Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.10.2018, Az. 30 W (pat) 536/16

30. Senat | REWIS RS 2018, 2430

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "PharmaCheck" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2015 106 981.0

hat der 30. Senat (Marken- und [X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 2. Juni 2016 aufgehoben.

        

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

[X.]

3

ist am 15. Oktober 2015 für folgende Waren und Dienstleistungen

4

„Klasse 9: wissenschaftliche, Wäge- und Mess- und Kontrollapparate und -instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Daten, Ton und Bild; Materialprüfinstrumente und -maschinen; Prüf- und Qualitätskontrollgeräte; Datenverarbeitungsprogramme und Datenbanken; Maschinen, nämlich Laborpressen; [X.] für Maschinen; mit Programmen bespielte maschinenlesbare Datenträger; maschinenlesbare Datenträger; Software; Metallprüfgeräte; elektrische und elektronische Geräte und Instrumente zur Kontrolle, Überwachung und Steuerung von Maschinen; elektrische Bedienerkonsolen; Bedienungshandbücher in elektronischem Format; auf Disketten oder CD-ROMs in digitaler Form abgespeicherte Bedienungs- und Benutzeranleitungen für Computer und Computersoftware; Speichermodule; elektronische Speicher; Speicher für Datenverarbeitungsanlagen; Signalapparate; [X.]; [X.]; [X.] [elektrodynamisch]; Geräte zur Aufzeichnung der Arbeitsleistung; Elektronische [X.]; [X.]; [X.] für Computer; tragbare Prüfgeräte; an Computer angepasste Peripheriegeräte; [X.]; Universelle Peripherieschnittstellensoftware [[X.]]; Apparate und Instrumente zum Regeln von Elektrizität

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Klasse 16: Bedienungshandbücher; Handbücher; gedruckte Forschungsberichte; [X.]; [X.]; Notizzettel [Blöcke]; Schreibmaterial; Schreib- und Stempelausrüstung; Schreibmaterialien; Papier- und Schreibwaren; Ordnungssysteme für Papier- und Schreibwaren; [X.]; Zeitpläne [Drucksachen]; Jahresplaner [[X.]]; Terminplaner [[X.]]; regelmäßig gedruckte Publikationen; grafische Darstellungen; Zeitschriften [Magazine]; Wandtafeln; Werbebroschüren; [X.]; Veranstaltungsalben; Untersetzer aus Karton; Taschen, Beutel und Waren für Verpackungs-, Einpack- und Ablagezwecke aus Papier, Pappe oder Kunststoff; Stempelkästen; Stempelhalter; Stempel; Referenzkarten; Faltblätter mit pharmazeutischen Informationen; Broschüren

6

Klasse 42: Forschung und Entwicklung im Bereich des Maschinenbaus; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Erstellen, Installieren und Pflegen von Software für Datenbanken; Maschinenzustandsüberwachung; Prüfung von Maschinen; Kalibrierung von Maschinen; Entwicklung von Maschinensprache; Konzeption, Entwicklung und Konstruktion von Maschinen, Instrumenten, Apparaten, Werkzeug und Tablettenformen, insbesondere für die chemische, pharmazeutische und die Lebensmittelindustrie; Technische Datenanalysedienste; Computergestützte technische Datenanalyse; Durchführung technischer Datenanalysen; Dienstleistungen eines Verfahrenstechnikers oder Ingenieurs; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software zur Steuerung von Maschinen; Erstellen technischer Bedienungsanleitungen; Erstellung von [X.] für die automatische Messung, Montage, Anpassung und die damit verbundene Visualisierung; Auswertung von Messwerten; Durchführung und Auswertung chemischer Analysen; Bearbeitung und Auswertung von chemischen Synthesen; Programmierung von Computersoftware zur Auswertung und Berechnung von Daten; Prüfung von Computergeräten; Prüfung von Tabletten im Rahmen von Labordienstleistungen; technische Prüfung; Prüfung von Kosmetika; Prüfung, Authentifizierung und Qualitätskontrolle; Technische Prüfung von Maschinenfabriken; Entwicklung von Prüfmethoden; Entwicklung und Prüfung chemischer Herstellungsverfahren“

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zur Eintragung als Marke in das vom [X.] geführte Register angemeldet worden.

