise der Nahrung enthalten oder auf den Genuss bestimmter Speisen verzichten“ (www.duden.de/rechtschreibung/fasten).

Durchaus häufig verwendet werden dabei auch Wortkombinationen aus dem Begriff „Fasten“ und einem vorangestellten Bezugswort, welches die Art der gewählten Fastenmethode und/oder deren Zielsetzung beschreibt. Beispiele für Wortkombinationen mit dem Bestandteil „–fasten“, wobei das Bezugswort hier jeweils Hinweise auf den Ernährungsplan gibt, sind etwa das „Saftfasten“, das „Früchtefasten“, das „[X.]“ sowie das „[X.]“. Demgegenüber beschreibt das sog. „Heilfasten“ ein nicht religiös motiviertes, ggf. medizinisch verordnetes Fasten, das eine Heilung bewirken bzw. der „Entschlackung“ oder „Regeneration“ des Körpers dienen soll (https://de.wikipedia.org/wiki/Heilfasten). Als „Ernährungstherapie“ erwähnt wird ferner auch das sog. „[X.]“ (vgl. http://www.animata.info/de/interdisziplinaere-behandlungen-und-therapien.html).

In diese Begriffsbildungen reiht sich auch das Anmeldezeichen ein. Ausgehend hiervon und unter weiterer Berücksichtigung dessen, dass es sich bei den Indikationen „Fettleber“ und „chronische Lebererkrankung“ um bewährte Indikationen für eine Fastentherapie handelt (vgl. hierzu Ziffer 2.1. der „[X.]“ der [X.]), was nicht alleine dem angesprochenen Fachverkehr im Bereich Gesundheit, sondern auch interessierten Verkehrskreisen bekannt sein dürfte, wird sich die Wortkombination „Leberfasten“ dem Verkehr ohne weiteres und nächstliegend im Sinne einer Fastenkur erschließen, welche der Heilung einer erkrankten Leber dient oder generell der Gesundheit des Organs Leber zugutekommen soll.

b) Wenngleich somit das begriffliche Verständnis der Gesamtbezeichnung „Leberfasten“ im Sinne von „Fasten(therapie) zur Regeneration bzw. Heilung der Leber“ dem angesprochenen Publikum keinerlei Schwierigkeiten bereitet, drängt sich gleichwohl vorliegend ein Sachbezug zu den hier alleine noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht auf.

aa) Die nach Einschränkung des [X.] verbliebenen Waren der Klasse 5 weisen ihrer Beschaffenheit nach keine speziellen Eigenschaften und Merkmale in Bezug auf eine Verwendung im Rahmen eines „Leberfastens“ auf. Es ist weder nachweisbar noch sonst ersichtlich, dass „

bb) Sofern die Bezeichnung „Leberfasten“ im Zusammenhang mit den Dienstleistungen der [X.] zur Unternehmensberatung („

Leberfasten“-Produkte und/oder hiermit in Zusammenhang stehende Dienstleistungen konzipiert würden und sich hierdurch von anderen [X.] unterschieden. Für die Annahme, dass [X.] speziell auf das „Leberfasten“ zugeschnitten sein könnten, fehlen ebenfalls hinreichende Anhaltspunkte. Angesichts dessen ist nicht auszuschließen, dass der durch [X.] vorwiegend angesprochene Geschäftsverkehr sowie der durchschnittliche allgemeine Endverbraucher „Leberfasten“ zumindest auch als Hinweis auf den Erbringer von [X.] auffassen werden, wenn diese im Verkehr mit dem [X.] gekennzeichnet werden.

3. Auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] steht einer Eintragung des angemeldeten [X.]es für die nach Einschränkung des Verzeichnisses noch verbliebenen Waren und Dienstleistungen nicht entgegen, denn „Leberfasten“ beschreibt diese weder unmittelbar noch ist die Anmeldung für diese Waren und Dienstleistungen im Interesse der Mitbewerber freihaltebedürftig.

4. Da der [X.] somit nach der erfolgten Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses die Eintragung wegen der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] nicht mehr versagt werden kann, war der Beschluss auf die Beschwerde der Anmelderin aufzuheben.

Meta

30 W (pat) 515/14

28.01.2016

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.01.2016, Az. 30 W (pat) 515/14 (REWIS RS 2016, 16928)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16928

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