8

Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s hat die Anmeldung mit Beschluss vom 2. Juni 2016 wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) zurückgewiesen.

9

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete Wortmarke bestehe erkennbar aus einer sprachüblichen Zusammensetzung der Begriffe „Pharma“ und „Check“. Dem Bestandteil „Pharma“ komme als gängigem Wortbildungselement die Bedeutung „Arzneimittel“ zu. Das [X.] Wort „Check“ sei mit dem Sinngehalt „Prüfung, Kontrolle, Test“ in den [X.] Sprachschatz eingegangen. Beide [X.] ergänzten sich naheliegend und für die angesprochenen (Fach-)Verkehrskreise ohne weiteres verständlich zu der Gesamtaussage „[X.]“, „[X.]“ oder „Arzneimittelprüfung“. Für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beinhalte das Anmeldezeichen daher den beschreibenden Sachhinweis, dass diese mit der Prüfung pharmazeutischer Produkte in Zusammenhang stünden oder für die ([X.] im pharmazeutischen Bereich bestimmt seien.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

[X.] für einen elektronischen „[X.]“ verwendet, um Patienten von unerwünschten Wechselwirkungen bei der Gabe mehrerer Arzneimittel zu schützen, oder aber als Domain-Name eines [X.]. Für solche Dienstleistungen sei der Begriff allerdings nicht angemeldet worden. Die Markenstelle habe es insgesamt versäumt, das Anmeldezeichen im Hinblick auf die im Einzelnen beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu würdigen.

In der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2018 hat die Anmelderin das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wie folgt beschränkt:

„Klasse 9: Metallprüfgeräte; Geräte zur Aufzeichnung der Arbeitsleistung; Elektronische [X.]; [X.]; [X.] für Computer

Klasse 16: [X.]; [X.]; Notizzettel [Blöcke]; Schreibmaterial; Schreib- und Stempelausrüstung; Schreibmaterialien; Papier- und Schreibwaren; Ordnungssysteme für Papier- und Schreibwaren; Wandtafeln; [X.]; Veranstaltungsalben; Untersetzer aus Karton; Taschen, Beutel und Waren für Verpackungs-, Einpack- und Ablagezwecke aus Papier, Pappe oder Kunststoff; Stempelkästen; Stempelhalter; Stempel; Referenzkarten

Klasse 42: Technische Prüfung von Maschinenfabriken.“

Die Markeninhaberin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s vom 2. Juni 2016 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache ist sie nach der seitens der Anmelderin vorgenommenen Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses begründet, da [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] in Bezug auf die nunmehr noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht festgestellt werden können.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. [X.] [X.], 1198 (Nr. 59) – [X.]; [X.], 610 (Nr. 42) – [X.]; [X.], 608 (Nr. 66) – [X.]; [X.], 1167 (Nr. 13) – [X.]; [X.], 581 (Nr. 16) – [X.]; [X.], 173 (Nr. 15) – for you; [X.] 2014, 565 (Nr. 12) – smartbook; [X.] 2013, 731 (Nr. 11) – [X.]; [X.], 1143 (Nr. 7) – [X.], jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa [X.] [X.], 1198 (Nr. 59) – [X.]; [X.] 2014, 373 (Nr. 20) – [X.]; 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) – [X.]; [X.], 608, 611 (Nr. 66) – [X.]; [X.] 2006, 233, 235, Nr. 45 – Standbeutel; [X.], 1167 (Nr. 13) – [X.]; [X.] 2016, 934 (Nr. 9) – [X.]; [X.], 581 (Nr. 16) – [X.]; BGH [X.], 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2009, 949 (Nr. 10) – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, sodass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH [X.] 2017, 186 (Nr. 29) – [X.]; [X.] 2016, 1167 (Nr. 13) – [X.]; [X.], 581 (Nr. 9) – [X.]; [X.], 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) – [X.]; [X.], 270 (Nr. 8) – Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412 (Nr. 24) – [X.]/Hukla).

Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH [X.] 2013, 1143, Nr. 15 – Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2013, 519 (Nr. 46) – [X.]; [X.] 2004, 674 (Nr. 86) – Postkantoor; BGH [X.] 2017, 186 (Nr. 30, 32) – [X.]; 2014, 1204 (Nr. 12) – [X.]; [X.], 270 (Nr. 11) – Link economy; [X.] 2009, 952 (Nr. 10) – [X.]). Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH [X.] 2017, 186 (Nr. 32) – [X.]; [X.] 2014, 1204 (Nr. 12) – [X.]; [X.], 1143 (Nr. 9) – [X.]; [X.] 2010, 1100 (Nr. 23) – [X.]!; [X.] 2006, 850 (Nr. 28 f.) – FUSSBALL WM 2006).

2. Nach diesen Grundsätzen kann dem Wortzeichen [X.] auf der Grundlage des im Beschwerdeverfahren eingeschränkten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses die notwendige Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht abgesprochen werden.

a) Zwar hat die Markenstelle zutreffend festgestellt, dass die angemeldete Wortmarke erkennbar aus einer sprachregelrechten Zusammensetzung der Begriffe „Pharma“ und „Check“ besteht.

ist ein von dem [X.] Wort „Pharmakon“ hergeleitetes Wortbildungselement mit der Bedeutung „Arzneimittel“ (vgl. so schon [X.] PAVIS PROMA, 30 W (pat) 521/11 – [X.]; [X.] 24 W(pat) 299/04 – [X.] TREND). Im Zusammenhang mit der Herstellung oder Erforschung von Arzneimitteln ist das Zeichenelement dem inländischen Verkehr aus einer Vielzahl von Wortbildungen (so z. B. „Pharmaindustrie“, „Pharmaunternehmen“ oder „Pharmaforschung“) bekannt.

Das [X.] Wort „Check" wird inländisch in einer Vielzahl von Wortzusammensetzungen in der Bedeutung von "Prüfung, Kontrolle, Test" verwendet (vgl. z. B. „hardware check“, „programm check“, „Checkliste“ und „Checkpoint“, vgl. aber auch „checken“; siehe auch [X.] PAVIS PROMA, 24 W (pat) 93/94 – Bio-Check).

[X.] in seiner Gesamtheit naheliegend und ohne weiteres im Sinne von „[X.]“ oder „Arzneimittelprüfung“ verstehen (vgl. so auch schon [X.], Urteil vom 21. Januar 2009, [X.]/07 – [X.], juris Rn. 41).

b) Wenngleich somit das begriffliche Verständnis des Anmeldezeichens dem angesprochenen Publikum keinerlei Schwierigkeiten bereitet, ist gleichwohl die Beurteilung eines Zeichens stets im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen vorzunehmen, für die eine Eintragung begehrt wird ([X.], [X.] 2004, 674, Nr. 33 – Postkantoor). Im Hinblick auf die vorliegend nach Einschränkung des Verzeichnisses alleine noch verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen lässt sich jedoch nicht feststellen, dass [X.] deren Merkmale beschreibt oder zumindest einen engen beschreibenden Bezug hierzu aufweist. Demnach gibt es für die verbliebenen Waren und Dienstleistungen keinen hinreichenden Anhalt dafür, dass dem Anmeldezeichen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt.

3. Aus den vorgenannten Gründen unterliegt die angemeldete Marke auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

4. Da der [X.] somit nach der erfolgten Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses die Eintragung wegen der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] nicht mehr versagt werden kann, war der Beschluss auf die Beschwerde der Anmelderin aufzuheben.

Meta

30 W (pat) 536/16

25.10.2018

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.10.2018, Az. 30 W (pat) 536/16 (REWIS RS 2018, 2430)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 2430

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